Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Eine Regionalzeitung veröffentlicht einen Bericht unter der Überschrift „Zetteltrick hätte beinahe funktioniert“. Es geht um den Versuch zweier Frauen, eine Rentnerin mit Hilfe des so genannten „Zetteltricks“ in ihrer Wohnung zu beklauen. Die Tat misslang wegen des Misstrauens der Frau. Die Zeitung zitiert das Personenprofil, mit dem die Polizei nach den Täterinnen fahndet: „Die eine ist etwa 50 Jahr alt, korpulent, dunkle Haare, dunkler Teint, Sinti oder, nach Aussage des Opfers, möglicherweise Türkin“. Der Zentralrat der Sinti und Roma in Deutschland sieht in der Veröffentlichung einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex in Verbindung mit Richtlinie 12.1 (Diskriminierung ethnischer Minderheiten). Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt die Beschwerde mit Verwunderung zur Kenntnis. Der Vorgang liege ein halbes Jahr zurück. Deshalb lasse sich die damalige Polizeimeldung nicht mehr nachprüfen. Die Polizei habe seinerzeit die Rentnerin zitiert, wonach es sich bei einer der Täterinnen um „eine Zigeunerin“ gehandelt habe. In der Polizeimeldung sei dann von einer „Sinti“ die Rede gewesen. Dies sei keine Entschuldigung, aber zumindest eine Erklärung. Seine Zeitung – so der Chefredakteur weiter – setzte sich für Integration und gegen Ausländerfeindlichkeit ein. Auch bei den örtlichen Sinti-Angehörigen bestehe an der politischen Grundhaltung des Blattes kein Zweifel. Die Redaktion bedauere die im Bericht gewählte Kennzeichnung. Sie sei angewiesen, entsprechende Polizeimeldungen künftig zu korrigieren. (2006)
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Unter der Überschrift „Rate mal, wer anruft“ berichtet ein Nachrichtenmagazin über den „Enkel-Trick“, mit dem seit einiger Zeit vor allem ältere Leute ausgetrickst und dabei um viel Geld betrogen werden. Es wird dargestellt, wie viele Fälle es 2005 gab und wie hoch der dabei entstandene Schaden war. Außerdem erklärt die Redaktion, wie der Trick funktioniert und warum die Ermittlungen aufgrund bestehender Gesetze zur Telefonüberwachung nicht immer leicht sind. Das Blatt berichtet, nach Erkenntnissen der Ermittler seien nahezu ausschließlich Angehörige von bestimmten Clans der Sinti und Roma mit dem „Enkel-Trick“ unterwegs. Zwei festgenommene Täter werden als „Roma“ bezeichnet. Der Zentralrat der Sinti und Roma in Deutschland sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 12.1. Dort ist das Diskriminierungsverbot im Hinblick auf ethnische Minderheiten definiert. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Der Zentralrat wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion des Magazins hält die Beschwerde für unbegründet. Ein begründeter Sachbezug zur Nennung der ethnischen Zugehörigkeit der Tatverdächtigen sei gleich in mehrfacher Hinsicht gegeben. Aufgrund der jährlichen Schadenshöhe handele es sich bei dem „Enkel-Trick“ um ein gravierendes Problem. Er werde nahezu ausschließlich von Angehörigen bestimmter Clans der Sinti und Roma angewendet. Im vorliegenden Fall handele es sich um eine sehr effektive Vorgehensweise der Betrüger, die mittlerweile ein entsprechendes Netzwerk aufgebaut hätten. Die Presse – so der Chefredakteur weiter – dürfe sich grundsätzlich auf Informationen der Ermittlungsbehörden verlassen, wenn diese die Ethnie der Täter im Hinblick auf ein spezifisches Kriminalproblem für mitteilenswert hielten. Dies sei eine fachliche Bewertung. Die Chefredaktion stellt abschließend fest, dass durch die gewählten Formulierungen keine Vorurteile gegenüber Minderheiten geschürt worden seien. (2006)
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Unter der Überschrift „Oma in Wohnung ausgeraubt“ berichtet ein Boulevardblatt über zwei Täterinnen, die an der Wohnungstür einer alten Frau klingelten, sich deren Geldbörse bemächtigten und die Flucht ergriffen. Die Frauen werden als „offensichtlich aus dem Kreis der Sinti und Roma“ bezeichnet. Der Zentralrat der Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex in Verbindung mit Richtlinie 12.1 (Diskriminierungsverbot). Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung des Verlages ist der Auffassung, dass in dem Beitrag wahrheitsgemäß ein tatsächlicher Vorfall geschildert worden sei. Soweit jedoch in der Meldung ein Hinweis auf „Sinti und Roma“ enthalten sei, habe die Redaktion im Nachhinein festgestellt, dass sie darauf hätte verzichten können. Sie werde künftig in vergleichbaren Fällen zurückhaltender formulieren. (2006)
