Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Foto eines getöteten GSG 9-Beamten

Eine Boulevardzeitung legt den „grausigen Foto-Beweis“ vor, dass zwei deutsche GSG 9–Männer von Terroristen im Irak erschossen worden sind. Die Schlagzeile ist eingeklinkt in das Farbfoto eines der Toten, das zuvor in einer Londoner Zeitung erschienen ist. Die Augenpartie der blutüberströmten Leiche ist mit einem Balken abgedeckt. Die Veröffentlichung löst zwei Beschwerden beim Deutschen Presserat aus. Ein Leser sieht die Würde des getöteten Deutschen ebenso wie die Privatsphäre seiner Angehörigen verletzt. Die Art der Berichterstattung ziele eindeutig auf Effekte und nehme die Verletzung anderer billigend in Kauf. Der Beweis, dass die beiden im Irak vermissten GSG 9-Beamten tot seien, hätte auch ohne die Veröffentlichung des Bildes erbracht werden können. Eine Leserin nennt die Darstellung des Vorfalls „sensationsgeil“. Das Bild habe nichts mit Pressefreiheit und Aufklärung über die Widrigkeiten und Schrecken eines Krieges zu tun. Der Chefredakteur der Zeitung betont in seiner Stellungnahme, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sei die deutsche Öffentlichkeit davon ausgegangen, dass keine deutschen Soldaten oder Angehörige spezieller deutscher Einsatzkräfte im Irak tätig seien. Da die Bundesregierung die Tötung nicht vor der Bergung der Leichen habe bestätigen wollen, hätten nur die Fotos aus der Londoner Zeitung die Anwesenheit und Tötung der GSG 9–Kämpfer belegen können. Zudem mache das Foto in seiner Drastik deutlich, dass der Krieg gegen den Terror auch von Deutschland Opfer fordere und fordern werde. (2004)

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Werbemagazin nicht gekennzeichnet

Ein Wirtschaftsjournal berichtet auf zwei Seiten über ein deutsches Unternehmen. Für die Farbfotos, mit denen der Beitrag illustriert worden ist, fordert die Zeitschrift 8,96 Euro pro Millimeter Höhe/Spalte als Entgelt. Die Empfänger der Rechnung über mehr als 5.000 Euro wenden sich an den Deutschen Presserat und teilen diesem mit, dass ihnen seinerzeit eine vermeintlich kostenlose Veröffentlichung über ihr Unternehmen angeboten worden sei. Auf die Kosten für das Bildmaterial, das man der Zeitschrift zur Verfügung gestellt habe, sei man bei Vertragsabschluss nicht ausreichend hingewiesen worden. Diese Praxis verstoße gegen den Grundsatz der Trennung von redaktionellem Text und Werbung. Inzwischen habe man mit dem Verlag einen Vergleich geschlossen und 70 Prozent der Rechnung bezahlt. Bekannt sei, dass auch andere Firmen auf diese Weise geschädigt worden seien. Die betroffene Verlagsgesellschaft weist darauf hin, dass es bereits im Jahre 2002 eine ähnliche Beschwerde gegen ihr Magazin gegeben habe. Bereits damals habe man ausführlich dargelegt, warum man der Meinung sei, dass das Magazin nicht gegen Ziffer 7 des Pressekodex verstoße. Der Presserat habe jedoch eine gegenteilige Meinung bekundet und einen Hinweis erteilt. Im vergangenen Jahr habe der Presserat eine ähnliche Beschwerde gegen ein anderes Magazin für unbegründet gehalten, da die Zeitschrift bereits auf der Titelseite den Hinweis veröffentlicht habe, es handele sich bei ihm um ein Wirtschafts-Werbemagazin. Bezüglich einer solchen Kennzeichnungspflicht vertrete der Verlag eine andere Rechtsauffassung als der Presserat, da die Werbung als solche für den Leser erkennbar sei. Gleichwohl werde das Magazin aber bereits von der nächsten Ausgabe an mit einer Titelseite erscheinen, die mit dem Zusatz „Advertising Journal for Business and Enterprise“ versehen sei. Der Verlag hoffe, dass mit dieser Kennzeichnung die Anforderungen an die Transparenz im Sinne des Presserats erfüllt seien. (2004)

