Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
Ein Schreiben aus dem Schulzentrum sorgt für Aufregung im Rathaus. Die Rektoren des Gymnasiums und der Realschule werfen Fragen nach einer Nazi-Vergangenheit des von der Stadt gewünschten Namenspatrons und Alt-Oberbürgermeisters auf. Der derzeitige Oberbürgermeister ist entsetzt über die Bedenken der Gesamtlehrerkonferenzen, informiert die Fraktionen des Gemeinderates und bezieht in einem Antwortschreiben Stellung. Eine Spruchkammer habe 1947 alle Anschuldigungen einer Nazi-Vergangenheit seines Vorgängers im Amt zurückgewiesen. Die Zeitung am Ort berichtet über den Namensstreit und kommentiert ihn auch. Das Verhalten der Lehrer sei „absolut unerträglich“. Es stelle sich die Frage, was diese Lehrer eigentlich den Kindern beibringen wollten, wo sie doch selbst nichts verstanden hätten. Am Ende des Kommentars heißt es, das Kultusministerium wäre gut beraten, diesem Treiben ein Ende zu setzen, und sei es durch Nachhilfe in Ethik und Staatsbürgerkunde. Der Personalrat des Gymnasiums legt nach Erscheinen beider Artikel Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Er ist der Ansicht, dass die betroffenen Schulleiter und die Kollegien durch verschiedene Formulierungen in ihrer Ehre verletzt werden. Die Chefredaktion der Zeitung legt in ihrer Stellungnahme dar, dass das Problem längst Stadtgespräch gewesen sei, ehe die Zeitung es aufgegriffen habe. Die Lehrerkollegien hätten sich nicht darum bemüht, beim Stadtarchiv nach Belegen für ihre Gerüchte zu fragen. Vielmehr werde der große berufliche Aufstieg eines Oberreichsbahnrats mit seiner angeblichen NSDAP-Mitgliedschaft in Zusammenhang gebracht. Der zugegeben scharfe Kommentar wende sich dagegen, dass Lehrerkollegien bei aller pädagogischen Verantwortung Gerüchte wiederaufleben ließen, die durch Dokumente bereits widerlegt seien. Sie hätten bereits im OB-Wahlkampf eine Rolle gespielt und seien daraufhin vom Stadtarchivar zurückgewiesen worden. So wie der Kommentator und Berichterstatter habe auch der Oberbürgermeister die Stellungnahme der Lehrerkollegien verstanden, nämlich als Äußerung eines „Nazi-Verdachts“ und als unverständliche Argumentation mit Gerüchten. Abschließend teilt die Chefredaktion mit, die Debatte über die Haltung der Lehrerkollegien habe sich fortgesetzt und die Zeitung habe darüber weiter berichtet. Es habe auch ein Aussöhnungsgespräch mit dem Oberbürgermeister gegeben, über das gleichfalls berichtet worden sei. Es sei der Redaktion allerdings nicht gelungen, eine nachträgliche Stellungnahme der Lehrerkollegien zu erhalten. (2004)
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Eine Tageszeitung berichtet in ihrem Lokalteil über die Entscheidung des örtlichen Verwaltungsgerichts: Der Kampfhund „Poe“ einer 39-jährigen Journalistin müsse auch fortan an der Leine geführt werden. Das Ordnungsamt der Gemeinde hatte zuvor zum Verdruss der Hundehalterin die selbe Auflage gemacht. In dem Bericht werden die Gründe für diese Entscheidung aufgeführt. Der Rhodesian Ridgeback habe den Rauhaardackel einer 75-jährigen Rentnerin angegriffen und in den Oberarm der Senioren gebissen. Die Hundehalterin habe daraufhin einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Körperverletzung erhalten. Insgesamt vier Hunde habe „Poe“ attackiert. Dabei habe er einem Golden Retriever das Ohr abgebissen. Wie die Zeitung erläutert, zeichnet sich der Rhodesian Ridgeback durch stattliche Statur und Muskulatur aus. Die Rasse stamme aus Südafrika und sei dort früher für die Löwenjagd gehalten worden. Der Beitrag der Zeitung löst eine Beschwerde der betroffenen Hundehalterin beim Deutschen Presserat aus. Ihr Hund, so schreibt sie, sei kein Kampfhund. Rhodesian Ridgebacks seien in der bayerischen Kampfhundeliste nicht enthalten. In dem Artikel heiße es, dass sich „Poe“ laut einem Sachverständigengutachten durch ein „sehr starkes Dominanz-Verhalten“ auszeichne. Dies sei nicht zutreffend. In mehreren Gutachten werde festgestellt, dass „Poe“ nicht gesteigert aggressiv und gefährlich sei. Zudem habe ihr Hund nie einem Golden Retriever das Ohr abgebissen. Sie habe in der Gerichtsverhandlung auch nicht gesagt, dass „Poe“ bereits einen „Leinenkoller“ habe. Sie habe lediglich ausgeführt, dass jeder Hund auf Dauer irgendwann einen „Leinenkoller“ bekommen könne. Zu Gunsten der Polemik werde in dem Beitrag die journalistische Sorgfaltspflicht grob verletzt. Die Chefredaktion der Zeitung räumt ein, dass der Rhodesian Ridgeback mittlerweile nicht mehr auf der Kampfhundeliste stehe. Dies sei allerdings erst neuerdings der Fall. Zum Zeitpunkt der Vorfälle, um die es in der Verhandlung gegangen sei, habe diese Hundeart sehr wohl auf der Liste gestanden. Der Vorsitzende habe der Hundehalterin vorgeworfen, dass sich ihr Hund dominant aufführe. Dabei habe er das Gutachten eines Experten zitiert. Dass „Poe“ einem Golden Retriever das Ohr abgebissen habe, beruhe auf der Aussage der Halterin dieses Hundes, die ein Redakteur am Rande der Verhandlung gemeinsam mit einer Kollegin befragt habe. Während der Verhandlung habe sich die Beschwerdeführerin darüber entrüstet, dass sie ihren Hund ständig anleinen müsse. Sie habe dabei ausdrücklich gesagt, dass ihr Hund einen „Leinenkoller“ habe.
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Unter der Überschrift „Was auf die Ohren“ berichtet eine Zeitschrift über ein Internetportal, mit dessen Hilfe man Musik herunterladen kann „so viel du willst“. Die ausführliche Beschreibung der Handhabung enthält Formulierungen wie „einfach, komfortabel, günstig“, „Der Preis ? Ein Schnäppchen“, „supergünstig“, „Ein bisher einmaliges Angebot“ und „Einfach, komfortabler und günstiger geht echt gar nicht“. Auch die beteiligten Firmen werden genannt. Ein Leser reicht die Veröffentlichung beim Deutschen Presserat mit der Bitte um Prüfung ein. Nach seiner Ansicht handelt es sich bei dem Artikel nicht um einen redaktionellen Text, sondern um Werbung, die nicht als Anzeige gekennzeichnet sei. Wortwahl und einseitige Darstellung eines Anbieters überschreiten die Grenze zur Schleichwerbung, heißt es in der Beschwerde. Der Verlag erklärt, seine Zeitschrift gebe Kauf-, Produkt- und Ausgehtipps. Diese Konsumenteninformationen würden gezielt für die Zielgruppe, nämlich Studenten, ausgewählt. Die besagte Download-Plattform werde im Hinblick auf die gerade in Studentenkreisen kontrovers geführten Diskussionen um Musik-Downloads vorgestellt. Der Bericht habe keinen Anspruch auf ein komplettes Ausleuchten des Marktes erhoben, sondern verstehe sich als Verbraucherinformation. Dieser Maßgabe entspreche der Text genauso wie beispielsweise das Vorstellen einer Nachtbar unter der Rubrik „Nachtleben“ oder auch eines MP3-Players oder eines PC-Spiels. (2004)
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Eine Regionalzeitung berichtet in vier Beiträgen, dass Helfer eines Tierschutzvereins der Region ein Privatgrundstück betreten, dort sieben Hunde eingefangen, mitgenommen und an einem sicheren Ort untergebracht hätten. Zitiert wird die Vorsitzende des Vereins, die von einem Notfall spricht. Man habe handeln müssen, nachdem man die als verwahrlost beschriebenen Tiere lange Zeit beobachtet habe. In einem der Beiträge wird die Frage gestellt, ob die Polizei bei diesem Dognapping den Dieben geholfen habe. In einem dritten Beitrag wird der Vorgang aus der Sicht der Hundebesitzerin geschildert. Die Tiere seien im Haus gewesen. Der Vorwurf, sie seien mangelernährt, sei aus der Luft gegriffen. In einem Kommentar unter der Überschrift „Recht vor Recht haben!