Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Religion eines Verdächtigen genannt

„31 … unter Kinderporno-Verdacht“ titelt eine überregionale Zeitung über eine Razzia in einer Großstadt. Die Verdächtigen sollen Kinderpornos besessen und verbreitet haben. Der Vorwurf richte sich gegen Männer, unter denen sich ein Zeuge Jehovas, ein ehrenamtlicher Jugendbetreuer und ein Ex-Soldat befänden. Die Frau des Beschuldigten, der den Zeugen Jehovas angehört, habe - so die Zeitung – fassungslos reagiert. Ein Angehöriger dieser Glaubensrichtung beanstandet, dass die Zeitung die Religionszugehörigkeit eines der Verdächtigen genannt habe. Dies sei bei keinem anderen der Verdächtigen geschehen. Eine neutral formulierte Berichterstattung wäre angemessen gewesen. Vorurteile und Intoleranz in der Bevölkerung würden so gefestigt und Angehörige der Religionsgemeinschaft am Arbeitsplatz und in der Schule diskriminiert und ausgegrenzt. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Redaktion vertritt die Auffassung, dass die Namensnennung publizistisch veranlasst war, weil die Zeugen Jehovas von ihren Mitgliedern die Einhaltung sittlicher Werte einfordere, denen sie nicht immer gerecht würden. Der Chefredakteur gibt zu bedenken, dass nur Angehörige sozialer Gruppen angeführt worden seien, die aufgrund ihrer Stellung, ihrer Tätigkeit oder ihrer ethnischen und moralischen Vorstellungen ein hohes Ansehen und großes Vertrauen in der Bevölkerung genießen. Dadurch werde deutlich, dass das Phänomen Kinderpornografie alle gesellschaftlichen Gruppen erfasse, auch solche, die aufgrund ihrer Bildung und ihrer moralischen Werte besonders vertrauenswürdig erschienen. Die Zeitung nimmt ein öffentliches Interesse an der Berichterstattung über sexuelle Übergriffe auf Kinder für sich in Anspruch. Die Öffentlichkeit sei bei diesem Thema in hohem Maße sensibilisiert. (2006)

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Siebenmal erwähnt: Täter ist Italiener

Eine Lokalzeitung berichtet unter dem Titel “Betrug im ….-Werk: Italiener ergaunert 54.000 Euro am Getränke-Automaten!” über die Verurteilung eines 38-Jährigen wegen Manipulation von Guthabenkarten für Automaten. In dem Beitrag wird siebenmal erwähnt, dass es sich bei dem Angeklagten um einen Italiener handelt. Ein Leser der Zeitung kritisiert die häufige Nennung der Staatsangehörigkeit. Ein Bezug zwischen Nationalität und Straftat sei nicht zu erkennen. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Zeitung entgegnet, die Bezeichnung “Italiener” sei in der Stadt eher positiv als negativ besetzt. Seit Jahrzehnten lebten hier viele Italiener. Italien sei hier allgegenwärtig, vom Straßennamen bis zum Ortsbürgermeister, vor allem jedoch im Werk. Der in der Beschwerde auftauchende Begriff einer ethnischen Minderheit sei vor diesem Hintergrund nicht stichhaltig. Nichts in dem Artikel deute auf eine Absicht hin, eine Einzelperson oder eine Gruppe zu diskriminieren. Die Zeitung weist darauf hin, dass außer dem Beschwerdeführer niemand an dem Artikel Anstoß genommen habe, offenbar nicht einmal der Täter selbst. Kein italienischer Politiker, kein Gewerkschafter, kein Geschäftsmann und kein Leser hätte negativ reagiert. (2006)

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Unter dem Verdacht der Kinderpornografie

