Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

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Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Testbericht

Eine Testzeitschrift behandelt das Thema “Vaterschaftstests”. Sie hat ihrerseits die Labore getestet, die solche Untersuchungen durchführen und Abstammungsgutachten anfertigen. Das Ergebnis sei erschütternd. Von elf Laboren erhielten neun das Gesamturteil “ungenügend”. Die Arbeit eines Labors wurde als befriedigend bezeichnet. Ein anderes wurde nicht bewertet. Bewertet wurden die Gutachten von einem Wissenschaftler, der Laborleiter eines Instituts für Blutgruppenforschung und gleichzeitig Vorsitzender der Interessengemeinschaft der Sachverständigen für Abstammungsgutachten ist. Die beiden Geschäftsführer des Labors, das nicht bewertet worden ist, beschweren sich beim Deutschen Presserat und weisen darauf hin, dass der in der Zeitschrift als neutral und unabhängig dargestellte Gutachter in Wirklichkeit nicht nur Laborleiter, sondern auch Gesellschafter eines privaten Instituts sei, das wie die untersuchten Unternehmen seit Jahren in scharfem Wettbewerb stehe. Die Zeitschrift gebe also dem Gesellschafter und Laborleiter des privatwirtschaftlich tätigen Instituts Gelegenheit, sich auf der Basis zweifelhafter moralischer Vorstellungen und falscher wissenschaftlicher Aussagen ungehindert selbst zu inszenieren, seine Mitbewerber herabzusetzen und sich damit einen erheblichen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Der Markt für Anbieter von Vaterschaftsbegutachtungen teile sich in zwei Gruppen. Die eine bestehe aus Anbietern, die sich in der Interessengemeinschaft der Sachverständigen für Abstammungsgutachten in Deutschland organisiert hätten. Labore, die diesem Verein nicht angehören, bildeten die andere Gruppe. Bemerkenswert sei vor diesem Hintergrund, dass ausschließlich solche Labore der Testung unterzogen worden seien, die nicht der Vereinigung angehörten. Das Test-Design sei so gewählt worden, dass alle teilnehmenden Labore, also Mitbewerber des Testers, die nicht seinem Verein angehörten, weder mit “sehr gut” noch mit “gut” bewertet werden konnten. Denn obwohl es keine gesetzliche Regelung gebe, die es Privatleuten verbiete, einen Vaterschaftstest in Auftrag zu geben, bewerte es die Zeitschrift negativ, wenn ein solcher privater Auftrag ohne Identitätsnachweise angenommen worden sei. Ebenso werde es negativ bewertet, wenn der Test ohne Einbeziehung der Mutter erfolgt sei. Laut Urteil des Landgerichts München I bestehe jedoch ein anerkennenswertes Interesse des möglichen biologischen Vaters, die Abstammung durch einen wenig belastenden heimlichen Test klären zu lassen. Dieser sei folgerichtig zulässig. Den aus diesen Testkriterien resultierenden negativen Beurteilungen liege somit eine rein subjektive moralische Haltung zu Grunde. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift hält die Beschwerde für unbegründet, da nach der ständigen Rechtsprechung aller einschlägig befassten Obergerichte und des BGH die Auswahl der Sachverständigen sich an den Kriterien der Sachkunde zu orientieren habe. Die Redaktion habe sich durch Recherche im Internet mit den publizierten Sachverständigen befasst und daraus den genannten Laborleiter ausgewählt. Es sei nicht erkennbar, inwieweit die Redaktion damit ein Auswahlverschulden treffen könne. Der Redaktion liege fern, in den Wettbewerb irgendwelcher Labors eingreifen zu wollen. (2003)

