Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Auch in „Erklärbox“ müssen Fakten stimmen

Eine Lokalzeitung berichtet unter der Überschrift „Mord im Staate P.“ über einen „Reichsbürger“, der einen Polizisten erschossen und zwei weitere verletzt hat. In einer Info-Box unter der Rubrik „Kruschel erklärt´s“ informiert die Redaktion zum Thema Reichsbürger darüber, dass diese Leute die Bundesrepublik Deutschland ablehnen. Sie behaupteten stattdessen, „im Deutschen Reich zu leben, dem 1945 untergegangenen Vorgänger der Bundesrepublik Deutschland“. Ein Leser der Zeitung bezeichnet die Aussage, das Deutsche Reich sei untergegangen, als falsch. Er zitiert ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), nach dem das Deutsche Reich den Zusammenbruch 1945 überdauert habe. Es sei weder mit der Kapitulation noch durch die Ausübung fremder Staatsgewalt in Deutschland durch die Alliierten später untergegangen. Der Beschwerdeführer zitiert weiter, das Deutsche Reich besitze nach wie vor Rechtsfähigkeit, sei allerdings als Gesamtstaat mangels Organisation nicht handlungsfähig. Die BRD sei nicht „Rechtsnachfolger“ des Deutschen Reichs. Der Beschwerdeführer fügt eine Mail an die Zeitung bei, in der er um Korrektur der „Falschdarstellung“ gebeten habe. Bislang habe er darauf keine Antwort bekommen. Die Chefredaktion bittet darum, die Beschwerde abzuweisen. „Kruschel erklärt´s“ sei ein Format, in dem regelmäßig komplexe Sachverhalte kindgerecht erklärt würden. Es liege in der Natur der Sache, dass kindgerechte Erklärungen nicht jeder Spitzfindigkeit genügen könnten. In einer solchen Erklärbox sei die Formulierung, das Deutsche Reich sei untergegangen, eine Aussage, die politisch zu verstehen sei und keiner staatsrechtlichen Überprüfung standhalten müsse.

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Ein Verdacht ohne jegliche Grundlage

Eine Wochenzeitung informiert online über Beschädigungen am Haus und am Auto eines AfD-Politikers. Zu Beginn des Beitrages ist die Rede davon, dass es sich bei den noch unbekannten Tätern um „mutmaßliche Linksextremisten“ handele. Ein Leser der Zeitung sieht in der Formulierung „mutmaßliche Linksextremisten“ eine unbelegte Vermutung der Redaktion. Diese ist nicht als solche gekennzeichnet. Die Zeitung nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.

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„…für alle, die es sich leisten können“

„Rathaus bleibt geschlossen“ lautet die Überschrift einer Kurzmeldung, die in einer Regionalzeitung veröffentlicht wird. Wörtlich heißt es da: „Grund sei der sogenannte ´Brückentag´ zwischen Sonntag und dem Reformationstag am Dienstag, der für alle, die es sich leisten können, ein langes Wochenende verspricht.“ Beschwerdeführer ist der Bürgermeister der Stadt. Er kritisiert die kommentierende Form der Mitteilung. Dies sei eine anmaßende Darstellung gegenüber dem Bürgermeister und den Mitarbeitern der Verwaltung. Eine von ihm geforderte Stellungnahme der Zeitung habe es bislang nicht gegeben. Der Chefredakteur der Zeitung bemerkt in seiner Entgegnung zur Beschwerde, der beanstandete Satz sei vielleicht ein wenig provokant gewählt. Die darin getroffene Feststellung sei jedoch wahr und verstoße nicht gegen den Pressekodex. Beim nächsten Mal werde man diese Formulierung wahrscheinlich nicht noch einmal verwenden.

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Zeitung nennt Herkunft eines rabiaten Vaters

Ein Vater schlägt in einem Regionalexpress der Bahn seinen dreijährigen Sohn. Er wird festgenommen und zerstört anschließend den Durchsuchungsraum der Bundespolizei. Eine Regionalzeitung berichtet über den Vorfall. Im ersten Absatz erwähnt der Autor, dass es sich bei dem Festgenommenen um einen 27-jährigen Ghanaer handele. Danach wird die Nationalität des mutmaßlichen Täters nicht mehr genannt. Ein Leser der Zeitung sieht in der Nennung der Herkunft einen Verstoß gegen Ziffer 12, Richtlinie 12.1, (Diskriminierungen) des Pressekodex. Die Nennung der ethnischen Zugehörigkeit spiele für den Kontext des beschriebenen Vorfalls keine Rolle. Der Chefredakteur der Zeitung berichtet, Grundlage der vom Beschwerdeführer beanstandeten Meldung sei eine Pressemitteilung der Bundespolizei, die den Hinweis auf die Nationalität des Festgenommenen enthalten habe. Der Mann habe englisch gesprochen. Zur Erklärung dieses Umstandes sei es erforderlich gewesen, die Herkunft zu erläutern. Hinzu komme die Tatsache, dass die Information über die Nationalität im Internet verbreitet worden sei. Die Redaktion setze sich regelmäßig dem Vorwurf der Leserschaft aus, nicht vollständig und angemessen zu berichten, wenn sie derartige Informationen unterschlage. Dies beschädige die Glaubwürdigkeit der Zeitung, zumal derartige Debatten offensiv im Netz gegen sie geführt würden. Der Auftrag der Zeitung sei Aufklärung. In Abwägung dieser Umstände habe sich die Redaktion zugunsten der Nennung der Nationalität entschieden. Sofern der Presserat dies für falsch halte, bittet der Chefredakteur um Hinweis und Handreichung, wie mit der Tatsache dieser asymmetrischen Information der Öffentlichkeit künftig nach Ansicht des Presserats umzugehen sei.