Unter der Überschrift „Schlag gegen Kinderpornografie“ berichtet eine überregionale Zeitung über eine Großrazzia gegen 31 Personen, die unter dem Verdacht stehen, Kinderpornos angefertigt und verbreitet zu haben. Der Vorwurf richtet sich gegen Männer, unter denen sich ein Zeuge Jehovas, ein ehrenamtlicher Jugendbetreuer und ein Ex-Soldat befinden. Der Beschwerdeführer, ein Zeuge Jehovas, der den Deutschen Presserat anruft, kritisiert die Erwähnung der Religionszugehörigkeit im Fall eines Verdächtigen. Dies sei bei keinem der übrigen dreißig Männer geschehen. Er mahnt eine neutral formulierte Berichterstattung an. Die Zeitung hätte Vorurteile und Intoleranz in der Bevölkerung gefestigt und Angehörige der Religionsgemeinschaft am Arbeitsplatz und in der Schule diskriminiert und ausgegrenzt. Die Rechtsabteilung der Zeitung erklärt, es sei nicht ihre Absicht gewesen, die Religionsgemeinschaft in Misskredit zu bringen. Dies sei erkennbar nicht der Fall, weil in zwei anderen Fällen die Berufe der Verdächtigen angegeben worden seien. Die Angaben sollten verdeutlichen, dass zum Kreis der Verdächtigen Personen aus allen Gesellschaftsschichten gehören. Gerade diese Männer bewegten sich in Kreisen, in denen ein besonders integres Verhalten vorausgesetzt werde. Die Berichterstattung habe sich nicht auf die Zeugen Jehovas, sondern auf den unter Verdacht stehenden Mann bezogen. (2006)

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Magnete, Wasser, Schleichwerbung

“Die Kraft der Magneten für Wasser nutzen” titelt eine Regionalzeitung über einen Beitrag zu ihrem Gewinnspiel. Preise sind drei Magnetsticks und zwei Magnet-Armbänder. Die Produkte werden ausführlich beschrieben; am Ende wird ein Hinweis auf den Hersteller und seine Web-Seite gebracht. Ein Leser ist der Ansicht, dass es sich um Schleichwerbung handelt. Zudem werde der falsche Eindruck erweckt, als könnten Magnete Wasser verändern. Er kritisiert die unangemessene Darstellung eines medizinischen Themas und wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Zeitung steht auf dem Standpunkt, dass es sich bei dem beanstandeten Beitrag erkennbar nicht um einen redaktionellen Artikel, sondern um ein Gewinnspiel handelt, das das Blatt gemeinsam mit dem Hersteller veranstaltet habe. Gewinnspiele zählten zwar zum redaktionellen Teil, doch seien in diesem Fall weniger strenge Maßstäbe anzulegen, als das bei meinungsbildender Berichterstattung erforderlich sei. Eine unangemessen sensationelle Darstellung eines medizinischen Themas kann die Zeitung nicht erkennen. In dem Artikel heiße es ausdrücklich, dass es sich bei dem bearbeiteten Wasser gerade nicht um eine Medizin handle; es sei auch nicht in der Lage zu heilen. (2006)

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Den Täter von 1979 namentlich genannt

Eine Regionalzeitung schreibt über einen Mordfall. Dabei wird auch berichtet, dass das Opfer im Jahr 1979 schon einmal überfallen wurde. Der damalige Täter wird namentlich genannt. Es handele sich um den Stiefbruder einer ebenfalls namentlich genannten „Rotlichtgröße“. Mehrfach wird ein Oberstaatsanwalt mit der Anmerkung zitiert, das Mordopfer sei nicht dem Rotlichtmilieu zuzuordnen. Ein Leser beschwert sich darüber, dass der Täter eines fast 30 Jahre zurückliegenden Verbrechens namentlich genannt wird. Es sei unverständlich, nach so langer Zeit die damalige Straftat wieder aufzugreifen. Möglicherweise seien die Beteiligten längst in ein „normales“ Leben zurückgekehrt und hätten Familie, Kinder und Freunde, die womöglich bislang nicht über die damaligen Taten, Strafen etc. informiert gewesen seien. Nach Auskunft des Justitiariats der Zeitung sei es bei der Berichterstattung darum gegangen, Gerüchte über Kontakte des Mordopfers zum Rotlichtmilieu auszuräumen. Man habe die Öffentlichkeit darüber informieren wollen, dass das Opfer sein Vermögen auf legale Weise und durch ehrbare Geschäfte erwirtschaftet habe. Die Zeitung räumt ein, dass es vor dem Hintergrund der Richtlinie 8.3, die sich mit der Resozialisierung von Straftätern befasst, besser gewesen wäre, den Namen des Betroffenen abzukürzen. Die Rechtsvertretung der Zeitung weist jedoch auch auf den Passus in Richtlinie 8.3 hin, demzufolge eine Namensnennung dann nicht ungerechtfertigt ist, wenn aktuelle Ereignisse einen direkten Bezug zum früheren Vorgang aufwiesen. Der Bezug sei hier durch das Opfer selbst hergestellt, das bereits 1979 Leidtragender einer Straftat gewesen sei. (2006)