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Eine Regionalzeitung berichtet über ein Strafverfahren. Eine 55 Jahre alte Frau muss sich verantworten, weil sie Schmuck, den ihr Lebensgefährte „beschafft“ hat, in einem Pfandhaus versetzt habe. Ein weiterer Vorwurf bezieht sich auf den unrechtmäßigen Bezug von Sozialhilfe. Die Zeitung erwähnt, dass die Angeklagte einer „Sinti-Gruppe“ angehört. Der Zentralrat der deutschen Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex und Richtlinie 12.1 (Diskriminierungsverbot). Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung stimmt zu, dass es in diesem Fall nicht richtig war, die Minderheiten-Kennzeichnung zu verwenden. Sie habe den Vorfall zum Anlass genommen, die Redaktion noch einmal über die Problematik zu informieren. Es sei somit davon auszugehen, dass ähnliche Fehler künftig nicht mehr vorkämen. (2006)
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„Hochzeit der Einbrecher“ überschreibt ein Nachrichtenmagazin einen Bericht über Wohnungsdiebstähle, die vor allem in den Wintermonaten begangen werden. Der Artikel beginnt mit einem Beispielsfall aus einer Großstadt. Die gerade verurteilten Brüder werden als „Sinti“ bezeichnet. Das Magazin schildert, auf welche Weise die Täter bei Einbrüchen vorgehen. Da ist von chilenischen Banden die Rede, dann von Rumänen, die in Deutschland eine Vielzahl von Einbrüchen begangen hätten. Außerdem wird von Banden berichtet, die zur „so genannten reisenden ethnischen Minderheit“ gehören. Der Begriff „ethnische Minderheit“ wird auch von einem Polizeibeamten benutzt. Der Zentralrat der deutschen Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 12.1. Er ruft den Deutschen Presserat an. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Der Chefredakteur des Magazins hält die Beschwerde für unbegründet. Er merkt an, dass bei der Beschreibung von Einbrecherbanden nur von einer „reisenden ethnischen Minderheit“ die Rede gewesen sei, und nicht von Sinti und Roma. Im Übrigen werde von verschiedenen Gruppen von Einbrechern berichtet, die jeweils zu unterschiedlichen Zeiten im Jahr und mit unterschiedlichen Methoden vorgingen und auch unterschiedliche Beute aus Wohnungen mitnähmen. Es werde über Chilenen, Rumänen, Albaner und andere organisierte osteuropäische Banden berichtet. Da das Unterscheidungsmerkmal dieser Gruppen ihre Nationalität bzw. ethnische Zugehörigkeit gewesen sei, sei eben auch dieses Unterscheidungsmerkmal für die Leser von großem Interesse gewesen. Es habe ohne Zweifel einen für das Verständnis des Artikels nötigen Sachbezug dargestellt. Sämtliche Informationen hätten zudem von Ermittlern gestammt, die darin keine austauschbaren und zufälligen Umstände gesehen hätten, sondern Charakteristika, über die die Öffentlichkeit habe informiert werden dürfen. Der Chefredakteur vertritt die Auffassung, dass die Darstellung Angehörige einer bestimmten Volksgruppe oder ethnischen Minderheit nicht diskriminiere. Es sei lediglich die Vorgehensweise einzelner Gruppen geschildert worden. Dabei sei eine bestimmte Gruppe oder ein bestimmtes Vorgehen weder verurteilt noch verunglimpft worden. Sämtliche Informationen hätten lediglich der Abgrenzung und Darstellung der unterschiedlichen Methoden der Gruppen gedient. (2006)
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Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Serientäter spurlos verschwunden“ über die Einleitung einer öffentlichen Fahndung nach einem geflüchteten Strafgefangenen durch Polizei und Staatsanwaltschaft. Der Mann war wegen Betrugs zu einer Haftstrafe verurteilt und nach einem Freigang nicht mehr ins Gefängnis zurückgekehrt. In der Täterbeschreibung heißt es, der Gesuchte gehöre zur Volksgruppe der Sinti und Roma. Der Zentralrat der deutschen Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex in Verbindung mit Richtlinie 12.1 (Diskriminierung). Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Der Rat wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Chefredakteur der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Der Artikel beziehe sich auf eine gemeinsame Presseinformation der Staatsanwaltschaft und der örtlichen Polizeidirektion. Zur Personenfahndung hätten beide eine detaillierte Personenbeschreibung herausgegeben. Um die Erfolgsaussichten der Fahndung zu erhöhen, hätten sich die Behörden dazu entschlossen, auch die Zugehörigkeit des Straftäters zur Gruppe der Sinti und Roma zu erwähnen. Diese Kennzeichnung stammte somit aus dem Fahndungsersuchen, das den Medien ausdrücklich zur Veröffentlichung zugesandt worden sei. Gerade die Kennzeichnung des Täters diene dazu, ihn so genau wie möglich darzustellen und der Bevölkerung möglichst viele Details zu nennen. (2006)
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„Polizei sucht Betrüger öffentlich“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über eine Fahndung von Polizei und Staatsanwaltschaft. Gesucht wird ein flüchtiger Strafgefangener. Der Mann war zu einer Haftstrafe wegen Betrugs verurteilt und nach einem Freigang nicht mehr in die Haftanstalt zurückgekehrt. In der Täterbeschreibung heißt es, dass der Gesuchte zur Volksgruppe der Sinti und Roma gehört. Der Zentralrat der Sinti und Roma wendet sich an den Deutschen Presserat. Er sieht in dem Artikel einen Verstoß nach Ziffer 12 des Pressekodex in Verbindung mit der Richtlinie 12.1. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Der Chefredakteur der Zeitung entschuldigt sich für die Erwähnung der ethnischen Zugehörigkeit des zur Fahndung ausgeschriebenen Straftäters. Sie verstoße gegen die Richtlinien, die sich die Redaktion auch selbst gesetzt habe. Mit den Redakteuren und den freien Mitarbeitern der Polizeiredaktion habe er über den Fall und über die Bedeutung der Ziffer 12 des Pressekodex gesprochen. Alle Mitarbeiter seien eindringlich dazu ermahnt worden, das Diskriminierungsverbot künftig zu beachten. Er – der Chefredakteur – habe das Thema auch in der Runde der Ressortleiter angesprochen und dabei die besondere Verantwortung für eine vorurteilsfreie Berichterstattung betont. (2006)
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Ein Finanzmagazin schreibt einem Leser und legt ein Booklet mit dem Titel “Die besten Fonds” bei, das zuvor schon dem Magazin beigelegen hatte. Im Anschreiben wird dem Adressaten nahe gelegt, bestehende Fondsdepots auf das Konto eines bestimmten Fonds zu übertragen und damit nie wieder Ausgabeaufschläge zu bezahlen. Das gesamte Booklet, zu dem der Chefredakteur des Magazins ein Editorial unter dem Titel “Ideale Vorsorge” geschrieben hat, enthält zahlreiche Hinweise auf den Fonds, insbesondere kreisrunde Anzeigen mit der Aufschrift “Diese Fonds 50 % günstiger bei … - klug gewählt”. Das Heft enthält überdies vier ganzseitige Anzeigen des Fonds. Der Leser sieht die Trennung zwischen redaktionellem Inhalt und werblichen Aussagen nicht mehr gegeben. Die runden Anzeigen seien so in den Text eingebaut, dass der Eindruck entstehe, es handle sich um redaktionelle Hinweise. In allen Texten würden die Experten des Fonds in unverhältnismäßigem Ausmaß zitiert. Dies erwecke den Eindruck, als seien sie besonders kompetent. Der Leser schaltet den Deutschen Presserat ein. Der Chefredakteur des Finanzmagazins teilt mit, die Tabellen in dem Booklet seien redaktionell unabhängig erstellt worden. Quelle sei die größte internationale Rating-Agentur. In sechs der sieben veröffentlichten Tabellen stünden andere Fonds an der Spitze. Darin zeigten sich die Unabhängigkeit und Objektivität des Booklets. Zum Anschreiben weist der Chefredakteur darauf hin, dass dieses nicht von der Redaktion, sondern von der Verlagsleitung stammt. Presseethische Gesichtspunkte griffen also hier nicht. (2006)
