Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
Ein Nachrichtenmagazin berichtet, die Sozialministerin eines Landes habe sich beim Justizminister eines anderen Landes für einen Deutschkurden eingesetzt, gegen den wegen Teilnahme an einem Kurdenfest ermittelt werde. Eine in Deutschland erscheinende türkische Zeitung berichtet unter der Überschrift “Als Vermittlerin für einen PKK’ler fungiert” über den Inhalt des Artikels. Sie bezeichnet den Betroffenen als einen PKK’ler und behauptet, dass die Demonstration, an der er teilgenommen habe, von PKK-Sympathisanten organisiert worden sei. Der Deutschkurde beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er weist darauf hin, dass er kein PKK’ler sei. Diese Behauptung gefährde ihn bei Reisen in die Türkei. Die Rechtsvertretung der türkischen Zeitung bleibt dabei: Der Beschwerdeführer habe unstreitig an einer Demonstration von PKK-Gefolgsleuten teilgenommen. In diesem Zusammenhang sei gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eröffnet worden. In dem Bericht werde der Betroffene als “PKK-Sympathisant” oder “-freund” bezeichnet. Diese Bezeichnung müsse er sich nach der Teilnahme an der Demonstration zurechnen lassen. Als politisch aktivem kurdischstämmigem Deutschen müssten ihm die Folgen in der türkischen Öffentlichkeit klar sein, wenn er sich dazu entschließe, an einer Demonstration im Umfeld von PKK-Anhängern teilzunehmen.
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Eine Jugendzeitschrift berichtet über einen Rap-Star, der zwölf Tage verschwunden war und diese Zeit “in den Fängen einer Sekte” verbrachte. In dem Beitrag äußert sich ein Sektenbeauftragter der evangelischen Kirche über diese “religiöse Gruppe”. Der Experte wird auch in einem beigestellten Interview befragt, wie gefährlich Sekten sind. Der zitierte Sektenbeauftragte beschwert sich beim Deutschen Presserat, weil er nie persönlich mit der Redaktion der Zeitschrift gesprochen hat. Informationen aus einer schriftlichen Mitteilung seines Büros würden jedoch wie Zitate hingestellt. Die schriftlichen Aussagen würden zudem grob verfälscht. So habe er nicht ausgeführt, dass die erwähnte Gruppe eine Sekte sei, sondern dass es sich um eine “evangelikal/pfingstlerisch geprägte christliche Aktivität” handele. Abschließend weist er darauf hin, dass er darum gebeten habe, den Artikel, den die Zeitschrift veröffentlichen wolle, vorab gegenlesen zu dürfen. Diese Gelegenheit sei ihm jedoch nicht gegeben worden. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift bekundet, die Redaktion habe mit der Referentin des Sektenbeauftragten vereinbart, dass diese die benötigten Informationen einhole, welche dann als Aussagen des Beschwerdeführers veröffentlicht werden sollten. Allen Beteiligten sei dabei klar gewesen, dass die von der Referentin schriftlich bzw. telefonisch übermittelten Informationen als Aussagen des Sektenbeauftragten verbreitet würden. Die Bezeichnung der erwähnten Gruppe als Sekte sei möglicherweise auf ein Missverständnis der Redaktion zurückzuführen. In der Feststellung werde jedoch eine Aussage der Referentin aufgegriffen, dass man davon ausgehen könne, dass die Gruppe zu einer Sekte gehöre. In dem Schreiben der Referentin werde zudem im Zusammenhang mit der Gruppierung von “sektiererischen Entwicklungen in christlichen Gruppen” gesprochen. Die Redaktion weist schließlich darauf hin, dass mit dem Beschwerdeführer keineswegs abgesprochen war, dass er den Text autorisieren sollte. Das dem Interview beigestellte Foto sei der Redaktion von der Referentin des Beschwerdeführers zur Verfügung gestellt worden. In diesem Zusammenhang habe die zuständige Redakteurin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die ihr von der Referentin mitgeteilten Informationen als Statement des Beschwerdeführers publiziert werden sollten. (1999)