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Zeitungen verletzen Datenschutzregeln

Zwei Regionalzeitungen berichten, dass Formulare mit persönlichen Daten von Kindergartenkindern an einer Straße gefunden wurden. In dem Bericht heißt es, die Bögen seien offensichtlich von Lehrern einer bestimmten Schule ausgefüllt worden, die zur Einschulung anstehende Kinder beobachtet hätten. Die Bögen enthalten Initialen der Lehrer, die mit vielen Details zitiert werden, wie sie einzelne Kinder einschätzen. Die Namen der potentiellen ABC-Schützen sind verändert. Im Artikel ist ein Foto der Beurteilungsbögen platziert. Die Namen der beobachteten Kinder sind gepixelt, doch sind die Namen einiger anderer lesbar, die mit den begutachteten Sprösslingen in Verbindung stehen. Die Schulleiterin beanstandet, dass der Artikel die Würde und persönliche Integrität einiger Kinder und Lehrer angreife. Die Namen einiger Schulaspiranten seien zu lesen. Namen und Initialen könnten an einer kleinen Schule leicht bestimmten Lehrkräften zugeordnet werden. Sie kritisiert außerdem, dass die Redaktion die Beobachtungsbögen trotz mehrfacher Aufforderung nicht an die Schule herausgegeben hat. Die Schulleiterin und die Vorsitzende des Elternbeirats rufen den Deutschen Presserat an. Die Chefredakteurin einer der beiden Zeitungen beruft sich darauf, dass die Kinder in dem Textbeitrag unkenntlich gemacht worden seien. Es sei von öffentlichem Interesse gewesen, offen zu legen, dass eine öffentliche Einrichtung mit vertraulichen Informationen nachlässig umgehe. Eine Lehrerin habe die Unterlagen im normalen Müll entsorgt, ohne sie zu schreddern oder zumindest die Identifizierung unmöglich zu machen. Die Redaktion habe die Bögen als wichtige Unterlage bei sich behalten, um die Glaubwürdigkeit des Beschriebenen zu belegen. Der Chefredakteur der zweiten Zeitung gibt zu dem Vorgang keine Stellungnahme ab. (2006)

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“Mini-OP” mit erheblichen Risiken

“Mini-OP: Endlich keine Kopfschmerzen mehr!” titelt eine Zeitschrift. Der Artikel beschäftigt sich mit einer Patientin, bei der erfolgreich eine neue Heilmethode gegen Cluster-Kopfschmerzen angewandt wurde. Dazu erforderlich sei eine dreistündige Operation, bei der eine Gehirn-Elektrode eingepflanzt wird. In einem beigestellten Kasten wird mitgeteilt, dass die OP noch neu ist und erst bei 20 Patienten durchgeführt wurde. Der Bundesverband der Selbsthilfe-Gruppen für Menschen, die an Cluster-Kopfschmerzen erkrankt sind, kritisiert eine einseitige und zu positive Darstellung im Sinne der Ziffer 14 des Pressekodex. Insbesondere die Überschrift sei eine unangemessen sensationelle Darstellung. In einem der 20 erwähnten Fälle sei der Patient gestorben. Bei einem zweiten sei es zu einer dramatischen Verschlechterung des Zustands gekommen. Der Begriff “Mini-OP” in der Überschrift für eine dreistündige Operation sei eine eindeutige Übertreibung. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift erklärt zu der Überschrift des Beitrages, sie gebe die Äußerung einer Patientin wieder. Dies möge zwar nach medizinischen Grundsätzen objektiv anders zu beurteilen sein, ändere aber nichts an der zulässigen Meinungsäußerung. Der Artikel, so die Rechtsabteilung weiter, sei von einer erfahrenen Medizinjournalistin geschrieben worden, die sich eng mit dem behandelnden Arzt abgestimmt habe. Auch die Information über die bisher 20 operierten Patienten sorge dafür, dass bei potentiellen Patienten keine unbegründeten Hoffnungen geweckt würden. (2006)

