Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Auf Agenturmeldungen verlassen

Eine Regionalzeitung berichtet über die Verleihung eines Preises für Zivilcourage durch den Landesinnenminister. Unter anderem heißt es, eine 45-jährige Frau habe den Preis dafür erhalten, dass sie eine Vergewaltigung verhindert habe. Die Anwältin des der Tat Verdächtigten hält diese Darstellung für falsch. Von einem Vergewaltigungsversuch gehe nicht einmal die Staatsanwaltschaft aus. Es gehe ausschließlich um den Tatbestand der sexuellen Nötigung. Die Behauptung der Zeitung sei daher falsch. Überdies habe die Redaktion ihren Mandanten identifizierbar dargestellt. Das Innenministerium habe, so die Anwältin, in einer Pressemitteilung erklärt, dass das Tatopfer von schlimmeren Misshandlungen verschont worden sei. Von einer Vergewaltigung sei dort nicht die Rede. Die Anwältin schaltete den Deutschen Presserat ein. Der Chef vom Dienst der Zeitung teilt mit, dass die fehlerhafte Formulierung – Vergewaltigung statt Misshandlung – von einer Nachrichtenagentur stamme, auf deren Meldung die Berichterstattung aufgebaut worden sei. Bei hunderten bis tausenden Agenturmeldungen täglich müsse sich eine Redaktion auf eine etablierte Nachrichtenagentur verlassen können. Eine Überprüfung einzelner Aussagen in den Agenturtexten sei nicht möglich, vor allem dann nicht, wenn – wie im konkreten Fall – kein begründeter Zweifel an der Richtigkeit der Darstellung bestehe. (2005)

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Anzeigenhinweis wurde vergessen

Eine Programmzeitschrift veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift “Vital-Kur für die Gefäße”. Sie beschäftigt sich darin mit einem Buch, in dem ein Heilpraktiker eine “besonders wirksame Vitalkur für die Gefäße” vorstellt. Die Kur – so die Zeitschrift – sei “geradezu lebensrettend” für Menschen mit ernsten Durchblutungsstörungen. Ein Leser sieht in der Veröffentlichung einen bezahlten Beitrag, der nicht als Anzeige gekennzeichnet sei. Weiterhin kritisiert er die positive Darstellung des Buches und der darin dargestellten Kur ohne Angaben dazu, wodurch der gesundheitliche Effekt der Gefäßentkalkung erzielt werde. Er ruft den Deutschen Presserat an. Der Chefredakteur teilt mit, bei dem kritisierten Beitrag handle es sich tatsächlich um eine Anzeige. Leider sei die klare Kennzeichnung unterblieben. Dies sei eine Panne bei der Herstellung gewesen. Dafür habe er sich bei dem Beschwerdeführer ausdrücklich entschuldigt. Die Redaktion sei darauf hingewiesen worden, Anzeigen auch künftig stets als solche zu kennzeichnen. (2005)

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Parteimitglieder als “Irre” bezeichnet

“Zehn Prozent Irre” überschreibt ein Nachrichtenmagazin einen Bericht über den Zusammenschluss von PDS und WASG. Im Text ist die folgende Passage enthalten: “Viele in der Parteispitze erinnern sich angesichts der Chaosbilder an Gysis Hinweis, dass jede Partei fünf bis zehn Prozent Irre habe. Sie dürfen, lautete seine Mahnung, nur nicht das Sagen bekommen”. Ein Leser des Magazins ist der Meinung, dass durch die Überschrift Menschen mit psychischen Krankheiten diskriminiert würden. Selbst wenn es ein korrektes Zitat von Gregor Gysi sei, das im Text wiedergegeben wurde, hätte es nicht als Überschrift benutzt werden dürfen. Es sei nicht ersichtlich, was der Inhalt des Artikels mit Menschen zu tun habe, die von einer psychischen Erkrankung betroffen seien. Der Mann wendet sich an den Deutschen Presserat. (2005)

