Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Eine lokale Programmzeitschrift kritisiert eine Premiere in einem Theater der Stadt. Der Autor nimmt kein Blatt vor den Mund: “Was das Theater da seinem Publikum zumutet, befindet sich in einem Maße im unterirdischen Bereich, dass selbst hartgesottene Kumpels solche Stollen meiden sollten.” Das Gefühl “Viel Lärm um Nichts” beschleiche den Besucher, wenn er auch noch in den zweifelhaften Genuss der Lektüre eines Flyers komme, der den Intendanten als zweiten Gründgens auslobe und dazu einlade, sich mit 120 Mark jährlich dem Freundeskreis des Theaters anzuschließen. Der Beitrag schließt mit der Feststellung, einzig hervorzuheben im Minusbereich der Besetzung wäre unangenehmerweise der Protagonist der Veranstaltung, der mit stetem Glupschen ins Auditorium auf einem Ton seine Texte blöke wie ein penetrierendes, steirisches Kalb mit Sehnenscheidenentzündung. Der Chefdramaturg des Theaters reicht die Veröffentlichung beim Deutschen Presserat ein. Bei dem Autor handele es sich um einen Kollegen, der an einem anderen Theater Regie führe und dessen Bewerbung um den Posten des Chefdramaturgen in dem von ihm jetzt kritisierten Haus abgelehnt worden sei. Nach Ansicht des Beschwerdeführers gibt die Zeitschrift dem Theatermann die Möglichkeit, seine Konkurrenz “wegzuschreiben”. Es gebe keine einzige Publikation seines Theaters, die den Intendanten als zweiten Gründgens auslobe. Die “Schlussmetapher” verletze die Ehre des betroffenen Ensemblemitglieds. Die Chefredaktion der Zeitschrift erklärt, Kritiken seien nun einmal nicht immer schmeichelhaft. Sie gäben die subjektive Meinung des Autors wieder. Dies sei auch in anderen Publikationen üblich. Der Hinweis auf angeblich persönliche Motive des Verfassers als ehemaligem Dramaturgen und jetzigem Theaterschaffenden sei irrelevant und pure Unterstellung. (1999)
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Unter der Überschrift “Für Frieden – in serbischer Uniform” berichtet eine Regionalzeitung über eine Demonstration für den Frieden im Kosovo. “Darunter muss man sich vorstellen”, so die Autorin, “dass dem Hirn durch das Brüllen polemischer Parolen wie ‚Die NATO geht über Leichen‘ solange Sauerstoff entzogen wird, bis die Teilnehmer glauben:
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In drei Beiträgen innerhalb einer Woche beschäftigt sich eine Lokalzeitung mit dem Einzug von Asylbewerbern in ein ehemaliges Pflegeheim der Stadt. In den ersten beiden Artikeln werden die Ängste der Anwohner dargestellt. Entsprechend lautet eine der Überschriften: “Angst vor Asylanten”. Im dritten Beitrag wird über eine Erklärung der Stadtratsfraktionen zu der “ausländerfeindlichen Diskussion” berichtet. Eine Leserin der Zeitung beschwert sich beim Deutschen Presserat. Sie ist der Ansicht, dass die Zeitung eine Kampagne durchführe, die in höchstem Maße fremdenfeindlich sei. Als Reaktion auf die Berichterstattung seien irakische Asylbewerber von rechtsgerichteten Jugendlichen bedroht worden. Über einhundert Bereitschaftspolizisten seien daraufhin in Alarmbereitschaft versetzt worden. Die ausländischen Bürger hätten schließlich freiwillig ihre neuen Wohnungen geräumt. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, in den kritisierten Artikeln sei lediglich dargestellt worden, welche Reaktionen der Einzug der irakischen Staatsbürger bei den überraschten Anwohnern des ehemaligen Pflegeheims hervorgerufen habe. Der Begriff “Asylant” sei juristisch korrekt und in rein sachlichem Zusammenhang verwendet worden. Selbstverständlich hätten auch die Anwohner einer geplanten Unterkunft für Asylanten ein Anrecht darauf, dass ihre Ängste in der Zeitung dargestellt werden. Wenn die bloße Erörterung eines hieraus entstandenen Sachverhalts bereits als fremdenfeindlich gegeißelt werde, würde dies auf Verwunderung stoßen. So könne Journalismus nicht verstanden werden. Die Überschrift “Angst vor Asylanten” treffe genau das, was sich in der besagten Straße der Stadt abgespielt habe, und spiegele exakt jene Situation wider, die in der Bundesrepublik vielerorts anzutreffen sei. Die Darstellung der Zeitung mache deshalb exemplarisch die Bandbreite der Diskussionen deutlich, die mit dem Thema “Asyl” in diesen Tagen verknüpft seien. Eine Diskriminierung nach Ziffer 12 des Pressekodex könne man nicht erkennen. Entgegen den Angaben der Beschwerdeführerin seien die Asylbewerber nicht von rechtsgerichteten Jugendlichen bedroht worden. Die erwähnten einhundert Bereitschaftspolizisten seien nicht zum Schutz der Asylbewerber in Alarmbereitschaft versetzt worden, sondern hätten die Aufgabe gehabt, weiträumige Ausschreitungen nach einem Punk-Konzert zu verhindern. (1999)