“ wird den Helfern des Tierschutzvereins der Vorwurf gemacht, dem Tierschutz keinen guten Dienst erwiesen zu haben. Wörtlich heißt es: „Wenn jeder, der meint, Recht zu haben, sich einfach das Recht nimmt, nach Gutdünken zu handeln, dann Gute Nacht Rechtsstaat.“ Der betroffene Tierschutzverein wendet sich an den Deutschen Presserat. Er sieht sich durch die Berichterstattung verleumdet und vorverurteilt. Artikel und Kommentar seien einseitig, da der Zustand der Hunde nicht berücksichtigt werde. Die Autorin der Beiträge ist der Meinung, dass der Tierschutzverein in zwei großen Artikeln ausreichend zu Wort gekommen sei. Sie selbst habe die Vorsitzende des Vereins für den ersten Beitrag direkt befragt. Diese habe darauf hingewiesen, dass es sich um ein schwebendes Verfahren handele, denn inzwischen sei der Verein wegen Diebstahls und anderer Delikte von der Hundehalterin angezeigt worden. Nach Angaben der Hundehalterin hätten Helfer des Tierschutzvereins abgewartet, bis sie am Abend weggegangen sei, und dann die verschlossene Tür ihres Hauses aufgebrochen. Die Hunde seien anschließend in einen „zufällig“ mitgebrachten Transporter verladen worden. Auf diese Veröffentlichung hin habe der Dezernent der Stadt, der das Ordnungswesen leite und damit mit dem Fall betraut sei, am Rande einer Pressekonferenz erklärt, dass die Hunde aus dem verschlossenen Haus herausgeholt worden seien. (2004)
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Eine Regionalzeitung interviewt den Vorsitzenden eines Trabrennvereins. Dabei stellt sie fest, dass die Öffentlichkeitsarbeit der Trabrennvereine, aber auch speziell der örtlichen Trabrennbahn, katastrophal sei. Auf die Frage, ob er hier etwas ändern werde, antwortet der Vorsitzende, dass sein Mitarbeiter für die Öffentlichkeitsarbeit zu viel Geld für nichts bekommen habe. Man habe sich von dem Mann getrennt, ihm zuvor einen Halbtagsjob angeboten. Doch den habe er nicht gewollt. Jetzt müsse man sich andere Möglichkeiten der Öffentlichkeits- und Pressearbeit überlegen. In dem Interviewtext wird der vollständige Name des entlassenen Mitarbeiters genannt. Der Betroffene sieht in der Interviewpassage eine ehrverletzende Behauptung und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Aussage in Kombination mit der Nennung seines Namens sei diskriminierend und ziehe weitreichende persönliche Folgen für ihn nach sich. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sei eine Tätigkeit vom Trabrennverein gekündigt worden. Er habe sich in dieser Phase auf der schwierigen Suche nach einer neuen Anstellung befunden. Die veröffentlichte Aussage sei in diesem Zusammenhang nicht gerade förderlich gewesen. Die Chefredaktion der Zeitung teilt dem Presserat mit, der genannte Trabrennverein sei nach Umsatzrückgängen zu einem Sparkurs verpflichtet. Trotz der Widerstände vieler Mitglieder habe der Verein Mitte 2002 dennoch die Position Öffentlichkeitsarbeit eingerichtet. In der Folgezeit seien auch Rennen an Samstagen ausgefallen. Dies habe den Redakteur zu dem Interview mit dem Vorsitzenden des Trabrennvereins veranlasst. Die Öffentlichkeitsarbeit des Beschwerdeführers sei auf heftige Kritik gestoßen. Die Feststellung des Redakteurs in der Interviewfrage hätte der Interviewpartner dementieren können. Stattdessen habe er in seiner Antwort den Tatbestand der unangemessenen Öffentlichkeitsarbeit bestätigt. (2004)