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Wissenschaftliche Kontroverse bewertet

Unter der Überschrift „Um Kropf und Kragen“ berichtet eine Zeitschrift über den Jod-Konsum der Deutschen, über die möglichen Folgen von Jodmangel bzw. Jodüberdosierung. Sie erwähnt eingangs eine Wissenschaftlerin, Journalistin und Sachbuchautorin, die vor den gesundheitsschädlichen Folgen einer Überdosierung warne. Wenn sie über Jod rede, schreibt der Autor, klinge es, als würden die Deutschen von einer unheimlichen Substanz vergiftet. Ob Jodakne oder Jodallergie, Tuberkulose oder gar Krebs: Die Liste der Leiden sei lang, die das Spurenelement ihrer Ansicht nach verursache. So ziehe die Aktivistin mit ihren Vorträgen durch Deutschland und warne, wie andere selbst ernannte Jod-Experten, vor schlimmsten Auswirkungen des vermeintlichen Gifts. Der Autor des Beitrags gibt in den folgenden Passagen die Auffassung renommierter Hormonexperten wieder, die genau umgekehrter Meinung seien. Auf solcherart wissenschaftliche Beweise lege die eingangs erwähnte Referentin hingegen wenig Wert. Ihre Vorträge seien reich an seltsamen Hypothesen: Die von ihr so oft angeführten Erkrankungen „Jodallergie“ und „Jodakne“ als Folge von jodiertem Speisesalz etwa gebe es nicht. Die Veröffentlichung löst zwei Beschwerden beim Deutschen Presserat aus. Die betroffene Publizistin ist der Ansicht, dass über sie und ihre Arbeit als Wissenschaftlerin und Journalistin in herabwürdigender und unwahrer Weise berichtet werde. Die Behauptung, dass sie auf wissenschaftliche Beweise keinen Wert lege und sie seltsame Hypothesen verbreite, sei falsch und diffamierend. Der Autor verstoße gegen die Sorgfaltspflicht und habe ihre wissenschaftlichen Darlegungen offensichtlich bewusst nicht zur Kenntnis genommen. Eine Leserin der Zeitschrift sieht die Menschenwürde der Wissenschaftlerin verletzt. Diese belegte ihre Behauptungen sehr wohl genau an wissenschaftlichen Studien. Die Zeitschrift diffamiere zum wiederholten Male Patienten und Gruppen, die einer von der Pharmaindustrie empfohlenen Therapie kritisch gegenüberstehen. (2004)

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Kritik an einem Ratsherrn

In mehreren Artikeln beschäftigt sich eine Lokalzeitung mit dem „handfesten Eklat“ eines örtlichen CDU-Ratsherrn. Der Kommunalpolitiker hatte einen Artikel der Zeitung, der unter der Überschrift „Man könnte Juden als Tätervolk bezeichnen“ Auszüge aus der Rede des umstrittenen Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann zum 3. Oktober enthielt, mit dem handschriftlichen Vermerk „Man darf in Deutschland nie mehr die Wahrheit sagen“ versehen und in der Geschäftsstelle der CDU ausgehängt. In dem Beitrag wird der Betroffene mit einer Begründung seiner Aktion zitiert. Ferner wird berichtet, dass der Ortsvorsitzende der CDU es auf Grund des Vorfalls ablehne, dass der Urheber der Aktion wie ursprünglich vorgesehen als sein Nachfolger im Amt kandidiere. In einem Kommentar unter der Überschrift „Mehr als eine Dummheit“ vertritt der Autor u.a. die Ansicht, dass derjenige, der einem Bundespolitiker, der Juden als „Tätervolk“ bezeichne, öffentlich zustimme, in dieser Stadt kein politisches Amt bekleiden dürfe. Beiden Veröffentlichungen folgen weitere Artikel über die weiteren Ereignisse: Der umstrittene Ratsherr legt sein Mandat nieder, ein Parteigericht berät über seinen Ausschluss aus der CDU, der Betroffene verliert seinen Arbeitsplatz als Assistent eines Bundestagsabgeordneten, verlangt schließlich von der Zeitung und einer Ratskollegin Schmerzensgeld, zieht vor Gericht. Schließlich wendet sich der Kommunalpolitiker auch an den Deutschen Presserat, beklagt in einer Beschwerde neben einer Fülle von Kodexverstößen vor allem mangelnde Sorgfalt in der Berichterstattung und eine mögliche Befangenheit des stellvertretenden Lokalchefs, mit dem er bei einer gemeinsamen Arbeit in der katholischen Pfarrgemeinde Differenzen gehabt habe. Dabei sei es zu einem Versäumnisurteil gekommen. Und er habe eine Gehaltspfändung einleiten müssen.

