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Grausames Kriegsfoto: Veröffentlichung gerechtfertigt

Der abgetrennte, noch blutende Kopf in den Händen eines liberianischen Soldaten hatte insgesamt 17 Leser zu einer Beschwerde beim Deutschen Presserat gegen die BILD-Zeitung veranlasst. Auf seiner fünften Sitzung des Jahres befasste sich der Beschwerdeausschuss des Presserats unter anderem mit dieser Veröffentlichung. Das Farbfoto, das am 23.07.2003 veröffentlicht wurde, war nach Auffassung des Beschwerdeausschusses in erster Linie Informationsträger und authentisches Dokument der Zeitgeschichte. Der schockierende Inhalt kann aus Sicht des Ausschusses bei Lesern erhöhte Aufmerksamkeit für Krieg und Gräuel wecken. Eine der zentralen Aufgaben der Presse ist die Berichterstattung über tatsächliche Geschehnisse in der Welt, stellte der Ausschuss fest. Dazu zählen auch reale Schrecken eines grausamen Krieges. Der Beschwerdeausschuss erkannte daher keinen Verstoß gegen die Ziffer 11 des Kodex. Diese lautet:

Die Presse verzichtet auf eine unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt und Brutalität. Der Schutz der Jugend ist in der Berichterstattung zu berücksichtigen.

Unangemessen sensationell war nach Meinung des Gremiums hingegen der Beitrag "Der Kannibale" in einer großen Wochenzeitschrift. Hier sah der Beschwerdeausschuss einen Verstoß gegen die Ziffer 11. Die detaillierte Schilderung der Zubereitung und des Essens von Körperteilen geht nach Meinung des Gremiums über ein begründbares Informationsinteresse der Öffentlichkeit deutlich hinaus. Er missbilligte die Veröffentlichung.

Der Beschwerdeausschuss sprach in seiner Sitzung insgesamt sieben Rügen aus. Zwei Zeitungen wurden wegen der Berichterstattung über den Suizid eines Mannes in der Münchener Innenstadt öffentlich gerügt, da sie gegen die Ziffer 8 des Pressekodex verstoßen hatten. Richtlinie 5 der Ziffer 8 gebietet besondere Zurückhaltung bei Berichten über Selbsttötungen. Sowohl die BILD-Zeitung als auch die ABENDZEITUNG München hatten neben den Fotos des jungen Mannes auf dem Dach der Maximilians-Kirche auch dessen Vornamen, den abgekürzten Nachnamen sowie weitere Details zur Person veröffentlicht. Ziffer 8 Richtlinie 5 lautet:

Die Berichterstattung über Selbsttötung gebietet Zurückhaltung. Dies gilt insbesondere für die Nennung von Namen und die Schilderung näherer Begleitumstände. Eine Ausnahme ist beispielsweise dann zu rechtfertigen, wenn es sich um einen Vorfall der Zeitgeschichte von öffentlichem Interesse handelt.

Die CHEMNITZER MORGENPOST wurde öffentlich gerügt, da sie über den Tod eines Mannes in einem Sexshop in identifizierender Art und Weise berichtet hatte. Die HERSFELDER ZEITUNG erhielt eine nicht-öffentliche Rüge, da sie bei der Berichterstattung über das Schicksal einer syrischen Flüchtlingsfamilie Name und Foto der Familie veröffentlicht hatte. Genau dies hatte die Familie verhindern wollen, um nicht nach ihrer Abschiebung in ihrer Heimat Repressalien ausgesetzt zu werden. Ziffer 8 des Kodex fordert:

Die Presse achtet das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen. Berührt jedoch das private Verhalten öffentliche Interessen, so kann es im Einzelfall in der Presse erörtert werden. Dabei ist zu prüfen, ob durch eine Veröffentlichung Persönlichkeitsrechte Unbeteiligter verletzt werden...

Eine öffentliche Rüge wegen Diskriminierung nach Ziffer 12 des Pressekodex erhielt die OFFENBACH-POST. Sie hatte in einem Artikel über Schwierigkeiten mit einem von Sinti und Roma frequentierten Gasthof die Unterzeile "Wo kein 'Zigeuner-Gulasch' auf der Karte steht, gibt's Krach um Parkplätze und abendlichen Lärm" veröffentlicht. Nach Meinung des Ausschusses ist der Begriff "Zigeuner-Gulasch", der nichts mit dem Inhalt des Beitrags zu tun hat, eine Anspielung mit diskriminierendem Charakter. Ziffer 12 lautet:
Niemand darf wegen seines Geschlechts oder seiner Zugehörigkeit zu einer rassischen, ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe diskriminiert werden.

Die SÄCHSISCHE ZEITUNG erhielt eine öffentliche Rüge für einen Kommentar, in dem sie einen Generalkonsul mit angeblichen öffentlichen Äußerungen zitierte, die er nachweislich nicht öffentlich gemacht hatte. Der Ausschuss hielt den Verstoß für so schwerwiegend, dass er eine Rüge für angemessen hielt. Ziffer 2 des Kodex definiert die journalistische Sorgfaltspflicht wie folgt:

Zur Veröffentlichung bestimmte Nachrichten und Informationen in Wort und Bild sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. [...]

Die BILD-Zeitung erhielt eine öffentliche Rüge für einen Bericht über einen Zoobetreiber, der angeblich im Verdacht stand, bei der Auflösung seines Zoos die dort gehaltenen Tiere verspeist zu haben. Zwar hatte der Betroffene vier Jahre zuvor ein Hängebauchschwein ohne amtsärztliche Genehmigung geschlachtet und dafür ein Bußgeld bezahlen müssen. Für den jüngsten Verdacht gab es jedoch keinen tatsächlichen Anhaltspunkt. Weil die Zeitung das Foto und den vollen Namen des Betroffenen veröffentlichte, wertete der Ausschuss den Bericht als schweren Verstoß gegen Ziffer 9 des Kodex. Die Veröffentlichung des nicht näher belegten Tatverdachts bewertete der Ausschuss außerdem als Verstoß gegen die Ziffer 2 des Kodex. Ziffer 9 lautet:

Es widerspricht journalistischem Anstand, unbegründete Behauptungen und Beschuldigungen, insbesondere ehrverletzender Natur, zu veröffentlichen.

Neben den sieben Rügen sprach der Beschwerdeausschuss acht Missbilligungen und einen Hinweis aus.

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