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Behauptung ohne Belege

Die Zeitschrift des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands interviewt einen anonymisierten ehemaligen Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstleisters. Das Unternehmen dränge verstärkt in den Bereich des Strafvollzugs, wird einleitend festgestellt. Ein Abteilungsleiter des Justizministeriums, der die Firma seinerzeit in den Vollzug geholt habe, sei nach seiner Pensionierung jetzt als Berater des Unternehmens tätig. Diesem Beispiel seien inzwischen andere pensionierte und auch hochrangige, aktive Vollzugsbedienstete gefolgt. Solche Verquickungen privater und dienstlicher Interessen sollten die Verantwortlichen aufhorchen lassen. Vergleichbare Entwicklungen seien aus dem Ausland bekannt. Sie stellten das geradezu klassische Modell dafür dar, wie sich die Industrie einen “neuen Markt” erschließe, nämlich durch Einkauf von Kompetenz bei der “staatlichen Konkurrenz”. Allerdings habe das Dienstleistungsunternehmen in Sachen Justiz eine tolle Fassade, doch kaum Substanz. Die Zeitschrift hinterfragt bei dem ehemaligen Mitarbeiter des Unternehmens die Voraussetzungen für die Einstellung als Mitarbeiter sowie die Arbeitsbedingungen. Der Gesprächspartner weist u.a. auf eine schlechte Ausbildung, eine Arbeitszeit von mindestens zwölf Stunden und eine miserable Bezahlung hin. In der Firma solle es auch organisierten Diebstahl durch Angestellte gegeben haben. Der Inhaber des Unternehmens beschwert sich beim Deutschen Presserat. In dem Beitrag würden aus anonymer Quelle wahrheitswidrig Vorwürfe gegen seine Firma erhoben. Die Veröffentlichung enthalte falsche Aussagen, so z.B., dass es organisierten Diebstahl durch Angestellte gegeben habe. Zudem sei es falsch, dass die Mitarbeiter nicht über Änderungen der Gesetzes- und Richtlinienlage unterrichtet würden und eine systematische Aus- und Weiterbildung nicht existiere. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass die Redaktion keinen Versuch unternommen habe, die Behauptungen ihres Interviewpartners zu verifizieren. Die für den Text verantwortliche Landesleitung des Bundes teilt in ihrer Stellungnahme mit, dass man dem Interviewten absolute Vertraulichkeit zugesichert habe, um ihn vor beruflichen Nachteilen zu schützen. Die Redaktion habe aber seine Aussagen einer eingehenden Prüfung unterzogen. So hätten zwei Mitarbeiter einer Justizvollzugsanstalt die Angaben bis ins Detail bestätigt. Jedoch seien auch diese Personen nur unter Zusicherung der Vertraulichkeit zu Aussagen bereit gewesen. Berufliche Nachteile seien nicht auszuschließen, zumal der Leiter des Vollzugsdienstes in der genannten Anstalt und die dort tätige Schichtleiterin des Sicherheitsdienstleisters liiert seien. Ein anonym verfasster Leserbrief bestätige gleichfalls einen Teil der veröffentlichten Feststellungen. Der Vorwurf des organisierten Diebstahls und die Kritik am Ausbildungsstand der Mitarbeiter seien auf der Basis zweier weiterer Quellen gegengeprüft worden. Eine Verletzung presseethischer Grundsätze könne man daher nicht erkennen. (2004)

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Identifizierbarkeit eines Unfallopfers

Ein Taucher ertrinkt bei dem Versuch, einen in einem Wehr der Saale eingeklemmten Baumstamm zu bergen. Als nach einer Stunde keine Luftblasen mehr auftauchen, springt ein Kollege hinterher, taucht aber ebenfalls nicht mehr auf. Eine Boulevardzeitung berichtet, dass die Freundin eines der Männer nur mit BH, Slip, Taucherbrille und Taschenlampe in das fünf Grad kalte Wasser gesprungen sei und in vier Meter Tiefe festgestellt habe, dass sich beide Männer verhakt haben. In Fotos wird die Bergung einer der Leichen durch die Feuerwehr gezeigt. Auch das Porträtfoto eines der Ertrunkenen wird veröffentlicht. Eine Freundin der beiden Männer beschwert sich beim Deutschen Presserat. Sie ist der Ansicht, dass mit der Veröffentlichung gegen das Persönlichkeitsrecht der beiden Taucher verstoßen worden sei. Durch das Porträtfoto sowie die Angabe des Vornamens und des Anfangsbuchstabens des Nachnamens sei der Betroffene klar identifizierbar. Die Darstellung sei zudem unangemessen sensationell, da die Veröffentlichung der Bergungsfotos über das Informationsinteresse der Leser hinausgehe. Weiterhin sei gegen die Sorgfaltspflicht verstoßen worden, denn es sei unwahrscheinlich, dass die in dem Artikel erwähnte Freundin eines der Männer mit einer Taschenlampe ins Wasser gestiegen sei und in vier Metern Tiefe die beiden Verunglückten gesehen habe. Dies sei mit einer herkömmlichen Taschenlampe wohl nicht möglich. Zudem herrsche in vier Metern Wassertiefe wohl kaum noch gute Sicht. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, die Berichterstattung sei bei Abwägung des Persönlichkeitsrechts der Betroffenen mit dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit gerechtfertigt. Der Unfall habe regional erhebliches Aufsehen erregt, da er ein großes Polizei- und Feuerwehraufgebot nach sich gezogen habe. Die Berichterstattung beruhe auf Pressemitteilungen der Polizei, die auch die Verwendung der Taschenlampe erwähnt habe. Die Darstellung sei keineswegs unangemessen, sondern eine reine Tatsachenbeschreibung. Die verunglückten Taucher seien weit gehend anonymisiert worden, um ihr Persönlichkeitsrecht zu wahren. Die Nachnamen seien abgekürzt, der Wohnort nicht genannt und die Gesichtspartie des bei der Bergung gezeigten Tauchers großflächig geblendet worden. (2004)

