Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Vergessene Leitern vermeintlicher Sperrmüll

“Pole ließ Aluleitern mitgehen” - unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung über einen Vorfall mit kuriosen Zügen. Arbeiter hatten auf der Straße zwei Leitern liegen lassen; zwei Polen luden sie auf ihren Kleinbus und fuhren davon. Später verblüfften sie die Polizei mit der Aussage: “Dachte, es ist Sperrmüll”. Nach Meinung des Beschwerdeführers wird der mutmaßliche Leiter-Diebstahl mit polnischen Staatsbürgern in Verbindung gebracht. Es sei ein Fall von diskriminierender Berichterstattung, da die Staatsangehörigkeit nicht in einem logischen, wichtigen Zusammenhang zur Tat steht und nichts zum Tathergang erläutert. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Eine Diskriminierung liege nicht vor, da es sich bei der erwähnten nationalen Zugehörigkeit nicht um eine Nation handle, deren Angehörige typischerweise als besonders diskriminierungsgefährdet gelten. Der Pole sei wie der Engländer oder Franzose Angehöriger eines EU-Mitgliedstaates. Die Bezeichnung stelle ebenso wenig eine Diskriminierung dar wie etwa die Meldung “Bayer ließ Aluleitern mitgehen”. Dies wäre nämlich, angenommen, der Diebstahl geschah in Schleswig-Holstein, auch eine Nachricht. (2006)

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Schleichwerbung gleich im Doppelpack

“Mehr Angebote in neuen Räumen” und “Guter Rat, gute Preise – gute Reise” – so lauten die Überschriften in einer Lokalzeitung. Der erste Artikel beschäftigt sich mit dem Umzug und dem Angebot einer Hautarztpraxis. Dabei wird detailliert auf diverse Behandlungsmöglichkeiten, insbesondere auch auf das Angebot eines so genannten “Kosmetikstudios” eingegangen. In der zweiten Veröffentlichung wird die Türkische Riviera als beliebtes Reiseziel geschildert. Gleichzeitig wird mitgeteilt, dass ein bestimmtes Reisebüro ein breites Angebot offeriere. Der Service des Reisebüros wird vorgestellt, ebenso wird auf die Homepage, die Adresse und die Öffnungszeiten hingewiesen. Eine Leserin sieht in den Veröffentlichungen den Grundsatz der klaren Trennung von Werbung und Redaktion nicht mehr eingehalten. Sie wendet sich an den Deutschen Presserat. In dem Artikel über die Arztpraxis sei insbesondere die Beschreibung der kosmetischen Behandlungsmöglichkeiten zu kritisieren. Dies sei ein Bereich, der außerhalb medizinischer Leistungen und damit auf dem Feld wirtschaftlicher Betätigung liege. Ein Interesse der Patienten, das mit dem Hinweis auf den Praxisumzug noch gegeben sein könnte, liege in diesem Fall nicht mehr vor. Die Hinweise auf das Reisebüro seien auf einer Seite mit überwiegend neutralen Reise- und Servicetipps erschienen. Dazwischen fände sich nun ein Artikel, der sich ausschließlich mit dem Reise- und Serviceangebot eines Reisebüros befasse, obwohl in der kleinen Stadt noch mehrere andere Reisebüros ansässig seien. Die Geschäftsführung der Zeitung teilt mit, dass die Autorin des Artikels über die Arztpraxis dort selbst viel Zeit verbracht habe. Man habe hier ohne Hintergedanken an Werbung die Möglichkeit gesehen, umfassend über das Thema zu informieren. In der Stadt gebe es keine andere Hautarztpraxis. Bei der Urlaubs-Info-Seite habe man alle Kunden gebeten, der Redaktion mit fundiertem Material eine informative Seite zu ermöglichen. Dies habe insbesondere für Nicht-Inserenten gegolten, also etwa für ADAC und Krankenkassen. (2006)

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Ein „Feldzug“ erbitterter Flugplatzgegner

