Bezeichnung „Rattenfänger“
Wähler einer Partei sieht sich als „Ratte“ verunglimpft
Eine Lokalzeitung in Westdeutschland kommentiert das Ergebnis der Kommunalwahlen in Brandenburg. In dem Kommentar ist u.a. folgender Satz zu lesen: „Wenn die etablierten Parteien aber nicht bald glaubwürdige und klientelunabhängige Konzepte vorlegen, wie der Trend zu einer offenbar verblödenden (Pisastudie), alternden (Demographie) und zunehmend unsolidarischen (Sankt-Florians-Prinzip) Gesellschaft umzukehren sei, erhöhen sich die Chancen der Rattenfänger à la Haider oder Schill“. Ein Leser des Blattes ist gleichermaßen fassungslos wie empört und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Da er sich bei der Bundestagswahl 2002 von der Schill-Partei habe überzeugen lassen und ihr seine Stimme gegeben habe, sieht er sich im Umkehrschluss zum zitierten Satz als „Ratte“ bezeichnet. Dies sei eine hinterhältige Entgleisung angesichts der Tatsache, dass das NS-Regime in einem Propagandafilm die Juden in die Nähe von Ratten gerückt habe. Die Verbindung zu Ratten sei daher nicht nur infam, sondern auch eine Verdrehung der politischen Gegebenheiten. Die Schill-Partei sei in der Hamburger Bürgerschaft mit 25 Abgeordneten vertreten, stelle drei Senatoren und stehe fest auf dem Boden des Grundgesetzes. Da die Beschwerde im Vorverfahren vom Vorsitzenden des Beschwerdeausschusses als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen wird, holt der Presserat eine Stellungnahme der betroffenen Zeitung nicht ein. Dieser Entscheidung widerspricht der Beschwerdeführer jedoch, sodass die Beschwerdekammer 2 den Vorgang zu beurteilen hat. (2003)