Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Eine Regionalzeitung berichtet in ihrer Online-Ausgabe über eine Attacke von zwei algerischen Asylbewerbern auf eine junge Frau. Gedruckt berichtet die Redaktion tags darauf unter der Überschrift „Asylbewerber attackieren Frau“ über den Vorfall. Am Ende des Beitrages heißt es: „Im Juli war in der Nähe eine junge Frau von einem Asylbewerber vergewaltigt worden.“ Ein Leser der Zeitung hält Überschrift und Text für reißerisch. Er sieht einen Verstoß gegen Ziffer 12, Richtlinie 12.1, des Pressekodex (Diskriminierung; Berichterstattung über Straftaten). Der Chefredakteur der Zeitung nimmt zu den Vorwürfen Stellung. Die Tat stehe im Kontext zu einer brutalen Vergewaltigung im Sommer des vergangenen Jahres, die ebenfalls im Umfeld der Landeserstaufnahme geschehen sei. Diese Tat sei von der Polizei wochenlang verheimlicht worden. Der Chefredakteur sieht es als Pflicht der Redaktion an, die Leser nach solchen Straftaten vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise und der allgemeinen Migrationsproblematik wahrhaftig zu informieren. Er berichtet über ein Gespräch mit dem örtlichen Polizeipräsidenten, der ganz klar gesagt habe, dass mehr Flüchtlinge mehr Arbeit für die Polizei bedeuteten. In der örtlichen Erstaufnahme fahre die Polizei im Durchschnitt täglich 50 Flüchtlingseinsätze. Der Chefredakteur weiter: Seine Zeitung sei bundesweit für ihr soziales Engagement in der Stadt mit der höchsten Migrationsquote bekannt. Sie wolle keineswegs Vorurteile schüren. Als Zeitung, die ihre Wächterrolle innerhalb der Gesellschaft ernst nehme, sei sie verpflichtet, Probleme im Zusammenhang mit der Flüchtlingsproblematik klar zu benennen. Die Zeitung sehe es auch als Aufgabe an, Gerüchte über kriminelle Asylbewerber, die im Internet kursierten, zu entkräften. Natürlich werde auch dargestellt, wo die Integration von Flüchtlingen funktioniere. Die Zeitung sei für eine Integrationsserie mit dem Lokaljournalistenpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung ausgezeichnet worden.
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Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung berichtet über einen Vorgang an einer Uni im Verbreitungsgebiet. Dort ist der Schweizer Historiker Dr. Daniele Ganser zu einem Vortrag eingeladen. Der Mann wird oft als „Verschwörungstheoretiker“ angesehen. SPD, Grüne, Jusos, Grüne Jugend, die Antifa, das soziokulturelle Zentrum „Trotz Allem“ sowie die Piraten sprechen sich in einem Offenen Brief für die Ausladung des umstrittenen Wissenschaftlers aus. Der Mann soll nach Angaben der Zeitung Vorträge vor Rechtspopulisten gehalten haben. Ganser weist den Vorwurf, ein „Verschwörungstheoretiker“ zu sein, zurück. Er sieht sich als Historiker und Friedensforscher. Ein Nutzer der Zeitung bemängelt, dass dem Leser eine wichtige Information vorenthalten werde. Der Autor des Beitrages sei Vorstandsmitglied bei den örtlichen Jusos und damit Mit-Initiator des Offenen Briefes. Der Beschwerdeführer sieht Ziffer 6 des Pressekodex (Trennung von Tätigkeiten) verletzt. Der Autor habe es unterlassen, auf sein politisches Amt hinzuweisen. Der Leser kritisiert auch eine tendenziöse und diffamierende Beschreibung des Schweizer Wissenschaftlers Dr. Ganser. Die Recherchearbeit der Zeitung basiere zu hundert Prozent auf den Aussagen aus dem Offenen Brief und einem äußerst umstrittenen Wikipedia-Artikel. Ein neutraler Berichterstatter hätte auch erwähnt, dass Ganser in Publikationen wie Le Monde Diplomatique, der Basler Zeitung, dem Standard, dem Handelsblatt oder der Neuen Zürcher Zeitung Beiträge veröffentlicht habe. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, der Autor des Beitrages sei von einem Mitglied der „Piraten“ kontaktiert und somit in die Berichterstattung involviert worden. Zu diesem Zeitpunkt sei nur klar gewesen, dass die Piraten die Ganser-Ausladung forderten. Kurz vor der Veröffentlichung habe sich herausgestellt, dass mehrere Gruppen und Parteien – darunter die Jusos – hinter der Ausladungsforderung stünden. Aus zeitlichen Gründen sei es nicht mehr möglich gewesen, einen anderen Redakteur mit der Fertigstellung des Beitrages zu betrauen. Die Tatsache, dass der Autor Juso-Mitglied sei, habe also erkennbar keinen Einfluss auf die Berichterstattung gehabt. Im Übrigen sei die Berichterstattung nicht einseitig. Der Artikel sei sorgfältig recherchiert. Über Dr. Ganser werde differenziert berichtet. Auch die Gegenansicht des Historikers werde wiedergegeben.