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Kontakt zu einer Rauschgift-Köchin

Unter der Überschrift “Anruf bei ´Dr. med. A. Mphetamin´” berichtet eine Regionalzeitung über den illegalen Drogenschmuggel , insbesondere den Handel mit der Partydroge “Crystal” über das Erzgebirge. Robert M. wird bei einer Razzia geschnappt. In dem Artikel heißt es: “Auch Robert M. hat nach Erkenntnissen der Zollfahnder Crystal bei Stefan C. geholt. Der Mann aus Karlsbad gehört zu den Sinti und Roma und hatte nach Informationen der Fahnder Kontakt zu einer so genannten Crystal-Köchin. Im Milieu dieser Volksgruppe wird das Gift gemischt.” Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 21.1. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung rechtfertigt die Nennung der ethnischen Herkunft mit den besonderen Umständen des Falles. Die Partydroge “Crystal” sei in Sachsen zu einem besonderen Problem geworden, so dass ein großes öffentliches Interesse daran bestanden habe zu erfahren, wie und wo die Droge hergestellt wird. Ein Großteil der gefundenen Drogenküchen sei von Sinti und Roma betrieben worden, so dass man nicht von einem Einzelfall sprechen könne. Bei einem Verzicht auf die Nennung wäre die Recherche unvollständig gewesen. (2005)

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Satire will nicht schmeicheln

Die Beilage einer überregionalen Zeitung veröffentlicht ein Gedicht mit der Berufsbeschreibung des Zahnarztes. Darin wird ausgesagt, der Zahnarzt sei nicht arm, sondern ein “reicher Räuber”, er wähle gern CDU, ähnle der Hyäne, tue mit Freuden Kindern weh und ziehe gesunde Zähne. Am Ende heißt es: “Der Zahnarzt ist ein Tunichtgut mit viel zu viel Moneten”. Die Kassenzahnärztliche Vereinigung des betreffenden Bundeslandes beschwert sich über diesen Beitrag und sieht darin einen Verstoß gegen die Ziffern 9, 10 und 12 des Pressekodex, da Zahnärzte in dem Beitrag mit Räubern und Hyänen gleichgestellt würden. Zudem werde den Zahnärzten pauschal vorsätzliche Körperverletzung vorgeworfen, da sie gesunde Zähne zögen und Kindern wehtäten. Diese Aussagen seien grob ehrverletzender Natur und verletzten zudem das sittliche Empfinden der Zahnärzteschaft wie auch der Bevölkerung. Der Vergleich von Zahnärzten mit Räubern, Hyänen und Personen, die vorsätzliche Körperverletzung begingen, diskriminiere die Zahnärzte nachhaltig. Dies stelle einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex dar. Eine derartige Entgleisung sei weder durch die Pressefreiheit noch das Recht auf freie Meinungsäußerung zu rechtfertigen. Der Beschwerdeführer wendet sich an den Deutschen Presserat. (2005)

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Auch in der Rezension müssen Fakten stimmen

In einer Zeitung erscheint eine Buchrezension. Darin wird dem Autor vorgeworfen, er arbeite mit verfälschten, irreführenden und erfundenen Zitaten. Er zitiere beispielsweise einen Bürgermeister mit einem Ausspruch, der eine “Erfindung des Autors” sei. Die in diesem Artikel geäußerte Kritik wurde auch von anderen Zeitungen übernommen, teilweise in identischer, teilweise in gekürzter Form. Der Autor sieht seine Berufsehre beschädigt. Soweit sich die Kritik gegen die Zitierung richte, sei sie unzutreffend, da er besagten Bürgermeister überhaupt nicht zitiert habe und dem zufolge das Zitat auch nicht habe erfinden können. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Verlagsdirektor der Zeitung erklärt, dem Vorgang liege eine Summe tiefer Verletzungen auf beiden Seiten zugrunde, die weit in die DDR-Geschichte zurückgriffen. Die Vorgeschichte sei so verworren, dass sie kaum aufklärbar erscheine. Soweit der Autor der Zeitung vorwerfe, sie habe ihm die Möglichkeit verwehrt, die unrichtigen Behauptungen in einem Leserbrief zu korrigieren, sei dies falsch. Er habe auf einer Gegendarstellung bestanden, die die Zeitung nicht habe abdrucken müssen. Die Chefredaktion biete dem Autor jedoch an, einen Leserbrief zu bringen, wenn dieser weder beleidigend noch strafrechtlich zu beanstanden sei. (2005)