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Autofahrer tappen in die Radarfalle

Die Radarüberwachung der Polizei auf einem Autobahnteilstück ist Thema eines Kommentars in einer Boulevardzeitung. Darin ist die Rede von “purer Abzocke”. “Ohne Vorwarnung” hätten die Behörden ein Tempo-80-Schild an den Straßenrand gestellt. Dort hätte es vorher keine Tempobeschränkung gegeben. Binnen 48 Stunden seien etwa 2000 Autofahrer in die Radarfalle getappt. Es sei eine nackte Gemeinheit, so der Kommentator, wenn man Pendlern auf ihrer gewohnten Strecke mit Tempolimits auflauere und “ohne jede Schonfrist” Geld und Führerscheine abkassiere. Der Beschwerdeführer, eine Blogger-Initiative, ist der Auffassung, dass der Kommentator den Eindruck erweckt, als sei an der Strecke vorher keine Geschwindigkeitsbegrenzung gültig gewesen. Dies sei aber falsch. Die Begrenzung habe vorher bei 100 km/h gelegen und sei dann auf 80 km/h gesenkt worden. Bei der Radaraktion seien nur Fahrzeuge mit einer Geschwindigkeit von mehr als 100 km/h geblitzt worden. Eine Schonfrist habe es durchaus gegeben. Die Messungen hätten erst vier Wochen nach Änderung der Höchstgeschwindigkeit und der Aufstellung der entsprechenden Schilder begonnen. Außerdem sei erst nach dem dritten Schild geblitzt worden. Es sei also falsch, dass man die Autofahrer in eine Radarfalle habe tappen lassen. Der Beschwerdeführer wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, dass man für den Kommentar die Freiheit der Meinungsäußerung in Anspruch nehme und hier vor allem das Recht, ein Thema zu überspitzen und plakativ zu überzeichnen. Kern der Kommentar-Kritik sei, dass durch eine falsche behördliche Maßnahme viel Geld nach Geschwindigkeitsübertretungen eingenommen werde, ohne dass die eigentliche Ursache für die Unfälle in diesem Bereich, nämlich die Straßenschäden, behoben würde. Dies werde von dem Beschwerdeführer ebenso wenig bestritten wie die Tatsache, dass eine große Zahl von Autofahrern in die Blitzfalle gegangen sei. Dass der Kommentar bei der zuständigen Behörde richtig verstanden worden sei, werde durch die Tatsache belegt, dass inzwischen eine Warnung “Achtung, Radarkontrolle!” als “Vorwarnung” eingerichtet worden sei. Das sei, so die Zeitung, ein Indiz dafür, dass die Behörden ihre Maßnahme nicht für geeignet hielten, das Grundproblem für die Unfälle zu lösen. (2006)

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Auf Ableben der Mandantin spekuliert?