Unter der Überschrift „´Luftschlacht´ mit Haken und Ösen“ berichtet eine Regionalzeitung über die Auseinandersetzung zwischen dem Betreiber eines Segelflugplatzes (Aero-Club) und einigen Anwohnern. Dabei geht es unter anderem um die Auslegung eines Pachtvertrages, um Geräuschbelästigungen, die ordnungsgemäße Protokollierung von Flugbewegungen sowie um die Sicherheit im Umfeld des Flugplatzes. Ein Thema mit besonderer Brisanz sind Seilabstürze, von denen zwei von den Anwohnern fotografisch dokumentiert wurden. Die Aufsichtsbehörde, berichtet die Zeitung weiter, habe aber keinen der Vorfälle als Flugunfall eingestuft. Weiteren Streitthemen wie die geplante Nutzung der Anlage durch Geschäftsleute, die Einrichtung eines Golfplatzes mit Hotel und Lärmbelästigung durch Motorstarts über dem zulässigen Maß, werden die Standpunkte der Flugplatzbetreiber gegenübergestellt. Einige Beobachter sähen einen der Gründe für die Zerrüttung des ursprünglich guten nachbarschaftlichen Verhältnisses in den Aktivitäten einiger erbitterter Flugplatzgegner, die sich zuerst neben dem Flugplatzgelände niedergelassen und dann ihren „Feldzug“ eröffnet hätten. Drei der Anwohner beschweren sich beim Deutschen Presserat über den Bericht der Zeitung. Sie wehren sich gegen die Bezeichnung als „Flugplatzgegner“. Dies sei verleumderisch und beleidigend. Sie seien keine Gegner des Flugplatzes, sondern drängten lediglich auf die Einhaltung von Auflagen und Regelungen. Die im Artikel vorgenommene Verharmlosung der Seilabstürze auf das Wohngebiet sei unerträglich. Im Gegensatz zum Bericht sei einer der Abstürze von der Flugaufsicht nicht untersucht worden. Sie belegen dies durch ein Schreiben der Behörde. Die Beschwerdeführer beanstanden außerdem, dass der Autor des Berichts Mitglied des Aero-Clubs und damit parteiisch sei. Schließlich habe die Zeitung nicht das Gespräch mit den Flugplatzanliegern gesucht. Der Chefredakteur der Zeitung weist die Vorwürfe als substanzlos zurück. Der Begriff „Flugplatzgegner“ sei verwendet worden, weil sich einige Anwohner durch verschiedene Aktionen als eben solche gezeigt hätten. Außerdem diene der Begriff zur Unterscheidung zwischen den „militanten Anwohnern“ und der schweigenden Mehrheit der Bürger, die mit dem Flugplatz offensichtlich keine Probleme hätten. Die Zeitung zitiert aus einer Mitteilung der Landesluftfahrtbehörde, wonach die kritisierten Seilabstürze kein außergewöhnliches Ereignis seien. Sie könnten trotz ordnungsgemäßer Benutzung auf allen Segelflugplätzen gelegentlich vorkommen und stellten weder einen Flugunfall noch eine „schwere Störung beim Betrieb von Luftfahrzeugen“ dar. Schließlich teilt der Chefredakteur mit, dass der Autor seine Mitgliedschaft im Aero-Club schon vor zwanzig Jahren gekündigt habe und mit der Berichterstattung weder persönliche noch wirtschaftliche Interessen verfolgt habe. (2006)

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“Promotion” wird als Werbung verstanden

