Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Angeklagter identifizierbar dargestellt

Eine Regionalzeitung berichtet über den Prozess gegen einen 45-jährigen Mann aus dem Verbreitungsgebiet. Er steht unter dem Vorwurf, seine Stieftochter missbraucht zu haben. Der Beitrag ist mit einem Bild des Mannes illustriert, das im Gerichtssaal aufgenommen worden ist. Das Gesicht ist teilweise verpixelt. Eine Leserin der Zeitung kritisiert die Veröffentlichung. Bild und Text ließen sofort auf die Identität der betroffenen Personen schließen. Das durch die Taten traumatisierte Mädchen sei nach dem Erscheinen des Artikels in der Schule gemobbt worden. Es gehe nicht mehr in den Unterricht, sondern in eine Therapie. Mutter und Tochter würden wahrscheinlich an einen anderen Ort umziehen. Der Chefredakteur rechtfertigt die Veröffentlichung. Es handele sich um eine nichtidentifizierende wahrheitsgemäße Berichterstattung aus einer öffentlichen Gerichtsverhandlung. Es treffe nicht zu, dass – wie von der Beschwerdeführerin angenommen – Bild und Text auf die betroffenen Personen schließen ließen. Diese sei ausreichend anonymisiert worden. Für einige wenige Leserinnen und Leser, die die familiären Hintergründe ohnehin kennen würden, vermittle der Artikel nichts Neues. Die Chefredaktion bezweifle, dass die Berichterstattung ursächlich für das behauptete Mobbing des Mädchens gewesen sein könnte. Die Redaktion achte penibel auf die Wahrung der Persönlichkeit. Dies gelte for allem für Missbrauchsopfer im Kindesalter.

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Menschen werden ein zweites Mal zu Opfern

„Feuerdrama in Stuttgart: ´Meine Frau brennt auf dem Sofa´. Unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über einen Wohnungsbrand. Die Redaktion zeigt das Bild eines älteren Mannes, der mit dem Rücken zur Kamera auf seinem Balkon steht. Er blickt zur Balkontür, aus der Flammen und Rauch kommen. Die Bildunterschrift lautet: „Der Rentner (89) steht verzweifelt auf dem Balkon. Seine Ehefrau ist im Wohnzimmer.“ Auf einem weiteren Foto ist das Gesicht des Mannes erkennbar. Drei Leser der Zeitung wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Auf einem Bild sei deutlich das Gesicht eines Betroffenen zu sehen, der – wie die Redaktion schreibe – gerade hilflos miterleben müsse, wie seine Ehefrau verbrenne. Die Beschwerdeführer sehen die Würde des Mannes durch diese Darstellung verletzt. Nach ihrer Auffassung habe die Zeitung mehrere Kodexziffern verletzt. Die Justiziarin des Verlages hält die Beschwerden für unbegründet, da keine presseethischen Belange des Opferschutzes oder der Menschenwürde berührt seien. Die Beschwerdeführer würden nicht berücksichtigen, dass die Redaktion den beanstandeten Beitrag frühzeitig geändert habe. Das habe sie getan, obwohl das kritisierte Bild den Mann aus größerer Distanz zeige und derart unscharf sei, dass eine Identifizierung ohnehin kaum möglich sei. Die Juristin sieht in der Veröffentlichung auch keine Ehrverletzung, da der Betroffene in keiner Weise herabgewürdigt worden sei.

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Schwer verletzten Menschen im Bild gezeigt