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Ein Ladendieb wird auf frischer Tat ertappt. Ein aufmerksamer Detektiv hat ihn beobachtet, verfolgt, gefasst und der Polizei übergeben. Die örtliche Zeitung berichtet. Über den Täter schreibt die Redaktion: „Der Asylbewerber aus Albanien….“. Eine Leserin der Zeitung sieht Ziffer 12 des Pressekodex verletzt. Für die Erwähnung der Nationalität des Mannes bestehe kein Sachbezug. Der Herausgeber und Chefredakteur weist den Vorwurf zurück. Die Zahl der Diebstahlsdelikte im Zentrum des Verlagsortes habe massiv zugenommen. Allein auf das Konto von Flüchtlingen gingen 550 zusätzliche polizeirelevante Vorfälle. Im Wesentlichen drehe sich immer alles um zwei Delikte: Diebstähle und Autoaufbrüche. Stadtverwaltung und Polizei hätten deshalb angesichts stark gestiegener Zahlen verschiedener Delikte im Umfeld von Aufnahmeeinrichtungen die Initiative ergriffen. Der Zeitung gegenüber und im Rahmen einer Bürgerversammlung sei eine Linie der Transparenz und der Offenheit verkündet worden. Diese Linie zeige sich bereits in den Pressemitteilungen beider Institutionen. Auch im vorliegenden Fall habe die Polizei berichtet, dass es sich bei dem gefassten Ladendieb um einen Asylbewerber aus Albanien handele. Das Thema „Öffentliche Sicherheit“ werde in der Stadt angesichts von mittlerweile 5000 Flüchtlingen massiv diskutiert. Um Gerüchten und Falschmeldungen und dem Vorwurf der bewussten Nachrichtenunterdrückung entgegen zu wirken, könne die Zeitung in derart gelagerten Fällen nicht auf die Nennung von Hintergründen verzichten. Jeder Bürger habe per Internet Zugriff auf die Originalmeldungen der Sicherheitsbehörden. Es sei im Interesse der Wahrung des Ansehens der Zeitung zumindest zum jetzigen Zeitpunkt erforderlich, bei Straftaten mit gewalttätigem Einschlag im Bereich der Stadt auf einen etwa bestehenden Flüchtlingshintergrund hinzuweisen. Die Nennung des Täterhintergrundes sei nicht als Diskriminierung zu werten, sondern als notwendiger Beitrag zur Meinungsbildung in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage.