In einer Lokalzeitung wird unter Nennung des vollen Namens in Überschrift und Text berichtet, dass ein Rechtsanwalt die Konsequenzen aus seinem Fehlverhalten gezogen habe. Der Vorwurf gegen den Juristen: Er habe eine erhebliche Geldsumme, die einer Mandantin aus einem Verkehrsunfallschaden zustand, nicht an diese weitergeleitet. Nach Darstellung der Zeitung mutmaßt der neue Anwalt der Frau, der Kollege habe das Geld „offenbar in der Spekulation auf ein baldiges Ableben“ seiner Mandantin nicht „zeitnah“ nach Erhalt weitergeleitet. Die Zeitung berichtet, der erste Anwalt habe sein Fehlverhalten zugegeben. Als Stadtverordneter und ehemaliger Chef des örtlichen Fußballclubs sei der Mann stadtbekannt und gelte sogar als Person des öffentlichen Lebens. Die Zeitung berichtet zunächst, der Rechtsanwalt werde aufgrund des Vorfalls sein Stadtratsmandat zurückgeben. Später ergänzt sie, er habe seine Ankündigung wahr gemacht. Der Anwalt, der den Deutschen Presserat anruft, wendet sich gegen die Behauptung, er habe die Vorwürfe eingeräumt. Dies entspreche nicht der Wahrheit. Weder gegenüber der Rechtsanwaltskammer noch gegenüber dem verantwortlichen Redakteur habe er sich zum Schuldvorwurf geäußert. Er habe lediglich mitgeteilt, dass ihm die Schecks zugegangen seien. Auch habe er in Aussicht gestellt, dass er sein Stadtratsmandat möglicherweise niederlegen werde. Er habe dem Redakteur jedoch mitgeteilt, dass er darüber noch nicht entschieden habe. Der Beschwerdeführer meint, das Gespräch sei auf massives Drängen des Redakteurs zustande gekommen. Im Übrigen habe die Zeitung das Motiv für die Einbehaltung des Geldes frei erfunden. Der Rechtsanwalt kritisiert schließlich die Nennung seines Namens in den ersten beiden Artikeln. Dies sei selbst im Hinblick auf sein kommunales Mandat unzulässig gewesen. Es sei schließlich nicht gerechtfertigt gewesen, später im Jahresrückblick der Zeitung seinen Namen zu nennen, da er zu diesem Zeitpunkt schon kein Stadtverordneter mehr gewesen sei. Die Zeitung teilt mit, der Anwalt sei nicht zum Gespräch gedrängt worden. Vielmehr habe sie ihm die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Dabei sei er darüber aufgeklärt worden, dass der Bericht über ihn auch ohne seine Stellungsnahme erscheinen werde, wenn er diese verweigere. Erst daraufhin sei es zum Gespräch gekommen. Dabei sei dem Beschwerdeführer gesagt worden, der Redaktion liege das Schreiben an die zuständige Rechtsanwaltskammer vor, in dem er die Vorwürfe eingeräumt habe. Darauf hin habe er der Redaktion gegenüber die Vorwürfe bestätigt. Aus seinen Worten sei Erleichterung darüber hervorgegangen, dass er nun endlich gegenüber seiner privaten, beruflichen und gesellschaftlichen Umgebung reinen Tisch machen könne. Er habe außerdem den „unausweichlichen Schlussschritt“ angekündigt, sein Mandat als Stadtverordneter niederzulegen. Der Geschäftsführer der Zeitung hält es ausnahmsweise für gerechtfertigt, den Namen des Anwalts zu nennen, da so dessen Berufskollegen geschont wurde. (2006)

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Unter dem Verdacht der Untreue

Unter dem Titel “Razzia – Akten hinterm Notausgang” berichtet ein Nachrichtenmagazin über Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und LKA gegen den Präsidenten einer islamischen Religionsgemeinschaft wegen des Verdachts der Untreue. Dieser sieht eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch die Nennung seines Namens und die Veröffentlichung seines Fotos. Er ist der Ansicht, dass er keine Person der Zeitgeschichte sei und seine Angelegenheiten nicht von öffentlichem Interesse seien. Die Ermittlungen stünden erst am Anfang, weshalb eine Berichterstattung nicht gerechtfertigt sei. Außerdem seien Sachverhalte in dem Beitrag falsch dargestellt worden. Schließlich sei es falsch, dass der Verfassungsschutz mutmaßliche Verbindungen zu der islamischen Organisation Milli Görüs überprüfe. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Rechtsanwalt der Zeitschrift betont, dass der Beschwerdeführer zumindest in seinem regionalen Umfeld sehr bekannt sei. Er äußere sich immer wieder zu allen möglichen Themen, die Muslime in Deutschland beträfen. Somit bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse am Verdacht von Unregelmäßigkeiten seiner Amtsführung. Ebenso schwer wiege der Verdacht des Missbrauchs öffentlicher Gelder. Unstrittig sei auch, dass in einer der Religionsgemeinschaft zuzuordnenden Moschee Dokumente der vom Verfassungsschutz beobachteten Gruppierung Milli Görüs gefunden worden seien. (2006)

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