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Wo ist die Grenze der Zumutbarkeit?

Ein Foto zeigt den Schrecken der alltäglichen Gewalt im Irak

Ein explodierender Lkw und zwei brennende bzw. verbrannte Menschen sind auf einer Doppelseite zu sehen, die eine Zeitschrift veröffentlicht. Auf dem Foto versucht ein Passant, mit Hilfe einer Stange eines der Opfer von dem Lkw wegzuziehen. Auf der rechten Seite oben wird ein Porträt des Fotografen gezeigt. Dabei steht die Information, dass dieser beinahe selbst ein Opfer des Anschlags in Bagdad gewesen sei. Ein Leser kritisiert die nach seiner Auffassung unangemessene Darstellung. Der auf dem Boden liegende Jugendliche hätte unkenntlich gemacht werden müssen. Das Bild habe keinen Informationsgehalt und diene nur der Befriedigung der Sensationsgier. Die Menschenwürde des Jugendlichen sei verletzt, da es entwürdigend sei, entstellt im Todeskampf für die Öffentlichkeit dargestellt zu werden. Der Leser wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift steht auf dem Standpunkt, das Bild zeige die Grausamkeiten des Krieges im Irak und verdeutliche die dramatischen Folgen eines Terroranschlages. Es handle sich eindeutig um ein Dokument der Zeitgeschichte. Weder Bild noch Text beinhalteten eine unangemessen sensationelle Darstellung. Die beiden im Bild gezeigten Opfer seien nicht erkennbar und würden nicht herabwürdigend gezeigt. Die Redaktion habe sich die Entscheidung, das Bild zu drucken, nicht leicht gemacht. Sie habe sich auch offen für eine Diskussion mit den Lesern gezeigt. In zahlreichen Leserbriefen hätten die Einsender überwiegend die Veröffentlichung solcher Fotos gutgeheißen, da sie die Realität zeigten. (2006)