Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Falsche Tatsachenbehauptung

Unter der Überschrift „Mein Papa ist in Amerika, meine Mami tröstet mich“ berichtet eine Boulevardzeitung über die Trauerfeier einer deutschen berufsbildenden Schule für die Attentatsopfer von New York. In dem Beitrag wird erwähnt, dass sich bei der Feier Jugendliche auch jubelnd in die Arme gefallen seien. Eine „geschockte Mutter“ wird dahingehend zitiert, dass es an der Schule 80 bis 100 palästinensische Kinder gebe, von denen viele die ganze Nacht durch gefeiert hätten. Weiterhin heißt es, dass sieben muslimische Freundinnen triumphierend die Schweigekundgebung verlassen hätten. Der Leiter der genannten Schule wendet sich mit einer Beschwerde an den Deutschen Presserat und beklagt darin ein falsches Zitat. Seine neutrale Aussage sei einer nicht existenten Mutter in den Mund gelegt und mit einem unerträglichen Zusatz versehen worden. Während der Feier habe es keine Jubelszenen gegeben. Es sei im Gegenteil eine sehr würdige und ruhige Versammlung gewesen. Die Redaktionsleitung der Zeitung teilt in ihrer Stellungnahme mit, die Autorin des Beitrages habe nicht nur mit einer Mutter, sondern mit mehreren Personen gesprochen. Diese hätten bestätigt, dass nicht alle Schüler die Trauer anlässlich des Terroranschlages geteilt hätten. Sie hätten berichtet, dass Schüler an Stelle von Trauer die Nacht durchgefeiert hätten. Auch in der örtlichen Zeitung sei unter Bezugnahme auf Lehrer berichtet worden, dass es Schüler gegeben habe, die durchgefeiert und Genugtuung empfunden hätten. (2001)

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Identifizierung

Unter der Überschrift „Fauler Postbote – 1400 Briefe in Garage versteckt“ berichtet eine Boulevardzeitung über einen Postboten, der 19 Jahre ein braver Briefträger gewesen sei, bis ihn Frau und Kinder verlassen hätten. Seitdem beschwerten sich immer mehr Postkunden über verspätete oder ausgebliebene Sendungen, so die Zeitung. Post-Ermittler und Polizei hätten schließlich in der Garage des Mannes acht gefüllte Postsäcke gefunden. Er habe halt pünktlich um 12.30 Uhr Feierabend gemacht, zitiert das Blatt den Mann. Was mittags nicht zugestellt sei, müsse eben warten. Die Polizei halte den Mann für krank. Die Nachbarn hätten gesagt, er sei faul. Die Zeitung zeigt ein Foto des Betroffenen, abgedeckt mit einem Augenbalken. Sie nennt Vornamen, Initial des Nachnamens und Alter, gibt die Orte an, in denen er tätig war und zeigt Haus und Garage, in der die nicht ausgetragene Post gelagert war. Die Veröffentlichung löst eine Beschwerde beim Deutschen Presserat aus. Nach Ansicht eines Lesers wird der Briefträger durch die Angaben und die Fotos identifizierbar. Gleiches gelte für seine Frau und seine Kinder. Die Redaktionsleitung äußert sich dahingehend, dass mit der Beschreibung der vorgeworfenen und auch strafrechtlich relevanten Tat die Menschenwürde weder des Briefträgers noch die seiner Familie attackiert worden sei. Dass bei mutmaßlichen Straftaten eines Familienmitgliedes auch die Familie in Mitleidenschaft gezogen werden könne, sei generell nicht auszuschließen. Dies könne aber nicht dazu führen, dass deshalb eine Berichterstattung unterlassen oder so verfremdet werde, dass niemand mehr mit korrekten Fakten konfrontiert werden dürfe. Eine Identifizierung des Mannes sei nicht möglich, da er auf dem Foto eindeutig „gebalkt“ abgebildet worden sei. Auch die Ansicht der Garage sei ohne weiteres Merkmal gezeigt worden. Sämtliche in der Berichterstattung wiedergegebenen Fakten seien unstreitig. Selbst der betroffene Postbote habe dies gegenüber der Zeitung bestätigt. Von einer Vorverurteilung könne deshalb keine Rede sein. (2001)