Widersprüchliches unkommentiert wiedergegeben

Unter der Überschrift „Gefahr oder Chance für die Demokratie?“ berichtet eine Regionalzeitung über „Montagsspaziergänge“ im Zusammenhang mit der Corona-Politik. Zahlreiche Fachleute aus dem Verbreitungsgebiet der Zeitung hätten die Redaktion kontaktiert. Der Autor zitiert drei Ärzte und eine Apothekerin, die sie namentlich vorstellt. Sie äußern unter anderem Zweifel an der Sicherheit der Vakzine und berichten von Nebenwirkungen der Impfstoffe. Einer der Experten wird mit der Aussage zitiert, die Wahrscheinlichkeit, dass sich Tumore bilden, steige mit der Impfung. Der Beschwerdeführer sieht einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 und die Vorgaben der Medizinberichterstattung nach Ziffer 14 des Pressekodex. Es seien diverse falsche Aussagen zu den Impfstoffen ohne jegliche Richtigstellung oder Einordnung abgedruckt worden. Die Zeitung erwecke den Eindruck, bei den Aussagen handele es sich um Expertenwissen und nicht einfach nur eine Minderheits-Meinung. Durch die falsche Aussage, mRNA-Impfstoffe förderten die Bildung von Tumoren, würden bei unwissenden Lesern unbegründete Befürchtungen geweckt. Die stellvertretende Chefredakteurin berichtet, die Redaktion habe Tatsachenbehauptungen unkommentiert wiedergegeben, die dem widersprächen, was man sonst – gestützt auf Informationen des Bundesgesundheitsministeriums und der zuständigen Institute – veröffentlicht habe. Eine einordnende und an den notwendigen Stellen die Fakten korrigierende Darstellung sei der Berichterstattung gefolgt. Die Chefredaktion berichtet, die Redaktion habe eine komplette Seite mit Leserreaktionen veröffentlicht. Außerdem seien in der Redaktion kontroverse Diskussionen gefolgt, sowie Personalgespräche mit den verantwortlichen Redakteuren. Auch sei eine Klarstellung der Position der Redaktionsleitung zum Thema Impfen, Umgang mit Impfgegnern und notwendigem Faktencheck veröffentlicht worden.

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Welchen Weg schlug das Sars-Cov-2-Virus ein?

Ein politisches Magazin veröffentlicht unter der Überschrift „Herr Drosten hat Politik und Medien in die Irre geführt“ ein Interview mit einem Professor der Universität Hamburg zu dessen Studie zum Ursprung des Coronavirus. Im Vorspann heißt es dazu: „Sehr vieles spricht dafür, dass das Virus Sars-CoV-2 in einem Labor entstanden ist. Dennoch wurde diese These von führenden Virologen als Verschwörungstheorie abgetan. Doch geleakte E-Mails des amerikanischen Chef-Immunologen Anthony Fauci zeigen, dass die Laborherkunft gezielt vertuscht werden sollte. An dieser Vertuschungsaktion waren internationale Experten beteiligt – darunter auch Christian Drosten.“ Ein Leser der Zeitschrift sieht einen Verstoß gegen mehrere Ziffern des Pressekodex, da die Thesen des interviewten Professors bereits ein Jahr alt seien und von der Fachwelt – auch seiner eigenen Fakultät – zurückgewiesen bzw. relativiert worden seien. Wie – so der Beschwerdeführer – passe das mit dem Anreißer des Interviews zusammen? Der stellvertretende Chefredakteur des Magazins legt eine Stellungnahme des Autors des kritisierten Beitrages vor. Die Frage, ob das Virus Sars-CoV-2 auf natürlichem Wege vom Tier auf den Menschen übergesprungen ist oder von Virologen gezielt manipuliert und dann vermutlich im Rahmen eines Laborunfalls freigesetzt wurde, beschäftige die Öffentlichkeit derzeit intensiv. Das Anliegen der Redaktion sei es, die Öffentlichkeit über dieses hochrelevante Thema umfassend zu informieren. Das Magazin wolle eine neue Debatte anstoßen, auch wenn Teile der Wissenschaft und politisch Verantwortliche dies offenbar nicht wollten. Genau darin sehe man die Aufgabe der freien Presse.

