Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Umfrageteilnehmer gibt 182 Stimmen ab

Die Online-Redaktion einer Regionalzeitung ruft ihre Nutzer zu einer Umfrage auf. Ihr geht es darum, die Meinung der Öffentlichkeit zu einer dritten Startbahn des Münchner Flughafens zu erkunden. Ein Leser der Zeitung und Nutzer des Online-Angebots sieht sich zu einer Beschwerde an den Presserat veranlasst. Er kritisiert, dass er an der Abstimmung mehrfach teilnehmen kann. Das funktioniere, wenn er auf seinem Computer die Speicherung von Cookies deaktiviere. Die Redaktion habe er über seine Beobachtung informiert. Diese habe geantwortet, die Umfrage sei nicht repräsentativ. Bei den Votings wie in diesem Fall handele es sich um reine Stimmungsbilder. Der Beschwerdeführer teilt dem Presserat mit, dass er kurz darauf innerhalb von einer Stunde 182 Stimmen abgegeben und damit die Umfrage deutlich beeinflusst habe. Der Nutzer kritisiert, dass die Redaktion ein manipulierbares Umfragetool verwendet habe. Das scheine in der Branche nicht unüblich zu sein. Interessengruppen seien somit in der Lage, Umfragen problemlos zu beeinflussen. Dies gefährde die Glaubwürdigkeit des journalistischen Umfeldes, da User bzw. Leser von seriösen Umfrageergebnissen ausgingen. Der Beschwerdeführer kritisiert auch, dass die Nutzer nicht erkennen könnten, unter welchen Bedingungen die konkrete Umfrage zustande gekommen und ob sie repräsentativ sei. Der Chefredakteur der Zeitung spricht von einer grundsätzlichen Natur des Falles, da dieser die Funktionsweise und den Umgang mit Votings in Online-Portalen in Gänze berühre. Er unterstütze daher die Aufarbeitung und gegebenenfalls die Entwicklung einer grundlegenden Richtlinie für den Umgang mit Votings durch den Presserat. Grundsätzlich – so der Chefredakteur – sei zwischen repräsentativen und nicht-repräsentativen Abstimmungen zu unterscheiden. Die Online-Redaktion seiner Zeitung setze ausnahmslos die nicht-repräsentative Version ein. Nicht-repräsentative Votings seien eine etablierte Darstellungsform nicht nur im digitalen Journalismus, sondern auch darüber hinaus. Als Beispiele nennt der Chefredakteur TED-Umfragen im Fernsehen oder tägliche Umfragen im Videotext. Sofern keine Identitätsfeststellung bei nicht-repräsentativen Abstimmungen erfolge, seien diese grundsätzlich immer anfällig für Mehrfach-Abstimmungen. Um diese zu vermeiden, sei die Erfassung personenbezogener Daten erforderlich. Die Durchführung von Votings und die Bekanntgabe der entsprechenden Abstimmungsergebnisse seien dann presseethisch unbedenklich, wenn für den Nutzer erkennbar sei, dass es sich um nicht-repräsentative, unterhaltende Elemente handele. Im vorliegenden Fall sei dies ausreichend deutlich gemacht worden.

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Beiträge untergraben Glaubwürdigkeit

Die Redakteurin einer regionalen Wochenzeitung berichtet über berufliche Termine ihres Ehemannes. Dieser ist hauptamtlicher Erster Stadtrat und Stellvertreter des Bürgermeisters einer Kleinstadt. Ein Leser der Zeitung, der auch Kommunalpolitiker in der Stadt ist, wendet sich wegen des von ihm vermuteten Interessenskonfliktes mit einer Beschwerde an den Presserat. Die Berichterstattung der Redakteurin über ihren Mann sei deutlich parteilich. Sie schreibe regelmäßig über die Termine, die er wahrnehme. Über vergleichbare Termine, die der Bürgermeister wahrgenommen habe, sei von ihr nicht berichtet worden. Der Chefredakteur nimmt Stellung und teilt mit, dass die Journalistin seit über 30 Jahren als freie Mitarbeiterin für die Zeitung tätig und nicht angestellt sei. Sie sei auch kein Mitglied einer Partei. Aus dem Umstand, dass sich ihre Kinder und ihr Ehemann parteipolitisch engagierten, ließe sich nicht ableiten, ihr die freiberufliche Tätigkeit zu untersagen. Die Journalistin berichte ausschließlich über kulturelle Veranstaltungen, Vereinsaktivitäten, Jubiläen etc. aus dem gesamten Verbreitungsgebiet der Zeitung. Weder in der Vergangenheit noch aktuell sei sie mit der kommunalpolitischen Berichterstattung aus der Stadt betraut gewesen. Darauf habe man genau geachtet, um Interessenskonflikte zu vermeiden. Sofern sie im Rahmen der Berichterstattung ihren Mann erwähnt habe, sei dies allein aufgrund der Tatsache geschehen, dass er in seiner Funktion als Vertreter des Bürgermeisters anwesend gewesen sei. Zentraler Punkt ihrer Berichterstattungen sei somit nicht ihr Mann, sondern die jeweilige Veranstaltung und deren Anlass gewesen.

