Frauen werden nach wie vor ausgegrenzt
Frauen als Journalistinnen in den Medien und Frauen als Berichterstattungsthema der Medien - das waren die Themen, die der Deutsche Presserat am Mittwoch in Bonn diskutierte. Zu dem Hearing hatte das Selbstkontrollorgan der deutschen Presse drei Expertinnen eingeladen, die aus unterschiedlichen beruflichen und organisatorischen Perspektiven Auskunft über das nach wie vor problematische Verhältnis von Frauen und Medien geben konnten.
Marlies Hesse berichtete als Geschäftsführerin des Journalistinnenbundes über regelmäßige Studien, die seit 1995 weltweit zum Bild der Frauen in den Medien und über die Position von Journalistinnen unternommen werden. Es sei unübersehbar, so Marlies Hesse, „dass Frauen unzureichend in den Medien vorkommen.“ Das gelte vor allem für Deutschland. Zwar seien Frauen weltweit zu 43 % an der Produktion und Präsentation von Nachrichten beteiligt. Sie stehen allerdings nur zu 9 % im Mittelpunkt der Nachrichten. Auch als Expertinnen werden sie nur selten gefragt. Und wenn Frauen zum Thema werden, würden sie vor allem den Part der Betroffenen und der Opfer übernehmen, betonte Frau Hesse.
Die Wissenschaftlerin und Publizistin, Brigitta Huhnke, untermauerte diese Aussagen aus einer theoretischen Perspektive. Die Kriterien für erfolgreichen Journalismus seien „nach den Mustern von Männerbünden“ entwickelt worden. Vor allem die präzise Recherche, die dafür sorgen könnte, auch die Perspektive der Frauen stärker in den Vordergrund zu rücken, bleibe dabei auf der Strecke. Letzten Endes handle es sich um wenig demokratische Strukturen, die nicht die Lebenswirklichkeit der Frauen in der Gesellschaft thematisieren. Statt dessen würden in jüngster Zeit vor allem Forderungen nach Technisierung und Globalisierung der Medien und der Gesellschaft laut. Frauen jedoch würden in diesem Zusammenhang "allenfalls als Grenzgänger geduldet“, so Frau Huhnke.
Isabelle Funk, Chefredakteurin der Ludwigsburger Kreiszeitung, und damit eine von insgesamt drei Chefredakteurinnen bei deutschen Tageszeitungen überhaupt, brach eine Lanze für journalistische Professionalität. Zwar, so Frau Funk, werde auch sie bei Tagungen immer noch in das Damenprogramm geschickt. Als Journalistin könne sie jedoch vor allem durch ihr professionelles Vorbild wirken. Immerhin, so gestand sie ein, wäre ihre Karriere mit Familie nicht möglich gewesen. Doch insgesamt zeigte sie sich optimistisch: Es gebe eine neue Generation von Frauen, die sich nicht mehr im Hintergrund hält, und eine neue Generation von Männern, die mehr und mehr auch Rollen in der Familie übernehme.
In der anschließenden Diskussion mit den Mitgliedern des Presserats wurde vor allem die Frage erörtert, inwieweit der professionelle Journalismus überhaupt Partei für die Belange der Frauen ergreifen kann und soll. Journalismus müsse vor allem die Realität abbilden statt sie zu verändern, hieß es. Weitgehende Übereinstimmung herrschte jedoch in der Forderung nach einer stärkeren Berücksichtigung des Themas in der journalistischen Aus- und Fortbildung.