Ein bestimmtes Handy ist Gegenstand von zwei Beiträgen in einer Zeitschrift für junge Leute. Beide Artikel sind mit “Promotion” gekennzeichnet und enthalten Motive, die Anzeigen des Handy-Herstellers entnommen sind. In den Inhaltsverzeichnissen zu den Ressorts Musik und Style sind Hinweise auf das Handy enthalten. Eine Leserin nimmt Anstoß an dieser Art der Berichterstattung, da sie der Auffassung ist, dass die Zeitschrift gegen das Trennungsgebot von redaktionellem Inhalt und werblichen Mitteilungen verstoßen hat. Sie ruft den Deutschen Presserat an. Die Übernahme eines Anzeigenmotivs in redaktionell aufgemachte Beiträge weise auf werbliche Intention hin. Die Kennzeichnung mit dem Wort “Promotion” reiche nicht aus, um die Veröffentlichung als Werbung kenntlich zu machen. Nicht jedem Leser sei die genaue Bedeutung von “Promotion” bekannt. Er könne die Anzeige daher nicht als solche erkennen. Die Beschwerdeführerin geht davon aus, dass die Zeitschrift für die Veröffentlichung einen geldwerten Vorteil erhalten habe. Von Schleichwerbung könne nicht die Rede sein, entgegnet die Zeitschrift. Die Kooperation mit der Handy-Firma sei ausdrücklich als “Promotion” gekennzeichnet worden. Diese Kennzeichnung in Kombination mit der Tatsache, dass Bilder der Werbekampagne übernommen wurden, lasse keinen Zweifel am Werbecharakter der Veröffentlichung zu. Der Leser sei nicht irregeführt worden. Ausdrücklich widerspricht die Zeitschrift der Behauptung, das Wort “Promotion” werde nicht sachgerecht verstanden. Dieses Wort sei als Kennzeichnung in deutschen Magazinen üblich und stehe für eine Sonderwerbeform. (2006)

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Eigenen Fehler nicht in Betracht gezogen

„Razzia gegen Kinderporno-Mafia“ titelt eine Boulevardzeitung. Es geht um eine Polizeiaktion gegen 31 Personen, denen der Vorwurf gemacht wird, Kinderpornos besessen und verbreitet zu haben. Der Verdacht richtet sich gegen Männer aus allen Gesellschaftskreisen. Beispielhaft werden ein Zeuge Jehovas, ein Jugendbetreuer und ein ehemaliger Bundeswehrsoldat genannt. Der Beschwerdeführer – ein Zeuge Jehovas, der sich an den Deutschen Presserat wendet – beanstandet die Nennung der Religionszugehörigkeit in einem von 31 Fällen. Eine neutrale Formulierung wäre nach seiner Meinung angemessen gewesen. Durch die Berichterstattung würden Vorurteile und Intoleranz in der Bevölkerung mit Folgen am Arbeitsplatz und in der Schule gefestigt. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, man habe nicht die Zeugen Jehovas in Misskredit bringen wollen. Dies sei erkennbar nicht der Fall, weil in zwei anderen Fällen die Berufe angegeben worden seien. Diese Angaben sollten belegen, dass die Verdächtigen aus einem breiten Spektrum der Gesellschaft kämen. Gerade diese Männer bewegten sich in Kreisen, in denen ein besonders integres Verhalten vorausgesetzt werde. Im Fall des Zeugen Jehovas habe sich die Berichterstattung auf ihn und nicht auf die Religionsgemeinschaft bezogen. (2006)

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Barbarei im Nahostkonflikt dargestellt

„Ein purer Akt der Barbarei“ – so überschreibt ein Magazin einen Artikel mit fünf Fotos, die den Lynchmord an einem Mann zeigen, den Mitglieder der Terrororganisation „Islamischer Dschihad“ für einen Verräter gehalten hatten. Auf den Bildern ist die anschließende Leichenschändung durch die Bevölkerung zu sehen. Der Name des Getöteten wird in einer Bildunterzeile genannt. Eine Leserin ruft den Deutschen Presserat an, weil sie die Menschenwürde des Opfers verletzt sieht. Besonders im Hinblick auf den Jugendmedienschutz sei der Abdruck solcher Fotos nicht vertretbar. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift verweist auf den dokumentarischen Charakter der Fotos. Es werde gezeigt, mit welcher Brutalität nicht nur Konflikte zwischen Israel und Palästinensern, sondern auch intern auf arabischer Seite ausgetragen würden. Die Fotos seien deshalb ein Dokument der Zeitgeschichte. Das Hinrichtungsopfer werde durch die Bilder nicht herabgewürdigt, sondern rufe beim Betrachter Mitgefühl und Entsetzen über die Barbarei und den Fanatismus der Hinrichtungszeugen hervor. Die Redaktion habe sich zur Veröffentlichung entschlossen, um den Lesern die Grausamkeiten des Nahostkonflikts vor Augen zu führen. Das Magazin verweist darauf, dass das Foto, auf dem die Erschießung zu sehen ist, den dritten Preis beim World Press Photo Award gewonnen habe. (2006)