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Selbsttötungsversuch

Ein 26-jähriger lebensmüder Mann auf dem Dach eines Parkhauses hält eineinhalb Stunden 40 Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr in Atem. Um Schaulustige fern zu halten, wird die Straße gesperrt. Spezialisten der Polizei verhandeln mit dem Mann . Erst nachdem der per Hubschrauber herbeigeholte Vater mit dem Sohn gesprochen hat, gelingt es, die Situation zu entspannen. Die Zeitung am Ort berichtet ausführlich über den Vorgang, zeigt im Foto die abgesperrte Straße und den Betroffenen – von hinten fotografiert – auf dem Dach im Gespräch mit seiner Betreuerin. In dem Beitrag wird darauf hingewiesen, dass der Betroffene psychische Probleme hat. Ausgelöst worden sei seine Kurzschlussreaktion laut Polizei durch private Probleme. Seine schwangere Freundin soll ihm am Morgen mitgeteilt haben, dass sie sich von ihm trennen wolle. Schließlich wird berichtet, dass der Mann der Polizei nicht unbekannt sei. Aufgefallen sei er bereits durch Gewaltdelikte. Als Bewährungsauflage müsse er zur Zeit in einer Werkstatt für psychisch Kranke arbeiten. Einem Leser missfällt diese Art der Berichterstattung. Er beschwert sich beim Deutschen Presserat mit der Anmerkung, dass hier die bei Selbstmordversuchen gebotene Zurückhaltung nicht beachtet worden sei. Die Chefredaktion der Zeitung versichert, dass die ihr in Richtlinie 8.4 (=> heute Richtlinie 8.5) gebotene Zurückhaltung in solchen Fällen bewusst sei. Im konkreten Fall habe sich der Suizidversuch allerdings in der stark frequentierten Fußgängerzone der Stadt abgespielt und sei demzufolge von vielen Menschen beobachtet worden. Insofern habe man der Chronistenpflicht nachkommen und darüber berichten müssen. Die Persönlichkeitsrechte des jungen Mannes seien gewahrt geblieben. Man habe seinen Namen nicht genannt und auf dem Foto sei er nur von hinten zu sehen und somit nicht zu erkennen. (2001)

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Krankheit

Eine Zeitschrift berichtet unter der Überschrift „Jagd auf Europas Angsthasen“ über Männer-Ängste, welche die Gesundheit betreffen. In der Unterzeile heißt es, das sei typisch Europa: Vor allem werde gewarnt – vor zuckenden Kühen, strahlenden Handys, Antibiotika im Fleisch und dem Tod in der Economy Class. Doch die meisten Risiken würden völlig überschätzt. Über den „Neo-Klassiker“ Aids berichtet das Blatt, dass sich dank eines neuen Medikamenten-Cocktails die Gesundheitsprognose von Aidskranken in den vergangenen sechs Jahren verbessert habe. Es sei jedoch ungewiss, ob das Immunsystem dadurch auf Dauer wiederhergestellt werden könne. Die eigentliche Hoffnung sei ein Impfstoff gegen die gut 180 Unterarten des Virus. Optimistische Forscher glaubten daran, dass es bis zum Ende dieses Jahrzehnts klappe. Bis es so weit sei, bleibe uns als einzig sicherer Schutz das Kondom. Ein Leser reicht den Beitrag in einer Beschwerde an den Deutschen Presserat weiter. Er ist der Ansicht, dass durch die Überschrift und den Vorspann Aids verharmlost werde. Die Chefredaktion erklärt, der Artikel stelle Aids mitnichten als überschätztes Gesundheitsrisiko dar. Aufhänger des Artikels seien verbreitete Ängste. Von denen, sage der Vorspann, würden die meisten Risiken völlig überschätzt. Dass Aids nicht unter diese Wertung falle, mache der betreffende Abschnitt in dem Artikel deutlich. Keineswegs werde dadurch der Eindruck erweckt, dass Aids durch Medikamente heilbar sei. Vielmehr werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es fragwürdig sei, ob die Medikamente auf Dauer helfen. (2001)