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Ein Fernsehmagazin, das Zeitungen beigelegt wird, veröffentlicht in zwei Ausgaben das Supplement “familie heute”, in dem sich Preisausschreiben, Verbrauchertipps, Kochrezepte und Reisevorschläge finden. Innerhalb dieser Beiträge wird eine Vielzahl von Produktnamen genannt. Ein Bezirk der IG Medien nimmt Anstoß daran und schaltet den Deutschen Presserat ein. In dem Supplement werde eindeutig Schleichwerbung betrieben. Die Chefredaktion des Magazins erklärt, das Supplement “familie heute” sei in der Vergangenheit mit dem Hinweis “Anzeige” gekennzeichnet worden. Eine Untersuchung habe jedoch ergeben und Leserbriefe hätten gezeigt, dass die Leserschaft die Veröffentlichung sehr positiv bewertet und es auch keinen Zweifel am werblichen Charakter gibt. Deshalb sei man im Laufe der Zeit zu der Überzeugung gelangt, dass es einer gesonderten Kennzeichnung nicht bedürfe. In dieser Meinung sei man bestätigt worden, da auch andere Verlage offenbar die gleiche Meinung vertreten und keine Kennzeichnung vorgenommen haben. Sollte es der Presserat jedoch für notwendig halten, werde man künftig wieder eine Kennzeichnung mit dem Wort “Anzeige” vornehmen. (1999)
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Eine Programmbeilage enthält unter der Überschrift “Splitter im Fuß, Brett vorm Kopf” eine Betrachtung der Ausstellung “Fremdkörper – Fremde Körper” im Deutschen Hygiene-Museum in Dresden. Der Autor stellt einleitend fest, Fremdenfeindlichkeit, Xenophobie, sei ein Grundelement unseres Lebens – mit oft weit reichenden politischen Folgen. Wörtlich schreibt er dann: “Nachdem Kanzler Kohl vor Jahren in einem Zeitungsinterview den ‚Staatsnotstand‘ infolge angeblicher Überfremdung beschworen hatte, brannten reihenweise Häuser und Heime von Ausländern. Das angstvoll fremdenfeindliche Provinz-Deutschland offenbarte seinen Charakter.” Ein Journalist reicht die Veröffentlichung an den Deutschen Presserat weiter. Er ist der Meinung, dass mit der Formulierung “nachdem” presserechtlich unzulässige zeitliche, vor allem jedoch kausale Zusammenhänge zwischen dem Helmut Kohl zugeordneten Zitat vom Staatsnotstand und den Brandüberfällen auf Wohnungen von Ausländern und Asylbewerbern hergestellt worden sind. In der Passage sei die Aussage enthalten, dass der ehemalige Bundeskanzler fremdenfeindlichen Kriminellen quasi einen Freifahrtschein für fremdenfeindliche Aktionen bzw. eine Art Handlungsaufforderung erteilt habe. Dieser Schluss sei falsch und journalistisch unzulässig. Die Chefredaktion des Magazins betont, bei dem Beitrag handele es sich um eine Ausstellungsbetrachtung in bester feuilletonistischer Manier. Das Feuilleton sei traditionell ein mit Subjektivität getränkter Boden. Das Wort vom “Staatsnotstand” sei im Herbst 1992 seitens des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl in diversen Interviews und Papieren zum Parteitag der CDU in die öffentliche Diskussion gebracht worden. Der in dem kritisierten Text enthaltene Verweis beziehe sich konkret auf die Ausgabe der Rheinischen Post vom 24.10.1992, in der Kohl nach dem erkennbar schon im Schwange stehenden Begriff “Staatsnotstand” gefragt worden sei. Das Wort habe seinerzeit hohe Wellen geschlagen. So habe u.a. auch der SPIEGEL gefragt: “Was ist ein ‚Staatsnotstand‘, den der Kanzler neuerdings beschwört?” Danach habe es eine Vielzahl von Anschlägen gegeben. Diese listet die Chefredaktion zum Teil auf. Der Autor konfrontiere den Leser in dem Beitrag mit einer besonders eklatanten und durchaus noch gegenwärtigen Äußerung von Fremdenangst. Im direkten Zusammenhang mit dem Thema der Ausstellung gehe es darum, die ketzerische und in keiner Weise verfassungskonforme Wirkung von Politikerworten erkennen zu helfen. (1999)
