Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Das Theater der Stadt hat Premiere. Ein Musical wird uraufgeführt. Die Zeitung am Ort berichtet über das Ereignis. „Nicht zum ersten Mal erwies sich, dass das scheinbar Leichte das Schwere ist“, schreibt die Kritikerin, „dass gute Komponisten weltweit so selten zu finden sind wie die Stecknadel im Heuhaufen und dass der lange expandierende Verkaufsschlager Musical sich durch neue Flops schnell zum branchenvernichtenden Bumerang entwickeln kann. Schade eigentlich, denn abermals wurde die Chance vertan, den Theatersommer mit ausverkauften Rängen und guten Einspielergebnissen zu krönen.“ Zur Aufführung selbst stellt sie fest, es sei unsinnig und unappetitlich, dass sich in den Inszenierungen des Intendanten die Protagonisten offensiv an die Geschlechtsteile fassen. „Will der Österreicher die Provinz provozieren“, fragt sie, „oder hat er womöglich ein Problem?“ Der so kritisierte Theaterintendant legt die Kritik dem Deutschen Presserat vor. Er bemängelt, dass die Behauptung zu der bevorstehenden Publikumsresonanz geschäftsschädigend und reine Spekulation sei. Der Vorverkauf sei bisher gut gelaufen. Die Kritik an seiner Regieleistung verletze sein Persönlichkeitsrecht. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, im vorliegenden Fall gehe es um die Frage, inwieweit ein Kritiker nach der Premiere eines Stückes Prognosen über dessen Zuschauererfolg abgeben dürfe. Nach Ansicht der Zeitung habe ein Kritiker jederzeit das Recht, die Erfolgschancen eines Stückes beim Publikum zu beurteilen. Dies um so mehr, als der Beschwerdeführer seit mehreren Spielzeiten das ausdrücklich und öffentlich bekundete Ziel habe, mit Sommermusicals das Haus und dessen Kasse zu füllen. Unerheblich sei dabei aus grundsätzlichen Erwägungen die Frage, ob die gestellte Prognose sich später rückblickend als richtig erweise. Würde man diesem Gedankengang folgen, hätte die Presse sämtliche Erfolgs-Vorhersagen zu unterlassen. Die Chefredaktion verweist auf ihre sofortigen Bemühungen, mit dem Theaterleiter ins Gespräch zu kommen. Alle diesbezüglichen Angebote habe er jedoch abgelehnt. Zur Vervollständigung des Bildes über den Vorgang übersendet die Redaktion einige Artikel aus den Tagen vor der Premiere, die einerseits zeigen, wie hochgesteckt die Erwartungen an dieses Stück waren, und andererseits beweisen, wie intensiv auch die Zeitung dieses Musical gefördert habe, was sicherlich auch zu den hohen Verkaufszahlen vor dem Premierenabend geführt haben dürfe. (1998)
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Unter der Überschrift “Quotenfrösche im Tele-Zoo” bespricht eine Zeitschrift den Film “Late Show” des Regisseurs Helmut Dietl. In dem Beitrag findet sich die folgende Passage: “Schon ein kurzer Blick ins zeitgeistig aufgemotzte ‚Wort zum Sonntag‘ (ARD), wo frisch gestylte Pastoren sich neuerdings wie päderastische Märchenonkel aus dem Gard-Haar-Studio aufführen, zeigt die Wirklichkeit als harten Kino-Konkurrenten: Soviel Verlogenheit birgt nur das Leben selbst.” Die Zentralstelle Medien der Deutschen Bischofskonferenz ist der Ansicht, dass dieser Textausschnitt eine Ehrverletzung der betroffenen Pastoren und eine Beleidigung aller Pastoren darstellt. Zudem glaubt sie, in der Passage insgesamt eine Verletzung der Menschenwürde und in der Formulierung “Verlogenheit” eine unbegründete Behauptung zu erkennen. Sie beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitschrift weist darauf hin, dass es sich bei dem Beitrag unzweifelhaft um eine Satire handele. Der gesamte Artikel setze sich polemisch mit dem Film “Late Show” auseinander und ziehe – polemisch überzogene – Parallelen zwischen Film und tatsächlichem Show-Business. In diese “Abraumhalde der satirischen Betrachtung” werde das “zeitgeistig aufgemotzte Wort zum Sonntag” einbezogen. In diesem Kontext sei auch die Formulierung über die “frisch gestylten Pastoren” als reine Satire und nicht als ernsthafte Aussage zu verstehen. Die Grenzen zulässiger Meinungsäußerungen sind nach Ansicht der Chefredaktion nicht überschritten. (1999)