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Werbung und Text kombiniert

In ihrem Sonderheft „FitMama“ berichtet eine Zeitschrift über eine Pflegecreme für Schwangere. Außerdem gibt sie werdenden Müttern verschiedene Ernährungstipps. Im ersten Beitrag unter der Überschrift „Ein Hoch auf den Busen“ wird festgestellt, dass der Busen neun Monate lang ganze Arbeit leisten müsse und auf bis zu zwei Körbchengrößen anwachse. Ein Gel, dessen Name, Hersteller und Preis die Zeitschrift nennt, straffe die Haut und helfe den größer gewordenen Brüsten, der Schwerkraft zu trotzen. In einer direkt unter dem redaktionellen Beitrag stehenden Anzeige wirbt der genannte Hersteller für ein anderes Produkt in der Schönheitspflege für Schwangere. Der zweite Beitrag rät unter der Überschrift „Wohlsein!“, täglich mindestens zwei Liter Sprudel oder stilles Wasser zu trinken. Vor allem über Calcium, Magnesium und Sulfat freue sich der Körper königlich. Zwei Liter natriumarmes Wasser enthielten so viel Calcium wie vier Gläser Milch. In diesem Zusammenhang wird auf das Wasser einer bestimmten Marke verwiesen, die in einer nebenstehenden Anzeige beworben wird. Ein Leser sieht in den redaktionellen Beiträgen Schleichwerbung, da den Texten in unmittelbarer Nähe entsprechende Anzeigen beigestellt seien. Er ruft den Deutschen Presserat an. Die Chefredaktion der Zeitschrift spricht von erheblichen Belastungen der Redaktion kurz vor Redaktionsschluss. Dabei seien ihr Fehler unterlaufen. Die Parallelveröffentlichung von Anzeigen und redaktionellem Text, für den die Anzeigenkunden keine gesonderte Vergütung geleistet hätten, sei nicht beabsichtigt gewesen. Die Anzeigenkunden hätten, was die Chefredaktion für legitim halte, lediglich eine Platzierung ihrer Anzeige in einem bestimmten redaktionellen Umfeld gewünscht. In einem hausinternen Schreiben habe man inzwischen eine entsprechende Qualitätssicherung eingeführt. Die Veröffentlichung „Wohlsein!“ stelle eine Verbraucherinformation dar. Es sei tatsächlich so, dass das genannte Wasser besonders natriumarm sei. Deshalb habe der Redakteur es ausgewählt. In Zukunft werde man allerdings darauf achten, dass bei derartigen Beiträgen nicht nur ein Produkt, sondern mehrere Konkurrenzprodukte genannt würden. Der Beitrag „Ein Hoch auf den Busen“ nenne ein Gel, das neu auf dem Markt und nach Kenntnis der Chefredaktion auch einzigartig sei. Die darunter geschaltete Anzeige beziehe sich nicht auf dieses, sondern ein anderes Produkt des Herstellers. (2001)

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Vergangenheit eines Ministers

