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Artikel zu Facebook-Posts verstoßen nicht gegen Kodex

Der Presserat hat auf der Sitzung des Beschwerdeausschusses 2 am 01.12.2015 wegen schwerer Verstöße gegen den Pressekodex 2 öffentliche Rügen ausgesprochen. Als unbegründet bewertet unter dem Aspekt der Ziffer 8 (Schutz der Persönlichkeit) wurden Berichterstattungen in der HUFFINGTON POST Online sowie in BILD/BILD Online, die  fremdenfeindliche Äußerungen von Usern zur aktuellen Flüchtlingsdebatte aufgegriffen hatten.

Unter der Überschrift „200 Deutsche riefen Flüchtlingen zu: ‚Willkommen!‘ Jetzt zeigen wir die andere Seite: Hier sprechen die Hassfratzen“ veröffentlichte HUFFINGTON POST Online eine Sammlung der aus ihrer Sicht schlimmsten Kommentare, die mit Profilbild und Name zu Artikeln der Zeitung gepostet und auf Facebook veröffentlicht worden waren. BILD/BILD Online veröffentlichten unter der Überschrift „BILD stellt die Facebook-Hetzer an den Pranger!“ ebenfalls Äußerungen von als „Hetzer“ bezeichneten Usern, die diese mit Profilbild und Name in sozialen Netzwerken veröffentlicht hatten.

Insgesamt 38 Leser hatten sich über die Veröffentlichungen beschwert und Persönlichkeitsrechtsverletzungen sowie Diffamierungen kritisiert. Aus Sicht des Ausschusses war die Veröffentlichung der Äußerungen mit Name und Profilbild in beiden Berichterstattungen zulässig, da es sich hier nicht um private, sondern erkennbar um politische Äußerungen der User in öffentlich einsehbaren Foren handelte. Hieran besteht ein öffentliches Interesse, das die Persönlichkeitsrechte überlagert. Die von der HUFFINGTON-POST-Redaktion vorgenommene Einordnung als „Hassfratzen“ hält der Presserat für eine zugespitzte, scharfe Meinungsäußerung, die sich noch im Rahmen der presseethischen Grenzen bewegt. Gleiches gilt für die Formulierung „an den Pranger“ stellen in BILD.

Wegen einer Verletzung von Ziffer 11 (Sensationsberichterstattung) des Pressekodex wurde die Münchener ABENDZEITUNG Online gerügt. Die Redaktion hatte einen Artikel mit einem Video veröffentlicht, das die Ermordung einer Fernsehmoderatorin in den USA während einer laufenden Sendung zeigt. Sie und ihr Kameramann wurden von einem ehemaligen Arbeitskollegen erschossen. Im Videobeitrag wird mehrfach wiederholt der Moment gezeigt, in dem die tödlichen Schüsse fallen und die Todesschreie zu hören sind. Eine journalistische Einordnung des Geschehens im Video findet nicht statt. Diese Art der Berichterstattung geht nach Ansicht des Beschwerdeausschusses über das öffentliche Informationsinteresse hinaus, sie dient in erster Linie der Befriedigung von Sensationsinteressen.

Gerügt wegen Schleichwerbung nach Ziffer 7 (Trennung von Werbung und Redaktion) des Pressekodex wurde TV Movie. Die Zeitschrift hatte ein Interview mit dem Schauspieler Samuel Finzi veröffentlicht. Eingeleitet wurde das Gespräch mit der redaktionellen Feststellung, dass der Schauspieler gerade von einer Testfahrt mit dem neuen Skoda Superb zurückkomme. Dieser lobte daraufhin den Wagen in den höchsten Tönen. Beigestellt war dem Interview zudem ein Foto, das Finzi mit dem Wagen zeigt. Der Beschwerdeausschuss sah hier die Grenze zur Schleichwerbung nach Richtlinie 7.2 (Schleichwerbung) des Pressekodex deutlich überschritten, da die Erwähnung des Fahrzeuges und die Veröffentlichung des Fotos in keinerlei inhaltlichem Zusammenhang mit dem Interview über die Arbeit des Schauspielers standen.

Im Zuge eines Wiederaufnahmeverfahrens hat der Beschwerdeausschuss eine am 02.06.2015 ausgesprochene Rüge gegen die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG wegen Ziffer 12 zurück genommen. Es ging um eine Berichterstattung über einen Trickdiebstahl. Die Verdächtigen wurden dabei als „Sinti und Roma“ beschrieben. Das Verfahren war wieder aufgenommen worden, weil bei der ersten Entscheidung nicht ausreichend berücksichtigt worden war, dass die Bezeichnung „Sinti und Roma“ ein von der Polizei im Zuge der Fahndung verbreitetes Merkmal war, welches die Zeitung ungeprüft übernommen hatte. Daher wurde einem Antrag der Zeitung auf Wiederaufnahme des Verfahrens im September stattgegeben. Für die Nennung der Nationalität sieht der Ausschuss nach wie vor keinen begründeten Sachbezug. Da ansonsten aber keine Diskriminierung in dem Beitrag zu erkennen war, änderte der Beschwerdeausschuss die Maßnahme von einer Rüge in einen Hinweis.

Die Ergebnisse: 2 öffentliche Rügen, 8 Missbilligungen und 15 Hinweise. 2 Beschwerden wurden als begründet bewertet, auf eine Maßnahme wurde jedoch verzichtet, 66 Beschwerden wurden als unbegründet erachtet.

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