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Die “große Stunde” der Terroristen

Das Sonderheft eines Nachrichtenmagazins stellt Fragen rund um die Anschläge vom 11. September 2001. Eine davon lautet: “Wie wurden die beiden Chefplaner Ramzi Binalshibh und Chalid Scheich Mohammed gefangen?” In einem weiteren Beitrag berichtet die Redaktion über das Urteil des Bundesgerichtshofs gegen Mohammed Atta. Darin wird Chalid Scheich Mohammed ebenfalls als Chefplaner der Anschläge bezeichnet. Die zitierten Passagen verstoßen nach Ansicht des Beschwerdeführers gegen die Ziffern 2 und 13 des Pressekodex. Sie stellten nur eine Vermutung dar. Für die Planung der Anschläge sei bislang niemand gerichtlich verurteilt worden. Es handle sich um eine präjudizierende Vermutung, die als solche habe kenntlich gemacht werden müssen. Der Beschwerdeführer verweist auf eine Passage in dem Artikel, wonach es unwahrscheinlich sei, dass es zu Prozessen gegen Binalshibh und Chalid Scheich Mohammed kommen werde, da sie im Verlauf ihrer Vernehmungen gefoltert worden seien. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsvertretung des Magazins teilt nicht die Auffassung, dass man von “mutmaßlichen” Terroristen hätte sprechen müssen. Diese hätten sich ihrer Verbrechen öffentlich gerühmt, was dem Vorwort des Buches “Masterminds of Terror” zu entnehmen sei. Dieses Vorwort gebe die Antwort auf die Frage, wer die Anschläge von New York und Washington geplant habe. Binalshibh und Scheich Mohammed seien sehr stolz auf ihre “große Stunde” gewesen. Sie würden solche Anschläge nicht nur jederzeit wieder ausführen; sie riefen auch zu tausend weiteren ähnlichen Aktionen auf. (2006)

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Redaktionelle Zusatzzeile führte zu Irritationen und wurde korrigiert

“In was für einer Gesellschaft leben wir?” überschreibt eine Regionalzeitung die Zuschrift eines Lesers. Sie stellt dem ersten Absatz die Zeile “Zur Situation der katholischen Kirche” voran. Der Einsender beschwert sich darüber, dass durch die vorangestellte Zeile der Eindruck entstehe, sein kompletter Brief befasse sich mit der katholischen Kirche. Dies gelte jedoch nur für die Absätze 2 und 3, nicht aber für Absatz 1 seiner Zuschrift. Die Zeitung veröffentlicht daraufhin den Brief erneut, stellt ihm diesmal jedoch die Zeile “Zur gesellschaftlichen Stimmung” voran. Die zweite Veröffentlichung erfolgt ohne eine Erklärung, warum der Brief erneut erscheint. Der bearbeitende Redakteur teilt mit, der erste Brief sei in gekürzter Form veröffentlicht worden. Dem sich beschwerenden Leserbriefschreiber habe er den Gefallen getan, den Brief nochmals zu veröffentlichen. Diese Zweitveröffentlichung habe der Einsender als Schuldeingeständnis der Zeitung gewertet und über seine Frau einen weiteren Leserbrief lanciert, in dem die Geschichte des ersten Briefes erzählt werden sollte. Diesen Brief habe die Redaktion nicht veröffentlicht. (2006)

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Binalshibh wurde nicht vorverurteilt

