Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Unter der Überschrift “Zoll fasst Illegale in ´… Bistro´” berichtet eine Lokalzeitung über eine Razzia im Lokal des Beschwerdeführers. Dem Bericht zufolge wurden dabei sechs Gaststättenmitarbeiter ermittelt, die ihre Beschäftigung nicht angemeldet hätten. Es soll sich dabei überwiegend um Bezieher von Arbeitslosengeld gehandelt haben. Der Name der Gaststätte wird in Überschrift und Text ausdrücklich genannt. Von einem Anwalt vertreten, wendet sich der betroffene Gaststätteninhaber gegen die Veröffentlichung. Die Behauptungen dort seien falsch. Er habe niemanden illegal beschäftigt. In seiner Gaststätte seien keine nicht gemeldeten Personen festgestellt worden, und das Hauptzollamt habe keine Pressemeldung herausgegeben, in der dies behauptet werde. Die Überprüfung habe vielmehr ergeben, dass die Gaststätte einwandfrei geführt werde. Der Beschwerdeführer wendet sich auch gegen die Nennung seines Namens und den des Lokals. Er erhebt den Vorwurf, dass der Berichterstatter seit Jahren mit ihm – dem Gaststättenbetreiber – eine konfliktreiche Beziehung pflege und mit dem Artikel private Interessen verfolge. Der Gastronom wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion teilt mit, der Autor des strittigen Beitrags sei von Augenzeugen auf die Razzia hingewiesen worden. Nach dem Gespräch mit dem Zoll habe er davon ausgehen müssen, dass dabei illegal Beschäftigte entdeckt worden seien. Nachdem der Bistrobetreiber den Bericht glaubhaft widerlegt habe, sei der Sachverhalt am nächsten Tag korrigiert worden. Wiederum einen Tag später folgte eine weitere Klarstellung. Darin sei dargelegt worden, wie es zu der irrtümlich falschen Berichterstattung habe kommen können. Die Zeitung habe auch ihr Bedauern über das “Missverständnis” zum Ausdruck gebracht. Die Chefredaktion betont, dass man nicht bewusst gegen den Bistro-Betreiber habe vorgehen wollen. (2006)
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Eine überregionale Zeitung veröffentlicht unter der Überschrift “Wenn die bunten Fahnen wehen” eine Kolumne zu dem während der Fußball-WM demonstrierten Nationalgefühl. Folgende Passage ist in dem Beitrag enthalten: “Bei der deutschen Reichsgründung 1871 hatten etwa 20 Prozent der Bevölkerung Polnisch und nicht Deutsch als Muttersprache. Darunter Hunderttausende im Ruhrgebiet.” Ein Leser ist der Auffassung, dass die Angabe “20 Prozent” falsch sei. Die richtige Zahl liege zwischen vier und sieben Prozent. Verschiedene Quellen stützten seine Auffassung. Obwohl er die Zeitung auf den aus seiner Sicht gemachten Fehler aufmerksam gemacht habe, sei dieser nicht korrigiert worden. Vielmehr habe die Redaktion in ihrer Antwort festgestellt, die Angabe “20 Prozent” sei eine von mehreren Quellen gestützte grobe Schätzung. Von diesen Quellen werde jedoch keine genannt, so der Beschwerdeführer, der den Deutschen Presserat anruft. Die Redaktion spricht in einer Entgegnung von einer historischen Marginalie, ob 1871 etwa 20 oder nur sechs Prozent der Bevölkerung polnischsprachig waren. Auch sei nicht abschließend feststellbar, wie hoch der strittige Anteil gewesen sei. Hätte es sich bei dem Text ausschließlich um das Thema “Polnische Sprache in Deutschland” gedreht, hätte man an diese Fakten anders herangehen müssen als im vorliegenden Fall, bei dem der Sprachanteil nur eine untergeordnete Rolle gespielt habe. Die entscheidende Aussage des Autors sei, dass es 1871 eine beachtliche polnische Minderheit im Deutschen Reich gab. Dies sei unstreitig. (2006)
