Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Das Inferno nicht angekündigt

“In seltener Einmütigkeit beeilten sich kurz nach dem Unglück die Stadträte jeder Couleur, zu versichern, sie hätten von Sicherheitsmängeln in der 33 Jahre alten Halle nichts gewusst. Bei den diskutierten Sanierungen sei es nur um verbesserte Technik gegangen.” So berichtet ein Nachrichtenmagazin über den Halleneinsturz von Bad Reichenhall, bei dem 15 Tote zu beklagen waren. Das Blatt zitiert eine Bundestagsabgeordnete, die sich auf ihrer Homepage zu der Eissporthalle geäußert habe. Der Zustand der Anlage werde nicht besser, und die SPD wolle nun eine Entscheidung herbeiführen. Die Abgeordnete wörtlich weiter: “Ansonsten könne es passieren, dass es zuletzt zu einer Schließung wegen unterlassener Hilfeleistung kommt.” Das Nachrichtenmagazin: “Der Satz klingt wie eine Ankündigung des Infernos.” Die Abgeordnete, die bereits eine Gegendarstellung in dem Nachrichtenmagazin erwirkt hat, schaltet den Deutschen Presserat ein. Der fragliche Satz sei korrekt. Allerdings habe er sich nicht auf Sicherheitsbedenken, sondern auf die wirtschaftliche Situation der Halle bezogen. Unmittelbar nach dem Unglück sei die komplette Internet-Seite geändert worden, weil man im Schatten des Unglücks keine politische Auseinandersetzung habe führen wollen. Die Rechtsabteilung des Magazins bezieht sich auf eine Pressemitteilung der Abgeordneten, die mit den Worten beginn: “Die Eislauf- und Schwimmhalle … ist in die Jahre gekommen. Die Sanierung steht an, ob es aber dazu kommt, steht noch in den Sternen.” Aus diesem Zitat sowie dem dann folgenden Hinweis von der drohenden Schließung wegen unterlassener Hilfeleistung lasse sich die Formulierung im Magazin, dass der letzte Satz “wie eine Ankündigung des Infernos” klinge, ableiten. Es handle sich um eine zulässige Meinungsäußerung. Damit werde nicht die Tatsachenbehauptung aufgestellt, die Beschwerdeführerin habe von dem bevorstehenden Dacheinsturz gewusst oder ihn zumindest geahnt. Eine derartige Interpretation sei abwegig. (2006)

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Montagen müssen gekennzeichnet sein

“Gemeinsam gegen den Lärm” überschreibt eine Regionalzeitung ihren Bericht über die Belästigungen durch einen nahe gelegenen Großflughafen. Zum Artikel gehört ein Foto, das ein Verkehrsflugzeug in der Luft zeigt. Im unteren Teil des Bildes sind Teile von Gebäuden zu erkennen. Ein Leser teilt mit, das Bild sei Teil einer Fotomontage, die die Zeitung zweieinhalb Jahre vorher schon einmal veröffentlicht habe. Er moniert, dass die erneute Bildveröffentlichung nicht als Montage erkennbar gemacht worden sei. Die Redaktion, von ihm angesprochen, habe den Fehler eingeräumt. Es bestünde die klare Anweisung, dass Fotomontagen als solche kenntlich gemacht werden müssten. Da dies im konkreten Fall nicht geschehen sei, habe sich die Redaktion bei ihm entschuldigt. Dennoch ruft der Mann den Deutschen Presserat an. Die Redaktionsleitung bezieht sich auf die Entschuldigung, die sie gegenüber dem Beschwerdeführer ausgesprochen habe. Eine weitere Stellungnahme habe sie der Angelegenheit nicht hinzuzufügen. (2005)

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Zeitungskommentar “verunglückt”