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Ein Rechtsanwalt steht vor Gericht. Er soll ein Treueverhältnis zur Unterschlagung von rund 7.000 D-Mark missbraucht haben, indem er diese Geldsumme aus einer Versicherungszahlung von rund 22.000 Mark an einen Mandanten zur Deckung seiner Anwaltsgebühren zurückbehielt. Die Zeitung am Ort berichtet über die Verhandlung im Amtsgericht. Sie zitiert den Angeklagten, der sein Vorgehen mit einem erhöhten Prozesskostenrisiko begründet habe. Sie zitiert den Richter, der dieses Vorgehen als “unüblich” bezeichnet habe. Sie wählt als Schlagzeile des Gerichtsberichts die Formulierung “Vorgehen als ‚unüblich‘ bezeichnet”. Der betroffene Anwalt wendet sich an den Deutschen Presserat. Er sieht sein Persönlichkeitsrecht verletzt, da er durch die Berichterstattung identifizierbar werde. Zudem glaubt er, in den Formulierungen der Zeitung eine Vorverurteilung zu erkennen. Der Richter habe sein Vorgehen auch nicht als “unüblich” bezeichnet. Der Redakteur behaupte, ihm sei der Vorwurf der Veruntreuung von Mandantengeldern gerade wegen einer zugesagten Kostenerstattung der Rechtsschutzversicherung gemacht worden. Diese Behauptung sei jedoch unrichtig, da die Anklage über Rechtsschutzversicherungen und Kostendeckungszusagen kein Wort verliere. Die Chefredaktion wehrt sich gegen den Vorwurf, sie habe das Persönlichkeitsrecht des Anwalts verletzt. Sein Name werde in dem Artikel nicht genannt. Dass es sich bei dem Angeklagten um einen Rechtsanwalt handelt, habe man jedoch erwähnen müssen, da die Anklage in direktem Zusammenhang mit dem Beruf des Beschwerdeführers stehe. Die Verwendung des Wortes “unüblich” sei aus journalistischer Sicht korrekt. In dem Artikel werde deutlich formuliert, dass noch einige Fragen offen sind und es daher noch zu keinem Urteil kommen konnte. (1999)
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Eine in Deutschland erscheinende türkische Zeitung betitelt einen Bericht über den angeblichen Aufenthalt von PKK-Führer Öcalan in Italien und die Stellungnahme des italienischen Ministerpräsidenten D’Alema mit den Worten „Pis Yalanci“, zu deutsch „Dreckiger Lügner“. Dem Text beigestellt ist ein Foto, das den italienischen Regierungschef mit einer langen Nase zeigt. Dazu schreibt die Zeitung: „Wie Pinocchio – Die Lügen der Italiener sind in aller Munde. Sie haben sogar ein Symbol: Pinocchio. Pinocchio, dem Romanhelden des italienischen Schriftstellers Collidi, der dieses Buch für die Jugend schrieb, wächst die Nase, wenn er lügt. Wenn D’Alema jedoch lügt, mal abgesehen davon, ob die Nase wächst, errötet noch nicht einmal sein Gesicht.“ Ein Leser der Zeitung nimmt Anstoß an der Veröffentlichung und schaltet den Deutschen Presserat ein. Nach seiner Ansicht wird mit den zitierten Formulierungen die Menschenwürde der Italiener verletzt. Die Rechtsvertretung des Blattes erklärt, die wörtliche Übersetzung sei zwar richtig, verzerre aber völlig den Inhalt. Der Artikel befasse sich mit der angeblichen Rückkehr des PKK-Führers Öcalan nach Italien und mit den Äußerungen, die hierzu von italienischen Politikern, aber vom türkischen Ministerpräsidenten Ecevit gemacht worden seien. Wenn dieser sich dahingehend äußere, dass er einen italienischen Politiker als dreckigen Lügner bezeichne, so könne dies der Beschwerdeführer zwar unangemessen finden, gleichzeitig sei es jedoch eine Tatsache und demzufolge dürfe darüber berichtet werden. (1999)