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In einer Großstadt wird eine Frau überfallen. Zwei algerische Asylbewerber ziehen die 30-Jährige hinter einer Gaststätte in ein Gebüsch. Einer der Angreifer schlägt der Frau ins Gesicht und verletzt sie. Es gelingt dem Opfer, per Handy die Polizei zu alarmieren. Daraufhin lassen die Männer von ihr ab und flüchten. Sie werden kurz darauf im Eingangsbereich der Landeserstaufnahmestelle (LEA) festgenommen. Die örtliche Zeitung berichtet über den Fall und nennt die ethnische Herkunft der Täter und deren Aufenthaltsstatus. Der Autor teilt am Ende seines Beitrages mit, dass es in der Stadt in letzter Zeit mehrfach zu Übergriffen auf Frauen gekommen sei. Eine Leserin der Zeitung wirft dieser vor, ohne begründbaren Sachbezug die Täter als algerische Asylbewerber zu bezeichnen. Die abschließende Anmerkung im Bericht suggeriere, dass auch für weitere Attacken auf Frauen Asylbewerber verantwortlich seien. Diese Passage sei geeignet, Vorurteile gegenüber Flüchtlingen zu schüren. Außerdem würden die jetzt Festgenommenen als Täter bezeichnet, obwohl sie bislang nur als Beschuldigte zu gelten hätten. Der Herausgeber und Chefredakteur der Zeitung hält den Sachbezug für gegeben und rechtfertigt damit die Art der Berichterstattung. Der Angriff, bei dem die Frau verletzt wurde, habe direkt neben der Landeserstaufnahmestelle (LEA) stattgefunden. Hier seien massive Sicherheitsinteressen von Frauen berührt. Zeugen stützten die Aussage, dass es sich bei den Tätern um Asylbewerber aus diesem Bereich handele. Ende Juli 2015 sei im direkten Umfeld der LEA eine junge Frau von einem nordafrikanischen Asylbewerber vergewaltigt worden. Damals habe die Polizei wegen einer möglichen öffentlichen Debatte den Fall verschwiegen, was wiederum in der Öffentlichkeit Unmut ausgelöst habe. Das Thema Sicherheit vor allem im Hinblick auf Frauen – so der Chefredakteur weiter – werde in der Stadt angesichts von mittlerweile 5.000 Flüchtlingen massiv diskutiert. Um sich nicht dem Vorwurf der Nachrichtenunterdrückung auszusetzen, müsse die Zeitung die Hintergründe nennen. Sonst bestehe die Gefahr, massiv an Glaubwürdigkeit zu verlieren, zumal das Internet dem Leser den Zugriff auf die Originalmitteilungen der Sicherheitsbehörden ermögliche. Die Nennung des Täterhintergrundes sei keine Diskriminierung. Es gehe vielmehr um einen wichtigen Beitrag zur Meinungsbildung in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage.
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„Mordfälle Elias und Mohammed aufgeklärt – Oma-Liebling, Einzelgänger, Kindermörder –(… - Name der Zeitung) auf Spurensuche im Leben des Serienmörders Silvio S.“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Sie berichtet über Einzelheiten aus dem Leben des mutmaßlichen Mörders der kleinen Jungen Elias und Mohammed. Zum Bericht gestellt ist ein großflächiges Foto von Silvio S. Zwei kleinere Bilder zeigen die Opfer. Über die Schulzeit des mutmaßlichen Täters wird berichtet und auch, dass er der Lieblingsenkel seiner Oma gewesen sei. Diese wird mehrfach zitiert. Sie könne sich die Taten nicht erklären. In den Text sind weitere Fotos von Silvio S. eingebettet. Auf einem Familienfoto, das am 80. Geburtstag der Oma aufgenommen worden ist, ist nur Silvio S. unverpixelt zu sehen. Auch werden Fotos von einer Überwachungskamera abgedruckt, die zur Festnahme des mutmaßlichen Täters geführt haben. Dieser wird außerdem noch auf weiteren Fotos gezeigt, die in früheren Tagen aufgenommen wurden. Eine Leserin der Zeitung kritisiert, dass Silvio S. ungepixelt gezeigt wird. Der Presserat erweitert das Verfahren auf eine mögliche Verletzung von Ziffer 8 des Pressekodex, weil die Zeitung die beiden ermordeten Kinder im Bild zeigt. Die Rechtsvertretung der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet und spricht von einem der bedeutendsten Kriminalfälle der letzten Jahre. Die Suche nach den Kindern habe deutschlandweit großes Aufsehen erregt. Das Foto des (mutmaßlichen, d. Red.) Täters sei von überragendem Interesse. Am Vortag der Veröffentlichung habe Silvio S. die Morde gestanden. Wenn auch noch nicht strafprozessual schuldig gesprochen, sei der Mann doch in der Sache überführt. Die Rechtsvertretung kommt zu dem Schluss, dass die Persönlichkeitsrechte von Silvio S. hinter das überragende öffentliche Interesse an der Berichterstattung zurücktreten müssten. Es sei Pflicht der Medien, über die Aufklärung der Verbrechen zu berichten. Auch die Abbildung der Opfer sei presseethisch zulässig. Es handele sich um Fahndungsfotos, die in der Öffentlichkeit zum Zeitpunkt der Berichterstattung schon bekannt gewesen seien. Es müsse zulässig sein, die Suchbilder auch über den Abschluss der Fahndung hinaus zu veröffentlichen.