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Eine Boulevardzeitung stellt die Frage, ob eines der größten deutschen kommunalen Kreditinstitute das Bankgeheimnis verletzt habe. Unter der Schlagzeile “War es die späte Rache des Sparkassenchefs?” wird die Vermutung geäußert, Informationen über Kreditgeschäfte des örtlichen CDU-Fraktionschefs könnten die Rache des Chefs der Sparkasse dafür sein, dass er mit seiner Bewerbung um ein höheres Amt in der deutschen Bankenszene gescheitert sei. Die Pressestelle der Sparkasse beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Berichterstattung des Blattes sei falsch und ehrverletzend. Bei den Lesern werde der Eindruck erweckt, der Chef der Sparkasse habe aus persönlichen Motiven gegen das Bankgeheimnis verstoßen. Dies sei eine persönliche Verunglimpfung des Vorstandsvorsitzenden und eine image- und geschäftsschädigende Darstellung für die Sparkasse. Die Redaktionsleitung des Blattes erklärt, aufgrund einer persönlichen Verbundenheit des Sparkassenchefs mit dem zurückgetretenen SPD-Kandidaten sei in der Stadt der Verdacht geäußert worden, dass die Sparkasse mit ihrem Chef den SPD-Kandidaten stützen wollte. Hinzu komme, dass der Sparkassenchef schon einmal an dem Votum des CDU-Vertreters bei dem Bemühen, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes zu werden, gescheitert sei. Insoweit sei mehrfach der Verdacht aufgekommen, dass eine starke Animosität des Sparkassenchefs gegen die CDU und seine Verbindung zu dem zurückgetretenen Spitzenkandidaten der SPD Gründe für die “Enthüllung” eines angeblich nicht korrekten Bankgeschäfts gewesen seien, in das der Vorsitzende der CDU-Fraktion verwickelt gewesen sein soll. Im Hinblick auf den laufenden Kommunalwahlkampf hätte die Zeitung daher auf eine solche Verdachtsberichterstattung nicht verzichten können. Dass es eine Verdachtsberichterstattung ist, ergebe sich aus dem gesamten Text einschließlich der Überschrift. Die Redaktionsleitung betont abschließend, dass wesentliche Punkte des Dementis der Stadtsparkasse in dem Artikel veröffentlicht worden seien. (1999)
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Eine Lokalzeitung berichtet in vier Artikeln über die Vergewaltigung eines 13-jährigen Mädchens und die Fahndung nach den beiden mutmaßlichen Tätern. In diesem Zusammenhang werden der Vorname des Kindes genannt und sein Foto veröffentlicht. Gleichzeitig werden die vollen Namen der beiden Verdächtigen genannt. Sie werden zudem als “Vergewaltiger” und “Täter” bezeichnet. Eine Leserin der Zeitung legt die Beiträge dem Deutschen Presserat vor. Sie sieht sowohl das Persönlichkeitsrecht des Opfers als auch der beiden mutmaßlichen Täter verletzt. Zudem glaubt sie eine Vorverurteilung zu erkennen. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, die Fotos der Entführten und der Gesuchten seien auf Bitten der zuständigen Polizeidirektion veröffentlicht worden. Die Polizei habe das Foto des 13-jährigen Opfers in Absprache mit dessen Eltern zu Fahndungszwecken zur Verfügung gestellt. Man habe die Hoffnung gehabt, es könnten sich Zeugen melden, die das Opfer mit seinen Entführern gesehen hatten. Diese Erwartung habe sich als richtig erwiesen, da sich Zeugen gemeldet hätten. In dem Beitrag sei nicht der tatsächliche Vorname des Mädchens, sondern ein erfundener Name angegeben worden. Weitere Angaben seien nicht gemacht worden. Die Brutalität der Täter habe die Öffentlichkeit in erheblichem Maße schockiert. Aus diesem Grund und im Interesse der Verbrechensaufklärung halte die Chefredaktion die Art ihrer Berichterstattung für angemessen. (1999)
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Unter der Überschrift “40.000 Flüchtlinge von Serben eingekesselt” berichtet eine Boulevardzeitung über die Situation der Menschen im Kosovo. Im Text wird ein UN-Sprecher mit der Mitteilung zitiert, in der Region Vitina seien 40.000 Kosovaren von serbischen Truppen eingekesselt. Sie würden an der Flucht gehindert. Eine Leserin kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, die Aussage des UN-Sprechers werde in der Überschrift des Artikels als nachrecherchierte und bewiesene Tatsache dargestellt. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt dazu, in ihrem Artikel werde nicht im Konjunktiv berichtet, sondern es würden Zeugenaussagen in der indirekten Rede wiedergegeben. Es möge sein, dass die Überschrift eine Tatsachenaussage suggeriere, nur hätte man dann in der gesamten Kosovo-Berichterstattung praktisch über jeden Agenturbericht von Kriegsgräueln “Zeugen berichten von...” schreiben müssen. Die Zeitung habe in Kommentaren und Berichten die Leser immer wieder in Kenntnis darüber gesetzt, dass sie keine authentischen Informationen habe, sondern auf das angewiesen sei, was von den kriegführenden Seiten zur Verfügung gestellt wird. (1999)