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Gerichtsentscheidung

Eine Stadt plant, in ihrem Schlosspark von einem privaten Investor ein Einkaufszentrum mit einer an das historische Schloss erinnernden Fassade errichten zu lassen. Eine Bürgerinitiative Schlosspark setzt sich für den Erhalt des Schlossparks als Parkanlage und Erholungsfläche ein und reicht ein entsprechendes Bürgerbegehren mit mehr als 31.000 Unterschriften bei der Stadtverwaltung ein. Da der Verwaltungsausschuss der Stadt die Entscheidung trifft, das Bürgerbegehren sei unzulässig, will die Initiative mit einer Klage beim Verwaltungsgericht erreichen, dass das von ihr eingeleitete Bürgerbegehren zugelassen wird. Unter der Überschrift „Gericht: Schloss in ... darf gebaut werden“ teilt die Zeitung am Ort ihren Leserinnen und Lesern mit, dass das Verwaltungsgericht die Klage des „Bürgerbegehrens Schlosspark“ gegen den Verwaltungsausschuss der Stadt abgewiesen habe. Damit sei der Versuch der Bürgerinitiative gescheitert, den Bau des Einkaufszentrums Schloss-Arkaden samt Schloss-Rekonstruktion zu verhindern. Ein Leser der Zeitung, in der Initiative anscheinend engagiert, beschwert sich beim Deutschen Presserat und beklagt sich über die Überschrift, die den Eindruck erwecke, dass das Gericht über den Bebauungsplan entschieden habe. Dies sei nicht korrekt, da lediglich über das Bürgerbegehren eine Entscheidung getroffen worden sei. Der Beschwerdeführer ist der Meinung, dass Fehlinformationen, die den Eindruck erweckten, dass die Bebauung des Schlossparks beschlossene Sache sei, natürlich Proteste aus der Bevölkerung unterdrückten. Solche Fehlinformationen über den Stand des Bebauungsplans würden von der Lokalzeitung mit Methode verbreitet. Weiterhin erwecke die Überschrift den Eindruck, als solle der Schlosspark mit einem Schloss bebaut werden. In dem Bebauungsplan gehe es jedoch um ein Einkaufszentrum, dessen Fassade lediglich in Teilbereichen an ein historisches Schloss erinnern solle. Mit der Darstellung des Kaufhauses als Schloss sollten Sympathien für den Bebauungsplan geworben werden. (2004)

