Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
Eine überregionale Tageszeitung befasst sich mit Messergewalt und der Herkunft der Täter. Unter der Zwischenüberschrift „Einen Zusammenhang mit der Herkunft gibt es nicht" schreibt die Zeitung, dass es nach den Untersuchungen einer namentlich genannten Kriminologin keinen Zusammenhang zwischen Messergewalt und Herkunft der Tatverdächtigen gebe, dafür aber andere Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht, Schicht, Bildungsferne. Ein Journalistikprofessor wird mit der Auswertung von Kriminalstatistiken zitiert. Demnach hätten in Nordrhein-Westfalen 2021 bei Messerdelikten 42,6 Prozent der Tatverdächtigen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit gehabt, in Berlin seien es 51,7 Prozent gewesen; „das Verhältnis ist also in etwa eins zu eins“, schreibt die Zeitung. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass die Redaktion diese Prozentzahlen als Beleg für die These nutze, dass es keinen Zusammenhang zwischen Messerangriffen und Herkunft gebe. Das sei aber schlicht wahrheitswidrig, denn die Fallzahlen müssten in Relation zur Größe der jeweiligen Bevölkerungsgruppe gesetzt werden. Der Ausländeranteil in Deutschland habe 2022 nur 14 Prozent betragen. Demnach sei die Tathäufigkeit bei Ausländern in Nordrhein-Westfalen 4,5-mal und in Berlin 6,5-mal höher als bei deutschen Staatsangehörigen. Die These, dass es keinen Zusammenhang mit der Herkunft gebe, sei klar widerlegt. Die Zeitung räumt ein, dass die beanstandete Passage in ihrer ursprünglichen Fassung zu kurz gefasst und unvollständig sei und zu einer missverständlichen Interpretation der getroffenen Aussage geführt habe.
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Eine überregionale Tageszeitung berichtet über die Situation und Anzahl von Menschen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit, die in Deutschland leben. In der Unterzeile eines beigestellten Fotos heißt es: „Flüchtlinge kommen manchmal ohne Pass an - ihre Staatsangehörigkeit zu klären, kann aufwendig sein.“ Der Beschwerdeführer kritisiert die Formulierung „manchmal“. Sie sei unzutreffend, denn die Quote der Flüchtlinge ohne Pass liege seit Jahren bei über 50 Prozent. Die Zeitung weist darauf hin, dass nicht jeder
Staatenlose auch ein Asylsuchender sei.
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Eine Wochenzeitschrift veröffentlicht umfangreiche Auszüge aus einer neuen Biografie über den Unternehmer Elon Musk. In der Onlinefassung wird darauf hingewiesen, dass es sich um eine Übernahme aus dem digitalen Premium-Angebot eines namentlich genannten Wirtschaftsmagazins handele und dass die sogenannten Plus-Abonnenten der Wochenzeitschrift eine Woche lang Zugriff darauf hätten. Danach werde der Artikel wieder ausschließlich für die Abonnenten des Wirtschaftsmagazins zu lesen sein, dessen Internetadresse mitgeteilt wird. Beigestellt sind die Titelseite des Buches mit genauen bibliografischen Angaben und das Cover des parallel erschienenen Hörbuchs, das auch als Download verfügbar sei. In der Beschwerde an den Presserat heißt es, dass der Verlag der Wochenzeitschrift ein Eigeninteresse an dieser Veröffentlichung habe, ohne dies der Leserschaft hinreichend transparent zu machen: Nirgendwo werde erwähnt, dass die Zeitschrift wie der Buchverlag beide zum selben Medienkonzern gehören. Die Redaktion nimmt keine Stellung zu der Beschwerde.