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“Ein wirklich verlockendes Angebot” – so ist in einer Regionalzeitung der Bericht über ein Berufungsverfahren vor dem Landgericht überschrieben. Angeklagt sind zwei Schwestern, die als Inhaberinnen eines Brautmodengeschäftes in erster Instanz wegen Betrugs in 21 Fällen zu einem Jahr Haft mit Bewährung verurteilt worden waren. Die Schwestern werden im Bericht namentlich genannt. Zu Beginn des Prozesses sei den beiden das Angebot gemacht worden, das Verfahren gegen Zahlung von 21.000 Euro einzustellen. Damit sei jedoch die Staatsanwaltschaft nicht einverstanden gewesen. Die Beschwerdeführerin – keine der beiden Schwestern – äußert die Meinung, dass der Verfasser des Artikels es sich zu seiner Lebensaufgabe gemacht habe, die beiden beschuldigten Frauen öffentlich und mit regelmäßiger Namensnennung fertig zu machen. Die Namensnennung sei nicht gerechtfertigt und obendrein in einem der beiden Fälle auch noch unkorrekt. Die Beschwerdeführerin, die den Deutschen Presserat anruft, moniert, dass der berichtete Fall vier Jahre zurückliegt und bislang aus der mündlichen Beweisaufnahme nicht hervorgehe, ob tatsächlich Betrug vorliege. Um einen lokalen Bezug herzustellen, verlegte die Zeitung den Wohnsitz in einen Ortsteil, in dem die Eltern der Schwestern leben. Die beiden wohnen inzwischen irgendwo im Rheinland. Die Beschwerdeführerin ergänzt ihre Stellungnahme später mit dem Hinweis, dass das Strafverfahren in zweiter Instanz mit der Auflage eingestellt worden sei, an die geschädigten Bräute 7.500 Euro Wiedergutmachung sowie 2.500 Euro an die Staatskasse zu zahlen. Die Chefredaktion weist darauf hin, dass diese Auseinandersetzung schon viele Jahre andauere. Wegen diverser Gerichtsverfahren und zahlreicher Kundenbeschwerden in der Redaktion über das Verhalten der beiden Schwestern sei mehrfach berichtet worden. Eine Beleidigungsklage gegen den Redakteur sei von der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen worden. Die Nennung der Namen der Betroffenen sei gerechtfertigt, da diese selbst in zahlreichen früheren Fällen eine Presseberichterstattung geduldet bzw. sogar selbst gefördert hätten. Deshalb sei es von den beiden auch hinzunehmen, wenn im Zusammenhang mit den Vorwürfen zahlreicher Kundinnen ebenfalls mit vollem Namen berichtet worden sei. Der Vorwurf, der Mitarbeiter der Zeitung wolle die Schwestern “fertig machen”, sei absurd. Schließlich steht die Chefredaktion auf dem Standpunkt, dass die Bezeichnung “Brautkleidbetrüger” gerechtfertigt sei, da beide Schwestern wegen 21-fachen Betrugs verurteilt worden seien. (2006)
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Ein Nachrichtenmagazin berichtet über die geplante Gründung einer Stiftung für misshandelte Kinder durch einen verurteilten Kindermörder. Es heißt, die Sache sei von dessen Anwalt eingefädelt worden, der als Stiftungsvorsitzender vorgesehen sei. Es sei geplant, so das Magazin weiter, sich mit verschiedenen karitativen Vereinigungen an einen Tisch zu setzen, um über künftige Kooperationen zu sprechen. Der Anwalt, der den Deutschen Presserat einschaltet, wendet sich gegen die Passage im Magazin, wonach er mit einer bestimmten karitativen Einrichtung im Gespräch sei. Dem Nachrichtenmagazin gegenüber habe er festgestellt, dass eine Zusammenarbeit gerade mit dieser Vereinigung nicht in Frage komme. Der Anwalt und Beschwerdeführer wirft dem Nachrichtenmagazin außerdem vor, die vereinbarte Vertraulichkeit im Hinblick auf einen zur Verfügung gestellten Satzungsentwurf der Stiftung nicht beachtet zu haben. Entgegen der Absprache seien Inhalte öffentlich gemacht worden. Schließlich kritisiert er das Verhalten eines Fotografen des Magazins. Dieser habe sich ein Foto mit ihm entweder mit seinem Rolls Royce oder in seinem Weinkeller mit unlauteren Methoden beschaffen wollen. Er sei aufgefordert worden, ein solches Bild zu liefern oder anfertigen zu lassen. Ansonsten werde man ein Foto des ermordeten Kindes veröffentlichen. Das Ansinnen habe er abgelehnt. Daraufhin habe das Magazin ein Foto vom Grab des Ermordeten gedruckt. Die Rechtsabteilung des Nachrichtenmagazins teilt mit, der Beschwerdeführer habe die Autorin des Beitrags von sich aus über die Stiftungspläne unterrichtet und in zahlreichen Telefonaten weitere Informationen geliefert. Dabei habe er mit Sicherheit die karitative Einrichtung genannt, von der er jetzt behaupte, sie nie als Kooperationspartner ins Gespräch gebracht zu haben. Die Satzung habe der Beschwerdeführer der Autorin übersandt, nachdem diese Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Projekts habe anklingen lassen. Er habe die Bitte geäußert, sie nicht an Dritte weiterzugeben. Weitergehende Absprachen habe es nicht gegeben. Insbesondere hätte es weder die Bitte noch die Zusage gegeben, den Inhalt der Satzung nicht zu verwenden. Im Hinblick auf die Fotos bezeichnet die Rechtsvertretung die Schilderung des Beschwerdeführers als unkorrekt. Der Fotograf habe keinerlei Druck ausgeübt, sondern lediglich erläutert, dass im Zusammenhang mit dem Stiftungsthema nur entweder der Beschwerdeführer oder sein Mandant abgebildet werden könne. (2006)
