Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
Unter der Überschrift “Schweigegeld” kommentiert eine Tageszeitung am Beispiel eines “Parteisoldaten”, der bislang ein wissenschaftlich ziemlich unauffälliges Leben geführt habe und ohne Habilitation Professor an einem Institut für Zeit- und Regionalgeschichte geworden sei, die Berufungspolitik in einem deutschen Bundesland. “Durchstechereien” seien im deutschen Universitätsbetrieb nichts Neues, schreibt der Autor und stellt fest, dass der einstige Pressesprecher, der seiner Partei in bewegter Zeit gedient haben solle, nun einen Gegendienst erwarte. Was möge die Partei denn sonst dazu getrieben haben, fragt der Kommentator, in Treue zu dem Mann zu stehen und sich wissenschaftlich zum Gespött und zum Ärgernis zu machen? Die Frage lasse sich auch beantworten, vermutungsweise jedenfalls. Denn der Betroffene sei nicht irgendwann Pressesprecher seiner Partei gewesen, sondern in einer wilden Periode, zur Zeit der Barschel-Pfeiffer-Engholm-Affäre. “Da mag er Zeuge von Dingen geworden sein”, heißt es wörtlich, “die zu wissen heute Geld wert ist.” Vielleicht mache der Professor die Affäre irgendwann zum Thema seiner wissenschaftlichen Interessen. Der Betroffene schaltet den Deutschen Presserat ein. Der Beitrag verletze seine Menschenwürde und stelle einen Rufmord dar. Ihm werde “Affärenwissen” zugesprochen, mit dem er die Landesregierung “unter Druck” setze, also erpresse. Darüber hinaus enthalte der Kommentar falsche Tatsachenbehauptungen, denn 1987/88 sei er nicht Pressesprecher seiner Partei, sondern wissenschaftlicher Mitarbeiter eines Forschungsinstituts gewesen. Ferner sei es nicht zutreffend, dass er wegen fehlender Habilitation zunächst nur für fünf Jahre berufen worden sei. Tatsächlich sei die C-3-Professur nur auf fünf Jahre ausgeschrieben gewesen, allerdings mit der Formulierung, zum Ablauf werde die Übernahme des Inhabers auf Lebenszeit geprüft. Die Geschäftsführung der Zeitung entgegnet, der Beitrag enthalte weder unzulässige Meinungsäußerungen noch falsche Tatsachenbehauptungen. Der Kommentar enthalte auch keine Unterstellungen etwa der Art, dass dem Professor kriminelle Machenschaften und Affärenwissen, mit dem er die Landesregierung unter Druck setzen könnte, zugesprochen werden. Die Einschätzung des Beschwerdeführers, er sei zur Zeit der “Barschel-Pfeiffer-Engholm-Affäre” nicht Pressesprecher seiner Partei gewesen, lassen sich anhand der Chronologie der Affäre leicht widerlegen. Mit ihrem pointierten Kommentar habe die Zeitung eindeutig rechtswidrige Berufungsverfahren am genannten Institut angeprangert und damit die ihr nach dem Grundgesetz zustehenden Aufgaben wahrgenommen. Ohne die massive Kritik der Presse wäre das von “Parteienfilz” und “Vetternwirtschaft” getragene Berufungsverfahren zugunsten des Beschwerdeführers abgeschlossen worden. Die Beschwerde wird deshalb für unbegründet gehalten. (1998)
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“Kaufen Sie von diesen Herren keinen Teppich” rät ein Boulevardblatt in einer Schlagzeile seinen Leserinnen und Lesern. Es berichtet über eine Betrügerbande, die mit Teppichen handelt, zeigt vier Männer im Bild, nennt ihre Vornamen und die Initiale des jeweiligen Familiennamens. Die vier Roma-Männer seien inzwischen festgenommen und wieder auf freien Fuß gesetzt worden, da sie feste Wohnsitze haben, schreibt die Autorin. Die Kripo fürchte, dass die Männer wieder aktiv sind, und suche Opfer, die zuviel Geld für ihren Teppich bezahlt haben. Der Beitrag schließt mit der Angabe einer Telefonnummer. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht Ziffer 12 des Pressekodex verletzt und erhebt Beschwerde beim Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung gelobt, noch sorgfältiger darauf zu achten, dass in ihren Berichten Minderheiten oder Ausländer nicht verleumdet werden. Im konkreten Fall verweist sie auf eine Pressekonferenz der Polizei, in der ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass es sich bei den Tätern um Angehörige der Roma handele.
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In einer Weihnachtsfeier der Polizei tauchen zwei “Heilige Könige” auf und sammeln für bosnische Flüchtlingskinder. Die Polizisten spenden 274 Mark. Draußen vor der Tür aber werden die beiden “Könige” samt einem dritten im Auto von Kollegen kontrolliert und festgenommen: Die Bosnien-Geschichte war erlogen. So wird es berichtet in einer Boulevardzeitung und dabei erwähnt, dass die “Heiligen 2 Könige” Sinti sind. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht dadurch rassistische Vorurteile geschürt und ruft den Deutschen Presserat an. Die Rechtsabteilung des Verlags sieht sich zwölf Monate nach der Veröffentlichung außerstande, den Sachverhalt zu rekonstruieren. Zudem sei der Verfasser der Meldung nicht mehr für den Verlag tätig.