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Eine Reisezeitschrift veröffentlicht die Mail eines Abonnenten als Leserbrief. Darin beschwert sich der Leser über die Ankündigung der Redaktion, Reiseberichte künftig um Informationen für „queeres Reisen“ zu ergänzen. Das sei „völlig daneben“. „Schwule und Lesben bestehen bei jeder Gelegenheit auf Gleichbehandlung und lassen dennoch keine Gelegenheit aus, sich in den Mittelpunkt zu stellen und ihre sexuelle Ausrichtung plakativ darzustellen.“ Außerdem beklagt sich der Leser darüber, dass die Redaktion neuerdings „die völlig schwachsinnige und idiotische Gendersprache“ verwende. „Das ist ein Verbrechen an der Sprache.“ Hinzu komme, dass die Zeitschrift „inhaltlich von Ausgabe zu Ausgabe schwächer“ werde. „Beiträge werden nicht journalistisch aufgearbeitet, laienhaft geschriebene Reiseerzählungen im Schulaufsatzstil bestimmen die Inhalte.“ Die Zuschrift endet mit einer Abo-Kündigung zum nächsten Termin. In einer ausführlichen Anmerkung unter dem Leserbrief bedauert die Redaktion unter anderem, „wie man sich so vehement neuen, anderen, vielleicht auch unbequemen Sichtweisen versperren kann“. Beschwerdeführer ist der Verfasser der Zuschrift. Er bezeichnet seine Mail als Abo-Kündigungsschreiben, das eindeutig als solches zu erkennen gewesen sei. Er habe niemals einer Veröffentlichung als Leserbrief zugestimmt. Die Chefredaktion hätte ihn auf den beabsichtigten Abdruck hinweisen und um Freigabe bitten müssen. Außerdem habe die Redaktion gegen das Urheberrecht verstoßen, denn sie habe sein Schreiben nicht vollständig wiedergegeben, obwohl die Leserbriefspalte keinen entsprechenden „Kürzungsvorbehalt“ enthalte. Ferner handele es sich bei der Anmerkung der Redaktion um Schmähkritik. Die Zeitschrift weist die Vorwürfe zurück.
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Eine Wochenzeitschrift kündigt online die Quizshow eines Privatfernsehsenders an, die im Titel auch den Namen eines Reportagemagazins trägt. In der Beschwerde an den Presserat wird kritisiert, dass die ausgiebige und positive Programmankündigung ein Eigeninteresse des Verlags berühre. Denn die Wochenzeitschrift und das Reportagemagazin gehörten beide zu dem Privatsenderkonzern. Dies werde gegenüber der Leserschaft nicht hinreichend transparent gemacht. Die Redaktion gibt zu der Beschwerde keine Stellungnahme ab.
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„Killer-Teenie suchte selbst noch mit nach Joel“: Unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über die Tötung eines Sechsjährigen. In dem Beitrag heißt es, die Ermittler seien sich sicher, dass der 14-Jährige den kleinen Jungen erstochen habe. Mehrfach wird er als „Killer“ bezeichnet. Warum er „den kleinen Jungen tötete“, bleibe ein Rätsel. Bebildert ist der Artikel unter anderem mit einem Foto des tatverdächtigen Jugendlichen, bei dem die Gesichtspartie mit einem schwarzen Balken versehen ist. Die Beschwerdeführerin kritisiert Verstöße gegen den Jugendschutz und gegen das Verbot der Vorverurteilung. - Wegen des Fotos erweitert der Beschwerdeausschuss die Beschwerde auf einen möglichen Verstoß gegen den Persönlichkeitsschutz. Die Zeitung will sich zu dem Fall erst äußern, wenn eine vom Presseratsplenum eingesetzte Arbeitsgruppe grundsätzliche Fragen zur Verwendung des Begriffs „Killer“ geklärt und bekanntgegeben hat.