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Geständnis vor der Veröffentlichung

Eine Boulevardzeitung und ihre Online-Ausgabe berichten über mehrere Wochen hinweg über einen mutmaßlichen Kindermörder. Die insgesamt acht Artikel enthalten Formulierungen wie ”Levkes Mörder”, “der Killer”, “dem Mann, der das achtjährige Mädchen aus Cuxhaven im vergangenen Sommer ermordet hatte”, “Doppelmörder”, “Mädchenmörder Marc H.”, “Kindermörder”, “Sex-Monster”, “zweifacher Kindermörder” sowie “sein letztes Opfer wurde Levke”. Ein Leser der Zeitung ist der Ansicht, dass die Person, über die berichtet wurde, vor ihrer rechtskräftigen Verurteilung als schuldig bezeichnet wurde. Dies sei eine Vorverurteilung. Der Leser wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Chefredakteur der Zeitung ist der Ansicht, dass seine Zeitung über die spektakulären Mordfälle wahrheitsgemäß und korrekt berichtet hat. Es habe ein außerordentliches öffentliches Interesse an der Berichterstattung über die Morde vorgelegen. Der Begriff “Mörder” sei nicht im rechtstechnischen Sinn benutzt worden, sondern sei allein umgangssprachlich in dem Sinn zu verstehen, dass es hier um den überführten Täter grausamer Fälle von Kindstötung gehe. Der Chefredakteur weist abschließend darauf hin, dass sämtliche deutsche Medien offensichtlich von der gleichen Sichtweise wie seine Redaktion ausgingen. (2005)

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Überholverbot überall gleich geregelt

Ein urlaubender Autofahrer überholt trotz Verbots in einem Baustellenbereich und kassiert dafür einen Bußgeldbescheid. Er fühlt sich abgezockt, weil die Beschilderung unklar gewesen sei und bittet die örtliche Zeitung, sich des Falles anzunehmen. Das Blatt hat eine Rubrik “Im Leserauftrag”, unter der die Sache geschildert wird. Der Name des Verkehrssünders wird genannt und auch sein Beruf. Er ist Polizist. Der Bericht endet mit dem Satz: “Hätte sich …(Name)…an das Überholverbot gehalten, wäre es nicht zu der Situation gekommen, denn auch in …(Ort)..gilt dasselbe Überholverbotsschild”. Der Beschwerdeführer kritisiert inhaltliche Unrichtigkeiten, da der Redakteur wesentliche Aussagen in seinem Artikel nicht verwendet habe. Der Artikel sei zudem oberflächlich recherchiert und nicht nach Rücksprache mit ihm abgedruckt worden. Insbesondere sei er nicht mit der Angabe seines Berufes einverstanden gewesen. Auf die Veröffentlichung folgt ein streitiger Schriftverkehr zwischen den Beteiligten, durch den die Angelegenheit nicht ausgeräumt werden kann. So landet der Vorfall beim Deutschen Presserat. Der bearbeitende Redakteur teilt mit, der Artikel sei auf Initiative des Polizisten erschienen. Er habe also die Öffentlichkeit gesucht. In der Rubrik “Im Leserauftrag” sei es üblich, den Vor- und Zunamen des Lesers zu nennen. Darüber hinaus könne er keine unrichtige Darstellung erkennen. Die Chefredaktion vertritt gegenüber dem Presserat die Auffassung, dass sich der Redakteur journalistisch einwandfrei verhalten habe. Der Beschwerdeführer habe sich an die Zeitung gewandt, unter der Rubrik “Im Leserauftrag” sei die Namensnennung üblich und der Beruf des Mannes sei genannt worden, um dem Anliegen des Beschwerdeführers mehr Nachdruck zu verleihen. Eine vorherige Autorisierung durch den Beschwerdeführer widerspreche der gebotenen journalistischen Unabhängigkeit. (2005)