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Ein Ortsverein der IG Medien legt dem Deutschen Presserat zwei Ausgaben einer Rundfunk- und Fernsehzeitschrift vor, die einer Regionalzeitung kostenlos beiliegt und unter dem Titel „Familie heute“ Supplements enthält, in denen u.a. Hinweise auf verschiedene Produkte sowie auf einen Reiseveranstalter, ein Hotel auf einer Nordseeinsel und einen Küchenhersteller gegeben werden. Der Beschwerdeführer moniert, dass das Supplement wie eine Familienzeitschrift aufgemacht ist, aber fast in jedem Beitrag Produktwerbung enthält. Dies sei ein klarer Verstoß gegen das in Ziffer 7 des Pressekodex geforderte Trennungsgebot. Die Chefredaktion der Regionalzeitung teilt mit, dass sie für den Inhalt der Beilage nicht verantwortlich zeichnet. Der für die Beilage zuständige Verlag ist der Auffassung, dass durch die gekonterte Darstellung sowie durch ein eigenes Impressum von „Familie heute“ eine ausreichende Abgrenzung von der redaktionellen Leistung der Programmzeitschrift gegeben sei. Sollte der Presserat anderer Ansicht sein, sei der Verlag gerne bereit, gekonterte Journale wie „Familie heute“ künftig deutlicher als bisher vom redaktionellen Teil abzugrenzen. (1998/99)
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In zwei Beiträgen berichtet eine Zeitschrift über einen ehemaligen Angestellten einer “Feldbäckerei”. In dem ersten Beitrag heißt es, der Mann habe “unerlaubterweise” einen Anhänger vom Hof seines ehemaligen Arbeitgebers “geliehen”. In dem zweiten Beitrag wird behauptet, die Verwaltung einer Stadt habe ihn aufgefordert, mit seinem Stand den Weihnachtsmarkt zu verlassen, weil dieser den hygienischen Anforderungen nicht entsprochen und das Benehmen des “Feldbäckers” gegenüber den Gästen zu wünschen übrig gelassen habe. Weiterhin ist in dem Artikel zu lesen, dass der Mann einen Offenbarungseid wird leisten müssen und in einer weiteren Sache Haftbefehl beantragt worden sei. Der betroffene Mann führt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat an, die in dem Artikel enthaltenen Behauptungen seien falsch und ungerechtfertigt. Außerdem sei diese Berichterstattung geschäftsschädigend. Der Herausgeber teilt mit, derzeit werde anwaltlich geprüft, ob eine vom Kompagnon des Beschwerdeführers eingesandte Gegendarstellung veröffentlicht werden kann. Die Gründe, wegen derer die Zusammenarbeit der genannten Stadt mit dem Mann auf dem Weihnachtsmarkt beendet worden sei, habe die Zeitschrift von dem früheren Arbeitgeber des Beschwerdeführers erfahren. Der Herausgeber legt die Mitteilung eines Gerichtsvollziehers vor, die den handschriftlichen Vermerk “Eidesstattliche Versicherung nebst Haftbefehl ist beantragt” enthält. Genau diese Informationen habe man in der Veröffentlichung wiedergegeben. (1999)
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In einer satirischen Kolumne unter der Überschrift “Independence Dei...” setzt sich eine Fernsehzeitschrift mit dem Fernsehprogramm über Ostern auseinander. Die an diesen Feiertagen gesendeten Spielfilme werden in satirischer Art und Weise mit der Leidensgeschichte Jesu in Verbindung gebracht. Der Autor, der sich Zapper nennt, entdeckt z.B. im Angebot eines Privatsenders einen kritischen Jesusfilm mit dem ultimativen Titel “Stirb langsam” oder Auferstehungsfilme wie den Zweiteiler “Winnetous Rückkehr”. Der Christliche Medienverbund KEP (Konferenz Evangelikaler Publizisten) sieht in der Kolumne den christlichen Glauben herabgewürdigt und die religiösen Gefühle der Christen verletzt. Er führt Beschwerde beim Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitschrift erklärt, der Text setze sich sehr kritisch und in kabarettistischer Überzeichnung mit der Tatsache auseinander, dass vor allem die privaten Sender dem Sinn der Ostertage als höchstem Fest der Christen nicht mehr Rechnung tragen. Sie ließen über Ostern Filmtitel zu, die in Zusammenhang mit dem Fest geradezu zynisch klingen. Dies mache der Autor in seiner Kolumne klar, indem er Beispiele nenne und sie überzeichne. Der Chefredakteur betont, dass er sich als gläubiger Mensch über die streckenweise genialen Sprachspiele sehr amüsiert habe. Insgesamt sei die Ernsthaftigkeit des Anliegens in dem Beitrag durchaus zu erkennen. (1999)