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Eine Lokalzeitung berichtet über eine Hausdurchsuchung bei einem 35-jährigen Mann, der verdächtigt wird, Kinderpornografie zu verbreiten. Vorname und Anfangsbuchstabe des Familiennamens, Alter und Adresse des Betroffenen werden genannt. Ein Leser des Blattes, von der Berichterstattung selbst nicht betroffen, wendet sich in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat dagegen, dass in dem Artikel der Name, die Adresse und das Alter des Verdächtigen erwähnt werden. Die Auswertung des sichergestellten Beweismaterials sei noch nicht erfolgt und es habe in diesem Zusammenhang auch keinen Haftbefehl gegeben. In der Identifizierbarkeit des Betroffenen liege aus seiner Sicht kein journalistisch vertretbarer Mehrwert. Vielmehr solle ein Verdächtiger, der weder beschuldigt noch verurteilt sei, offensichtlich denunziert werden. Der Chefredakteur der Zeitung räumt ein, dass im vorliegenden Fall mit der Nennung von Namen, Adresse und Alter gegen den Pressekodex verstoßen worden sei. Er bedauere dies sehr. Grundsätzlich sei die Veröffentlichung persönlicher Daten, die zu einer Identifizierung von Beschuldigten oder Verdächtigen führen könnten, in seiner Zeitung untersagt und unüblich. Die der Beschwerde zu Grunde liegende Meldung sei von einem Volontär verfasst worden, dem kein Vorwurf zu machen sei. Der verantwortliche Polizeiredakteur, der den Text nicht redigiert habe, und der Produktionsredakteur seien unmittelbar nach der Veröffentlichung zur Sorgfalt ermahnt worden. Dem Volontär seien die Grundsätze des Persönlichkeitsschutzes in der Polizeiberichterstattung erläutert worden. Das Thema sei später im Rahmen seiner Ausbildung vertieft worden. Auch in einer Konferenz der Ressortleiter habe man den Vorgang ausführlich diskutiert. (2004)
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Die Stadtteilausgabe einer Regionalzeitung veröffentlicht unter der Überschrift “Wir gratulieren” regelmäßig Namen und Adressen von Altersjubilaren. Unter dem jeweiligen Tagesdatum sind nach Alter geordnet nacheinander die Namen und Adressdaten von Mitbürgerinnen und Mitbürgern aufgeführt, die mehr als das 75.Lebensjahr vollenden. “Mit Entsetzen haben Bekannte reagiert, als sie von anderen Menschen darauf hingewiesen wurden, dass ihr Geburtstag in der Zeitung ausgedruckt sei”, schreibt ein Leser des Blattes an den Deutschen Presserat. Sie hätten, wenn sie von der Zeitung gefragt worden wären, niemals ihre Einwilligung dafür gegeben, heißt es weiter in dem Beschwerdeschreiben. Eine Beschwerde bei der Zeitung habe nichts erbracht, die Zeitung drucke weiterhin die Geburtstage ab. Der Beschwerdeführer weist mit Blick auf den Datenschutz darauf hin, dass es Menschen gebe, die es gerade auf ältere Personen abgesehen hätten, um sie für unlautere Machenschaften auszunutzen. Er fragt, ob Behörden derartige Daten einer Zeitung überlassen dürften. Der Leser hatte sich zunächst an die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit gewandt, die den Vorgang zuständigkeitshalber an den Presserat überwiesen hat. In ihrem Bundesland sei die Rechtslage so, dass nach dem Meldegesetz die betroffenen Personen vor Weitergabe ihrer Daten an die Presse im Einzelfall über die Rechtslage informiert würden und danach ausdrücklich vorher in die Auskunft einwilligen müssten. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, dass sie seit Jahrzehnten Namen und Adressen von Jubilaren in der nun vom Beschwerdeführer kritisierten Form abdrucken würde. Ein Mitarbeiter übernehme die Daten aus öffentlich zugänglichen Gemeindeblättern und bereite sie für die Veröffentlichung in der Stadtteilzeitung auf. Beschwerden über diese Praxis seien selten und bisher ausschließlich mündlich vorgetragen worden. Die Zeitung reagiere selbstverständlich auf die entsprechenden Wünsche und Beschwerden der Leser, indem sie in diesen Fällen auf die Namensnennung verzichte. Die Redaktion sei bislang davon ausgegangen, dass die von ihr veröffentlichten Daten durch den vorherigen Abdruck in den Gemeindeblättern mit Zustimmung der Genannten frei verfügbar seien. Geschützte Daten aus nicht frei zugänglichen Quellen wie Einwohnerkarteien usw. würden von der Redaktion nicht verwendet. Bei der Fülle der Daten sei es der Redaktion nicht möglich, eine Einverständniserklärung jeder genannten Person einzuholen. Sie verzichte seit Eingang der Beschwerde beim Presserat und mindestens bis zur Entscheidung des Presserats auf die Nennung der Adressen. (2004)
