Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
Ein Brandunglück im Ort ist das Aufmacherthema einer Lokalzeitung. Ein Foto im Großformat zeigt Feuerwehrmänner und Betroffene ohne Hinweise darauf, um wen es sich im einzelnen handelt. In der Unterzeile wird das Entsetzen darüber beschrieben, dass die Feuerwehrleute im Holzschuppen eine verkohlte Leiche gefunden haben. Die Schlagzeile des Berichts fragt, ob das 39-jährige Opfer des Brandes Selbstmord verübt hat. Die Veröffentlichung veranlasst einen Redakteur der Konkurrenzzeitung zu einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Der Tote ist der Ehemann seiner Redaktionssekretärin. Das Foto stelle die Opfer des Unglücks öffentlich bloß. Es zeige die Mutter des Getöteten, dessen Schwager sowie die neunjährige Tochter. Die Chefredaktion des Blattes verweist darauf, dass der Bildreporter die Löscharbeiten und die Szenerie im Umfeld dokumentiert habe. Brandursache und Identität der abgebildeten Personen seien zum Zeitpunkt der Fotoauswahl nicht bekannt gewesen. Die Bildunterzeile sei deshalb neutral gehalten. Wäre es der Redaktion um ein “Outing” gegangen, hätte sich diese Absicht in der Bildunterzeile erkennen lassen müssen. (1995)
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In einer einspaltigen Meldung berichtet eine Wochenzeitung, dass einer namentlich genannten Hochschulgruppe wegen fehlender Mitarbeiter die Auflösung drohe. Deshalb bitte diese um Kontaktaufnahme Gleichgesinnter. In diesem Zusammenhang werden zwei Telefonnummern angegeben. Der Artikel sei ohne ihr Wissen und Einverständnis abgedruckt worden, beschwert sich die Hochschulgruppe beim Deutschen Presserat. Grundlage der Veröffentlichung sei vermutlich ein Artikel in einer christlichen Zeitschrift. Die Angabe der Telefonnummern ohne Einverständnis der Betroffenen sei ein schwerwiegender Verstoß gegen datenschutz- und presserechtliche Grundsätze. Die Zeitung erklärt, Grundlage ihrer Meldung sei eine Nachricht gewesen, die ein Informationsdienst verbreitet habe. Es bestehe keine rechtliche' Pflicht, die in Agenturmeldungen genannten Personen vor einer Verarbeitung der Informationen in Kenntnis zu setzen oder deren Einverständnis einzuholen. Die durch den Informationsdienst verbreiteten Kontaktanschriften seien in der Meldung nicht wiedergegeben worden. Die isolierte Nennung von Telefonnummern ermögliche keinen Rückschluss auf Namen oder Adressen. (1995)
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Ein Stadtmagazin kritisiert in satirischer Form frauenpolitische Maßnahmen der Stadt. Unter anderem geht es um den Sinn und Zweck von Frauenparkplätzen. In dem Zusammenhang schreibt der Autor: »Nur donnerstags, bei der längeren Einkaufszeit, fragen die Park-Frauen auf den'' männerleeren Stellplätzen: >Wird denn heute nicht vergewaltigt?<.« Schließlich skizziert der Artikel das Porträt einer der »richtigen fundamentalistischen Femis«: Dort heißt es beispielsweise: »Ich liebe Ulrike Meinhof.« Die Leiterin der städtischen Gleichstellungsstelle schaltet den Deutschen Presserat ein. Der Beitrag mache die seit Jahren vorhandenen Frauenparkplätze in den Parkhäusern lächerlich. Ein Gewaltverbrechen wie die Vergewaltigung werde als Lustbefriedigung der Frau verulkt. Zudem würden Emanzipationsbestrebungen verunglimpft und mit dem Hinweis auf Ulrike Meinhof werde Feminismus mit Terrorismus gleichgesetzt. Die Beschwerdeführerin hat die Anzeigenkunden der Zeitschrift gebeten, nicht mehr im Stadtmagazin zu inserieren. Die Chefredaktion des Blattes besteht auf dem satirischen Charakter 'des Beitrags. Die Beschwerdeführerin versuche, Satire zu denunzieren. Ihr Aufruf zum Anzeigenboykott sei ein flagranter Eingriff in die Gewerbe- und Pressefreiheit. (1995)
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Unter der Überschrift »Ein Hitler-Enkel auf dem Absprung« berichtet eine Zeitschrift, über die Absicht eines 22jährigen, aus der rechtsradikalen Szene auszusteigen. Ausführlich wird der politische Werdegang des Aktivisten einer rechtsradikalen Partei geschildert. Der Wohnort der Familie wird genannt, das Reihenhaus der Eltern beschrieben. Der Vater sei ein hoher Ministerialbeamter und in einer CDU-Gruppe aktiv. Der Vater des jungen Mannes beschwert sich beim Deutschen Presserat über die Darstellung seiner familiären und häuslichen Verhältnisse, die in keinem Zusammenhang mit den Aktivitäten seines Sohnes stehen. Die Zeitung betont, familiäre Verhältnisse seien in dem Artikel nur insoweit gestreift worden, wie es zur Erklärung der Herkunft des Betroffenen notwendig erschien. Der Vaterhabe die rechtsradikalen Aktivitäten seines Sohnes zumindest geduldet. Dieser sei als damaliger Hauptorganisator einer rechtsradikalen Partei auf Landesebene Person des Zeitgeschehens. Das Haus des Vaters sei bekanntermaßen das Parteibüro gewesen. (1995)