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Eine Regionalzeitung berichtet, warum eine 2000-Seelen-Kommune im Verbreitungsgebiet mit 4.614 Mark in der Pro-Kopf-Verschuldung landesweit ganz vorne liegt. Die vom früheren Bürgermeister und dessen Kompagnon gegründete und inzwischen in Konkurs geratene Tourismus GmbH habe die Stadt rund 5,5 Millionen Mark gekostet. Die Zeitung spricht von einem kaufmännischen Hasardspiel, dessen Verursacher sich inzwischen in den Westen “abgesetzt” hätten. Der einstige Bürgermeister, ein ehemaliger NVA-Offizier, habe es dabei vorgezogen, auch gleich die Trennung von seiner Familie vorzunehmen. Der Betroffene legt die Veröffentlichung dem Deutschen Presserat vor. Er weist darauf hin, dass sowohl der Stadtrat als auch der jetzige Bürgermeister, sein damaliger Stellvertreter, alle Entscheidungen in der Sache mitgetragen haben. Der beim Leser entstehende Eindruck, er habe in Alleinregie alle Entscheidungen getroffen, stimme somit nicht. Insgesamt ist er der Ansicht, dass die Wortwahl des Artikels diffamierend und menschenverachtend ist. Seine NVA-Vergangenheit und die Trennung von seiner Familie hätten mit dem Vorgang nichts zu tun. Die Chefredaktion stellt fest, dass der strittige Artikel den Sachverhalt in der Stadt präzise beschreibt. Die darin geschilderten Fakten seien von den Bürgern heiß diskutiert worden. Man räumt allerdings ein, dass es besser gewesen wäre, die kritisierten Formulierungen als in der Stadt herrschende Meinung zu kennzeichnen. Der Betroffene selbst sei nach Aussage des zuständigen Redakteurs nicht erreichbar gewesen. Deshalb habe die Redaktion eine Woche später einen sehr umfangreichen Brief der Ehefrau abgedruckt, in dem diese die Angelegenheit aus ihrer Sicht schildern konnte. (1999)
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Unter der Überschrift “Wie nahmen die Ausschreitungen in Europa ein Ende?” kommentiert eine in der Bundesrepublik erscheinende türkische Zeitung Aktivitäten der PKK. In dem Beitrag wird behauptet, die europäischen Länder hätten der PKK befohlen, ihre Aktionen in der Türkei nach der Verhaftung Abdullah Öcalans fortzusetzen. Weiterhin wird festgestellt, Europa unterstütze die PKK durch Ausbildung und Logistik. Ein Leser des Blattes beurteilt den Beitrag in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat als Falschberichterstattung. Es werde das Gefühl vermittelt, dass Deutschland ein Feind der Türken sei. Die Rechtsvertretung der Zeitung lässt offen, ob die Übersetzung des Artikels ins Deutsche durch den Beschwerdeführer zutreffend sei. Dieser sei nach seinem eigenen Vortrag gar nicht betroffen. Er befürchte lediglich, dass das “Wohlbefinden” der Emigranten aus der Türkei “gestört” werden könnte. Selbst wenn der Beschwerdeführer betroffen wäre, sei der Artikel inhaltlich von der Meinungsfreiheit gedeckt. Die angeblichen Äußerungen seien auf ihren Wahrheitsgehalt nicht überprüfbar. Es sei auch nicht erkennbar, welche westlichen Geheimdienste und Regierungen und welche Art von Beziehungen überhaupt gemeint seien. Somit bleibe auch völlig unklar, ob die deutsche Regierung an den angeblichen (anonymen) “Befehlen” Europas beteiligt gewesen sei. (1999)
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