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Erwähnung von Sinti und Roma

Im Fall einer Schießerei in einer Kleinstadt nachvollziehbarer Sachbezug

Eine Regionalzeitung berichtet über eine Schießerei in einer Kleinstadt unter der Überschrift “Schießerei in …: Zwei verletzt”. Im Text heißt es: “Ein Streit zwischen zwei Familien der als Minderheit anerkannten Sinti war nach … Informationen die Ursache für die Schießerei.” In einem weiteren Artikel der Zeitung unter der Überschrift “Schüsse reißen Nachbarn aus dem Schlaf” wird diese Aussage wiederholt. Weiter heißt es: “Der Leitende Oberstaatsanwalt bestätigte gestern auf Anfrage, dass sich ein Vertreter des Landesverbandes … der Sinti und Roma in den Fall eingeschaltet hat”. Später berichtet die gleiche Zeitung unter der Überschrift “Schweigen der Sinti verhindert Anklage” über die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nach der Schießerei. Es wird berichtet, dass “bei einer wilden Schießerei zwischen Mitgliedern zweier Sinti-Familien Anfang Juli in … zwei Menschen leicht verletzt worden seien”. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in den Artikeln einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex in Verbindung mit Richtlinie 12.1. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Der Chefredakteur der Zeitung hält die Beschwerden für unbegründet. Im Rahmen eines ebenfalls in der Zeitung veröffentlichten Interviews mit dem ermittelnden Oberstaatsanwalt sei dem Fall weiter journalistisch nachgegangen worden. Die mangelnde Aussagebereitschaft der Beteiligten führt der Jurist auf das völlig andere Rechtsverständnis der Sinti zurück. Dem Interview beigestellt sei ein Kasten gewesen, in dem auf die Geschichte von Verfolgung und Leid der Sinti hingewiesen wurde. Der offensichtliche Konflikt zwischen dem Rechtsverständnis der Staatsanwaltschaft und den Sinti wäre nicht darstellbar gewesen, ohne die Zugehörigkeit der Betroffenen zur Minderheit der Sinti und Roma zu benennen. (2005)