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“Menschenunwürdige Zustände in … Altenheim“ und “Pflegenotstand – ein Sohn klagt an” – unter diesen Überschriften berichtet ein Boulevardblatt über einen Vorfall in einem Seniorenwohnsitz. Eine 95-jährige, halbseitig gelähmte Frau, deren Fuß im Gitter ihres Bettes eingeklemmt war, habe vergeblich versucht, sich zu befreien. Nach dem Drücken der Alarmglocke sei kein Pfleger gekommen. Der Sohn der Frau, der schon länger den Verdacht hatte, dass seine Mutter nicht richtig gepflegt werde, habe dann eine versteckte Kamera installiert. Dabei habe sich herausgestellt, dass die Alarmglocke mittlerweile unerreichbar hoch angebracht war. Auch sei in dem Pflegeheim die Versorgung mit Flüssigkeit ungenügend. Seine Mutter sei wegen Dehydrierung sogar ins Krankenhaus eingeliefert worden. Der Träger des Altenheims kritisiert den Artikel und wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Zeitung greife einen Vorfall, der vor eineinhalb Jahren öffentlich geworden war, erneut auf. Es werde suggeriert, dass das Pflegepersonal die Heimbewohner gerade nach der Hitzephase im Sommer 2006 nicht in ausreichender Weise versorge. Das Problem der Dehydrierung stehe jedoch in keiner Verbindung zu den Bildern, die mit einer versteckten Kamera aufgenommen worden seien. Die Aufsichtsbehörden hätten längst festgestellt, dass die alte Frau den Alarmknopf jederzeit erreichen konnte. Die Chefredaktion der Zeitung betont, dass die Redaktion alle Recherchestandards eingehalten habe. Der Beschwerdeführer könne nicht darüber befinden, ob ein solcher Fall in der Zeitung noch einmal aufgenommen werde. Die im Text erwähnten Videoaufnahmen seien zwar eineinhalb Jahre alt, doch habe sich die Situation in dem Heim seitdem nicht wesentlich gebessert. (2006)
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Die örtliche Zeitung kommentiert eine Sitzung der Entwicklungsgesellschaft einer Großstadt. Sie kritisiert ein Aufsichtsratsmitglied der Gesellschaft, das auch als Kommunalpolitiker aktiv ist. Dieser hatte sich gegen den Verkauf eines städtischen Objekts an einen englischen Investor gewandt. Begründung: Die Engländer “wollen doch nur Geld verdienen”. Der Kommentator meint, angesichts dieser Argumentation könne man sich ja “mit Fug und Recht biegen vor Lachen”. Er belehrt den Kommunalpolitiker, dass es in unserem Land nicht verboten sei, Geld zu verdienen. Der Kritisierte wendet sich an den Deutschen Presserat. Er vertritt die Auffassung, alleiniges Ziel des Artikels sei es, ihn in der Öffentlichkeit zu diffamieren und herabzusetzen. In der Sitzung der Entwicklungsgesellschaft habe er sich kritisch zu dem Umstand geäußert, dass mit einer Briefkastenfirma Verträge abgeschlossen werden sollten. Um nichts anderes handle es sich bei dem Kaufinteressenten. Er halte den Verkauf des städtischen Objekts im Hinblick auf der Stadt anvertraute Steuermittel für verantwortungslos. Um die Gewinne des Investors sei es ihm nicht gegangen. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass der Autor des Kommentars vor der Veröffentlichung nicht mit ihm gesprochen habe. Die Rechtsabteilung der Zeitung stellt fest, dass der monierte Kommentar nicht auf die Diffamierung des Kommunalpolitikers abgezielt habe. Das Protokoll der Sitzung habe als Grundlage für die Kommentierung gedient. Darin sei festgehalten, dass der Beschwerdeführer die Auffassung vertreten habe, mit dem Verkauf seien zu viele Risiken verbunden. Hauptrisiko sei für ihn, dass mit irgendwelchen Briefkastenfirmen Geschäfte gemacht würden. Auch habe er bemängelt, dass die Investoren nur Geld anlegen und verdienen wollten. (2006)