Eine Boulevardzeitung wartet unter der Überschrift „Der schmerzhafte Weg zur Wahrheit“ mit neuen Details zur „radikalen Geschichte“ der beiden Minister Trittin und Fischer auf. Unter der Zwischenüberschrift „War auch der Umweltminister gewaltbereit?“, schreibt sie, Trittin gebe sich lammfromm. In Wirklichkeit solle er Ende der 70er Jahre Organisator militanter Aktionen gewesen sein. Das Blatt zitiert einen früheren Repräsentanten des Rings Christlich Demokratischer Studenten (RCDS): „Ich habe am 20. Juni 1979 in Göttingen an einer Podiumsdiskussion unserer RCDS-Gruppe teilgenommen, die unter anderem durch massive Störungen des kommunistischen Bundes gesprengt wurde, an denen Jürgen Trittin an maßgeblicher Stelle beteiligt war.“ Ferner gibt die Zeitung die Aussage eines Teilnehmers wieder, der anonym bleiben möchte: „Trittin ist nach vorne und hat geredet. Ich habe versucht, ihm das Megafon wegzunehmen. Sofort haben sich Jungs aus seiner Gruppe auf mich geschmissen. Dabei wurde auch geprügelt.“ Trittin solle – so die Zeitung – ein Jahr vor der Diskussion über die Studienreform auch eine Veranstaltung gesprengt haben, bei welcher der damalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Bernhard Vogel (CDU) eingeladen war. Das Blatt zitiert auch zu diesem Vorfall einen Augenzeugen: „Tische gingen zu Bruch, wir mussten der Universität den Schaden ersetzen.“ Der Bundesumweltminister beschwert sich beim Deutschen Presserat. Nach seiner Ansicht liefern die Zitate und Angaben in dem Artikel keinen Beleg für die Behauptung, dass er gewaltbereit gewesen sei. Insbesondere gehe aus den in der Zeitung wiedergegebenen Zitaten von Augenzeugen nicht hervor, dass er selbst an Gewalttätigkeiten beteiligt gewesen sei. Die Berichterstattung sei gekennzeichnet von einer tendenziösen Aneinanderreihung unbewiesener Behauptungen, verkürzter Wahrheiten, vager Andeutungen und definitiver Falschbehauptungen. Die Chefredaktion der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Sie verweist auf die Aussage der Zeugen, die Jürgen Trittin inhaltlich nicht bestreite. Man möge über Begrifflichkeiten streiten, aber die Chefredaktion halte Prügeln, Zerren und so weiter durchaus für militant. Die Beteiligung an diesen Aktionen werde vom Beschwerdeführer auch nicht in Abrede gestellt. (2001)

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Vergangenheit eines Ministers

Unter der Überschrift „Der Trittin-Vermerk“ beschäftigt sich eine Sonntagszeitung mit der „extremistischen Vergangenheit“ des heutigen Bundesumweltministers Jürgen Trittin. Sie benennt ein ehemaliges Mitglied des Rings Christlich Demokratischer Studenten RCDS, das der Zeitung erstmals auch von gewalttätigen Auftritten Trittins berichtet habe. Seiner Schilderung nach war Trittin am 20. Juni 1979 im Hörsaal 011 der Universität Göttingen maßgeblich daran beteiligt, dass eine Versammlung des RCDS zur Studienreform mit 1000 Zuhörern in einem Tumult mit Wurfgeschossen und Stinkbomben unterging. Laut Zeuge habe Trittin das Podium gestürmt und einen Tisch besetzt. Er habe einem Redner das Mikrofon weggerissen und das Kabel um den Hals des Zeugen gewickelt. Der damalige Philosophie-Student habe schon gefürchtet, er würde erwürgt. Trittin sei bei der Gewaltaktion an vorderster Front gewesen. Der Bundesumweltminister weist in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat darauf hin, der von der Zeitung benannte Zeuge habe zwischenzeitlich öffentlich erklärt, dass er sich nie so geäußert habe, wie er in der Zeitung zitiert werde, und dass es den angeblichen Vorfall nicht gegeben habe. Im Göttinger Tageblatt vom 30. Januar 2001 habe er erklärt: „Von einem Strangulierungsversuch, den darüber hinaus zumindest einige der 1500 anwesenden Studenten hätten bemerken müssen, kann keine Rede sein ... Trittin hatte damit nichts zu tun.“ Der Beschwerdeführer ist der Meinung, dass die Berichterstattung der Sonntagszeitung gekennzeichnet sei von einer tendenziösen Aneinanderreihung unbewiesener Behauptungen, verkürzter Wahrheiten, vager Andeutungen und definitiver Falschbehauptungen. Der Chefredakteur der Zeitung erklärt, der Autor des Beitrages habe durchaus umfänglich recherchiert und dabei den genannten Zeugen interviewt. Der Autor bleibe auch heute dabei, dass ihn der Mann seinerzeit so wie berichtet informiert habe. So habe ihn auch der SPIEGEL in seiner Ausgabe vom 29. Januar 2001 zitiert. Mit Verwunderung habe man zur Kenntnis nehmen müssen, dass sich der Informant von seiner ursprünglichen Aussage plötzlich distanziert habe. Auf Grund einer einstweiligen Verfügung des Ministers könne diesseits im Detail zu dem ursprünglich berichteten Vorgang in Göttingen nicht eingegangen werden. Dies möge der Presserat berücksichtigen. Die Zeitung sei mit dem Beschwerdeführer überein gekommen, dass sie in einer neuerlichen Veröffentlichung ohne jede Einschränkung im Sinne des Ministers berichte und damit die Angelegenheit öffentlich aus der Welt schaffe. Dies sei in der Ausgabe vom 25. Februar 2001 auf der Seite „Politik Inland“ geschehen. (2001)