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Eine Regionalzeitung berichtet, dass ein 48-jähriger Sinti nach seiner Entlassung aus der Haft in der Wohnung seiner Freundin von drei inzwischen flüchtigen Tätern erschossen worden sei. Es handele sich vermutlich um Rache für einen Mord vor fünf Jahren. Damals habe der jetzt Getötete nach einem Streit mit einer verfeindeten Sinti-Familie einen 52-jährigen Mann mit einem Messer erstochen. Aus der dafür verhängten Haft sei er jetzt vorzeitig entlassen worden. Der Beitrag der Zeitung schließt mit der Anmerkung, dass im Ort des Geschehens seit einigen Jahren mehrere Sinti-Familien als Korbmacher arbeiten. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma veranlasst unter Hinweis auf Ziffer 12 des Pressekodex eine Beschwerde beim Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung weist darauf hin, dass die Nachricht von einer Agentur geliefert wurde. Da auch die Agenturfassung den Hinweis auf die Zugehörigkeit der Beteiligten zur Gruppe der Sinti enthielt, hatte die Redaktion den Eindruck, dass die Verwendung der Bezeichnung “Sinti” in diesem Fall zu rechtfertigen war. Sie musste außerdem davon ausgehen, dass hier Familienbande eine wichtige, bei der Klärung des Tatbestands mitentscheidende Rolle spielen. Und gerade bei den Sinti habe der Familienverband eine große Bedeutung, eine viel größere als man in der soziologischen Struktur der Bundesrepublik normalerweise feststellen könne. (1998)
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Unter der Überschrift “MEK-Durchsuchung in Roma-Siedlung” berichtet eine Tageszeitung, dass ein Mobiles Einsatzkommando der Polizei das Haus einer Sinti- und Romafamilie nach einer Waffe durchsucht habe. Die Zeitung nennt die Straße, in der sich das Haus befindet, und erwähnt, dass auch Rauschgifthunde vor Ort waren. Ein Jahr nach der Veröffentlichung beschwert sich der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma beim Deutschen Presserat über diesen seiner Ansicht nach hier praktizierten Missbrauch der Pressefreiheit. Die Chefredaktion des Blattes weist darauf hin, dass sich weder Redaktion noch Pressestelle der Polizei nach einem Jahr an den Vorgang exakt erinnern können. Mit der Berichterstattung habe die Redaktion jedoch keine negativen Emotionen wecken wollen. Sie habe den Polizeieinsatz vielmehr emotionslos geschildert, weder eine unsensible noch eine plakative Sprache benutzt und die Zuordnung lediglich abstrakt formuliert. Der Öffentlichkeit sei bekannt, dass das genannte Gebäude von Sinti und Roma bewohnt werde. Es sei ebenso öffentlich bekannt, dass es dort regelmäßig zu Polizeieinsätzen komme. (1998)
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Ein mobiles Einsatzkommando der Polizei räumt eine Sinti- und Roma-Siedlung, in der Hinweisen zufolge illegal mit Waffen gehandelt werden soll. Tatsächlich werden die Fahnder fündig. Drei Hauptverdächtige, die in die Waffengeschäfte verstrickt sein sollen, werden festgenommen. Die Zeitung am Ort berichtet über die Razzia und veröffentlicht ein Foto, das einen Tatverdächtigen zeigt, der von einem Polizisten abgeführt wird. Die Augenpartien beider Personen sind abgedeckt. Im Text werden die Vornamen der Festgenommen und die Initiale ihrer Familiennamen genannt. Sowohl im Text als auch in der Bildunterzeile wird die Zugehörigkeit der Betroffenen zu einer Sinti-Familie erwähnt. Schließlich berichtet die Zeitung, dass der Ort des Geschehens laut Polizei seit Jahren als Nest der Gewalt, Hehlerei und der Rauschgiftkriminalität gilt. Die dort ansässige Gruppe sei der Polizei seit längerem bestens bekannt. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma mahnt beim Deutschen Presserat einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex an. Die Chefredaktion des Blattes bezieht sich auf Angaben der Polizei und wertet den Bericht über den Polizeieinsatz als sachlich und neutral. Er enthalte keine abfällige Tendenz, benutze weder unsensible noch plakative Formulierungen und vollziehe die Zuordnung lediglich abstrakt. (1998)
