Über Verurteilung von 1950 berichtet
Zurückliegender Fall hat mit erneuter Anklage nichts zu tun
“Sex-Anklage gegen Boxlegende…..” überschreibt ein Boulevardblatt den Bericht über einen Mann, dem die Staatsanwaltschaft sexuellen Missbrauch von Minderjährigen vorwirft. Der Artikel enthält ein Foto und den vollen Namen des Betroffenen. Beigestellt ist ein Bericht über den Boxer, der 1950 mit anderen vor Gericht stand. Er sei – obwohl noch minderjährig – zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Er und seine Bande hätten damals Angst und Schrecken verbreitet. Der Anwalt des Betroffenen weist darauf hin, dass der Presserat – den er nun erneut einschaltet – schon 2004 eine Rüge gegen die Zeitung ausgesprochen habe. Grund seien Veröffentlichungen über Ermittlungen gegen seinen Mandanten gewesen. Nun sei erneut in grober Art und Weise der Pressekodex verletzt worden. Reißerisch werde unter Veröffentlichung eines Fotos und des vollen Namens über die Anklage gegen seinen Mandanten berichtet. Insbesondere kritisiert er den ausführlichen Hinweis auf die alte Verurteil im Jahr 1950. Dieser Vorgang liege lange zurück und habe mit der neuerlichen Anklage nichts zu tun. Zudem sei das alte Urteil kassiert worden. Sein Mandant gelte jetzt nicht mehr als vorbestraft. Der Chefredakteur des Blattes äußert die Ansicht, dass der Beschuldigte als ehemals herausragender Sportler und Boxtrainer eine Person der Zeitgeschichte sei. Der sachliche Bezug und die Stellung des Mannes in der Öffentlichkeit und nicht zuletzt die Schwere der ihm vorgeworfenen Straftaten rechtfertigte Namensnennung und Foto. Eine Vorverurteilung schließlich liege nicht vor, da durchgängig von einem Verdacht der Staatsanwaltschaft die Rede sei. Der Stand der Ermittlungen und die Verdachtsmomente würden dargelegt. Die Staatsanwältin käme genauso zu Wort wie der Angeklagte selbst. (2006)