Ein “schrecklicher Vater”
Aussage ist eine zulässige Bewertung seines Verhaltens
“Der tote Kevin (2) aus dem Kühlschrank – Das ist sein schrecklicher Vater” titelt eine Boulevardzeitung. Mit dem Artikel wird ein Bild des Tatverdächtigen abgedruckt. Im Text werden die familiären Hintergründe der Tat geschildert. Im Bericht werden die Vorstrafen des Vaters erwähnt wie auch der Tod der Mutter, den der Ehemann und Vater des kleinen Kevin herbeigeführt haben soll. Eine Leserin sieht Verstöße gegen die Ziffern 1 und 13 des Pressekodex und wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Überschrift sei unangemessen und stelle den Vater des Jungen öffentlich an den Pranger. Dies diene weder dem Kind noch der Aufklärung der Tat. Vielmehr hetze die Berichterstattung die Massen auf und sei ausschließlich dazu geeignet, die Verkaufszahlen der Zeitung zu erhöhen. Darüber hinaus sei die Überschrift eine Vorverurteilung in einem laufenden Verfahren. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Der “Fall Kevin” sei in der Öffentlichkeit breit diskutiert worden. Sie weist den Vorwurf zurück, die Berichterstattung habe der Aufhetzung der Massen und der Steigerung der Auflage gedient. Einen Verstoß gegen den Pressekodex vermag sie nicht zu erkennen. Die Zeitung habe nie behauptet, der Vater habe den Jungen getötet. Die Rechtsvertretung schildert den Leidensweg des kleinen Jungen. Vor diesem Hintergrund sei es gerechtfertigt gewesen, Bernd K. als “schrecklichen Vater” zu bezeichnen. Diese Wertung beziehe sich auf die beschriebene Vernachlässigung des Jungen. (2006)