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„Freund von AfD-Petry will auf Flüchtlinge schießen lassen“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Im Beitrag beschäftigt sich die Zeitung mit einer Aussage des AfD-Politikers Marcus Pretzell. In der Unterschrift zu einem beigestellten Foto, das eine Flüchtlingsmutter mit zwei Kindern zeigt, heißt es: „Im Visier der AfD“. Der Autor des Textes erläutert, Pretzell habe gesagt, dass die Verteidigung der deutschen Grenze mit Waffengewalt als Ultima Ratio eine Selbstverständlichkeit sei. Am Ende des Beitrages wird mitgeteilt, Pretzell habe betont, dass kein vernünftiger Mensch daran denken solle, auf Flüchtlinge zu schießen, wenn sie die Grenze übertreten. Ultima Ratio bedeute, es gebe keine andere Möglichkeit, illegale Grenzübertritte zu stoppen. Zwei Leser der Zeitung sind der Auffassung, mit der Berichterstattung werde eine falsche Aussage verbreitet. Es sei nicht korrekt, dass Pretzell und seine Partei gezielt Waffengewalt gegen Flüchtlinge einsetzen wollten. Die in der Überschrift getroffene Feststellung bringe die Parteichefin Petry mit einer falschen Aussage in Verbindung und diskreditiere sie. Für die Rechtsabteilung der Zeitung ist es unstrittig, dass Pretzell die in der Überschrift formulierte Aussage gemacht hat. Es handele sich um eine wertend-zusammenfassende Beschreibung des Gesagten. Dem stünde auch nicht die nachfolgende, angebliche Relativierung Pretzells entgegen.
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In einer Jugendzeitschrift erscheint ein Beitrag unter der Überschrift „Meine Schulzeit war wie Knast! – Der ´Fack ju Göthe´-Star packt aus!“ Thema ist die Schulzeit des Schauspielers Elyas M´Barek. Der Bericht geht in Text und Bild auf den aktuellen Film „Fack ju Göthe 2“ ein, in dem der Darsteller die Hauptrolle als Lehrer an einer Gesamtschule spielt. In der Titel-Story im Innern der Zeitschrift werden zahlreiche Interview-Äußerungen des Darstellers zum Thema Schule veröffentlicht, die dieser gegenüber der Zeitschrift geäußert haben soll. Dort heißt es: „…Damit kennt sich Elyas bestens aus – denn er selbst war als Schüler das Gegenteil von Streber! ´Ich habe geschwänzt, kaum gelernt und war frech zu Lehrern und Schülern, so Elyas. Statt zu pauken, war der Halbtunesier mit seinen Skater-Freunden unterwegs. Zu viel für seine Eltern! Sie fällten eine Entscheidung: ´Mit 13 steckten sie mich in ein erzkatholisches Internat in Niederbayern´. Anfangs fand Elyas die Idee super: ´Ich dachte, dort wäre es wie im Schullandheim. In Wirklichkeit war es wie im Knast!´ Anstatt Spaß gab es richtig Druck. Ich musste dreimal am Tag lernen – sogar vor der Schule´. Doch das Schlimmste für ihn: Es gab nicht mal Mädchen. ´Mit 15 habe ich meine Eltern dann angebettelt, dass ich nach Hause darf´. Wo es aber nicht besser wurde: ´Jetzt hatte ich erst recht kein Bock mehr auf Schule.´ Doch irgendwann kriegt der heutige Schauspieler die Kurve – und packt sein Abi mit einem Supernotendurchschnitt von 2.2!