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Vergangenheit eines Ministers

Unter der Überschrift „Falsche Fotozeile in ‚Bild‘: Trittin ruft Presserat an“ berichtet eine Tageszeitung über eine Veröffentlichung in dem Boulevardblatt, die den Bundesumweltminister zu einer Beschwerde beim Deutschen Presserat veranlasst hat. Eine Passage dieses Beitrages hat den folgenden Wortlaut: „Trittin, der als ehemaliges Mitglied des kommunistischen Bundes (KB) der linksradikalen Szene angehörte und seit Wochen wegen seiner einstigen Identifizierung mit dem hämischen ‚Mescalero‘-Nachruf auf den von RAF-Terroristen ermordeten Generalbundesanwalt Buback unter Kritik steht, warf gestern der BILD-Zeitung ‚bewusste Manipulation‘ vor.“ Der Bundesumweltminister sieht in der Passage einen klaren Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht und legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Er ist der Ansicht, mit dieser Formulierung suggeriere die Zeitung entgegen der zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bestrittenen Faktenlage, dass er sich Wortlaut oder Inhalt des „Mescalero“-Textes zu eigen gemacht habe. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Der Beschwerdeführer unterlasse es geflissentlich einzuräumen, dass die Zeitung auf die einstige Einstellung Trittins zu dem durch nichts zu verteidigenden „Mescalero“-Nachruf eingegangen sei. Es sei nicht um die vom Minister heute nicht mehr bestrittene Faktenlage gegangen, sondern um die Zeit, als dieses Papier veröffentlicht worden sei. Es sei belegt, dass Trittin sich seinerzeit nicht gegen diese schmähliche Schrift ausgesprochen habe, sondern dafür gewesen sei, dass diese verbreitet werden müsse. In diesem Zusammenhang verweist der Beschwerdegegner auf diverse Veröffentlichungen in anderen Presseorganen. Der Minister räume erst jetzt eine „trotzköpfige“ Verteidigung des Nachrufes ein, und dass es ein „schwerer Fehler“ gewesen sei, für die Verbreitung einzutreten. (2001)

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Vorverurteilung

Ein Boulevardblatt fragt: „Jagd-Treiber angeschossen – War es der Regierungs-Direktor?“ Im Text wird berichtet, dass bei einer Drückjagd ein Treiber angeschossen und die Bockbüchsflinte des Verwaltungschefs der Landeseinsatzeinheit der Polizei sichergestellt worden sei. Die Zeitung nennt den Betroffenen mit vollem Namen und zeigt ein Foto des Mannes. Die Augenpartie ist mit einem Balken abgedeckt. Schließlich erwähnt sie, dass er 1998 schon einmal in die Schlagzeilen geraten sei, weil er auf seinem Grundstück auf einen Mann geschossen haben soll. Der Betroffene beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der Artikel enthalte reine Unterstellungen, Hetze und den Hinweis auf einen Vorfall im Jahre 1998. Die Staatsanwaltschaft habe seinerzeit das Ermittlungsverfahren wegen fehlenden Tatverdachts eingestellt. Die Redaktionsleitung der Zeitung weist den Vorwurf verleumderischer Hetze zurück. Der Beschwerdeführer sei unstreitig in den Verdacht geraten, möglicher Schütze gewesen zu sein, der die Schussverletzung eines Treibers verursacht hat. Deshalb ermittele auch die Staatsanwaltschaft. Dem Artikel sei aber eindeutig zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer nur in Verdacht stehe. Die Redaktionsleitung hält den Hinweis für statthaft, dass der Verdächtigte schon einmal in einen ähnlichen Vorfall verwickelt war. Richtig sei, dass man dabei auf die Einstellung des damaligen Verfahrens hätte hinweisen müssen. (2001)