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Redaktion hält sich nicht an getroffene Absprache

Eine Sonntagszeitung veröffentlicht als E-Paper und gedruckt einen Beitrag unter der Überschrift „Chinas unheimliches Netzwerk“. Dabei geht es um Chinas „Propagandastrategie“, mit Hilfe „deutscher Helfer“ wie einer Studentin aus Kiel, die sich bei Twitter als Influencerin betätigt, einen rheinlandpfälzischen Fernsehmacher und einen ehemaligen Bundesinnenminister, „China als ein demokratisches, menschenfreundliches und fortschrittliches Land zu verkaufen, als attraktives Reiseziel und verlässlichen Handelspartner“. Zunächst wird über Chinas Strategie und prominentere Fälle berichtet. Später kommen die Autoren auf die namentlich genannte Influencerin zu sprechen. Diese sieht den Pressekodex verletzt und wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Sie berichtet, sie habe sich mit einer Reporterin der Zeitung zu einem Hintergrundgespräch bereit erklärt. Bedingung: Die Zeitung dürfe nur nach vorheriger Absprache aus dem Gespräch zitieren. Eine Rücksprache habe es nicht gegeben, doch habe die Reporterin ausführlich über das Gespräch - auch mit Zitaten – berichtet. Dabei sei auch der vollständige Name der Beschwerdeführerin genannt worden. Auch der Wohnort, ihr Beruf und auch ihre Studienrichtung sei veröffentlicht worden. Die Autorinnen und der Autor des Beitrages nehmen zu der Beschwerde Stellung. Sie hätten nichts berichtet, was die Beschwerdeführerin nicht selbst vorher öffentlich gemacht habe. Sie stellen fest, dass sie sich an die Abmachungen gehalten hätten. Im Übrigen zeige die Beschwerdeführerin keinerlei Interesse daran, dass die Berichterstattung über sie abnehme. Im Gegenteil: Sie heize die Debatte immer wieder neu an. Der Chefredakteur der Zeitung stellt fest, es brauche nicht vieler Worte, um festzustellen, dass die Beschwerdeführerin sich im vorliegenden Fall nicht auf Ziffer 5 des Pressekodex (Berufsgeheimnis) berufen könne. Sie habe sich bewusst und gewollt der Autorisierung entzogen. Sie verliere damit den Autorisierungsvorbehalt.

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Das Gebot zur strikten Trennung missachtet

Mit dem Rauchen aufhören ist das Beste

Eine Medienzeitschrift macht das Rauchen zum Thema. Überschrift: „So geht Rauchen im Film“. Nach einer kurzen Einführung in das Thema heißt es, dass in Filmen Zigaretten nur noch selten eine Rolle spielten. Aber so wehmütig Cineasten den Rauchschwaden hinterherschauen mögen – das Beste, was ein Raucher heute tun könne, sei das Aufhören. Im weiteren Text schreibt die Redaktion, dass der weltgrößte Zigarettenhersteller Philip Morris das Problem genauso sehe. Der Konzern habe in die Entwicklung einer Zigaretten-Alternative etwa 7,2 Milliarden Dollar investiert. Diese solle ausdrücklich nicht an Nichtraucher verkauft werden. Im weiteren Text stellt die Zeitschrift den „Tabakerhitzer“ detailliert vor. Ein Leser der Zeitschrift sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Ziffer 7 des Pressekodex. Der Beitrag sei oben links mit dem Begriff „Technik“ gekennzeichnet. Der Titel suggeriere der Leserin bzw. dem Leser, dass in diesem Artikel über die technischen Aspekte des Rauchens im Film berichtet werde. Dabei werde nur in einem Satz erklärt, dass Schauspielerinnen und Schauspieler entweder zur echten Zigarette oder zur Kräutervariante greifen könnten. Der restliche Artikel sei ausschließlich Werbung bzw. Schleichwerbung für das Produkt von Philip Morris. Es werde mehrmals namentlich genannt. Die Zeitschrift wende sich auch an Personen unter 18 Jahren, die laut Jugendschutzgesetz vor den Gefahren des Rauchens geschützt werden sollten. Werbung für ein Tabakprodukt sei in diesem Medium daher auch jugendgefährdend. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift bekräftigt ihre Ansicht, dass es sich bei dem fraglichen Artikel um einen redaktionellen Beitrag handle, für den man kein Geld oder eine andere Gegenleistung bekommen habe. In dem Artikel werde berichtet, dass beim Filmdreh neben echten Zigaretten auch Kräutervarianten ohne Nikotin und Tabak eingesetzt würden. Gleichzeitig werde erläutert, dass trotz der wichtigen Rolle der Zigarette als stilistisches Mittel in Filmen ein Einsatz von Zigaretten & Co immer seltener werde. Diese Entwicklung beim Film passe sich insofern der Lebensrealität an.