“ Elyas M´Barek ist in diesem Fall – anwaltlich vertreten – der Beschwerdeführer. Er kritisiert, dass die Zeitschrift ein Interview aufgewärmt hat, das er ihr vor Jahren gegeben habe. Auf diesen Umstand weise die Redaktion bei der Zweitverwertung nicht hin. Der Leser werde auch dadurch in die Irre geführt, dass die Redaktion behaupte, er habe jetzt „ausgepackt“. Weiterhin habe er die Äußerung „Schule war wie Knast“ nur auf das niederbayerische Internat bezogen. Die Redaktion erwecke jedoch den Eindruck, er habe die gesamte Schulzeit gemeint. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift hält die Verfahrensweise der Redaktion für vertretbar. Bei dem seinerzeitigen Interview, um das der Beschwerdeführer aus PR-Gründen die Zeitschrift selbst gebeten habe, handele sich um biografische Informationen ohne „Haltbarkeitsdatum“. Die Zweitauswertung eines Interviews sei nicht zu beanstanden. Es habe keine Vereinbarung mit dem Beschwerdeführer gegeben, die Zitate nur einmal zu verwenden.
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Die ehemalige Lehrerin, Buchautorin und Ehefrau des ehemaligen Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin hat ein Buch geschrieben. Titel: „Hexenjagd – Mein Schuldienst in Berlin“. Darin schildert sie ihre Erlebnisse im Schuldienst, das Schulsystem und das Verhalten von Politikern, Behörden, Lehrern und Eltern. Die Autorin schildert auch den Fall eines Mädchens, das sie als „Möchtegernüberspringerin“ bezeichnet. Die Eltern hätten einen entsprechenden Druck ausgeübt, obwohl die Voraussetzungen für das Überspringen einer Klasse nicht gegeben gewesen seien. Die Zeitung schreibt, Ursula Sarrazin sei Lehrerin gewesen, bis eine Mutter ihr vorgeworfen habe, ihr Kind gedemütigt zu haben. Diese habe gegen Frau Sarrazin bis zum Bundesgerichtshof prozessiert. Dabei gehe es um Verfahren, die es ohne Thilo Sarrazin wohl nicht gegeben hätte. Der Artikel schildert den Sachverhalt, der Grundlage des Prozesses war, in erster Linie aus der Sicht von Ursula Sarrazin. Er geht auch auf das in der Sache ergangene Urteil des Bundesgerichtshofes ein (Aktenzeichen VI ZR 175/14) und die Entscheidungen der Instanzgerichte. Beschwerdeführerin ist die Mutter der Schülerin, die wegen in dem Buch enthaltener Äußerungen über ihre Tochter den Zivilprozess angestrengt hatte. Sie sieht durch die Zeitung mehrere presseethische Grundsätze verletzt. Der Artikel enthalte zahlreiche unwahre Behauptungen, die als wahre Tatsachen dargestellt würden und geeignet seien, sie und ihr Kind zu diffamieren und in ihrer Ehre zu verletzen. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung lässt die Autorin des Beitrages antworten. Ihr zufolge hat die Beschwerdeführerin ihre Ansichten zum Prozess auf den verschiedensten Foren im Internet und in anderen Medien dargelegt und es dabei nicht an Deutlichkeit fehlen lassen. Wenn die Journalisten nicht genau ihre Position mitgeteilt hätten, habe sie sich als Opfer ehrabschneidender und falscher Berichte gesehen. Sie sei oft ausfallend geworden. Sie habe bei dem jetzt kritisierten Beitrag mehrfach von vielen und gravierenden Fehlern gesprochen, ohne diese zu benennen. Lediglich zwei kleine Fehler seien ihr – der Autorin – unterlaufen, und zwar die Darstellung zu den Vorinstanzen und den Prozesskosten.