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inen Einbrecher bei der „Arbeit“ gefilmt

„Keiner stoppt den Bäcker-Schreck“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Dem dazugehörigen Bericht ist ein Video aus einer Überwachungskamera beigefügt, auf dem ein Einbrecher identifizierbar zu sehen ist, der in eine Bäckerei einbricht. Eine Leserin der Zeitung hält die Veröffentlichung für einen Verstoß gegen die Ziffer 8 des Pressekodex (Schutz der Persönlichkeit). Die Polizei habe nicht öffentlich nach dem Einbrecher gefahndet. Dennoch habe die Zeitung Fotos des Einbrechers veröffentlicht, auf denen dieser erkennbar sei. Der Vorsitzende der Chefredaktion meint, es sei das gute Recht der Beschwerdeführerin, Partei für einen auf frischer Tat ertappten und bei seiner Tat sogar fotografierten Verbrechers zu ergreifen. Er gehe jedoch davon aus, dass sich die Mitglieder des Beschwerdeausschusses davon nicht in die Irre führen ließen. Hier der korrekte Sachverhalt: Nachdem die Reporterin von den Verkäuferinnen der Bäckerei gehört habe, dass sie Angst vor einem immer wiederkehrenden Einbrecher und Dieb hätten, habe sich die Redaktion dazu entschlossen, mit dem Videomaterial an die Öffentlichkeit zu gehen. Das sei auch unter dem Eindruck geschehen, dass die Ermittlungsbehörden mutmaßlich untätig geblieben seien. Die Zeitung – so der Chefredakteur weiter – habe damit nicht zuletzt im Interesse des Inhabers und der Verkäuferinnen gehandelt, die in ständiger Angst vor einem erneuten Auftauchen des Täters leben müssten.

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Brandanschlag gegen einen Obdachlosen

„Nach dem Selfie fackeln die Männer die Tüte des Obdachlosen ab“ titelt die Online-Ausgabe einer überregionalen Tageszeitung. Im Bericht geht es um einen schlafenden Obdachlosen am Münchner Hauptbahnhof. Nachdem die beiden 18 bis 2o Jahre alten Männer ein Selfie mit dem Schlafenden gemacht hätten, habe einer der beiden sich laut Polizei eine Zigarette angezündet und diese nach ein paar Zügen in die Plastiktüte mit den Habseligkeiten des Obdachlosen geworfen. Dann seien die beiden jungen Männer, deren Aussehen die Polizei als arabisch-nordafrikanisch beschreibe, in eine einfahrende S-Bahn gesprungen. Passanten hätten noch rechtzeitig eingegriffen. Der Obdachlose sei unverletzt geblieben. Der Artikel schließt mit einem Fahndungsaufruf der Polizei. Beigestellt ist dem Artikel das Foto einer Überwachungskamera, das die beiden Täter (unverpixelt) mit dem Obdachlosen (verpixelt) zeigt. Bildunterschrift: „Mit diesem Foto fahndet die Münchner Polizei nach den beiden jungen Männern, die am Hauptbahnhof die Tüte eines Obdachlosen angezündet haben.“ Eine Leserin der Zeitung wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Sie sehe die Passage „deren Aussehen die Polizei als arabisch-nordafrikanisch beschreibt“ als Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach Ziffer 12 des Pressekodex. Die Zeitung spekuliere über die Nationalität der Täter, obwohl diese keine Relevanz für die Berichterstattung habe. Der Chefredakteur der Online-Ausgabe hält die Beschwerde für unbegründet. Die Redaktion habe nicht über die Nationalität der mutmaßlichen Täter spekuliert, sondern aus dem Fahndungsaufruf der Polizei zitiert, der von dieser zur Verdeutlichung mit einem Video unterlegt worden sei.

