Von Mitschülern in den Tod getrieben
Zeitschrift hätte auch Schule und einzelne Lehrer fragen müssen
Ein junges Mädchen wird über einen längeren Zeitraum hinweg von Mitschülern gequält. Es scheidet freiwillig aus dem Leben. Über diesen Fall berichtet eine Jugendzeitschrift unter der Überschrift “Gewalt an der Schule – Lisa (15) hielt es nicht mehr aus!” Der Rektor der Schule hält die Berichterstattung für unangemessen sensationell und einseitig. Sie beruhe ausschließlich auf den Aussagen der Eltern des Mädchens. Die Schule und die Mitschüler würden ohne Berücksichtigung ihrer Sichtweise in Misskredit gebracht. Gleiches gelte für die Klassenlehrerin, über die es in dem Artikel heißt, nach einem Gespräch zwischen ihr und der Mutter des Mädchens sei “alles nur noch schlimmer” geworden. Der Schulleiter wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift teilt mit, das Blatt habe ein dringendes Gesellschaftsproblem aufgegriffen, um auf die Gewalt an deutschen Schulen hinzuweisen. Die Aktion habe “ein überragendes Medienecho” erfahren. Bei der Berichterstattung sei bewusst darauf geachtet worden, dass weder die Schule noch die Lehrer noch gewaltbereite Schüler namentlich genannt worden seien. Auch werde nicht der falsche Eindruck erweckt, als gebe es einen unmittelbaren, zeitlichen Zusammenhang zwischen der Selbsttötung und den Bemühungen der Mutter um eine Verbesserung des Klimas in der Klasse. Durch den Artikel werde deutlich, dass zwischen beiden Ereignissen noch zahlreiche andere Vorfälle lägen. So hätte es Gespräche mit dem Rektor und einem Psychologen, die Suche nach einer anderen Schule und den Versuch der Schülerin gegeben, sich mit den gewaltbereiten Mitschülern zu arrangieren. Eine sensationelle Darstellung von Gewalt und Brutalität liege nach Auffassung des Beschwerdegegners nicht vor. Es sei Ziel des Artikels, Opfern von Gewalt an Schulen die Sinnlosigkeit einer Selbsttötung vor Augen zu führen und konkrete Hilfestellung anzubieten. (2006)