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Das Inferno nicht angekündigt

Aus einer MdB-Äußerung die falschen Schlüsse gezogen

“In seltener Einmütigkeit beeilten sich kurz nach dem Unglück die Stadträte jeder Couleur, zu versichern, sie hätten von Sicherheitsmängeln in der 33 Jahre alten Halle nichts gewusst. Bei den diskutierten Sanierungen sei es nur um verbesserte Technik gegangen.” So berichtet ein Nachrichtenmagazin über den Halleneinsturz von Bad Reichenhall, bei dem 15 Tote zu beklagen waren. Das Blatt zitiert eine Bundestagsabgeordnete, die sich auf ihrer Homepage zu der Eissporthalle geäußert habe. Der Zustand der Anlage werde nicht besser, und die SPD wolle nun eine Entscheidung herbeiführen. Die Abgeordnete wörtlich weiter: “Ansonsten könne es passieren, dass es zuletzt zu einer Schließung wegen unterlassener Hilfeleistung kommt.” Das Nachrichtenmagazin: “Der Satz klingt wie eine Ankündigung des Infernos.” Die Abgeordnete, die bereits eine Gegendarstellung in dem Nachrichtenmagazin erwirkt hat, schaltet den Deutschen Presserat ein. Der fragliche Satz sei korrekt. Allerdings habe er sich nicht auf Sicherheitsbedenken, sondern auf die wirtschaftliche Situation der Halle bezogen. Unmittelbar nach dem Unglück sei die komplette Internet-Seite geändert worden, weil man im Schatten des Unglücks keine politische Auseinandersetzung habe führen wollen. Die Rechtsabteilung des Magazins bezieht sich auf eine Pressemitteilung der Abgeordneten, die mit den Worten beginn: “Die Eislauf- und Schwimmhalle … ist in die Jahre gekommen. Die Sanierung steht an, ob es aber dazu kommt, steht noch in den Sternen.” Aus diesem Zitat sowie dem dann folgenden Hinweis von der drohenden Schließung wegen unterlassener Hilfeleistung lasse sich die Formulierung im Magazin, dass der letzte Satz “wie eine Ankündigung des Infernos” klinge, ableiten. Es handle sich um eine zulässige Meinungsäußerung. Damit werde nicht die Tatsachenbehauptung aufgestellt, die Beschwerdeführerin habe von dem bevorstehenden Dacheinsturz gewusst oder ihn zumindest geahnt. Eine derartige Interpretation sei abwegig. (2006)