Presserat überarbeitet Ziffer 8
Der Deutsche Presserat hat seine Regeln zum Schutz der Persönlichkeit überarbeitet. Insbesondere die ethischen Regeln für die Straftäter- und Opferberichterstattung wurden novelliert. In der Plenums-Sitzung am heutigen Mittwoch wurde die neue Fassung der Ziffer 8 (Schutz der Persönlichkeit) desPressekodex beschlossen. Sie tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft. Erarbeitet wurde die neue Fassung von einer Arbeitsgruppe des Presserats, die sich aus jeweils zwei Vertretern der Trägerorganisationen zusammensetzte.
„Ziel war es, die Regeln zum Schutz der Persönlichkeit so zu gestalten, dass sie für Journalisten einfacher anzuwenden sind, als dies bisher in der alten Ziffer 8 des Pressekodex der Fall war“, erläutert Ursula Ernst, Sprecherin des Presserats. „Viele Redaktionen und Verlage hatten sich konkrete Abwägungskriterien bei der Kriminalitätsberichterstattung gewünscht: Wann darf ich einen Täter zeigen? Welche Rolle spielt der Verfahrensstand? Wie gehe ich mit Prominenten um? Das war die Triebfeder zur Novellierung. Außerdem war es notwendig, bestimmte überholte Begriffe herauszunehmen und an einigen Stellen präziser zu formulieren “
Neu ist, dass es jetzt eine getrennte Richtlinie zur Opferberichterstattung und eine eigene Richtlinie zur Kriminalberichterstattung gibt, die sich speziell mit den Tätern und Tatverdächtigen beschäftigt. Ursula Ernst: „Bislang wurden im Kodex Täter und Opfer in einem Atemzug genannt. Die neu geschaffene eigene Richtlinie zum Opferschutz wird dem besonderen Stellenwert, den der Schutz der Opfer beim Presserat genießt, besser gerecht. Hierzu stehen wir seit langem im konstruktiven Dialog mit Opferverbänden wie dem Weissen Ring. Der besondere Schutz wird jetzt nicht nur durch die Spruchpraxis untermauert, sondern auch im Kodex manifestiert.“
Die Veränderungen im Einzelnen: Bei der Berichterstattung über Straftäter sieht die Ziffer 8 mit Richtlinie 8.1 (Kriminalberichterstattung) künftig eine Gleichrangigkeit zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf der einen Seite und den Persönlichkeitsrechten des Täters auf der anderen Seite vor. Hier muss der Journalist stets abwägen. Damit dies leichter gelingt, hat der Presserat Regelbeispiele eingeführt, die den Praktikern die Frage beantworten soll, wann identifizierend berichtet werden darf: Zum Beispiel bei außergewöhnlich schweren oder in ihrer Art und Dimension besonderen Straftaten oder wenn eine schwere Tat in aller Öffentlichkeit geschehen ist. Zudem enthält die Richtlinie nun konkrete Kriterien, die für die Redaktion im Hinblick auf eine möglicherweise identifizierende Berichterstattung eine Rolle spielen können. Hierzu zählen: Intensität des Tatverdachts, Schwere des Vorwurfs und auch der Verfahrensstand. Nach Abschluss eines Strafverfahrens soll eine Redaktion zudem das Resozialisierungsinteresse eines Täters im Blick haben.
Die Richtlinien 8.2 bis 8.5 sind Gruppen gewidmet, die vor identifizierender Berichterstattung besonders geschützt werden müssen: Opfer, Kinder und Jugendliche, Familienangehörige und vermisste Personen.
Eine eigene Richtlinie zur Berichterstattung über Kinder und Jugendliche gab es bislang nicht. Der Presserat weist im Kodex nun ausdrücklich darauf hin, dass insbesondere bei der Berichterstattung über Straftaten und Unglücksfälle Kinder und Jugendliche in der Regel nicht identifizierbar sein sollen.
Ursula Ernst: „Eine grundsätzliche Änderung der Spruchpraxis erwarten wir durch die Novellierung der Ziffer 8 nicht. Das ist auch nicht unser Ziel. Wir erhoffen uns durch die neue Systematisierung und Präzisierung aber mehr Praxistauglichkeit und klarere ethische Leitplanken für die Redaktionen.“