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Eine Lokalzeitung gibt in einem Beitrag der Vermutung Ausdruck, der Beigeordnete der Stadt beabsichtige, seine Partei zu verlassen und zu einer freien Wählergruppe zu wechseln. Der Kommunalpolitiker wird dazu nicht befragt. Es werden lediglich Äußerungen anderer Politiker zitiert. Eine Fotomontage zeigt den Betroffenen beim Wechsel von einem Zug in den anderen. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat erklärt der Beigeordnete, er beabsichtige nicht; zur Wählergruppe überzutreten. Dies habe er mehrfach erklärt. Er ist der Ansicht, die Zeitung hätte ihn vor der Veröffentlichung als Betroffenen zu den Vermutungen befragen müssen. Die Zeitung kann keinen Verstoß gegen den Pressekodex erkennen. An keiner Stelle erwecke der Artikel den Eindruck, dass es sich um eine abgesicherte Nachricht im Sinne einer Tatsachenbehauptung handele. In Text und Überschrift; in der Darstellung, in Wort und Bild sei eindeutig zum Ausdruck gebracht worden, dass die Meldung unbestätigt bzw. eine Vermutung, sei. (1995)
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Ein Kommentar in einer Lokalzeitung schildert Probleme mit ausländischen Mitbürgern. Der Autor beschreibt Situationen - etwa beim Sozialamt, in einem Kaufhaus oder in einer Kleiderstube des Kinderschutzbundes - und kommentiert das dabei zutage getretene, z. T. missbräuchliche Verhalten der Ausländer. Eine Leserin und der Kreisvorsitzende einer Gewerkschaft legen Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Der Kommentator mache Ausnahmen zur Regel und appelliere an niedere Instinkte. Der Verfasser, zugleich Herausgeber der Zeitung, betont, dass sein Blatt für ein breites Meinungsspektrum offen gehalten werde. Insofern sei es absurd, wenn immer gleiche Minoritäten die Zeitung in eine gewisse politische Ecke stellen wollten. (1995)
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Eine Fernsehzeitschrift kündigt die Ausstrahlung eines Films über die Ermordung eines 15jährigen durch drei Mitschüler an. Der Stoff des Films sei nicht der Phantasie eines Drehbuchautors entsprungen. Die grauenhafte Geschichte sei tatsächlich passiert. Und vieles sei noch furchtbarer als das, was das Fernsehen zeigt. Im Text unter der Überschrift »Mitten unter uns - Satanskult« wird die eigentliche Tat vor dem Hintergrund satanischer Kulte geschildert. Diese wird als »Ritualmord« bzw. als »Mord im Namen des Teufels« bezeichnet. Von den Tätern heißt es; dass sie sich »Kinder Satans« nennen, dass sie u. a. blutrünstige Videos drehten und Friedhöfe verwüsteten: Der Vater einer der verurteilten Täter beklagt beim Deutschen Presserat eine falsche Berichterstattung und moniert Behauptungen mit teilweise ehrverletzendem Charakter, U. a. sei die Behauptung, die Tat sei ein »Ritualmord« und stehe im Zusammenhang mit einer angeblichen Satanskultverehrung, ohne Anhaltspunkte. Dies sei nachdrücklich während der Gerichtsverhandlung bestätigt worden. Der Rechtsvertreter der Zeitschrift ist der Meinung, dass der Artikel keine wahrheitswidrigen Behauptungen enthält. Grundlage der Information sei ein vom Fernsehsender erstelltes Presse-Info. In diesem werde ausdrücklich darauf Bezug genommen, dass die Idee zum Film auf der rituellen Tötung des Schülers beruhte. Insgesamt ist der Rechtsvertreter der Meinung, dass die Bezeichnung der Tat als »Ritualmord« eine zulässige Wertung sei. Die Täter hätten bereits Jahre vor dem Mord ihre Bereitschaft zum Töten sowie zum Opfern von Menschen bekundet und sich ernsthaft mit satanischen Ritualen befasst. Als Beleg führt der Rechtsanwalt u: a. Auszüge aus einer Schülerzeitung und aus einer Buchveröffentlichung mit dem Titel »Satanskinder« an. (1995)
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