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Ein Preis wurde nicht vergeben

Ein auf Versicherungsfragen spezialisiertes Verbrauchermagazin schreibt einen Wettbewerb für Berater aus. Der Beschwerdeführer beteiligt sich daran und erfährt schriftlich und telefonisch von einem Jurymitglied, dass er zu den besten drei Teilnehmern gehöre. Monate später teilt die Redaktion ihren Lesern mit, dass sie keinen “besten Berater” habe küren können, da keiner der Teilnehmer umfassend beraten habe und somit niemand den Titel verdiene. Der Beschwerdeführer sieht einen schlechten Stil in der Vorgehensweise der Zeitschrift. Von dem ihm mitgeteilten guten Eindruck, den seine Teilnahme hinterlassen habe, sei nun keine Rede mehr. Verfahren und Vorgang seien dubios. Sein Berufsstand werde durch die Entscheidung der Jury verunglimpft. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift steht auf dem Standpunkt, weder die Kontakte des Jurymitglieds zu dem Versicherungsberater noch die Berichterstattung über den Wettbewerb beträfen oder verletzten presseethische Grundsätze. Die Kontakte des Jurymitglieds könnten nicht der Zeitschrift angelastet werden. Keiner der Teilnehmer habe einen Rechtsanspruch auf den Sieg bzw. auf den Preis gehabt. Die gestellte Aufgabe sei durch keine der eingereichten Leistungen ausreichend erfüllt worden. (2005)

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Vorwürfe unter Namensnennung

Ein Anzeigenblatt berichtet auf seinen Seiten 1 und 3 über angebliche Tätlichkeiten eines Lehrers während einer Klassenfahrt seiner Hauptschule nach Borkum. Am Abend vor der Heimreise hätten drei 15-jährige Jungen eine Art Mutprobe ausgeheckt, schreibt das Wochenblatt. Einer von ihnen habe den Lehrer, der mit Vornamen Rudolf heiße, laut “Rudi” genannt. Daraufhin solle der Klassenleiter ins Zimmer gestürmt sein, dem Übeltäter eine Ohrfeige verpasst und ihn als “Saukrüppel” beschimpft haben. Anschließend solle der wütende Pädagoge den Jungen sogar noch aus dem Bett gezerrt und mehrere Male getreten haben. Das mutmaßliche Opfer wird zusammen mit einem der beteiligten Klassenkameraden zweimal im Foto gezeigt. Beide werden wie ihr Lehrer mit vollem Namen genannt. Ausführlich schildert das Blatt die Auswirkungen des Vorfalls. Mütter von Schülern werden zitiert, die Rektorin der Schule wird erwähnt. Der Pressesprecher der zuständigen Bezirksregierung habe mitgeteilt, dass Vorermittlungen angeordnet seien. Der Sprecher der zuständigen Kriminalpolizei habe bestätigt, dass gegen den Lehrer drei Anzeigen laufen, eine wegen Beleidigung und zwei wegen Körperverletzung. Inzwischen hätten auch andere Eltern Anzeige erstattet, meldet das Blatt. Einmal wegen andauernder Beschimpfung einer Schülerin, zum anderen wegen eines weiteren tätlichen Angriffs gegen einen Siebtklässler vor drei Jahren. Die Eltern wollten, dass der Mann suspendiert werde. Der Beschuldigte habe es auf Anraten seines Anwalts abgelehnt, im Wochenblatt zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen: “Es ist ein laufendes Ermittlungsverfahren. Anklage ist bis dato nicht erhoben. Deshalb werde ich dazu nichts sagen.”

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