Eine bayerische Lokalzeitung kommentiert den Ordnungsruf eines Bürgermeisters gegen ein Ratsmitglied. Der Mann hatte sich erkundigt, warum immer ein bestimmter Dokumentenpfad auf Anträgen der CSU in der Fußnote zu finden sei, und den Verdacht geäußert, der in der Verwaltung tätige Kämmerer der CSU würde die Anträge während der Dienstzeit schreiben. Der Autor äußert sein Unverständnis über den Ordnungsruf, da der Fragesteller lediglich versucht habe, die ihm zufallende Kontrollaufgabe auszuführen. Der betroffene Kämmerer, der durch die Frage in Verdacht gerät, während der Dienstzeit privat parteipolitisch tätig zu sein, kritisiert, dass in dem Kommentar die Erklärung des Bürgermeisters zu der Frage nicht veröffentlicht worden sei. Dieser habe nämlich erklärt, er habe die Anträge, die als E-Mails bei ihm eingegangen seien, an den Kämmerer mit der Bitte weitergeleitet, sie auszudrucken. Diese nach Ansicht des Beschwerdeführers für ihn entlastende Aussage werde in der Zeitung nicht mitgeteilt. Stattdessen werde er in Misskredit gebracht. Das Ratsmitglied wendet sich mit seiner Beschwerde an den Deutschen Presserat. Die Redaktionsleitung der Zeitung räumt ein, dass der Beitrag verunglückt sei. Die Veröffentlichung sei um einen entscheidenden Passus gekürzt worden. Der Meinungsbeitrag habe so nicht gebracht werden dürfen. Er – der Redaktionsleiter – habe den Fall mit seinen Kollegen erörtert und den Autor des Beitrages zu einer Mahnung einbestellt. Dieser habe versichert, dass er dem Beschwerdeführer nicht habe schaden wollen, sondern sei der Meinung gewesen, die Debatte in der Sitzung pointiert wiedergegeben zu haben. Die Redaktion habe den Fall erneut und vollständig dargestellt. Sie werde alles tun, solche Fälle künftig zu vermeiden. (2006)

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Kein gravierender Verstoß

In der Chronik aus Anlass ihres 60-jährigen Bestehens erinnert eine Regionalzeitung daran, dass der Oberbürgermeister der Stadt im Jahr zuvor den Grundstein für den Wiederaufbau des Stadtschlosses und den Bau eines Einkaufszentrums gelegt habe. Ein Leser kritisiert die Formulierung “Wiederaufbau des historischen Schlosses”. Der Presserat habe schon im Frühjahr 2005 gerügt, dass die Zeitung die geplante Wiederherstellung der Fassade des abgerissenen Schlosses als Rekonstruktion und Kopie des Schlosses bezeichne. Jetzt verwende das Blatt den Begriff “Wiederaufbau des Schlosses” erneut für die Rekonstruktion einer Fassade. Der Beschwerdeführer wendet sich wiederum an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, dass sie die vorangegangene Rüge des Presserats nach wie vor für falsch hält. Faktisch werde ein Schloss rekonstruiert und nicht nur eine Fassade. Die Rekonstruktion erfolge in der Originalbautiefe des Baukörpers von 60 Metern. Wenn der Presserat in seiner damaligen Begründung für die Rüge von einem “eher zweidimensionalen” Baukörper gesprochen habe, so hätte ein solcher nach Auffassung der Redaktion weder ein Dach noch eine Bautiefe von 60 Metern. In der Baugenehmigung sei zwar vom “Neubau einer Verkaufsfläche inklusive Parkgarage” die Rede, die Baubehörde der Stadt habe jedoch mitgeteilt, dass diese Bezeichnung unzureichend sei. Oberbürgermeister, Architekt, Denkmalschutz und Baubehörde sprächen immer von einer “Rekonstruktion des Schlosses”. Der Chefredakteur äußert die Bitte, dass nicht dieselbe Kammer, die im März 2005 die Rüge ausgesprochen habe, sich auch diesmal mit dem Fall befasse. (2006)

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Text als Zugabe der Redaktion zur Anzeige