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Eine Lokalzeitung berichtet über die Verurteilung eines Mannes, der wiederholt die zwölfjährige Tochter seiner Lebensgefährtin missbraucht hat. Der Artikel schildert detailliert den Ablauf der Übergriffe in der Badewanne und im Bett des Paares. Erwähnt wird auch die Aussage des Angeklagten, dass das Mädchen bereits anderweitig unangenehme sexuelle Erfahrungen gemacht habe: Gleichaltrige aus dem Dorf seien bei „Mutproben" übergriffig geworden. Er selbst wird als 49-Jähriger bezeichnet, der früher in einem Ort im Landkreis erfolglos bei einer Bürgermeisterwahl kandidiert habe. Der Beitrag ist mit einem als Symbolfoto gekennzeichneten Bild illustriert, auf dem eine junge Frau ein Schaumbad genießt. Nach Ansicht des Beschwerdeführers lässt der Artikel eindeutige Rückschlüsse auf die betroffenen Personen zu. Der Verurteilte sei in der Region als Bürgermeisterkandidat zumindest teilweise bekannt, womit sein Wohnort und andere Beteiligte problemlos identifiziert werden könnten. Die Schilderung der Taten sei unnötig detailliert und reißerisch. Unverantwortlich sei der Vorwurf gegen Gleichaltrige des Opfers. Als Folge seien in der Region nunmehr die Jugendlichen dem Verdacht des sexuellen Missbrauchs ausgesetzt. Die Zeitung hält alle Prozessbeteiligten für sorgfältig anonymisiert.
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Eine Wochenzeitung erscheint mit einer Beilage, in der Kreuzfahrten und andere Reisen umfangreich und positiv beschrieben werden. Der Titel der Beilage setzt sich zusammen aus dem Namen der Zeitung und dem Zusatz „Reiseträume“. Unten auf der Titelseite steht: „Eine Sonderveröffentlichung des [...]Verlages“. Der Beschwerdeführer kritisiert einen klaren Verstoß gegen das Gebot zur Trennung von Werbung und Redaktion. In dem Heft werde offen Werbung für Reiseanbieter gemacht (teilweise mit den Headlines „Reiseempfehlung“), ohne sie als bezahlte Anzeigen kenntlich zu machen. Der Verlag bestätigt, dass die Wochenzeitungsbeilage bezahlte Werbetexte und -bilder oder Anzeigen enthalte.
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Eine Boulevardzeitung veröffentlicht einen Bericht über einen vorbestraften Sexualstraftäter, der wenige Wochen nach seiner letzten Haftentlassung ein zehnjähriges Mädchen missbraucht haben soll. Aktueller Anlass des Berichts sind „Irritationen um Aussagen der Staatsanwaltschaft“. Die Zeitung wirft der Behörde vor, sie habe noch vor dieser Tat einen neuerlichen Haftbefehl gegen den Mann „erhoben“, aber habe dieses Dokument noch tagelang „in der Schublade“ liegen lassen. In der Zwischenzeit habe der Vorbestrafte das Mädchen missbraucht. Zum zeitlichen Ablauf zitiert die Zeitung den Leitenden Oberstaatsanwalt. Demnach habe die Staatsanwaltschaft den Haftbefehl bereits am Freitag, 8. September, beim Amtsgericht erhoben. „Aber“, so die Zeitung weiter: „Das Amtsgericht hatte die Akte tagelang nicht vorliegen. Wäre sie, z.B. per Boten, rechtzeitig angekommen, hätte die Entführung und der Missbrauch des zehnjährigen Opfers vielleicht verhindert werden können. Die Tat war am Montag, 11. September.“ Laut Zeitung soll ein Stempel belegen, dass die Akte am 13. September noch immer bei der Staatsanwaltschaft gelegen habe. Nach Angaben des Amtsgerichts sei die Verfahrensakte der Staatsanwaltschaft mit Anklageschrift und Haftbefehlsantrag erst am 14. September bei Gericht eingegangen, also drei Tage nach der Tat. Beschwerdeführer ist der von der Zeitung namentlich genannte und im Foto gezeigte Leiter und Pressesprecher der Staatsanwaltschaft. Die Zeitung habe wahrheitswidrig behauptet, die Behörde habe bereits am 8. September beim Amtsgericht einen Haftbefehl erhoben. In Wirklichkeit sei Anklage