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In der Kolumne einer Boulevardzeitung geht es um einen verurteilten Kindermörder und die von diesem beabsichtigte Gründung einer Stiftung für misshandelte Kinder. Der Autor bezeichnet den Täter als “Arschloch” und “Schwein”. Die Rechtsvertretung des verurteilten Mörders sieht in der Veröffentlichung eine Schmähkritik und wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Aussagen dienten ausschließlich der Herabwürdigung des Verurteilten. Sie verletzten seine Menschenwürde und seine Ehre. Die Rechtsabteilung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, die Wertungen des Autors bewegten sich im Rahmen der Meinungsfreiheit. Es sei bekannt, dass die Kolumne scharf sei und sich einer überspitzten Sprache bediene. Stilmittel des Autors sei die politische Unkorrektheit. In dem angegriffenen Beitrag gehe es um eine Auseinandersetzung in der Sache und nicht um die Diffamierung einer Person. Der Täter füge der Verwerflichkeit seines Mordes an einem Kind eine weitere Stufe hinzu, indem er seine traurige Popularität und seine Straftat nutze, um sich zum Gutmenschen zu stilisieren. Er benutze den Mord an dem Kind für seine Selbstdarstellung. Diese Art der Selbstinszenierung kommentiere der Autor mit den schärfsten Stilmitteln, die die deutsche Sprache biete. Die Grenze zur Schmähung werde jedoch nicht überschritten. Die gewählten Bezeichnungen könnten in Einzelfällen Formalbeleidigungen darstellen. Ob sie dies letztendlich seien, entscheide sich immer anhand der Gesamtäußerung. (2006)
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Eine Computer-Fachzeitschrift veröffentlicht einen Artikel über Downloads von Raubkopien chinesischer Websites. Der Beitrag wird auf der Titelseite mit der Schlagzeile “Chinas illegale Download-Sites” angekündigt. Die Zeitschrift informiert ihre Leser, wie man diese Seiten findet und was beim Herunterladen beachtet werden sollte. Zwei Ausgaben später veröffentlicht sie einen weiteren Artikel, den sie auf der Titelseite mit der Schlagzeile “Hier klaut Deutschland” anreißt. Die Rechtsvertretung von sechs Unternehmen der deutschen Musikwirtschaft sieht in der Berichterstattung Anleitungen zu strafbaren Handlungen und wendet sich an den Deutschen Presserat. Unter dem Deckmantel seriöser Berichterstattung erhalte der Leser eine Anleitung, wo und wie er sich Raubkopien beschaffen könne. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift hält die Vorwürfe der Beschwerdeführer für neben der Sache liegend. Es könne keine Rede davon sein, dass die Redaktion Anleitungen zum Rechtsbruch gebe. Die Redaktion berichte lediglich, dass sich die Chinesen um das Urheberrecht nicht kümmerten. Die Aufmachung drücke eher Unverständnis über die Dreistigkeit der Chinesen im Umgang mit dem Urheberrecht aus. Jede andere Interpretation des Beitrags sei falsch. Auch die Vorwürfe gegen den Inhalt des Artikels entbehrten jeder Grundlage. Die Redaktion distanziere sich klar von den Anbietern der chinesischen Websites. Zahlreiche Formulierungen untermauerten diese Aussage. Auch in dem folgenden Beitrag sieht die Rechtsvertretung des Blattes eine neutrale Berichterstattung. Eindeutig habe die Redaktion keine Anleitung zum illegalen Bezug geschützter Inhalte gegeben. Vorgestellt und verglichen habe sie lediglich die beliebtesten und jedermann bekannten Tauschnetzwerke. Am Ende sei festgestellt worden, dass das “Usernet” für Sauger illegaler Inhalte ganz klar die erste Wahl sei. Die Erwähnung dieses Testsiegers sei ebenso wie der gesamte Bericht presseethisch nicht angreifbar. Der Beschwerdeführer verkenne grundlegend, dass man auch über “Verbotenes” berichten dürfe. (2006)