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Gerichtsentscheidung

Eine Stadt plant, in ihrem Schlosspark von einem privaten Investor ein Einkaufszentrum mit einer an das historische Schloss erinnernden Fassade errichten zu lassen. Eine Bürgerinitiative Schlosspark setzt sich für den Erhalt des Schlossparks als Parkanlage und Erholungsfläche ein und reicht ein entsprechendes Bürgerbegehren mit mehr als 31.000 Unterschriften bei der Stadtverwaltung ein. Da der Verwaltungsausschuss der Stadt die Entscheidung trifft, das Bürgerbegehren sei unzulässig, will die Initiative mit einer Klage beim Verwaltungsgericht erreichen, dass das von ihr eingeleitete Bürgerbegehren zugelassen wird. Unter der Überschrift „Gericht: Schloss in ... darf gebaut werden“ teilt die Zeitung am Ort ihren Leserinnen und Lesern mit, dass das Verwaltungsgericht die Klage des „Bürgerbegehrens Schlosspark“ gegen den Verwaltungsausschuss der Stadt abgewiesen habe. Damit sei der Versuch der Bürgerinitiative gescheitert, den Bau des Einkaufszentrums Schloss-Arkaden samt Schloss-Rekonstruktion zu verhindern. Ein Leser der Zeitung, in der Initiative anscheinend engagiert, beschwert sich beim Deutschen Presserat und beklagt sich über die Überschrift, die den Eindruck erwecke, dass das Gericht über den Bebauungsplan entschieden habe. Das Gericht habe lediglich über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens geurteilt. Es habe nicht entschieden, dass das „Schloss“ jetzt gebaut werden dürfe. In diesem Zusammenhang sei zudem auch der Begriff „Schloss“ irreführend. In Wirklichkeit solle der Schlosspark mit einem Einkaufscenter überbaut werden, welches lediglich eine dem ehemaligen Schloss nachempfundene Fassade erhalten solle. Nach Ansicht des Beschwerdeführers solle wohl mit der Überschrift suggeriert werden, dass jeglicher Widerspruch zu den Bauplänen des Einkaufscenters jetzt sinnlos sei, da ein Gericht geurteilt habe. (2004)

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Eigenmarketing einer Zeitung

Eine Boulevardzeitung kündigt einen “Sommer-Knaller” an: “Heute Eis für alle – Eins kaufen, eins geschenkt !” Das “Doppelschlecken” wird als eine Gemeinschaftsaktion der Zeitung und einer Supermarktkette mit über 2.400 Filialen präsentiert. Jeder Leser, der den Artikel ausschneidet, zu dem genannten Discounter geht und dort ein Eis kauft, erhält an der Kasse zwei Eis und bezahlt nur eins. Ein Leser wendet sich mit einer Beschwerde an den Deutschen Presserat. Nach seiner Ansicht haben diese Veröffentlichung nichts mehr mit redaktioneller Berichterstattung zu tun. Der Name der Firma werde nicht schlicht geschrieben, sondern mit einem farbigen Firmenlogo dargestellt. Es handele sich um eine reine Werbeaktion für das Handelsunternehmen, das zudem auf Seite 9 der Zeitung noch mit einer Anzeige vertreten sei. (2004)

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Überschrift ohne Textbezug

Eine Boulevardzeitung wartet „exklusiv“ mit einem Skandal auf. Im Knast der Stadt könnten Triebtäter für 100 Euro Sex-DVDs kaufen, kündigen die Schlagzeilen an. Die Berichterstattung beruht auf der Tatsache, dass bei einer Durchsuchung in der Justizvollzugsanstalt Sexfilme gefunden wurden, sowie auf der Aussage eines ehemaligen Häftlings, der behauptet, dass in dem Gefängnis ein schwunghafter Handel mit Kinderpornos betrieben werde. Ein Journalist schreibt an den Deutschen Presserat und beschwert sich. Die Darstellung des angeblichen Skandals sei eine Mischung aus Un- und Halbwahrheiten und Fakten, die aus dem Sachzusammenhang gerissen worden seien. Der ganze Vorgang werde sensationsheischend aufgebauscht. Der Beschwerdeführer übermittelt dem Presserat einen Beitrag aus der Gefängniszeitung, in dem die Seriösität des Informanten der Zeitung bezweifelt wird. Nur bei zwei Gefangenen in einer Teilanstalt, in der keineswegs nur „Lebenslängliche“ untergebracht seien, seien tatsächlich DVD-Player und einige Porno-DVDs gefunden worden. Die Rechtsvertretung der Zeitung berichtet von einer Durchsuchung in der Haftanstalt, die Monate vor der Berichterstattung mit dem konkreten Verdacht durchgeführt worden sei, dass in den Zellen mit pornografischem Material gehandelt werde. Kurz vor der Veröffentlichung habe sich der im Artikel genannte Häftling an die Autorin des Beitrags gewandt und den Handel mit Kinderpornos glaubhaft bestätigt. Die Redakteurin habe daraufhin bei der Senatsverwaltung für Justiz nachgefragt, woraufhin in der JVA eine erneute Durchsuchung gestartet worden sei. Dabei habe man tatsächlich Dutzende pornografischer Filme auf DVD sowie Abspielgeräte gefunden. Im Innenteil des Blattes werde über die Vorgänge differenzierter berichtet. Dort werde strikt zwischen Tatsachen und Vermutungen unterschieden, zum Beispiel mit Formulierungen wie „sollen DVDs kopiert und verkauft worden sein“. Durch diese differenzierte Darstellung werde das Versäumnis ausgeglichen, dass auf der Titelseite nicht auf den bislang nur bestehenden Verdacht des Vorwurfs der Kinderpornografie hingewiesen worden sei. (2004)