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Konkurrenzverlag ausgeblendet

Eine Regionalzeitung stellt in einer ihrer Lokalausgaben in zwei Beiträgen den Arbeitskreis „Gesunde Unternehmen“ vor, den die AOK, die Fachhochschule der Region und Unternehmen des Landkreises auf den Weg gebracht haben. Der Geschäftsführer eines Verlages der Region beklagt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass in der Berichterstattung der Zeitung über den Arbeitskreis alle beteiligten Unternehmen außer dem seinen genannt seien. Sein Verlag sei ein mittelständisches Unternehmen und gebe 28 lokale Wochenzeitungen heraus. Das Verbreitungsgebiet der meisten dieser Ausgaben sei mit dem der Regionalzeitung identisch. Innerhalb des Verlags der großen Konkurrenz gebe es eine Anweisung des Verlegers, sein Unternehmen bei allen Veröffentlichungen zu übergehen. Dies verstoße gegen Ziffer 1 sowie gegen Ziffer 7 des Pressekodex. Ein Mitbewerber werde nicht erwähnt bzw. aus eigenen wirtschaftlichen Interessen verschwiegen. Der Chefredakteur der Zeitung erklärt in seiner Stellungnahme, dass keine wahrheitswidrige Berichterstattung vorliege. Beiden Berichten sei nicht zu entnehmen, dass die Aufzählung der beteiligten Firmen abschließend sei. So würden in dem ersten Artikel nur „beispielsweise“ einzelne Firmenleitungen genannt und auch der zweite Bericht mache durch die Voranstellung von „wie“ vor der namentlichen Nennung einzelner Firmen deutlich, dass es sich nur um eine exemplarische Aufzählung handele. Insoweit sei der Vorwurf einer falschen Unterrichtung der Öffentlichkeit nicht haltbar. Es liege auch kein Verstoß gegen Ziffer 7 des Pressekodex vor, da eine Beeinflussung der redaktionellen Berichterstattung nicht gegeben sei. Wenn überhaupt, könne man ein geschäftliches Interesse des Verlags in der Nichterwähnung des Beschwerdeführers vermuten. Der Verlag sei aber Verlag und Herausgeber der Zeitung und daher nicht Dritter im Sinne der Ziffer 7. Würde man den herausgebenden Verlag als Dritten im Sinne dieser Vorschrift ansehen, hätte dies zum Ergebnis, dass jeder Verlag gehalten wäre, auch über unmittelbare Wettbewerber zu berichten. Eine so weit gehende Verpflichtung eines betroffenen Verlages zur Aufgabe eigener geschäftlicher und unternehmerischer Interessen gegenüber einem unmittelbaren Wettbewerber könne aber von Ziffer 7wohl nicht gewollt sein. (2003/2004)