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Foto falsch interpretiert

Eine Boulevardzeitung fragt in ihrer Schlagzeile: „Was machte Minister Trittin auf dieser Gewalt-Demo?“ In dem Artikel ist in unklaren Konturen das Foto einer Demonstration aus dem Jahre 1994 enthalten, in dessen Vordergrund Jürgen Trittin zu sehen ist. Im Hintergrund des Fotos, als dessen Quelle SAT 1 benannt wird, sind vermummte Personen abgebildet. In das Bild eingeblendet sind Pfeile mit der Aufschrift „Bolzenschneider“ und „Schlagstock“. In der Unterzeile des Bildes wird berichtet: „16. Juli 1994 in Göttingen: 3500 Menschen, darunter vermummte ‚Autonome‘, demonstrierten mit Schlagstock und Bolzenschneider gegen die Ermittlungen der Justiz in der linken Szene. Auf diesem Foto ist der lächelnde Jürgen Trittin zu sehen – damals grüner Landtagsabgeordneter.“ Der Bundesumweltminister legt den Beitrag dem Deutschen Presserat vor. Er beanstandet, dass in dem Beitrag nicht darauf hingewiesen wird, dass er deutlich außerhalb des durch ein Seil abgetrennten autonomen Blocks stehe, sondern im Gegenteil gerade der Eindruck erweckt werde, dass er dort quasi dazu gehöre. Das Seil werde nicht als solches interpretiert, sondern mit dem Hinweis „Schlagstock“ versehen, um die angebliche Gewalttätigkeit der Szene noch mehr zu betonen. Zudem behaupte die Zeitung, dass ein Demonstrant, der sich deutlich erkennbar an einer Autoreling festhalte, einen „Bolzenschneider“ in der Hand halte. Der Chefredakteur der Zeitung habe erklärt, das Foto sei aus dem Vorabexemplar eines Magazins abgescannt worden. Gegenüber der Vorlage seien die Ränder des Fotos für die Veröffentlichung in der Zeitung so beschnitten worden, dass der unbefangene Betrachter die genannten Gegenstände in der Tat für das halte, was die Redaktion durch ihre falsche Beschriftung behaupte. Der Chefredakteur des Blattes räumt die falsche Kennzeichnung der Gegenstände ein. Die Zeitung habe sich in der folgenden Ausgabe ebenso entschuldigt wie der Chefredakteur persönlich bei dem Minister. Der Beschwerdeführer habe die Entschuldigung angenommen. Laufende rechtliche Auseinandersetzungen seien daraufhin beendet worden. Das Foto selbst sei inhaltlich richtig und zeige den Beschwerdeführer auf einer Demonstration, bei der es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen sei, mit vermummten Chaoten. Für den Fehler bei der Einordnung der beiden Gegenstände auf dem Foto, die unzweifelhaft falsch gekennzeichnet worden seien, habe er sich persönlich entschuldigt. Den handwerklichen Fehler habe er auch in einem Interview mit dem SPIEGEL („Ich bin verantwortlich“) eingeräumt. Dem Minister sei also in vollem Umfang Genugtuung widerfahren. Für weitere Maßnahmen sieht der Chefredakteur keinen Anlass.(2001)

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