Mit dem Hammer auf Wirt losgegangen
Streit im Gasthaus wurde vom Mord- zum Totschlagsversuch
“Weißwurst zu teuer! Gast schlug mit dem Hammer zu” – unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung über den Streit zwischen einem Gast und einem Gastwirt, bei dem es als Höhepunkt der Auseinandersetzung zu dem erwähnten Hammerschlag gegen den Wirt kam. Mit dem Vorfall hatte später das Gericht zu tun. Der Beschwerdeführer, der sich wegen Mordversuchs zu verantworten hatte, wurde in der Berichterstattung mit Vornamen und abgekürztem Nachnamen sowie mit identifizierenden Fotos dargestellt. Er hält den Bericht für vorverurteilend, da die Verhandlung zum Zeitpunkt der Berichterstattung noch nicht beendet war. Er sei als Mörder vorverurteilt worden, obwohl es später nur eine Verurteilung wegen versuchten Totschlags gegeben habe. Zudem stelle die Zeitung das Geschehen falsch dar. Nicht der Wurst-Preis, sondern die Tätlichkeiten des Wirtes seien für seinen Ausbruch ausschlaggebend gewesen. Schließlich wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Foto-Veröffentlichung, die ihn angesichts einer äußerst belastenden Situation im Gerichtssaal in seiner Menschenwürde verletze. Das Bild sei überdies – entgegen anders lautender Zusagen – ungepixelt veröffentlicht worden. Der Beschwerdeführer wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Rechtsanwalt der Zeitung ist der Auffassung, dass der Artikel den Rahmen der Straftat in der Überschrift in zulässiger Weise verkürzt darstellt. Die Kausalität des Würstchenstreits für die Straftat sei unzweifelhaft. Die Berichterstattung in identifizierender Weise sei zulässig gewesen, da es sich bei dem Angeklagten um eine relative Person der Zeitgeschichte handle. Zum einen sei schon “versuchter Totschlag” ein hinreichend schweres Verbrechen. Hinzu komme, dass die Entwicklung des Verbrechens auch innerhalb der sonst üblichen Fälle eine Besonderheit darstelle. Es sei darzustellen gewesen, aus welch nichtigen Anlässen über verschiedene Eskalationsstufen eine Auseinandersetzung bis zu extremen Verbrechen mit hochgradig gefährlichen Situationen für die Beteiligten führen könne. (2005)