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Unter der Überschrift „Frau Richterin warum schützen Sie diesen Verbrecher?“ berichtet ein Boulevardblatt über den Prozess gegen einen 19-jährigen Angeklagten, der an einer Schießerei mit mehreren Personen beteiligt war, die einem Menschen das Leben kostete. In dem Bericht wird behauptet, der Angeklagte habe auf offener Straße mit einem Revolver wahllos auf unbeteiligte Menschen geschossen und diese verletzt. Zu Beginn des Verfahrens habe die Richterin die Öffentlichkeit zum Schutz des noch heranwachsenden Täters ausgeschlossen. Der Anwalt des Angeklagten prangert einen Verstoß gegen Ziffer 13, Richtlinie 13.2, des Pressekodex an. In diesem Teil des Pressekodex ist das Gebot enthalten, bei Ermittlungs- und Strafverfahren gegen Jugendliche besondere Zurückhaltung zu üben. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Sein nicht vorbestrafter Mandant sei von der Zeitung als Verbrecher bezeichnet worden, obwohl es in dem Verfahren kein Urteil gebe. Die Öffentlichkeit sei in dem Verfahren ausgeschlossen worden, um den Heranwachsenden zu schützen. Darauf sei auch in der Berichterstattung Rücksicht zu nehmen. Die Rechtsabteilung der Zeitung verweist darauf, dass sich der 19-jährige Täter auf der Schwelle zum Erwachsenenstrafrecht befinde. Die Richtlinie 13.2 gelte daher nur eingeschränkt. Eine identifizierende Berichterstattung sei danach nicht ausgeschlossen. Auch sei der mutmaßliche Täter weitgehend geständig. Die Anklage gehe zudem davon aus, dass der 19-jährige tödliche Verletzungen der im Zielbereich seiner Waffe stehenden Personen billigend in Kauf genommen habe. Die vom Angeklagten zugegebene Tat sei in ihrer Art und Ausführung so erschreckend, dass darüber habe berichtet werden dürfen. Letztlich richte sich die Überschrift in erster Linie gegen die Entscheidung des Gerichts, die Öffentlichkeit auszuschließen. Diesen Ausschluss könne die Presse nicht akzeptieren, weil es um die gerichtliche Aufarbeitung eines Verbrechens gehe. (2006)
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Unter der Überschrift „Verärgert über Ferndiagnose“ berichtet eine Regionalzeitung über das mutmaßliche Fehlverhalten eines namentlich genannten Arztes. Dieser, so das Blatt, habe während seines Wochenenddienstes einen Notruf nicht ernst genug genommen. Anstatt die Patientin wegen ihrer telefonisch geschilderten Kopfschmerzen ins Krankenhaus zu schicken, habe er die Einnahme eines Schmerzmittels empfohlen. Die Patientin sei später mit Gehirnblutungen auf die neurologische Intensivstation eines Krankenhauses gebracht worden. Der Anwalt des Arztes hält die Namensnennung für unverhältnismäßig. Sein Mandant sei damit der Gefahr ausgesetzt, in der öffentlichen Meinung herabgesetzt zu werden. Er bezeichnet die Berichterstattung als einseitig. Der Redakteur habe nicht alle zur Verfügung stehenden Informationsquellen ausgeschöpft. Er habe mit der Behauptung, die Patientin habe es einer besorgten Nachbarin zu verdanken, dass sie überhaupt noch lebe, gegen die Wahrheitspflicht verstoßen. Der Anwalt wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Redaktion weist ausdrücklich darauf hin, dass der Arzt gegenüber der Zeitung Versäumnisse eingeräumt habe. Die Namensnennung sei journalistisch motiviert gewesen, da die örtliche Ärzteschaft einen öffentlichen, dem Gemeinwohl dienenden Auftrag wahrnehme, nämlich die ärztliche Versorgung der Bevölkerung zu sichern. Notrufregelung und Hausärztemangel seien in der Stadt ein heikles Thema. Der konkrete Fall sei dargestellt worden, um zu zeigen, was passieren könne, wenn die Notrufzentrale einen Anrufer an einen Arzt verweise, der – ohne den Patienten zu sehen oder zu kennen – eine unzutreffende Ferndiagnose stelle. Das öffentliche Interesse an dem Fall überwiege die privaten Interessen des Beschwerdeführers. Der sei im Übrigen am Tag nach dem Erscheinen des beanstandeten Artikels umfassend zu Wort gekommen. Der Artikel – so die Redaktion weiter – sei sorgfältig recherchiert gewesen. Der Redakteur habe mit den Angehörigen, mehrfach mit dem Arzt und auch mit einem Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung gesprochen. Der Arzt habe offen zugegeben, dass er „den Fall vielleicht zu wenig hinterfragt“ habe. Für ihn habe kein Notfall vorgelegen. Die Passage, wonach für die Patientin Lebensgefahr bestanden habe, sei durch die recherchierten Fakten gedeckt. (2006)
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