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„Gehaltsaffäre“ und „Schmutzkampagnen“

Eine Regionalzeitung berichtet über Querelen bei den örtlichen Stadtwerken. Über den Aufsichtsratsvorsitzenden titelt sie „…geht er oder muss er gehen?“ Es geht um personelle Veränderungen. Eine fraktionsübergreifende Gruppe im Stadtrat fordere, dass der Aufsichtsratschef seinen Posten freimachen solle. Dies würde automatisch der Fall sein, wenn die Satzung geändert würde. Dem Aufsichtsratsvorsitzenden werde katastrophales Krisenmanagement vorgeworden. Der derzeitige Geschäftsführer verlasse das Unternehmen zum Jahresende, so die Zeitung weiter. Er habe mit seiner Kündigung einer Forderung nach mehr Geld und einer verbesserten Altersversorgung Nachdruck verleihen wollen. Beschwerdeführer in diesem Fall ist der im Artikel erwähnte Geschäftsführer der Stadtwerke. Er habe nie ein höheres Gehalt verlangt, sondern nur eine adäquate Altersversorgung. Auch die Kündigung sei in Absprache mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden erfolgt, da sein Vertrag sonst um fünf Jahre verlängert worden wäre. Die Aussagen der Zeitung seien verunglimpfend und diffamierend und hätten ihn seine Geschäftsführerstelle gekostet. Er habe der Redaktion die Originaldokumente zur Einsicht angeboten. Davon sei aber nicht Gebrauch gemacht worden. Die Zeitung habe nicht nur an der „Gehaltsaffäre“ festgehalten, sondern zusätzlich zwei weitere Schmutzkampagnen zu seinen Lasten gestartet. Die Redaktion nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.

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Bei Rot gegangen: Tödlicher Unfall

„Taxifahrer rast in Fußgänger – dann wirft er Rettungskräften Fehlverhalten vor“ - so die Überschrift, unter der die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins über einen Verkehrsunfall berichtet. Es geht um einen 47-jährigen Mann, der von einem Taxi angefahren und schwer verletzt worden ist. Das Unfallopfer war in Begleitung eines 48-jährigen Mannes unterwegs gewesen. Das Unglück sei geschehen, als die beiden bei Rot einen Fußgängerüberweg passiert hätten. Eine Leserin des Magazins sieht in der Überschrift einen Verstoß gegen presseethische Grundsätze, weil sie in Verbindung mit einem Bild des Unfallfahrers den Eindruck erwecke, dass der „böse rasende Taxi-Ausländer“ Menschen überfahre und dann auch noch die Rettungskräfte anpöble. Der Text selbst – so die Beschwerdeführerin – beschreibe den Vorgang sachlich. Die Leitung der Online-Redaktion teilt mit, diese habe nach Eingang der Beschwerde die Überschrift geändert. Allerdings sei die ursprüngliche Formulierung vom tatsächlichen Ablauf des Geschehens gedeckt. Sie sollte auch in keiner Weise die von der Beschwerdeführerin skizzierten Reaktionen auslösen. Dass die Beschwerdeführerin an „böse rasende Taxi-Ausländer“ denke, sei nicht der Redaktion vorzuwerfen. Das gelte auch für den sachlichen Ausdruck „Fehlverhalten vorwerfen“. Daraus mache die Leserin „Rettungskräfte angepöbelt“. Da der Redaktion daran gelegen sei, keinen falschen Eindruck zu erwecken, sei sie mit der Neuformulierung der Überschrift auf Nummer sicher gegangen. Diese lautet nun so: „Fußgänger geht über rot und wird von Taxi erfasst – Fahrer wundert sich über Rettungskräfte“. Im Übrigen sei im Artikel nirgends davon die Rede, dass es sich bei dem Taxifahrer um einen deutschen Staatsbürger oder einen Ausländer gehandelt habe. Das wisse die Redaktion bis heute nicht.