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Gerichtsberichterstattung

In mehreren Beiträgen schildert eine Regionalzeitung eine „Unfallflucht mit seltenen Folgen“. Danach soll ein 18-Jähriger nachts ein Auto gerammt und, ohne sich um den angerichteten Schaden zu kümmern, nach Hause gefahren sein. Als die Polizei den Verdächtigen zu einer Blutentnahme habe abführen wollen, habe sie Vater, Mutter, Sohn und Hund der betroffenen Familie mit Pfefferspray zur Räson bringen müssen. In der Gerichtsverhandlung habe sich der Betroffene als Opfer polizeilicher Gewalt dargestellt. 15 Zeugen seien gehört worden, ohne dass sich entlastende Fakten für den Angeklagten ergeben hätten. Das Gericht habe schließlich das rüde Verhalten des jungen Mannes mit einer Geldstrafe von 300 Euro, der Ableistung von 80 Stunden gemeinnütziger Arbeit, einem Jahr Fahrerlaubnisentzug und der Übernahme der Gerichtskosten geahndet. Die Eltern des Angeklagten sähen einem gesonderten Verfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte entgegen. Zwei Kommentare nehmen zu dem Fall Stellung. Einmal wird das fragwürdige Verhalten der Eltern kritisiert, zum anderen wird bedauert, dass der Hund der Familie, der einem Polizisten ins Bein gebissen habe, nicht vernommen werden könne. Denn die Fähigkeit zu lügen unterscheide den Menschen vom Tier. Über ihren Anwalt legt die betroffene Familie Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Sie hält die Berichterstattung für einseitig, vorverurteilend und ehrverletzend. Zudem seien die Betroffenen identifizierbar. Die Chefredaktion der Zeitung räumt einen saloppen Sprachstil ein, der eigentlich nicht Standard der Zeitung sei und keine ungeteilte Zustimmung finden könne. In keinem der Beiträge aber sei der Sohn der Familie als Täter bezeichnet worden. Immer sei die Rede von einem Angeklagten oder einem jungen Mann, gegen den ermittelt werde oder der im Verdacht stehe. Beschuldigungen seien immer in Möglichkeitsform mit Formulierungen wie „sollte es“ oder „könnte sein“ vorgetragen worden. In den einzelnen Beiträgen sei auch immer die Darstellung des Beschuldigten und seines Verteidigers wiedergegeben worden. Diese sei allerdings auch in Zweifel gezogen und entsprechend kommentiert worden. Im Verfahrensverlauf und noch deutlicher im Urteil werde ersichtlich, dass das Gericht den Wahrheitsgehalt der Darstellung des Angeklagten ebenso bewertet habe. Über die Person des Beschuldigten sei anonymisiert berichtet worden. Der Vorfall habe sich in der Öffentlichkeit vor den Augen vieler Nachbarn abgespielt. Die Gerichtsverhandlung sei öffentlich gewesen. Das Geschehen sei Tagesgespräch im Wohnumfeld der Betroffenen gewesen, bevor die Berichterstattung der Zeitung eingesetzt habe. (2003/2004)

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Leserbrief weitergereicht

Ein Gärtner schreibt an seine Lokalzeitung. Er bezieht sich dabei auf einen Artikel, in dem Vertreter des BUND die Schutzwürdigkeit des Baumes hervorheben und sinnlose Fäll- und Schnittarbeiten durch seine Firma anprangern. Er mahnt mehr Sachlichkeit an, wirft dem BUND inkonsequentes Verhalten vor und kommt zu dem Schluss, dass Belange des Naturschutzes nicht berücksichtigt werden, wenn wirtschaftliche Gründe dahinterstecken. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung teilt dem Leser mit, dass sein Brief vor der Entscheidung über eine etwaige Veröffentlichung an den BUND weitergeleitet worden sei, da er unbewiesene Behauptungen und erhebliche Anschuldigungen enthalte. Die Zeitung habe die Erfahrung gemacht, dass solche Leserbriefe bei der Gegenseite sofort eine Gegendarstellung hervorrufen, die dann erneut in einer Entgegnung gipfele. Dass diese Bedenken nicht unbegründet seien, könne er dem beigefügten Antwortschreiben des BUND entnehmen. Die Zeitung empfehle, das darin enthaltene Gesprächsangebot wahrzunehmen. Gegebenenfalls könne der Leser dann immer noch entscheiden, ob er einen sachlichen, am Problem orientierten Leserbrief platzieren wolle. Der BUND reagiert auf die Zusendung des Leserbriefes mit einer scharfen Stellungnahme. Mit einer erstaunlichen Unverfrorenheit in Unkenntnis und Unsachlichkeit bemühe sich der Briefautor, die Arbeit seiner Mitglieder zu verunglimpfen und den Kläger BUND zum Täter abzustempeln. Wörtlich heißt es in dem Schreiben: „Bevor er ein Urteil über die Arbeit des BUND abgibt, hätte er besser daran getan, sich vorher über dessen Tätigkeit und Aufgaben als Naturschutzverein zu informieren...“. Der Gärtner schreibt daraufhin dem stellv. Chefredakteur, er finde es nicht richtig, dass der BUND ihn in der Öffentlichkeit angreifen dürfe, ohne dass er vorher darüber informiert worden sei. Der stellv. Chefredakteur legt dem Einsender schließlich eine überarbeitete Fassung des Leserbriefes mit der Bitte um Abdruckerlaubnis vor. Der Betroffene wendet sich an den Deutschen Presserat und kritisiert, dass die Redaktion seinen Leserbrief an den BUND weitergereicht habe. Die Chefredaktion der Zeitung verweist in ihrer Stellungnahme auf eine E-Mail, die sie eine Woche nach ihrem ersten Brief an den Beschwerdeführer gerichtet habe. Darin sei dem Leserbriefschreiber die Frage gestellt worden, ob er mit dem Abdruck seines Briefes in gekürzter Form einverstanden sei. In der Neufassung sei die Passage gestrichen worden, die persönliche Angriffe gegen eine BUND-Angehörige enthalte. Dabei beziehe sich die Redaktion auf Ziffer 9 des Pressekodex, der besage, dass es journalistischen Grundsätzen widerspreche, Behauptungen ehrverletzender Natur zu veröffentlichen. (2004)