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht den Korrespondentenbericht einer Nachrichtenagentur über die Vorbereitungen der PDS auf die Wahlen zum Europaparlament. In dem Artikel der Agenturjournalistin findet sich folgende Passage: “Für die PDS ist allein die NATO der Aggressor, nicht der jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic, und sie leugnet oder ignoriert die Vertreibung und Ermordung der Kosovaren.” Der heimische Kreisverband der PDS beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Aussage, dass die PDS Vertreibung und Ermordung der Kosovaren leugne, sei falsch. Dies gehe z.B. aus einem Brief von Gregor Gysi an Milosevic und aus einem Artikel in der “Anti-Kriegs-Zeitung” der PDS hervor. Die Chefredaktion der Zeitung verweist auf einen inzwischen veröffentlichten Leserbrief, in dem die Partei ihre Position darlegen konnte. Ferner habe man sich bei der PDS-Führung in Berlin für die Fehlleistung entschuldigt. Die Chefredaktion der Nachrichtenagentur teilt mit, dass die strittige Passage nicht von ihr stammt. Auch die Verfasserin selbst bekunde eindeutig, dass sie den beanstandeten Satz nicht geschrieben hat. (1999)
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Eine Lokalzeitung beschäftigt sich mit dem Vorleben eines Mannes, der 1970 in der ehemaligen DDR wegen zahlreicher Vergewaltigungen zu zehn Jahren Haft verurteilt worden ist, zuletzt 1985 wegen Vergewaltigung wiederum vor Gericht stand, schließlich ohne Prozess in die psychiatrische Abteilung eines Klinikums eingewiesen wurde und sich jetzt erneut wegen eines Sexualdelikts verantworten muss. Unter der Überschrift “Für die Justiz galt der Vergewaltiger als unbescholtener Bürger” berichtet das Blatt, dass der Mann offenbar 14 Jahre lang straffrei gelebt hat. Da die ihn betreffenden Eintragungen im DDR-Strafregister gelöscht worden sind, konnten die Ermittler nicht darauf kommen, den Betroffenen als vorbestraften Sexualtäter ins Visier zu nehmen, nachdem in der Nähe seiner früheren Tatorte erneut eine Frau verschwunden war. Im Vorspann seines Artikels spricht der Autor von einem vorbestraften Sexualmörder. Die Rechtsvertretung des Betroffenen weist in ihrer Beschwerde beim Deutschen Presserat darauf hin, dass diese Bezeichnung falsch sei. Ihr Mandant sei bislang nicht im Sinne des Strafgesetzbuches als Mörder verurteilt worden. Die Redaktionsdirektion der Zeitung räumt in ihrer Stellungnahme ein, dass ihre Behauptung, der Mann sei ein Sexualmörder, in der Tat falsch sei. Der Sachverhalt sei noch nicht korrigiert worden, da der Redaktion erst durch das Schreiben des Rechtsanwalts sechs Wochen nach der Veröffentlichung der Fehler aufgefallen sei. Man habe allerdings sofort eine entsprechende Unterlassungsverpflichtung unterzeichnet. Die Zeitung sei auch heute noch bereit, eine Richtigstellung vorzunehmen. Man bezweifele aber, dass dem Betroffenen – angesichts der Schwere der gegen ihn erhobenen Vorwürfe – daran gelegen sein könne. (1999)
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Eine Tageszeitung kritisiert die Art und Weise, wie eine Zeitschrift über den Tod zweier Mitarbeiter im Kosovo berichtet. Der Chefredakteur, heißt es, könne schlecht zugeben, dass die beiden Toten ihrem Blatt kaum besser hätten dienen können als mit ihrem Tod. Also lege der Chefredakteur Trauerflor an, schwärze sich die Zunge und schreibe auf Halbmast. “Wie hoch kann der Preis sein für einen Journalismus, der sich nicht mit der Ungerechtigkeit, mit dem Leid der Welt abfindet?”, frage er seine Leser, anstatt sich beim Anzeigenleiter zu erkundigen. Schließlich gesteht der Autor, dass man den toten Fotografen in Schutz nehmen möchte gegen den Kitsch, der ihm hinterhergeschrieben werde. Eine Kollegin der Zeitschriftenredaktion findet den Text widerlich und geschmacklos. Sie legt ihn dem Deutschen Presserat zur Prüfung vor. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt in ihrer Stellungnahme, dass der Beitrag auf einer Satireseite erschienen sei, auf der das Alltagsgeschehen in Frage gestellt werde, in diesem Fall durch eine rigoros moralische Auseinandersetzung mit den Funktionsweisen der journalistischen Branche. Gleichzeitig verweist sie auf einen Kommentar unter der Überschrift “Geschmacklos”, der verdeutliche, wie die Zeitung über die Ermordung der Kollegen im Nachrichtenteil und auf ihrer Seite 1 berichtet habe, bevor die Titelgeschichte der Zeitschrift erschienen sei. Die Chefredaktion äußert schließlich die Befürchtung, dass in einer Zeit, in der alles verkauft werden müsse, auch der Tod von Journalisten zum Produkt werden könnte. In diesem Sinne habe der kritisierte Beitrag sogar Anteilnahme für und Respekt vor den toten Kollegen eingeklagt. (1999)
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