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Ethnische Herkunft darf genannt werden

Ein 26-jähriger Sudanese habe an einem Bahnhof zwei Frauen belästigt, berichtet eine Regionalzeitung gedruckt und online. Die Polizei habe den Mann festgenommen. In dem Artikel wird insgesamt dreimal darauf hingewiesen, dass der Tatverdächtige sudanesischer Staatsbürger ist. Ein Leser der Zeitung sieht insbesondere einen Verstoß gegen die Richtlinie 12.1 des Pressekodex. In diesem Fall könne gar eine Vorverurteilung stattgefunden haben, da die Tat einen Tag zuvor passiert sei. Er habe die Redaktion auf die Punkte Nennung der Herkunft und Unschuldsvermutung aufmerksam gemacht, habe aber nur beleidigende Kommentare zu hören bekommen. Darunter seien auch fremdenfeindliche Bemerkungen gewesen. Der zuständige Redaktionsleiter versichert, die Zeitung sehe sich dem Pressekodex verpflichtet und halte sich an dessen Grundsätze und Richtlinien. Das gelte selbstverständlich auch für die Richtlinie 12.1. Bei der Berichterstattung über Straftaten verzichte man im Regelfall bewusst darauf, die Nationalität von Verdächtigen, Tätern und auch Opfern zu erwähnen. Im vorliegenden Fall habe jedoch das im Kodex geforderte „begründete öffentliche Interesse“ vorgelegen. Dem jetzt berichteten Fall seien mehrere gleichgelagerte Ereignisse vorangegangen. Das Verhalten sudanesischer Flüchtlinge sei seit längerem ein Hauptgesprächsthema in der Stadt. Die Nationalität der mutmaßlichen Täter nicht zu nennen, hätte die Glaubwürdigkeit der Zeitung untergraben.

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Tochter ging selbst an die Öffentlichkeit

Tochter ging selbst an die Öffentlichkeit

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Überfall und Raub auf der Reeperbahn

Auf der Hamburger Reeperbahn sollen drei Männer zwei amerikanische Touristen überfallen und beraubt haben. Die Online-Ausgabe einer überregionalen Tageszeitung berichtet über den Vorfall. Die Tatverdächtigen werden als „Nordafrikaner“ bzw. als „aus Marokko und Algerien stammend“ bezeichnet. Ein Leser der Zeitung vertritt die Ansicht, dass die Hinweise auf die Herkunft der Verdächtigen nicht durch ein öffentliches Interesse gedeckt seien. Vielmehr seien sie geeignet, Vorurteile zu schüren. Auch sei die Überschrift vorverurteilend, da sie suggeriere, dass die Verdächtigen die Tat definitiv begangen hätten. Der Chefredakteur der Zeitung weist darauf hin, dass der Bereich Reeperbahn/St. Pauli in den vergangenen Jahren immer wieder Schauplatz von Verbrechen gewesen sei, die von Jugendlichen und jungen Männern aus nordafrikanischen Staaten verübt worden seien. Die Nennung der Nationalität habe im konkreten Fall eine Relevanz, weil sie ein Abbild der öffentlich geführten Debatte in einer der meistfrequentierten Touristengegenden Hamburgs darstelle. Zwar handele es sich hier um eine singuläre Tat, die aber durch ihre Art, die Täterschaft und den Tatort eine größere Ausstrahlung entwickle – in etwa so wie die Silvesternacht 2015/2016 in Köln.

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„Behindertenfeindliche Floskel“