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Fotografieren im Gottesdienst

Ein Boulevardblatt schildert Diskussionen über ein Künstlerhaus in einem Berliner Stadtteil, das unter dem Titel „When love turns to poison“ (Wenn Liebe Gift wird) sexuelle Phantasien ausstellt, die Kritiker als Kinderpornos bezeichnen. In diesem Zusammenhang wird die verantwortliche Bezirksbürgermeisterin, die sich gegen die Kritik von Kinderschützern wehrt und dabei Parallelen zum Dritten Reich zieht, in der Schlagzeile aufgefordert zurückzutreten. Wie die Zeitung mitteilt, habe es in der benachbarten Kirche Dutzende von Protesten gegen die Ausstellung gegeben. Unter denen, die den Schluss der Schau gefordert hätten, habe sich auch ein stadtbekannter Kirchenfanatiker befunden, der zuvor zehn Bilder von den Wänden gerissen habe. Der Pfarrer der genannten Kirchengemeinde beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er sei am Karfreitag kurz vor dem Gottesdienst von einer Reporterin der Zeitung angesprochen und gefragt worden, was er von der Ausstellung in dem Künstlerhaus halte. Er habe erklärt, dass er die Ausstellung nicht kenne, sie sich aber noch ansehen werde, um sich eine Meinung zu bilden. Kurze Zeit später sei die Frau mit einem Mann erschienen, der sich als Fotograf der Zeitung vorgestellt habe. Er habe ein Bild des Pfarrers in der Kirche machen wollen. Er habe dies abgelehnt, da es dafür keinen Grund gebe. Beide hätten daraufhin die Kirche verlassen. Der Karfreitagsgottesdienst sei zunächst ohne Störungen verlaufen, dann aber sei laut schreiend ein Mann erschienen und habe Parolen gebrüllt. Er habe der Gemeinde vorgeworfen, nichts gegen eine pädophile Ausstellung in der Nachbarschaft zu unternehmen. Im Weggehen habe er noch Flugblätter in die Gemeinde geworfen. Von Chormitgliedern habe er später erfahren, dass der Fotograf der Zeitung von der Empore aus die Szene aufgenommen habe. Dies sei ohne seine Erlaubnis bzw. die Genehmigung durch den Kirchenrat geschehen. Der Ablauf der Störung lasse nur den Schluss zu, dass sie mit Hilfe der Zeitung arrangiert worden und der Störer des Gottesdienstes von der Reporterin instrumentalisiert worden sei. Die Chefredaktion des Blattes weist den Vorwurf, die Zeitung habe den Fanatiker zu seinen Ausfällen angestiftet, auf das Schärfste zurück. Richtig sei, dass ein freier Fotograf zum Künstlerhaus geschickt worden sei, um dort die aktuelle Situation zu beobachten. Dabei habe er zufällig den stadtbekannten und mittlerweile mehrfach gerichtlich verurteilten Kirchenstörer erkannt, der sich langsam in Richtung Kirche bewegt habe. Der Fotograf sei ihm gefolgt und habe sich auf der Empore zum Chor gesetzt. Von dort habe er den Gottesdienst verfolgt und den Auftritt des Störers fotografiert. Anschließend habe er die Kirche verlassen, ohne von irgendjemandem angesprochen worden zu sein. (2004)