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Selbsttötung

In großer Schlagzeile verkündet eine Boulevardzeitung, dass sich ein 16-jähriges Mädchen im Wald erhängt hat. Sie teilt den Leserinnen und Lesern den Vornamen, den Anfangsbuchstaben des Familiennamens, das Alter und den Wohnort der Betroffenen mit. Detailliert wird geschildert, wie sich das Mädchen an dem Ast eines Baumes erhängt hat. Das Waldstück, in dem die Tat geschah, wird im Bild gezeigt. Das Mädchen habe mit Freunden Urlaub im Süden machen wollen. Laut Staatsanwaltschaft seien die Tickets schon gekauft gewesen. Doch die Mutter habe den Urlaub gestrichen. „Ich kann doch einem so jungen Mädchen nicht erlauben, ohne Eltern in den Urlaub zu fliegen“, solle sie gesagt haben. Der Ortsvorsteher der Gemeinde, in dem die Familie wohnt, beschwert sich bei der Zeitung und beim Deutschen Presserat. Seiner Meinung nach weist die Zeitung der Mutter des Mädchens die Schuld an der Selbsttötung zu. Die Mitarbeiter der Zeitung hätten Familie, Freunde und Bekannte des Mädchens tagelang verfolgt, um mit aller Gewalt Stoff für eine Geschichte zu bekommen. Das angebliche Zitat der Mutter sei falsch. Sie habe sich nie so geäußert, sondern vielmehr erklärt, dass sie nicht mit der Presse reden wolle. Weiterhin sei auch die Darstellung nicht korrekt, dass das Mädchen nach einem Streit mit Tränen in den Augen zur Oma gegangen sei. Sie habe ihre Großmutter an besagtem Tag überhaupt nicht gesehen. Die Chefredaktion entgegnet, die Mutter des Opfers habe sich gegenüber einem Redakteur des Blattes genauso wie wiedergegeben geäußert. Sie habe erklärt, dass sie ihrer Tochter doch nicht hätte erlauben können, ohne Eltern in Urlaub zu fahren. Die Aussage, dass die Reise in die Türkei gehen sollte, sei dem Mitarbeiter des Blattes durch die Mutter eines weiteren Reiseteilnehmers bestätigt worden. Die Chefredaktion sieht keinen Anlass, an der Richtigkeit der Darstellung des Redakteurs zu zweifeln. Eine Verfolgung der Familie oder der Freunde des Opfers sei der Chefredaktion nicht bekannt. Dass die Großmutter sich mit ihrer Enkelin vor der Tat getroffen habe, sei der Akte der Staatsanwaltschaft zu entnehmen. Die Großmutter sei nach dem Suizid von der Polizei befragt worden und habe die in dem Beitrag wiedergegebenen Aussagen über die Umstände des Zusammentreffens mit ihrer Enkelin und die dabei ausgesprochene Ankündigung eines Suizids auch in dieser Form gemacht. (2004)