erhoben worden (wegen Verstößen gegen die Führungsaufsicht nach der letzten Haftentlassung des Mannes), verbunden mit einem Antrag auf einen Haftbefehl. Die Anklageschrift samt Haftbefehlsantrag habe natürlich auch nicht in einer „Schublade“ seiner Behörde gelegen. Über den Zeitpunkt der Anklageerhebung habe er der Zeitung die Wahrheit gesagt. Maßgeblich sei die Verfügung, mit der die Anklageschrift in den Geschäftsgang gegeben werde. Der zuständige Oberstaatsanwalt habe diese Anklagebegleitverfügung am 8. September unterschrieben und die Akte in den „Abtrag“ gelegt, von wo aus sie von dem Wachtmeister des Landgerichts abtransportiert worden sei. Gemäß Strafprozessordnung erhebe die Staatsanwaltschaft öffentlich Klage durch ihre Einreichung. Auf den Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht komme es nicht an. Die Zeitung habe ihm völlig haltlos unterstellt, gelogen zu haben. Vergeblich habe er von der Redaktion eine unverzügliche Richtigstellung, eine Entschuldigung und eine adäquate Entschädigung wegen der zu Unrecht verursachten Rufschädigung verlangt. Trotz dieser Hinweise habe der Redakteur die Falschbehauptungen „Haftbefehl gegen Kinderschänder lag vor!“ und „Angaben des Gerichts widersprechen Staatsanwaltschaft" wiederholt. Die Zeitung habe somit gegen drei Ziffern des Pressekodex verstoßen: gegen die Sorgfaltspflicht, gegen die Pflicht zur Richtigstellung und gegen den Schutz der Ehre. Als Leiter einer Staatsanwaltschaft, deren Ansehen ganz wesentlich von Objektivität abhängig sei, könne er nicht hinnehmen, als Lügner hingestellt zu werden. Weil die Falschbehauptung trotz seines Hinweises wiederholt worden sei, gehe er davon aus, dass auch der Tatbestand der Verleumdung verwirklicht sei. Die Zeitung will zu den Anschuldigungen vorerst keine Stellung nehmen, da die Staatsanwaltschaft offenbar erwäge, gegen die Redaktion ein Ermittlungsverfahren wegen der erwähnten Delikte zu eröffnen.
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„Drama beim München-Marathon: Einen Kilometer nach diesem Foto ist Felix tot": Unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über einen jungen Marathonläufer, der beim Laufen zusammengebrochen und gestorben war. Das erwähnte Foto wird von der Redaktion so interpretiert: „Müde blickt er nach unten, er scheint schon mit sich zu kämpfen. Was auf dem Foto vom München Marathon noch keiner ahnen kann: Felix, der große Mann mit der Startnummer 2788, wird nur noch knapp einen Kilometer laufen. Dann bricht er zusammen. Wenige Stunden später ist er tot.“ Der Artikel enthält noch zwei weitere unverpixelte Fotos des Läufers, während die Mitläufer unkenntlich gemacht wurden. Er wird mit seinem Vornamen und dem abgekürztem Nachnamen benannt. Die Beschwerdeführerin sieht in den Bildern einen Verstoß gegen den Schutz der Persönlichkeit. Für das Verständnis dieses Unglücks sei das Wissen um die Identität des Gestorbenen unerheblich. Angehörige oder sonstige Befugte hätten der Veröffentlichung nicht zugestimmt, und es handele sich auch nicht um eine Person des öffentlichen Lebens. Die Bildinterpretation, dass der Läufer mit sich zu kämpfen scheine, impliziere, dass sich das Unglück angebahnt habe und er bereits gemerkt habe, dass es ihm nicht gut gehe. Sätze wie diese seien spekulativ und reine Sensationsberichterstattung. Mit dieser Berichterstattung werde die Grenze des Respekts vor dem Leid von Opfern und den Gefühlen von Angehörigen überschritten. Die Zeitung erwidert, dass sie das Opfer geschützt habe, indem sie nicht den vollen Namen genannt und nur Fotos verwendet habe, die vom Marathon-Veranstalter und von einem öffentlichen Facebook-Beitrag seines ehemaligen Fußballvereins stammten.
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