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Unter der Überschrift „Amokfahrer raste in RWE-Fangruppe“ berichtet eine Boulevardzeitung über das blutige Ende eines feucht-fröhlichen Gelages in einer Trinkhalle. Fans eines Bundesligaclubs hätten den Sieg ihrer Mannschaft gefeiert und einige von ihnen hätten dabei die Hauswand der Bude bepinkelt. Der Sohn des Kioskbesitzers habe sich darüber so aufgeregt, dass er die Fans erst angeschrien und dann mit seinem Auto verfolgt habe. In einer Seitenstraße habe er die Gruppe eingeholt. Er sei mit Vollgas auf den Bürgersteig gerast und habe einen der Fans gegen eine Hauswand geschleudert. Der Verletzte sei in eine Klinik gebracht und der Fahrer festgenommen worden. Jetzt werde gegen den „Amokfahrer“ wegen gefährlicher Körperverletzung und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr ermittelt. Die Zeitung nennt Vornamen, Initial des Familiennamens und Alter der beiden Betroffenen. Abgebildet ist ein Foto vom Unfallort mit dem als Tatwaffe eingesetzten Auto, dessen Nummernschild erkennbar ist. Anwaltlich vertreten, beschweren sich sowohl der Fahrer des Autos als auch seine Mutter, die Halterin des Autos ist, beim Deutschen Presserat. Auf dem Foto sei das Kennzeichen des Autos deutlich erkennbar. Es sei entgegen den presserechtlichen Erfordernissen nicht geschwärzt worden. Hierdurch könne ein Rückschluss auf den Fahrer gezogen werden. Dies gelte auch für die Mutter des Fahrers, die an dem Geschehen in keiner Weise beteiligt gewesen sei. Die Identifizierbarkeit der Beschwerdeführer stelle einen Eingriff in deren Persönlichkeitsrecht dar und sei auch nicht durch ein besonderes Informationsinteresse der Öffentlichkeit gedeckt. In der Bezeichnung des Beschwerdeführers als „Amokfahrer“ sei darüber hinaus eine Vorverurteilung gegeben, da die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. Die Rechtsabteilung des Verlages räumt ein, dass das Kennzeichen des Unfallautos hätte geblendet werden müssen. Eine entsprechende Anweisung, die der Verfasser des Artikels auch gegeben habe, sei in der Hektik des Produktionsprozesses nicht befolgt worden. Die Redaktion habe aber, sobald sie auf diesen Fehler aufmerksam gemacht worden sei, umgehend ihr Bedauern über dieses Versehen ausgedrückt und gleichzeitig die geforderte Unterlassungserklärung abgegeben. Mehr hätte sie aus ihrer Sicht nicht tun können. Ein Abdruck in der „Korrekturmeldung“ sei nicht in Betracht gekommen, da jegliche Form der Meldung das Augenmerk des Lesers erneut auf das nicht geblendete Fahrzeugkennzeichen gelenkt hätte. Den Vorwurf der Vorverurteilung hält die Rechtsabteilung für unzutreffend, da die Unschuldsvermutung berücksichtigt worden sei. Der Beitrag sei inhaltlich zutreffend und beruhe auf Informationen der ermittelnden Polizei. Der Beschwerdeführer sei nur mit Vornamen und Initial des Familiennamens gekennzeichnet worden, wobei der Familienname eigentlich ganz anders laute. Das Verhalten des Beschwerdeführers als „Amokfahrt“ zu werten, sei zulässig und stelle keine Vorverurteilung dar. Insoweit habe sich die Redaktion auf das Grundrecht der Pressefreiheit berufen. (2004)