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Der Brüsseler Stadtteil Molenbeek, in dem zwei der Attentäter von Paris lebten, ist Thema eines Beitrages, den die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung veröffentlicht. Der Name Molenbeek tauche immer wieder in Verbindung mit radikalen Islamisten auf. Es habe dort Messerangriffe auf Polizisten gegeben. Passanten seien in der U-Bahn bedroht worden. „Allahu Akbar“–Rufe seien in den Straßen zu hören gewesen. Bei Hausdurchsuchungen nach den Morden in der Redaktion des französischen Satire-Magazins „Charlie Hebdo“ seien in dem Brüsseler Stadtteil Kalaschnikow-MP´s und Sprengstoff gefunden worden. Ein Taxifahrer wird in dem Bericht zitiert: „Hier fallen islamistische Terroristen nicht auf. Sie leben mit uns Tür an Tür, und nicht einmal wir bemerken etwas.“ Ein dem Artikel beigestelltes Fotos zeigt den Marktplatz von Molenbeek. Der Beschwerdeführer wirft der Zeitung Verstöße gegen mehrere presseethische Grundsätze vor. Der Artikel erfüllt nach seiner Meinung den Tatbestand der Volksverhetzung. Er suggeriere, dass Molenbeek ein „Terrornest“ sei, in dem „islamistische Terroristen“ nicht auffielen. Die Passage sei nicht gleich als Zitat erkennbar. Deshalb sei der Artikel auch eine Beleidigung für die auf dem Foto abgebildeten Personen. Die Ähnlichkeit zum Sprachgebrauch aus Nazi-Zeiten sei haarsträubend. Der Stellvertretende Chefredakteur der Online-Ausgabe hält seinerseits die Äußerungen des Beschwerdeführers für unhaltbar. Der Vorwurf der Volksverhetzung sei absolut gegenstandslos und durch nichts gedeckt. Er sei geradezu perfide. Auf dem beanstandeten Foto werde keiner der dargestellten Personen in den Fokus gesetzt. Der Begriff „Terrornest“ im Kontext mit Molenbeek werde von allen Medien als Synonym für den Stadtteil verwendet. Der Vergleich mit der Nazi-Sprache sei einfach nur absurd. Er ziele darauf ab, die Zeitung zu diskreditieren.
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Eine Boulevardzeitung berichtet auf der Titelseite und im Innenteil über den Terroranschlag in der Pariser Konzerthalle Bataclan. Die Zeitung druckt ein Foto ab, das den Innenraum des Musikclubs zeigt. Zahlreiche Leichen sind zu sehen, die in Blutlachen liegen. Ein Mensch liegt auf dem Rücken. Blutige Schleifspuren überziehen den Boden. Im Online-Angebot des Blattes war das Foto schon am Tag zuvor veröffentlicht worden. Bildtext: „Ein Bild des Schreckens: So sah das ´Bataclan´ nach dem verheerenden Terroranschlag aus.“ Gleichzeitig wird das Foto einer Verletzten gezeigt, die auf einer Trage liegt und von Sanitätern versorgt wird. Zahlreiche Leser der Zeitung und Nutzer ihres Internetangebots wenden sich mit Beschwerden an den Presserat. Immer geht es um das Foto, das teilweise erkennbar die Opfer des Terroranschlags zeigt. Es verletze die Persönlichkeitsrechte der erkennbar Abgebildeten. Der Abdruck des Fotos sei nicht vom öffentlichen Interesse gedeckt. Einige Beschwerdeführer sehen die Würde der Opfer verletzt, die in einer riesigen Blutlache liegend dargestellt werden. Die Zeitung gehe respektlos mit den Opfern um und missachte die Gefühle der Angehörigen und Überlebenden. Es sei reine Sensationsberichterstattung, wenn die Zeitung derart grausame Bilder zeige. Das Justiziariat der Zeitung weist darauf hin, dass die Kommission für Jugendmedienschutz der Medienanstalten die Berichterstattung bereits geprüft habe. Sie sei zu dem Schluss gekommen, dass die Veröffentlichung des Fotos nicht gegen die Menschenwürde verstoße.
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