Unter der Überschrift “Deutsche wollen Binalshibh nicht verhören” berichtet eine überregionale Tageszeitung darüber, dass sich die deutschen Ermittlungsbehörden nicht an Verhören von Ramzi Binalshibh im US-Lager Guantanamo beteiligen werden. Die Zeitung behauptet, dass Binalshibh der Chefplaner der Anschläge von New York und Washington gewesen sei und zur Hamburger Terrorzelle um Mohammed Atta gehört habe. Sie berichtet auch dies: “Er war wohl das entscheidende Bindeglied zu al-Quaida. Er soll Atta die Ziele genannt haben (…). Er soll die weltweiten Finanzströme kontrolliert und die Unterstützer koordiniert haben”. Die zitierten Passagen verstoßen nach Ansicht des Beschwerdeführers gegen die Ziffern 2 und 13 des Pressekodex (journalistische Sorgfaltspflicht und Vorverurteilung), da sie nur eine Vermutung darstellten und präjudizierend seien. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung kann keinen Verstoß gegen eine der genannten Kodex-Ziffern erkennen. Dass Binalshibh jahrelang in Hamburg lebte und zu der Terrorzelle um Mohammed Atta gehörte, sei erwiesen und werde seit Jahren durch privilegierte Quellen und sämtliche renommierte Nachrichtenagenturen verbreitet. Im Konjunktiv einer Anklageschrift, nicht aber im feststellenden Ton eines Urteils, habe die Redaktion ausgeführt, dass Binalshibh wohl das entscheidende Bindeglied zur al-Quaida gewesen sei. Gleiches gilt für seine Beteiligung an der Vorbereitung der Anschläge. Ausdrücklich habe man klargestellt, dass der mutmaßliche Täter noch nicht rechtskräftig verurteilt worden sei. (2006)

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Bericht mit wörtlichen Zitaten

Unter der Überschrift “Bundeswehr will präventiv zuschlagen” berichtet eine überregionale Zeitung über die Situation der deutschen Soldaten in Afghanistan. Der Beschwerdeführer, zuständiger Presse- und Informationsoffizier in Kunduz, wird darin wie folgt zitiert: “Vor dem Selbstmordattentat in Kunduz wussten wir genau, von welchem Dorf in der Region die Probleme ausgehen, weil sich dort eine Gruppe von Leuten nicht entwaffnen lassen wollte.” Weiter heißt es, er habe gesagt: “Wir konnten nichts dagegen machen, aber wir haben damals gesagt: Die werden uns mit diesen Waffen angreifen. Genauso ist es gekommen.” Der Presseoffizier teilt mit, dass er diese Aussage nicht gemacht hat. Er habe zwar mit der Autorin des Artikels ein Hintergrundgespräch geführt, dieses jedoch eindeutig als solches bezeichnet. Insofern hätte er überhaupt nicht zitiert werden dürfen. Hätte die Autorin bei ihm nachgefragt und um eine Autorisierung gebeten, so hätte er dann darauf hinweisen können, dass das angebliche Zitat falsch sei. Der Offizier, der eine Beschwerde an den Deutschen Presserat richtet, betont, dass die Autorin ihm zu keinem Zeitpunkt des Gesprächs gesagt habe, dass seine Aussagen in irgendeiner Weise zur Publikation gedacht seien. Der Leiter Personal und Recht der Zeitung teilt mit, dass der Beschwerdeführer die ihm zugeschriebene Aussage in Kunduz so wie veröffentlicht gemacht habe. Bei dem Gespräch habe es sich um ein verabredetes Interview gehandelt. Bei dem Zusammentreffen der Autorin mit dem Presseoffizier sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass sie als Journalistin arbeite. Somit sei es zu einem Gespräch zwischen einer recherchierenden Journalistin und dem Bundeswehr-Pressesprecher gekommen. Dem Beschwerdeführer sei bewusst gewesen, dass die als Journalistin vorgestellte Autorin das Gespräch im Rahmen ihrer Berufsausübung als Interview führte, um dieses dann in einem Artikel zu verwerten. Dies liege auf der Hand, wenn eine Journalistin und ein Pressesprecher ein Interview führten. Zu keinem Zeitpunkt habe der Presseoffizier während des Gesprächs einen Autorisierungsvorbehalt geltend gemacht bzw. Aussagen als nicht zitierfähige Hintergrundinformation oder “off-the-record” bezeichnet. Das Wort “Hintergrundgespräch” sei während es gesamten Gesprächs nie gefallen. (2006)

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