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Namensnennung bei Zeugenzitat

Weil er bei Sanierungsarbeiten in einem alten Festungsgebäude seine Schüler veranlasst habe, mit einem Muldenkipper Material zu transportieren und dabei den Schlaf von mehr als 1.500 Fledermäusen zu stören, wurde ein Berufsschullehrer wegen eines Verstoßes gegen das Naturschutzgesetz zu einer Geldbuße verurteilt. Eine Boulevardzeitung berichtet in zwei Beiträgen über den Verlauf der Gerichtsverhandlung. In dem einen Beitrag wird die Höhe der Geldbuße mit 100 Euro, in dem zweiten Beitrag mit 200 Euro angegeben. In einem der Beiträge wird ein namentlich genannter Mitarbeiter des städtischen Gartenbauamtes mit den Sätzen zitiert: „Als wir vor Ort erschienen, ratterte der Muldenkipper hin und her. Was für ein Krach!“ Der Betroffene beschwert sich beim Deutschen Presserat. Als Mitarbeiter des Gartenbauamtes sei er Zeuge in einem gerichtlichen Verfahren gewesen. Ein öffentliches Interesse an der Nennung seines vollen Namens vermöge er nicht zu erblicken. Der Regionalleiter der Zeitung erklärt, das Gerichtsverfahren habe insofern die Öffentlichkeit interessiert, weil es als absurd erschienen sei. Der Beschwerdeführer sei in einem öffentlichen Amt tätig und habe in Wahrnehmung seines Amtes vor Gericht ausgesagt. Die Nennung seines Namens habe also ausschließlich seine berufliche Sphäre und damit den Randbereich seines Persönlichkeitsrechts berührt. Er werde darüber hinaus lediglich mit zwei kurzen Sätzen zitiert, die völlig wertneutral und in keiner Weise herabsetzend oder abträglich seien. (2003)

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Identifizierbarkeit eines Angeklagten

Unter der Überschrift „Jura-Student entblößte sich: Karnevals-Verbot“ schildert eine Boulevardzeitung das Gerichtsverfahren gegen einen 25-jährigen Karnevalisten, der sich als Betreuer der Funkenmariechen vor einer der jungen Damen entblößt haben soll. Dabei erwähnt sie, dass es ähnliche Fälle Jahre zuvor mit einer Kusine gegeben haben soll. Der Ex-Prinz wird zu zehn Monaten Jugendhaft auf Bewährung, zu einer Geldbuße von 720 Euro und zu einem dreijährigen Karnevalsverbot bei seinem Heimatverein verurteilt. Das in erster Instanz verhängte „Heimatverbot“ – er dürfe sich in seiner Heimatgemeinde nicht mehr sehen lassen – hob das Landgericht wieder auf. Nun könne er zumindest seinem Amt als Kirchenvorstand wieder nachgehen, schlussfolgert das Blatt. Die Zeitung nennt den Vornamen des Betroffenen und den Anfangsbuchstaben seines Nachnamens. Dem Beitrag beigestellt ist ein Foto, das den Studenten als Karnevalsprinz seines Heimatvereins der Session 1999/2000 zeigt. Der Anwalt des jungen Mannes moniert in seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass Name und Foto seines Mandanten veröffentlicht worden seien. Außerdem werde die Zeitung auch dem besonderen Schutz gegenüber Jugendlichen nicht gerecht. Mit Rücksicht auf die Zukunft von Jugendlichen sei eine Namensnennung und identifizierende Bildberichterstattung zu unterlassen, sofern es sich nicht um schwere Verbrechen handele. Dass hier kein schweres Verbrechen begangen worden sei, müsse auch der Redaktion klar gewesen sein. Die Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit sei hier in unangemessener Form vorgenommen worden. Durch die Veröffentlichung des Fotos sei der Resozialisierungszweck des vernünftigen und maßvollen Urteils komplett konterkariert worden. Die Zeitung habe das „Heimatverbot“, welches vom Gericht ausdrücklich aufgehoben worden sei, weil es dafür weder eine Rechtsgrundlage noch einen Grund gegeben habe, durch diese Veröffentlichung wieder durchgesetzt. Sein Mandant könne sich in seinem Heimatort nicht mehr blicken lassen. Die Rechtsabteilung des Verlages sieht dagegen Richtlinie 8.1 des Pressekodex nicht verletzt. Die Anklage habe auf sexuellen Missbrauch eines Kindes und damit auf einen Vorwurf gelautet, der die Öffentlichkeit besonders berühre. Auf Grund seiner langjährigen Aktivitäten im Karneval, insbesondere als Karnevalsprinz, komme dem Studenten eine gewisse Bekanntheit zu. Zumindest ein Delikt habe auch in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Tätigkeit im Karneval gestanden. Hinzu komme, dass das im Rahmen des Artikels veröffentlichte Foto öffentlich zugänglich sei und heute noch in einer Gaststätte aushänge. Der Beschwerdegegner kann auch keinen Verstoß gegen den Gedanken der Resozialisierung erkennen, da die Veröffentlichung in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Verurteilung des Beschwerdeführers erfolgt sei. Es werde daher nicht ein bereits länger zurückliegender Fall in das Gedächtnis der Öffentlichkeit zurückgerufen und dem Täter dadurch die Möglichkeit genommen, die Erinnerung an seine Tat verblassen zu lassen. Auch der besondere Schutz gegenüber Jugendlichen sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung sei der Beschwerdeführer bereits erwachsen gewesen. Das Schutzbedürfnis, das darin bestehe, einem Jugendlichen die Chance zu geben, sich zu einer gereiften und gefestigten Persönlichkeit zu entwickeln, habe daher nicht mehr bestanden. (2004)

