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Von Geißen, Böcken und Sprücheklopfern

Änderungen in Leserbriefen nur mit Zustimmung der Einsender

Eine Wählergemeinschaft setzt sich kritisch mit anderen Parteien auseinander. Darüber berichtet eine Regionalzeitung, die am Ende ihres Artikels dem Vorsitzenden der Wählergemeinschaft das folgende Zitat zuschreibt: “Von einem Verkauf der Stadtwerke und einer Gefährdung der Arbeitsplätze kann keine Rede sein.” Dieser wendet sich mit einer Beschwerde an den Deutschen Presserat. Das Zitat stamme aus einem Leserbrief und sei aus dem Zusammenhang gerissen worden. Die Intention seiner Leserzuschrift werde durch die Verwertung einer Passage daraus in dem Artikel überhaupt nicht mehr deutlich. Sein Brief werde durch die Vermischung von Zitaten und redaktionellen Einfügungen verfälscht. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, die kritisierte Redaktion veröffentliche keine Leserbriefe politischer Parteien oder Wählergemeinschaften. Man entscheide im Einzelfall, ob deren Inhalt als Stellungnahme behandelt oder nur als Information der Redaktion gewertet werde. Die Veröffentlichung des in dieser Beschwerde angesprochenen Briefes habe sich überdies deshalb verboten, weil darin ein Ratsmitglied in diskriminierender und fast beleidigender Weise als “stadtbekannter Sprücheklopfer” und “Liebhaber nachweimarer Verhältnisse” bezeichnet worden sei. Auch von “Geißen und Böcken” sei – bezogen auf politische Gegenspieler – die Rede gewesen. Auf die Wiedergabe dieser Passagen habe die Redaktion verzichtet und sich darauf beschränkt, die Quintessenz des Briefes den Lesern in einem redaktionellen Beitrag mitzuteilen. (2006)