Bürgermeisterin wehrt sich gegen Verdacht
Zeitung erhebt Korruptionsvorwurf und sieht Missbrauch des Amtes
In einer Vielzahl von Artikeln beschäftigt sich eine Lokalzeitung mit angeblichen Korruptionsvorwürfen gegen die Bürgermeisterin der Kreisstadt. Diese hatte sich bereiterklärt, als Testamentsvollstreckerin für den verstorbenen Inhaber einer Baufirma, die auch Geschäfte mit der Stadt macht, tätig zu werden. Nach den Angriffen der Zeitung gegen die Kommunalpolitikerin nimmt die Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf, kann aber am Ende keinen Verdacht auf eine strafbare Handlung erkennen. Über die Einstellung des Verfahrens berichtet die Zeitung kurz. Sie berichtet über eine Beschwerde beim Presserat, die von einem anderen Beschwerdeführer erhoben und für unbegründet erklärt wurde. Überschrift des Artikels: “Presserat sagt: Vorwurf der Korruption ist vertretbar”. Die Bürgermeisterin sieht in den Veröffentlichungen der Zeitung eine Kampagne gegen sich. Die Zeitung wolle sie aus dem Amt drängen. Nur diese Zeitung hätte den Vorgang gepusht; andere Medien hätten wesentlich differenzierter berichtet. Zudem kritisiert sie, sie sei von der Redaktion nie zu den Vorwürfen befragt worden. Sie kritisiert vor allem einen Beitrag, in dem von billigen Wohnungsverkäufen und von regelmäßigen Zahlungen des Nutznießers an sie die Rede sei. Die Behauptung, es sei Geld geflossen, weist die Bürgermeisterin als ungeheuerlich und nicht zutreffend zurück. Diese Behauptung sei nichts anderes als ein eindeutiger Korruptionsvorwurf. Sie habe Strafantrag gegen die Zeitung gestellt. Diese habe versucht, die Angelegenheit richtig zu stellen, aus Sicht der Bürgermeisterin ein untauglicher und lächerlicher Versuch. Sie kritisiert auch den Bericht über die Entscheidung des Presserats. Die Aussage im Titel, der Vorwurf der Korruption sei vertretbar, sei in der Entscheidung des Presserats nicht enthalten. Somit sei die Sorgfaltspflicht verletzt worden. Die Bürgermeisterin ruft den Deutschen Presserat an. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, schon seit Jahren habe es Hinweise gegeben, dass die Baufirma enge Kontakte zur Bürgermeisterin unterhalte. Für die Zeitung sei die Geschichte interessant geworden, als die Bürgermeisterin für einen ausgefallenen Mittestamentsvollstrecker tätig werden sollte. Einen entsprechenden Antrag hätte der Geschäftsführer der Baufirma beim Amtsgericht gestellt. Die Zeitung sei nie davon ausgegangen, dass eine Korruption in Form von Geldtransfer stattgefunden habe. Allerdings sei man nach den vorliegenden Aussagen von Informanten der festen Überzeugung, dass eine “Informationskorruption” stattgefunden habe, wonach die Bürgermeisterin die Baufirma stets über interessante Entwicklungen auf dem Bausektor informiert habe. Für die Redaktion stehe es unzweifelhaft fest, dass alles so abgelaufen sei, wie sie es geschildert habe. Die Bürgermeisterin habe sich ihrem Amt gegenüber nicht sauber verhalten. (2006)