Eine Regionalzeitung veröffentlicht einen Artikel mit der Überschrift “Solargemeinde … grüßt mit ´Sonnensolarsegel´”. Darin wird darüber informiert, dass von einem bestimmten Unternehmen eine Solaranlage in Betrieb genommen worden sei. In den Artikel eingeklinkt ist eine Anzeige der Firma. Ein Leser der Zeitung sieht durch die Veröffentlichung den Trennungsgrundsatz verletzt und ruft den Deutschen Presserat an. Es sei notwendig gewesen, entweder die Werbung des Unternehmens aus dem Text herauszulassen oder die ganze Veröffentlichung als Anzeige zu kennzeichnen. Der Verleger der Zeitung teilt mit, die Kennzeichnung als Anzeige sei nicht notwendig gewesen und unterblieben, weil die Werbung durch die Art der Gestaltung eindeutig erkennbar gewesen sei. Der Artikel selbst sei so verfasst, wie er im heimischen Geschäfts- und Wirtschaftsleben nicht unüblich sei, in diesem Fall eine Reportage über eine anerkennenswerte Aktion zum Einsatz erneuerbarer Energien. Ein Verstoß gegen das Trennungsgebot liege nicht vor. (2006)

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Netzwerk gibt Hilfestellung

Unter dem Titel “Neues Netzwerk für Energie” berichtet eine Regionalzeitung über einen Zusammenschluss von Architekten, Energieberatern und Baufachleuten, die neutrale Hilfestellung bei Modernisierungsmaßnahmen im Wohngebäudebereich geben wollen. Bei einer Messe in der örtlichen Veranstaltungshalle sei das Netzwerk mit einem Stand vertreten. Eine Leserin wendet sich an den Deutschen Presserat mit dem Hinweis, die Veröffentlichung sei eine Werbung für das neu gegründete Unternehmen. Insbesondere der Hinweis auf den Messeauftritt sei eindeutig werblicher Natur. Die Chefredaktion der Zeitung weist darauf hin, dass es sich bei dem Netzwerk nicht um ein kommerzielles Unternehmen handle, sondern um ein Beratungsteam, zu dem neben Institutionen und Vereinen allerdings auch einzelne Fachleute gehörten, die eigene gewerbliche Büros betrieben. Da das Netzwerk in der Region Pilotcharakter habe, halte man ein öffentliches Interesse für gegeben und die redaktionelle Notiz über die Neugründung für angemessen. Die Gruppe sei im Übrigen kein Anzeigenkunde. (2006)

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“Rosenkrieg” im Anzeigenteil

“Rosenkrieg” im Anzeigenteil

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Foto durfte nicht gebracht werden

“Warum hat sie nur nicht geschrieen?” titelt eine Zeitung über den Entführungsfall “Stephanie”. In dem Artikel wird rückblickend über die Entführung, die Ermittlungen und die Befreiung des 13-jährigen Mädchens berichtet. Ein Foto zum Beitrag zeigt das Entführungsopfer ungepixelt und ohne Verwendung einer Blende. Eine Leserin steht auf dem Standpunkt, das Foto hätte nicht abgedruckt werden dürfen, da das Mädchen minderjährig und daher besonders schutzbedürftig sei. Es sei auf dem Foto deutlich erkennbar und leicht zu identifizieren. Ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit liege nicht vor. Durch die Überschrift werde suggeriert, das Mädchen trage eine Mitschuld an seiner späten Befreiung, weil es nicht geschrieen habe. Die Frau wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Redaktionsdirektor der Zeitung vertritt die Auffassung, dass die Zeitung berechtigt war, das Foto zu drucken. Es sei den Medien im Rahmen der Suchaktion von der Redaktion zur Verfügung gestellt worden. Das Bild sei also in der Öffentlichkeit bekannt gewesen. Dennoch räumt die Redaktion ein, dass man nach der Rettung des Opfers auf die Veröffentlichung des Fotos hätte verzichten können. Sie weist den Vorwurf zurück, die Überschrift weise dem Mädchen eine Mitschuld zu. Bei dieser Überschrift handle es sich um das Zitat eines Nachbarn, das Entsetzen und Hilflosigkeit ausdrücke, was eindeutig erkennbar sei. (2006)

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Foto des Opfers nach der Entführung