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Eine Tageszeitung veröffentlicht unter der Überschrift “Paraguay: Wo man Dürksen heißt und Plattdeutsch spricht” einen Bericht über eine Mennoniten-Siedlung in Paraguay. Schüler einer Schule dieser Siedlung beschäftigen sich in ihrem Deutschunterricht mit dem Inhalt des Artikels und erkennen darin den Alltag in ihrer Stadt nicht wieder. Sie wenden sich an den Deutschen Presserat und kritisieren, dass die Berichterstattung falsch und einseitig verzerrt ist. Nicht hellblonde, weißhäutige Menschen bestimmen das Straßenbild, sondern dunkelhäutige Bewohner sind deutlich in der Überzahl. Wer von den Kindern nicht in den Gottesdienst komme, werde in der Schule ermahnt, schreibe die Autorin. Die Vorstellung, dass die Mehrheit der Bewohner der Stadt Christen sei, sei falsch. Wenn die Lehrer jeden, der sich nicht pünktlich im Gottesdienst zeige, ermahnen würden, würden alle Ermahnten höchstwahrscheinlich nicht mehr zum Unterricht kommen. In dem Artikel sei zu lesen, in einigen Kirchen seien selbst Hosen und ärmellose Blusen verpönt. Die Mennoniten im Chaco, insbesondere die Jugend, fühlten sich in ihrer Ehre verletzt, wenn in der modernen Zeit, in der wir leben, von ihnen so etwas behauptet werde. Es stimme auch nicht, dass das Deutsch der Lehrer fehlerhaft sei. Der Besitz eines Videorecorders werde als eine Revolution beschrieben. Dabei gehöre ein solches Gerät fast zu jedem Haushalt in der Stadt. Für so lasterhafte Vergnügen wie Kinos oder Diskotheken sei in der Stadt kein Platz, behaupte die Autorin. Dabei sei nur deshalb kein Kino in der Stadt, weil sie zu wenig Einwohner habe und sich eine solche Einrichtung nicht rentiere. Die Verfasserin vermisse Neuerungen. Wenn man die Siedlung mit irgendeiner Großstadt in Deutschland vergleiche, könnte man dieses behaupten. Aber verglichen mit dem Landesinnern von Paraguay sei der Ort ein entwickeltes Städtchen. Die meisten Einwohner seien mit den Einrichtungen wie Internet, Handy, Supermärkte, Sportzentren oder Molkereien zufrieden. Und außerdem seien sie offen für neue Einrichtungen. Schließlich werde auch die Rolle der Frau in der Gemeinschaft der Mennoniten falsch beschrieben. Zudem enthalte der Beitrag ein falsches Foto. Dieses zeige eine Gruppe konservativer Mennoniten in traditioneller Tracht. Eine solche Gruppe existiere in der Stadt überhaupt nicht. Die Chefredaktion der Zeitung übersendet dem Presserat eine Stellungnahme der Autorin ihres Beitrages. Darin weist diese darauf hin, dass sie ihre Reportage ausschließlich auf Publikationen der Mennoniten und auf Aussagen von Bewohnern der Siedlung gestützt habe. Sie habe das Straßenbild der Siedlung so geschildert, wie es sich ihr in ihren zwei Aufenthalten dort dargestellt habe. Hinsichtlich des Fotos räumt sie ein, dass dies von der Redaktion ausgewählt und dabei ein Fehler gemacht worden sei. Insgesamt habe sie nicht nur die schlechten Seiten der Siedlung geschildert. Sie habe das Leben dort so beschrieben, wie es sich jemandem darstelle, der in einer anderen Gesellschaftsordnung aufgewachsen sei. (1999)
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Unter den Überschriften „Kinder zittern – Sexgangster frei – Saustall Justiz“ bzw. „Skandal um Sexgangster – Gericht wartet auf das Ordnungsamt ...“ berichtet ein Boulevardblatt an zwei aufeinander folgenden Tagen über einen mutmaßlichen Kinderschänder, der mit einem Foto und dem abgekürzten Namen Horst U. vorgestellt wird.
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Eine Tageszeitung berichtet über zwei Trickdiebe, die mit Hilfe ihrer Kinder fünf Monate Rentnerinnen in ihren Wohnungen abgelenkt und bestohlen haben. Sie schildert die Masche des Paares, das nach Roma-Ritus verheiratet sei, zeigt die Fotos der beiden und nennt ihre Namen. Der Bericht schließt mit dem Hinweis, dass die Polizei weitere Opfer sucht, und mit der Telefonnummer der Kriminalpolizei. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma erkennt in der Veröffentlichung einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex und legt den Beitrag dem Deutschen Presserat vor. Die Chefredaktion der Zeitung weist den Vorwurf, ihr Bildtext schüre rassistische Vorurteile, zurück. Ihr tue es leid, dass beim Zentralrat dieser Eindruck entstanden sei. (1999)
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Unter der Überschrift „Wieder Landfahrerinnen“ berichtet eine Lokalzeitung über drei „Landfahrerinnen“, die unbemerkt ein Haus betreten und durchsucht haben. Konkret sei nichts gestohlen worden, bemerkt das Blatt. „Vermutlich aber nur deshalb, weil die Landfahrerinnen bei der Suche gestört wurden.“ Unter Hinweis auf ähnliche Fälle veröffentlicht die Zeitung die Bitte der Polizei um Mithilfe bei der Fahndung. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Zeitung beruft sich auf die Polizei, die nicht nur Hinweise auf verdächtige Personen erbeten hat, sondern die Bevölkerung auch warnen wollte. Das Wort „Landfahrerinnen“ habe man deshalb gewählt, um die Bezeichnung „Zigeunerinnen“ zu vermeiden. (1999)
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