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Ein einzelnes Produkt herausgegriffen

Eine Fachzeitschrift der Medienbranche berichtet unter der Rubrik „Techtäglich“ über eine digitale Parkscheibe, die von der Redaktion positiv beschrieben wird. In der Überschrift ist davon die Rede, dass man „Nie mehr Strafzettel kassieren“ werde, wenn man die Scheibe benutze. Der Preis des Produkts wird genannt. Auf den Anbieter wird verlinkt. Auf dessen Facebook-Seite erscheint eine Ankündigung der Veröffentlichung mit der gleichen Überschrift. Ein Leser der Zeitschrift sieht in der Veröffentlichung einen Fall von Schleichwerbung. Die Chefredakteurin der Zeitschrift teilt zur Beschwerde mit, dass es sich bei der Kolumne um ein humorvolles und redaktionell unabhängiges Format handele, das hin und wieder spannende, kuriose oder witzige Beiträge präsentiere, von denen die Autoren selbst überzeugt seien. Beziehungen zwischen der Redaktion oder dem Autor und dem Hersteller des Produkts gebe es nicht. Die Chefredakteurin teilt weiter mit, dass man die Angelegenheit in beiderseitigem Einverständnis mit dem Beschwerdeführer klären wolle. Ergebnis der Kontaktaufnahme: Der Produkt-Link sei aus dem Artikel entfernt worden. Außerdem habe der Autor den Text überarbeitet. Die Redaktion habe ihre Autoren noch einmal an die ohnehin schon geltende Regel erinnert, dass man grundsätzlich keine Produkt- und Unternehmenslinks veröffentliche.

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„Man will wissen, wer diese Glückspilze sind“

Eine Frau gewinnt mit der Teilnahme an einer Lotterie eine Million Euro. Darüber berichtet die örtliche Zeitung in der Printausgabe. Die Redaktion nennt den Lotterie-Anbieter namentlich. Eine andere Zeitung am Ort berichtet darüber, dass der TV-Moderator Kai Pflaume zwei Frauen im Verbreitungsgebiet Lotto-Gewinne überreicht habe. Auch hier wird der Anbieter genannt. Dieser Beitrag wird auf der Titelseite angerissen, und zwar mit einer Ankündigung des Beitrages im Innern des Blattes, sowie ein Teaser, der zu einer Anzeige führt. Darin wirbt der Lotterie-Anbieter für sich und seine Dienste. Ein Leser der Printausgabe kritisiert, dass in dem Beitrag siebenmal der Lotterie-Anbieter namentlich genannt werde. Die Redaktion zeige auch das Logo dieses Anbieters. Die Berichterstattung bestehe in weiten Teilen aus Informationen aus einer Presse-Information des Lotterie-Anbieters. Der Vorwurf eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot nach Ziffer 7 des Kodex betreffe auch den Beitrag der anderen Zeitung. Der Teaser, der zu einer Anzeige führe, hätte ebenfalls als Werbung gekennzeichnet werden müssen. Der Chefredakteur der Zeitung bleibt bei seiner Ansicht, dass es sich hier um eine redaktionelle Berichterstattung von öffentlichem Interesse handele. Millionengewinne erregten grundsätzlich Aufmerksamkeit und Neugier bei den Menschen. Man wolle wissen, wer diese Glückspilze seien. Auch im Fall des Online-Artikels stellt der Chefredakteur fest, dass es sich dabei nach seiner Meinung um eine Berichterstattung von öffentlichem Interesse handele. Die Menschen wollten wissen, wer genau den Gewinn erhalte, wie seine Vorgeschichte sei und was der Glückspilz mit dem Geld vorhabe. Die Redaktion habe die von der Lottogesellschaft gebotene Gelegenheit genutzt, bei der Gewinnerbenachrichtigung dabei zu sein.

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