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Am 5. März 2001 hat der Presserat eine Boulevardzeitung gerügt, weil sie unter der Überschrift „Der Hausmeister, der ein Sex-Gangster ist“ den mutmaßlichen Täter vorverurteilt hatte. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung lag entgegen der Überschrift kein Urteil vor, das den Vorwurf der Belästigung junger Frauen bestätigt hätte. Unter Berufung auf Richtlinie 4.3 des Pressekodex verlangt der Betroffene jetzt von der Zeitung die Löschung der im Zusammenhang mit diesem Artikel gespeicherten Daten zu seiner Person. Da die Redaktion diesen Wunsch ablehnt, bittet er den Deutschen Presserat um eine Beurteilung seines Anliegens. Er macht dazu geltend, dass bei der Erhebung der Daten für den beanstandeten Beitrag mit Wollen und Wissen die Unwahrheit behauptet worden sei. Mit der Veröffentlichung könne die Zeitung auch gegen die Ziffern 1 und 2 des Pressekodex verstoßen haben. Die Rechtsabteilung des Verlages weist einen Anspruch des Beschwerdeführers auf Löschung des Artikels zurück. Ein solcher Anspruch gemäß Richtlinie 4.3 des Pressekodex bestehe nicht, da es in diesen Fällen um die Erhebung und nicht um die inhaltliche Zulässigkeit der Verbreitung von Daten gehe. Die Grundsätze für die Erhebung personenbezogener Daten seien in Ziffer 4 des Pressekodex enthalten und von der Redaktion der Zeitung beachtet worden. Der Presserat habe unter Hinweis auf Ziffer 13 des Pressekodex auch nicht die Erhebung der Daten beanstandet, sondern die konkrete Verbreitung durch die Schlussfolgerung „Der Hausmeister, der ein Sex-Gangster ist“ gerügt. Ziffer 13 selbst enthalte keine Regelung für die Löschung oder Sperrung von personenbezogenen Daten, so dass insoweit kein entsprechender Anspruch bestehe. Unabhängig davon weist die Rechtsabteilung darauf hin, dass die Richtlinie keinen ultimativen Löschungsanspruch formuliere, sondern frei stelle, die relevanten personenbezogenen Daten zu „sperren“ oder zu „löschen“. Im vorliegenden Fall habe sich die Redaktion für eine Sperrung entschieden, indem jede Verarbeitung oder Nutzung eingeschränkt werde. Dies sei dadurch geschehen, dass im Archiv der fragliche Artikel mit dem Hinweis: „Achtung: Unterlassungsverpflichtungserklärung / Keine Informationen ohne Rücksprache mit der Rechtsabteilung übernehmen !!!“ versehen worden sei. In der Fußzeile befinde sich zusätzlich ein Vermerk, dass der Beitrag am 5. März 2001 vom Presserat gerügt worden sei. Da in dem vorliegenden Fall nicht einmal eine Unterlassungserklärung begehrt und abgegeben worden sei, habe der Verlag damit noch mehr getan als notwendig, um jegliche zukünftige Verbreitung oder Nutzung des Artikels einzuschränken. Gleichzeitig seien die Informationen des Artikels, die unstreitig rechtmäßig erhoben und verbreitet worden seien, erhalten geblieben. Dieses Verfahren sei notwendig, aber auch ausreichend, um der durch Artikel 5, Abs.1 GG gewährleisteten Recherchefreiheit Rechnung zu tragen. Der Verlag ist der Ansicht, dass ein Anspruch auf Löschung bzw. Sperrung, sofern er überhaupt bestehe, durch diese Maßnahmen erfüllt worden sei. (2004)
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Ein Boulevardblatt zeigt ein Foto von der Bergung der Leiche eines Gleisarbeiters, der zusammen mit einem Kollegen von einen ICE „zerfetzt“ worden sei. Auf dem Foto sind zwei Männer zu sehen, die eine Leiche in einen Sarg heben. Zwei Leser wenden sich an den Deutschen Presserat. Der eine sieht in der Veröffentlichung den Gipfel der Pietätlosigkeit. Nach seiner Meinung ist das abgedruckte Bild menschenunwürdig und untragbar für die Angehörigen. Niveauloser gehe es nicht mehr, äußert sich der zweite Beschwerdeführer. Hier werde ein Mensch gezeigt, der „wie ein erlegter Hirsch über seinem offenen Sarg hänge“. Der verantwortliche Redaktionsleiter der Zeitung ist der Ansicht, das kritisierte Foto dokumentiere das schreckliche Unglück. Das Gesicht des Toten sei vollkommen bedeckt. Nach seiner Erfahrung seien Angehörige von Unfallopfern von einer groß aufgemachten Berichterstattung tatsächlich unangenehm berührt, wünschten manchmal aber auch die Teilnahme einer großen Öffentlichkeit. In diesem Fall habe es aus Kreisen der Angehörigen keine Stellungnahme gegeben. (2004)
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