Eine überregionale Zeitung berichtet über einen Entführungsfall unter der Überschrift “Kritik an Polizei im Fall Stephanie”. Dabei geht es um vermeintliche Ermittlungspannen. Dem Artikel ist ein Bild beigestellt, das das 13-jährige Entführungsopfer ungepixelt und ohne Verwendung eines Gesichtsbalkens zeigt. Eine Leserin ist der Auffassung, dass das Mädchen nach seiner Befreiung so nicht hätte abgebildet werden dürfen, und ruft den Deutschen Presserat an. Ein überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit sei nicht erkennbar. Der Rechtsvertreter der Zeitung sieht in dem Abdruck des Bildes keinen Verstoß gegen den Pressekodex. Der Redaktion sei das Foto einen Tag nach der Befreiung des Mädchens von einer Nachrichtenagentur mit dem Hinweis angeboten worden: “Redaktionshinweis: Verwendung nur im Zusammenhang mit dem genannten Kriminalfall”. An diesen Redaktionshinweis habe sich die Zeitung strikt gehalten. Zum anderen sei Stephanies Bildnis einer breiten Öffentlichkeit bekannt gewesen, da es bereits von der Polizei während der Entführung mit dem Einverständnis der Eltern an die Medien gegeben und zu dem Zweck abgedruckt worden sei, durch mögliche Hinweise aus der Öffentlichkeit das Verbrechen aufzuklären. Auch andere Medien hätten das Foto unmittelbar nach der Entführung verwendet. Eine mangelnde Achtung vor dem Privatleben des Opfers sei bei diesem Sachverhalt nicht erkennbar. (2006)

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Nichtraucherin erstattet Anzeige

Ein Boulevardblatt berichtet unter der Überschrift “Nichtraucherin verklagt Mehdorn” über die folgenreiche Zugfahrt der Beschwerdeführerin, bei der diese durch Passivrauchen so sehr erkrankt sein will, dass sie danach ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. In dem Bericht heißt es weiter, die Bahnkundin habe anschließend Strafanzeige gegen Bahnchef Mehdorn gestellt. In dem Artikel wird die Beschwerdeführerin namentlich genannt; ihm ist ein Foto der Frau beigestellt, auf dem diese ohne Pixelung oder Gesichtsbalken zu erkennen ist. Die Beschwerdeführerin bemängelt, das Foto sei ohne ihre Einwilligung abgedruckt worden. Außerdem werde sie mit vollem Namen genannt. Die Frau, die den Deutschen Presserat einschaltet, prangert zudem an, dass der Artikel Fragestellungen, Verniedlichungen und Verharmlosungen zu ihrer Person enthalte. Darüber hinaus sieht sie sich durch den Artikel als Lungenkranke diskriminiert. Die Rechtsabteilung des Verlages vertritt die Auffassung, der Pressekodex sei nicht verletzt. Der Autor des Berichts sei davon ausgegangen, dass die Frau mit einer identifizierenden Berichterstattung einverstanden gewesen sei. Dies insbesondere, weil auch der Verein “Pro Rauchfrei”, in dem sich die Beschwerdeführerin für den Nichtraucherschutz engagiere, eine Pressemitteilung veröffentlicht habe, in der die Frau in identifizierender Weise genannt worden sei. Auch ein “Forum Rauchfrei”, in dem sie Mitglied sei, habe ebenfalls in identifizierbarer Weise über die Beschwerdeführerin berichtet. Diese habe sich also selbst mit dieser Angelegenheit in die Öffentlichkeit begeben. Ihr Engagement und die Strafanzeige gegen Bahnchef Mehdorn ließen den Schluss zu, dass der Zeitungsbericht in ihrem Sinne gewesen sei. Zudem – so die Zeitung – sei das Rauchverbot in der Öffentlichkeit aktueller und präsenter denn je. Es finde weithin ein reges Interesse. Großes Interesse in der Allgemeinheit rufe auch die außergewöhnliche Reaktion der Frau mit ihrer Strafanzeige hervor, so dass ihr Persönlichkeitsrecht hinter dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit zurückstehen müsse. (2005)

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