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„Pisa-Studie zeigt Mängel im Schulwesen – Lehrer haben versagt“ steht über dem Kommentar einer Regionalzeitung. Der Autor konstatiert, dass die Lehrerschaft sich nicht mit dem Hinweis auf die Lernunwilligkeit der Schüler, ihre eigene Überbelastung oder unzureichende Lehrmittel herausreden könne. Die Hauptaufgabe eines Lehrers sei die Wissensvermittlung. Wenn bei 40 Prozent der Realschüler und Gymnasiasten so wenig hängen bleibe, liege die Ursache weniger vor als hinter dem Lehrerpult. Der Autor stellt schließlich fest, dass im deutschen Schulwesen alle Beteiligten irgendwie überfordert seien: Die Politiker in Bund und Ländern, Professoren und Lehrer und schlussendlich Schüler und Studenten. Der Beschwerdeführer – ein Lehrer – sieht in der Überschrift des Kommentars eine Beleidigung und Diskriminierung. Im Text sei von populistischen Halb- und Unwahrheiten über angebliche Ursachen und Ergebnisse der Pisa-Studie die Rede. Der Beitrag sei ohne Recherche und in Unkenntnis der Sach- und Faktenlage veröffentlicht worden. Der Lehrer spricht von Rufmord, Beleidigung, Diffamierung und Unterstellung gegenüber seinem Berufsstand. Er sieht seine persönliche Ehre und Vertrauenswürdigkeit als Lehrer verletzt und ruft den Deutschen Presserat an. Der Chefredakteur antwortet und stellt fest, dass der aus einem Kommentardienst stammende Beitrag auch in anderen Zeitungen erschienen sei. Die Redaktion habe in dem Kommentar einen in der Tat stark polarisierenden, aber doch legitimen Beitrag zur Diskussion über die aktuelle Situation an den Schulen gesehen. Er – der Chefredakteur – habe dem Beschwerdeführer einen Brief geschrieben und sich dafür entschuldigt, wenn dieser sich persönlich beleidigt und diskriminiert fühle. Auch einen Leserbrief des Lehrers habe die Zeitung veröffentlicht. Darin habe dieser seine Sicht der Dinge darlegen können. Die Zeitung habe sich dem Thema in der Vergangenheit ausführlich gewidmet und dabei immer wieder festgestellt, dass viele Leser die Schulprobleme ähnlich sähen wie der Kommentator, auch wenn das dem Beschwerdeführer nicht gefalle. Der Chefredakteur verwahrt sich gegen den Vorwurf, gegensätzlichen Meinungen nicht ausreichend Raum zu geben. (2006)
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Ein Magazin bringt einen Leserbrief, der sich mit dem Titelbild des Blattes in einer vorangegangenen Ausgabe beschäftigt. Auf diesem war eine halbnackte Frau mit der Überschrift zu sehen: „Schöner Schein – die Illusion vom Wohlfahrtsstaat“. Die Leserbrief-Schreiberin moniert, dass das Titelbild unerträglich frauenfeindlich sei und das ansonsten seriöse Blatt disqualifiziere. Die Schreiberin fragt, ob das Blatt nur Männer zu seinen Lesern zähle, die es mit dem Grundsatz „Sex sells“ ködern wolle. Darauf antwortet die Redaktion mit einer Anmerkung zu dem Leserbrief. Sie spricht die Einsenderin mit ihrem Titel „Diplom-Ingenieurin“ an und bezeichnet deren Einsendung als unerträglich und „unsubstantiiert“. Auch fragt sie, was die Leserbrief-Schreiberin unter „frauenfeindlich“ verstehe. Die Antwort der Redaktion besteht zum Teil aus wörtlichen Zitaten aus dem ursprünglichen Leserbrief, die in die Form der Antwort gekleidet werden. Die Beschwerdeführerin, die den Deutschen Presserat anruft, ist der Ansicht, die Anmerkungen der Redaktion zu ihrem Leserbrief seien ehrverletzend. Das gehe schon los mit der sarkastischen Anrede „Frau Diplom-Ingenieurin“. Insgesamt werde ihr Brief als Schwachsinn bezeichnet. Wörtlich steht in der Anmerkung: „Ich werde mich in unserem Haus dafür einsetzen, solchen Schwachsinn künftig nicht mehr kommentieren zu müssen.“ Die Frau sieht auch eine Diskriminierung wegen ihres Geschlechts nach Ziffer 12 des Pressekodex. Die Geschäftsführerin des Magazins und der verantwortliche Redakteur stellen zu der Beschwerde fest, die Anrede hebe den Sachverstand der Angesprochenen hervor, sofern man einen akademischen Grad mit Sachverstand gleichsetzen könne. Das Blatt habe diesen nicht in Frage gestellt. Den Vorwurf der Ehrverletzung weist die Redaktion zurück. Den Vorwurf der Diskriminierung hält die Redaktion für absurd. Er sei von der Beschwerdeführerin auch nicht weiter begründet worden. Die Redaktion beruft sich auf die Meinungsfreiheit. Im vorliegenden Fall habe der Autor der Anmerkung zum Leserbrief nicht entfernt die vom Bundesverfassungsgericht zugestandenen Möglichkeiten ausgeschöpft. Abschließend äußert die Redaktion die Befürchtung, eine Maßnahme des Presserats gegen das Magazin könne zur Folge haben, dass kein Journalist in Deutschland mehr wage, eine feminismuskritische Meinung zu veröffentlichen. (2006)
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