„Auf dem Wege zum autistischen Auto“ titelt die Online-Ausgabe einer überregionalen Tageszeitung. Es geht im Artikel um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen von intelligenten selbstfahrenden Autos. Eine Leserin der Zeitung kritisiert in ihrer Beschwerde an den Presserat den Begriff „autistisches Auto“. Damit greife die Autorin auf eine behindertenfeindliche Floskel zurück, mit der die technische Entwicklung des autonomen Fahrens dämonisieret werden solle. Die Verknüpfung einer Bezeichnung für eine Behinderung mit einer als bedrohlich und unverständlich empfundenen Technologie führe in den Köpfen der Leser zur gedanklichen Verbindung von Autismus und Autisten mit negativen Emotionen und Ablehnung. In den letzten Jahren werde in den Medien zunehmend auf Autismus als Metapher zurückgegriffen. Mal ersetzten Autismus oder autistisch Begriffe wie Egoismus oder Ignoranz, mal Gefühlskälte, mal Narzissmus, mal Verständnislosigkeit. Immer jedoch werde diese Metapher in negativer Konnotation verwendet. Dies wirke sich auf den Alltag autistischer Menschen aus, deren pure Existenz mit all diesen negativen Aspekten in Verbindung gesetzt werde. Die Schlagzeile „Auf dem Weg zum autistischen Auto“ verletze daher Ziffer 12 des Pressekodex (Diskriminierungen). Der Begriff werde verwendet, ohne dass er dem Leser einen informativen Gewinn biete. Er solle ausschließlich ein negatives Bild vermitteln. Dieses negative Bild beeinflusse das Leben autistischer Menschen nachteilig. Es stigmatisiere sie und rechtfertige vorhandene Diskriminierung. Das Justiziariat der Zeitung widerspricht der Beschwerde. Die Juristen sehen in der beanstandeten Überschrift keine Verletzung des Pressekodex. Die Beschwerdeführerin verkenne, dass eine Artikelüberschrift keine eigene, selbstständig angreifbare Sachaussage enthalte. Sie könne deshalb nicht rügen, dass Behinderte allein aufgrund der Überschrift diskriminiert würden. Selbst wenn die Artikelüberschrift allein rügefähig wäre, würden durch sie Behinderte nicht diskriminiert. Der Begriff „autistisch“ komme aus dem Griechischen und bedeute „selbst“. Wenn der Begriff im Zusammenhang mit selbstfahrenden Autos verwendet werde, sei ihm keinesfalls eine negative Bedeutung beizumessen. Die Überschrift sei nicht diskriminierend gegenüber Autisten. Sie weise lediglich auf die Entwicklung hin, dass künftige Generationen von Autos in der Lage sein werden, „selbst“ – also ohne dass sie von den Insassen gesteuert werden müssten – am Straßenverkehr teilzunehmen.

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Erdogan will der erste Kunde sein

Die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung veröffentlicht einen Artikel unter der Überschrift „Ein türkisches Auto? Das ist verbranntes Geld“. Im Beitrag geht es um den Plan des türkischen Präsidenten Erdogan, ein türkisches Auto auf den Markt zu bringen. Bislang gebe es kein eigenes Modell einer Firma vom Bosporus. Ein Konsortium von fünf Unternehmen solle nun ein Auto entwickeln. Experten bewerten das Vorhaben nicht sehr optimistisch. Es fehle schließlich der Absatzmarkt. Erdogan selbst wolle von der Kritik nichts wissen und werde höchstpersönlich das erste türkische Auto kaufen, heißt es im Artikel weiter. Ein Leser der Zeitung widerspricht der Einschätzung, die fünf Unternehmen hätten keine Erfahrung im Fahrzeugbau. Eine von ihnen habe beispielsweise bereits Lastwagen und Nutzfahrzeuge hergestellt. Durch die inkorrekte Berichterstattung sei das ganze Vorhaben in Verruf gebracht worden. Öffentlichkeit und etwaige Investoren würden dadurch fehlgeleitet und getäuscht. Die Chefredaktion schickt dem Presserat die Stellungnahme eines Automobilindustrie-Experten, der den kritisierten Beitrag geschrieben hat. Im Text habe er dargelegt, warum Experten der Türkei eine eigene Pkw-Produktion nicht zutrauen würden. Zwar stelle eine der fünf genannten Firmen Lastwagen und andere Nutzfahrzeuge her, doch ließen sich die dabei gewonnenen Kompetenzen nicht ohne weiteres auf den Pkw-Bau übertragen.

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Satire ist von der Meinungsfreiheit gedeckt

Ein Satiremagazin veröffentlicht auf seiner Titelseite ein Foto des österreichischen Bundeskanzlers, versehen mit der Überschrift „Endlich möglich: Baby-Hitler töten!“ Ein Leser der Zeitschrift kritisiert die Titelseite, die nach seiner Auffassung zum Mord an Bundeskanzler Sebastian Kurz aufrufe. Dies sei presseethisch nicht vertretbar. Der Beschwerdeführer hält die Titelseite für „billige Hetze“. Das Magazin äußert sich zu der Beschwerde nicht.

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