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Über „Betrüger mit Teppich“ berichtet ein Lokalblatt. Nach Angaben der Polizei seien die Täter, vermutlich Sinti und Roma, äußerst erfolgreich. Sie gaben sich, so die Zeitung, als Verwandte eines renommierten einheimischen Teppichhändlers aus und erzählten den Leuten, der Händler werde sein Geschäft schließen und wolle sich mit einem „Geschenk“ bedanken. Ein Rentnerehepaar habe für 130.000 D-Mark einen Teppich gekauft, der nicht einmal 2.000 D-Mark wert sei. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma wirft der Zeitung in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat vor, sie schüre mit einer solchen Meldung rassistische Vorurteile. Die Chefredaktion des Blattes betont, ihr liege eine Diskriminierung ethnischer Minderheiten völlig fern. Mit der Veröffentlichung dieser Pressemitteilung der örtlichen Polizei habe man die Bevölkerung warnen wollen. Gleichzeitig habe sich die Polizei Hinweise aus der Leserschaft und damit Fahndungshilfe erhofft. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der besonderen Deliktsart sei ein Sachbezug zur ethnischen Herkunft der Tatverdächtigen durchaus begründet. (1998)
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Die Reportage einer Zeitschrift über ein ehemaliges Playmate, das sich für die Versorgung von Slum-Kindern auf Haiti engagiert, war 1998 Thema einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Eine Leserin des Blattes hatte die in der Reportage enthaltenen Fotos von Kinderleichen beanstandet. Der Presserat hatte die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen, weil er der Meinung war, dass bei der Darstellung krasser Missstände, wie der unbeschreiblichen Armut auf Haiti, unansehnliche und möglicherweise auch schockierende Bilder nicht zu vermeiden sind. In einer neuerlichen Beschwerde über die selbe Veröffentlichung beklagt die Leserin jetzt die Missachtung von Sorgfaltspflichten und Rechercheprinzipien. Unter Verweis auf Recherchen der Redaktion einer Fernsehanstalt zum selben Thema äußert sie begründete Zweifel, ob die Autorin der Zeitschriftenreportage überhaupt recherchiert hat. Von den Autoren der Fernsehsendung habe sie ausführliches Informationsmaterial erhalten, aus dem hervorgehe, dass glaubwürdige Personen die Aussagen der “weißen Mama von Port-au-Prince” widerlegen. Aus diesen Unterlagen ergebe sich ferner eine Reihe von Ungereimtheiten. Die Rechtsabteilung des Verlages stellt fest, die Beschwerdeführerin unterstelle die Glaubwürdigkeit der von ihr zitierten Fernsehsendung. Sie verweist auf einen neuerlichen Beitrag in der Zeitschrift unter dem Titel “Die Hilfe, die wirklich ankam”, der die Aussagen des Fernsehautors widerlegt. Auch die Berichterstattung eines anderen Fernsehsenders über dasselbe Thema stütze die Beiträge der Zeitschrift und entkräfte die Behauptungen des erstgenannten Senders. Selbstverständlich sage der Gesundheitsminister in Haiti nicht, dass es in den Leichenhäusern seines Landes keine Kühlung gebe. Und der Klinikchef werde kaum begeistert darüber Auskunft geben, dass in seinem Hause hygienisch unzumutbare Zustände herrschen. Die Beschwerdeführerin könne ihren Vorwurf, Mitarbeiter der Zeitschrift recherchierten schlecht, auf keine Tatsachen stützen. (1998)
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Eine Großstadtzeitung veröffentlicht unter der Überschrift „Die Kultur in dieser Stadt lebt in den Ecken und Winkeln“ im Rahmen einer Serie einen Gastbeitrag eines Studenten. Darin findet sich der Satz „Wer Kunst nur für eine Handvoll Leute fördert, gehört gehängt.“ Ein Leser beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er ist der Ansicht, dass der Beitrag gegen Ziffer 10 des Pressekodex verstößt. Mit dem öffentlichen Aufruf zur Lynchjustiz mittels Hängens werde das sittliche Empfinden aller verfassungstreuen Bürger der Bundesrepublik wesentlich verletzt. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, dass der kritisierte Artikel Bestandteil einer Serie ist, in der Vertreter unterschiedlicher Berufs- und Altersgruppen mit verschiedenen Stilmitteln Visionen über die Stadt als Kulturzentrum aufzeigen. Sie verweist darauf, dass der Autor des Beitrags als Stilmittel durchgängig überzeichnete Formulierungen gewählt habe. So habe er z.B. die absurde Forderung gestellt, alle Musiker des heimischen Orchesters an strategisch wichtigen Straßenecken der Stadt zu verteilen. Auch an anderen Beispielen werde erkennbar, dass es sich bei dem Beitrag um eine bissige, satirische Vision von der Zukunft der Stadt als Kulturstadt handele. Nun in einem solchen Zusammenhang sei die vom Beschwerdeführer beanstandete Formulierung zu sehen. Sie sei – ob geschmacklos oder nicht, möge dahingestellt bleiben – ein satirisches Wortspiel. Sollten jedoch durch den Artikel Gefühle von Lesern verletzt worden sein, bittet die Chefredaktion, dies zu entschuldigen. (1998)
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