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Zitat ohne Nachfrage

Eine Regionalzeitung meldet, dass der Vorstand eines großen Verkehrsbetriebs der Region intern unter Beschuss stehe. Während den Mitarbeitern immer mehr finanzielle Opfer abverlangt würden, bekämen „unsere Direktoren sehr hohe Prämien für Einsparungen aller Art“, heiße es in einem allerdings nicht unterzeichneten Offenen Brief an den Oberbürgermeister und die Parteien im Stadtrat. Ein Vorstandsmitglied koste einschließlich üppiger Ruhestandsbezüge um die zwei Millionen Euro im Jahr. In dem Brief werde die Frage aufgeworfen, ob es nicht an der Zeit sei, statt mit drei nur noch mit zwei Vorstandsherren auszukommen. Diese Anregung stoße beim Vorsitzenden des Aufsichtsrates durchaus auf Verständnis. Wenn es nach ihm gegangen wäre, dann würde es heute in dem Unternehmen einen Arbeitsdirektor nicht geben. Zum ersten Mal habe der Aufsichtsratsvorsitzende auch signalisiert, dass sich das Unternehmen grundlegend verändern müsse. Ein Vertreter der Unternehmenskommunikation legt die Veröffentlichung dem Deutschen Presserat vor und moniert, dass die Zeitung ein anonymes Schreiben zur Grundlage ihrer Berichterstattung gemacht habe. Die Belegschaft wisse angeblich nichts von einem solchen Brief. Die Zeitung habe beim Unternehmen auch nicht gegenrecherchiert. Der Beschwerdeführer kritisiert ferner die Verwendung von Aussagen des Aufsichtsratsvorsitzenden, die dieser nicht oder nicht mit dieser Bedeutung gemacht habe. Als Beispiel nennt er die angebliche Auffassung des Zitierten, das Unternehmen müsse sich grundlegend verändern, und fügt ein Schreiben des Betroffenen bei, in dem dieser seine Aussage relativiert. Zudem sei es nicht richtig, dass es – wie in dem Artikel wiedergegeben – einen Arbeitsdirektor nicht geben würde, wenn es nach dem Willen des Aufsichtsratsvorsitzenden gegangen wäre. Dies sei falsch, da der Vorsitzende vor drei Jahren selbst für die Wiederwahl des Stelleninhabers gestimmt habe. Der Chef vom Dienst der Zeitung teilt in seiner Stellungnahme mit, dass der in dem Artikel zitierte Brief tatsächlich existiere und auch seine Adressaten erreicht habe. Die Tatsache, dass er anonym gewesen sei, sei in dem Artikel erwähnt worden. Der Beschwerdeführer behaupte, mit Bezug auf den Brief würden unbegründete Behauptungen und Beschuldigungen veröffentlicht. Dies sei jedoch nicht richtig, da die in dem Brief enthaltenen Informationen nicht verfälscht, sondern nur ergänzt worden seien. Korrekt sei, dass auch der Aufsichtsratsvorsitzende des Unternehmens für die Verlängerung des Vertrages des Arbeitsdirektors gestimmt habe. Es sei aber auch richtig, dass der Vorsitzende im Vorfeld der Wahl versucht habe, den Vorstand auf zwei Personen zu verkleinern. Dies unterschlage der Beschwerdeführer. Die Aussage, dass sich das Unternehmen grundlegend verändern müsse, und der Brief, den der Aufsichtsratsvorsitzende der Lokalredaktion übermittelt habe und der auch der Beschwerde beigefügt worden sei, seien einer gesonderten Betrachtung wert . Zuerst werde dementiert, dann werde die eigene Person kritisch analysiert, dann befinde sich der Verkehrsbetrieb mitten in einem Veränderungsprozess. So werde, was zunächst dementiert worden sei, dann doch Realität. Dies sei ein gelungenes Beispiel für politischen Schreibstil. (2004)

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