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Chefredakteur: „Nicht glücklich agiert“

Eine regionale Boulevardzeitung veröffentlicht einen Artikel unter der Überschrift „Willkommen im Club der Schlanken und Schönen!“ Darin wird eine Aktion der Zeitung gemeinsam mit dem Münchner Club „Contenance“ vorgestellt, dem der Redaktion zufolge etwa 200 reiche Männer angehören. Zeitung und Club böten nun zehn Frauen, die bestimmte körperliche Voraussetzungen erfüllten (18 bis 35 Jahre alt, Mindestgröße 1,75 m, Konfektionsgröße 34 bis 38) die Möglichkeit, eine sogenannte „Wildcard“ zu gewinnen, mit der sie ein Jahr lang Zutritt zu dem Club hätten. Der Betreiber des Clubs wird von der Zeitung mit den Worten zitiert: „Es ist seit Jahrzehnten Tradition, dass in großen Männerrunden schöne, schlanke Frauen anwesend sind. Geld und Frauen gehören zusammen.“ Ein anonymisierter Beschwerdeführer sieht in der Veröffentlichung eine unverhohlene Werbung für Prostitution. Im Beitrag gehe es um eine skandalöse Verlosung einer vermeintlichen Mitgliedschaft. Sexistische Aussagen würden von der Zeitung nicht kommentiert. Der Chefredakteur der Zeitung stellt bedauernd fest, dass man mit dieser Berichterstattung „nicht glücklich“ agiert habe. Die verantwortlichen Kollegen hätten dies auch eingesehen. Das Zitat des Clubbetreibers sei zwar in der Tat zynisch, doch sei es ein Zitat. Unbestritten sei auch, dass man sich in einem Kommentar mit dem Frauenbild, das der Mann verbreite, hätte kritisch auseinandersetzen müssen. Der Chefredakteur widerspricht jedoch der Ansicht des Beschwerdeführers, die Zeitung mache Werbung für Prostitution.

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Der Alex als Zentrum krimineller Aktivitäten

Eine Berliner Zeitung veröffentlicht einen Artikel unter der Überschrift „Die ganze Wahrheit über die Gewalt auf dem Alex“. Der Alex genannte Alexanderplatz gelte – so der Autor des Beitrages – als einer der gefährlichsten Orte der Hauptstadt. Trotz erheblicher Polizeipräsenz komme es dort täglich im Schnitt zu 18 Straftaten. Vor allem freitags und samstags gelte der Platz als Treffpunkt für Flüchtlinge und Drogendealer. Weiterhin heißt es, dass die Polizei die Kontrollen auf dem Alex verstärkt habe. Flüchtlinge schrecke dies aber nicht ab. Ein Leser der Zeitung sieht in der Berichterstattung die Gefahr, dass durch die wiederholte Erwähnung von Flüchtlingen und Drogendealern der Eindruck erweckt werde, als seien Flüchtlinge per se kriminell. Die Zeitung nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.

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„Schwer“ oder „sehr leicht“ verletzt?

„Bürgermeister von Altena bei Messerangriff schwer verletzt“ titelt die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung. In der Überschrift und im ersten Absatz des Beitrages ist davon die Rede, dass der Bürgermeister schwer verletzt worden sei. Im weiteren Text wird mitgeteilt, dass nur eine „sehr leichte“ Verletzung vorgelegen habe. Sie habe lediglich geklebt werden müssen. Der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitung – kritisiert die beiden unterschiedlichen Darstellungen durch die Redaktion. Eine von beiden müsse wohl falsch sein. Er sieht einen Verstoß gegen das in Ziffer 2 des Pressekodex definierte Gebot zur journalistischen Sorgfaltspflicht. Der Chefredakteur der Zeitung berichtet, dass von der Polizei anfänglich verbreitet worden sei, dass der Kommunalpolitiker schwer verletzt sei. Alle Medien hätten dies kurz nach der Tat berichtet. Am nächsten Tag habe sich herausgestellt, dass die Wunde glücklicherweise nicht tief gewesen sei. Dies habe man umgehend berichtet. Womöglich seien dabei aber nicht alle Versionen der bis dahin verbreiteten Artikel aktualisiert worden.

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„Urlaubende Flüchtlinge entsorgen“

Unter der Überschrift „Scheidender AfD-Landeschef will urlaubende Flüchtlinge ´entsorgen´“ berichtet die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung über einen Parteitag der bayerischen AfD. Der Politiker habe sich zuvor für ein Ende der Zuwanderung ausgesprochen. Flüchtlinge könnten nicht in Deutschland Schutz suchen und dann in ihren unsicheren Heimatländern Urlaub machen. „Solche Menschen müssen wir selbstverständlich entsorgen“, wird der Landesvorsitzende Bystron zitiert. Die Redaktion fühlt sich durch die Äußerung an die Wortwahl des damaligen AfD-Spitzenkandidaten Alexander Gauland erinnert. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Zeitung für den Satz von den zu entsorgenden urlaubenden Flüchtlingen. Bystron habe diesen Satz nicht gesagt. Er habe gefordert, dass die Ministerin Özoguz seiner Ansicht nach „entsorgt“ werden müsse. Ganz eindeutig habe er sich auf die Ministerin bezogen und nicht auf Flüchtlinge. Der Geschäftsführer und die Justiziarin der Zeitung teilen mit, dass der Satz von den urlaubenden Flüchtlingen so nicht gesagt worden sei. Er sei jedoch anfangs so von der Zeitung verbreitet worden. Der scheidende AfD-Landeschef Bystron habe den Satz laut einer Agentur-Meldung an anderer Stelle und zu einem anderen Zeitpunkt gesagt. Die Zeitung habe, nachdem der Irrtum bemerkt worden war, ihren Artikel umgehend korrigiert.

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