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Identifizierbarkeit eines Angeklagten

Weil er einen polnischen Staatsangehörigen als Fahrer beschäftigt hatte, der weder eine Aufenthaltsgenehmigung noch eine Fahrerlaubnis für einen Laster plus Anhänger vorweisen konnte, wird der Geschäftsführer eines Entsorgungsfachbetriebs wegen Beihilfe zum illegalen Aufenthalt und des Zulassens von Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 600 Euro verurteilt. Eine Zeitung der Region berichtet über die Gerichtsverhandlung und gibt dabei den Sitz der Firma des Angeklagten an. Außerdem erwähnt sie, dass in der Verhandlung ein Auszug aus der „Verkehrssünderkartei“ verlesen worden sei. Der Angeklagte habe es darin auf stattliche 16 Punkte gebracht und eine Zeit lang auch auf seinen Führerschein verzichten müssen. Auch ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung und wegen des Besitzes einer durchgebohrten Gaspistole sei im Bundeszentralregister vermerkt. Der Anwalt des Betroffenen beklagt beim Deutschen Presserat die identifizierende Art und Weise der Berichterstattung. Es gebe in dem erwähnten Ort nur eine Entsorgungsfirma. Darüber hinaus rechtfertigten das relativ unbedeutende Vergehen und die entsprechend geringe Geldstrafe nicht die ausführliche und letztlich unangemessen sensationelle Darstellung sowie die ausführliche Schilderung der Vorstrafen, die nichts mit der dem Betroffenen zur Last gelegten Tat zu tun hätten. Auch seien die genauen Angaben zu seinem Punktestand im Verkehrszentralregister in Flensburg und dem Entzug des Führerscheins unangebracht. Sein Mandant sehe sich durch die unverhältnismäßige und identifizierende Berichterstattung erheblich in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Er und seine Familie würden seit dieser Veröffentlichung von zahlreichen Mitbürgern als Verbrecher abqualifiziert. Die Redaktion der Zeitung stellt fest, die Darstellung des Sachverhalts sowie die Beschreibung des Angeklagten seien nach bestem Wissen und Gewissen gefertigt worden. Es seien in dem Artikel keine Namen genannt und keine Fotos veröffentlicht worden. Die Redaktion sei daher überzeugt, dass sie die Anonymität des Geschäftsführers gewahrt habe. Sie bedauere, dass er durch die Berichterstattung erhebliche Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen müsse. Ursächlich dafür sei aber nicht die Zeitung, sondern sein eigenes Verhalten. Die Zeitung habe im Rahmen ihrer Informationspflicht über das daraus resultierende Verfahren berichtet. (2004)

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