Gerichtsberichterstattung
Zeitung nennt Namen, Summen und Vorwürfe in einem Zivilstreit
Eine Lokalzeitung berichtet über ein Zivilverfahren vor dem Landgericht. Eine private Firma verlange vom Wirtschaftsminister bzw. vom Land die Zahlung von 130.000 Euro. Diese Summe habe das Land der ehemaligen Geschäftsführerin einer Flughafenentwicklungs GmbH zugesichert. Als Gegenleistung sollte sie, die vom Amtsgericht als Liquidatorin der insolventen GmbH eingesetzt worden war, eine auf ihren Namen ausgestellte Grundschuld auf Flächen des stillgelegten Verkehrsflughafens löschen. Das Land wolle das Areal übernehmen und vermarkten. Diese Geldforderung habe der Ehemann der Frau, ein Rechtsanwalt, inzwischen an die besagte Firma abgetreten. Das Land verweigere die Zahlung, da es das Bestehen der Forderung bestreite. Die Geschäftsführerin sei zum Zeitpunkt der Verhandlungen nicht mehr verfügungsberechtigt gewesen. Der Wirtschaftsminister werfe ihr „versuchten Betrug“ vor und habe angekündigt, die Staatsanwaltschaft einzuschalten. Die Eheleute wenden sich in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat gegen die unzulässige Nennung ihrer Namen und die Verbreitung falscher, unrecherchierter Tatsachen. Die Namensnennung sei nicht gerechtfertigt, da es sich nicht um eine Berichterstattung über eine Straftat von erheblicher Bedeutung gehandelt habe. Das Land sei von einer GmbH auf 10.000 Euro Vertragserfüllung verklagt worden. In dem einfachen Zivilprozess sei es also um eine relativ bescheidene Geldsumme gegangen. Die Beschwerdeführer seien an diesem Prozess überhaupt nicht beteiligt gewesen und seinerzeit auch nicht gehört worden. Außerdem sei das Zitat des Wirtschaftsministers ungeprüft übernommen worden. Dies sei eine unzulässige Vorverurteilung. In dem Bericht werde der Eindruck vermittelt, als sei das, was der Minister gesagt habe, unumstößlich wahr. Der Chefredakteur der Zeitung weist die Beschwerde als unbegründet zurück. Das Flughafengelände sei seit Jahren ein in Politik und Öffentlichkeit viel diskutiertes Thema. Es gebe keinen Grund, die Namen der politisch und wirtschaftlich Beteiligten, die schließlich im öffentlichen Raum agierten, nicht zu nennen. Bei dem Beitrag handele es sich um eine sachliche und nachrichtliche Berichterstattung, wie sie Pflicht der Medien sei. Der Prozesstag habe darüber hinaus eine besondere Bedeutung gehabt, weil der Wirtschaftsminister des Landes in der Sache selbst ausgesagt habe. Es sei nicht zutreffend, dass es in dem Streit nicht um 130.000 Euro, sondern um 10.000 Euro gegangen sei. Bei dem betreffenden Grundstück auf dem Flughafengelände gehe es eindeutig und nachweislich um 130.000 Euro, wie in dem Beitrag dargestellt. Die 10.000 Euro fordere die ehemalige Geschäftsführerin vom Land. Das Land stehe jedoch auf dem Standpunkt, die Betroffene sei gar nicht verfügungsberechtigt gewesen. Der Minister sei korrekt zitiert worden. Der Vorwurf, die Beschwerdeführer seien nicht gehört worden, gehe ins Leere. Die Eheleute seien am besagten Tag im Gericht gar nicht anwesend gewesen. Statt ihrer habe man jedoch ihren Anwalt zitiert. (2004)