Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Eine Gemeinderatsfraktion kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat zwei Karikaturen, welche die örtliche Zeitung veröffentlicht hat. Beide Darstellungen sind dem Thema »Abschiebung von Kurden« gewidmet. Bomben und Molotow-Cocktails werfende, maskierte Terroristen sind durch Beschriftung als Kurden gekennzeichnet: Die Beschwerdeführer sehen den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt: Alle Kurden sind Terroristen und werfen Bomben oder Molotow-Cocktails. In der Karikatur werde unterstellt, dass Kurden nur aus einem Grund nach Deutschland kommen, nämlich um Terror zu verbreiten. Die Chefredaktion erklärt, es sei das Wesen einer Karikatur, Dinge zu vereinfachen und zu überspitzen sowie einseitig Stellung zu nehmen. Eine Karikatur, die nicht auch einmalprovokativ sein könne, tauge nichts. Die beanstandeten Karikaturen seien nahezu flächendeckend über die Bundesrepublik verteilt worden, ohne dass anderswo daran Anstoß genommen worden sei. Der Leiter der politischen Redaktion habe sich jedoch nach der Veröffentlichung telefonisch mit dem Zeichner in Verbindung gesetzt und ihn auf das Problem aufmerksam gemacht, dass die pauschale Beschriftung »Kurden« geeignet sein könnte, Missverständnisse auszulösen. (1995)
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Eine Tageszeitung fragt in der Dachzeile der Überschrift eines entsprechenden Textbeitrages, warum der frühere Geschäftsführer einer Partei Spionage getrieben habe. Die Schlagzeile darunter gibt die Antwort: »Die schnöde Gier nach Geld«. Im Text geht das Blatt auf die dem Betroffenen ausweislich der Anklageschrift vorgeworfene Agententätigkeit ein; Wörtlich ist zu lesen: »Selbst aus der fertigen Anklageschrift lässt sich die Vermutung der Bundesanwaltschaft nur zwischen den Zeilen herauslesen«. Ein Leser des Blattes bittet den Deutschen Presserat um Prüfung: Der Beschuldigte werde vorverurteilt. Seine Schuld sei bislang noch nicht durch ein Gericht festgestellt worden: Die Chefredaktion der Zeitung hält die Beschwerde für berechtigt: »Die Überschrift ist eine Vorverurteilung: Das gilt sowohl für die Dachzeile,, in der der' Tatbestand der Spionage als Faktum unterstellt wird, ebenso wie für die Schlagzeile, die als Motiv dafür Geldgier angibt. Die Überschrift ist unter keinem Gesichtspunkt zu rechtfertigen und eine journalistische Fehlleistung, zumal der folgende Artikel dafür keine Handhabe bietet. « Die Chefredaktion habe den' dafür verantwortlichen Redakteuren einen strengen Verweis erteilt mit der Mahnung, dass sich solche Pannen nicht wiederholen dürften.(1995)
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»Razzia in deutschen China-Restaurants -Hunde für Feinschmecker geschlachtet« lautet die Überschrift eines Artikels in einer Boulevardzeitung. Das Blatt berichtet, dass Fahnder in einem China-Restaurant mehrere geschlachtete Hunde entdeckt hätten. Das Fleisch sei Stammgästen serviert worden. Ausgehend davon äußert die Zeitung den Verdacht, im gesamten Bundesgebiet gebe es in vielen China-Restaurants für eingeweihte Stammgäste auf Wunsch »Hund-süß-sauer«. Darüber hinaus berichtet die Zeitung über vermeintliche Bräuche in China, denen zufolge Hund als ausgesprochene Delikatesse gelte. Detailliert wird zudem das Töten der Tiere beschrieben. Zwei chinesische Restaurantbesitzes vertreten durch ihren Hotel- und Gaststättenverband, legen Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Der Text sei eine pauschale Verunglimpfung einer Berufsgruppe. Aufgrund der Berichterstattung sei es zu Abbestellungen von Veranstaltungen, zum Ausbleiben von Gästen sowie zu Beschimpfungen von Inhabern und Personal gekommen. Recherchen des Verbandes hätten ergeben, dass in keinem besseren Restaurant in Asien Hundefleisch auf der Speisekarte verzeichnet sei. Die Chefredaktion räumt ein, dass sie einer Fehlinformation durch einen Mitarbeiter des Arbeitsamtes aufgesessen sei. Diese Information hätte sich im nachhinein als falsch herausgestellt. Dafür habe sich der Vizepräsident des Landesarbeitsamtes öffentlich entschuldigt. Entschuldigt habe sich auch die Redaktion und einen Leserbrief in der Sache abgedruckt. Die Chefredaktion drückte in einem persönlichen Gespräch mit einer Delegation chinesischer Gastwirte ihr Bedauern über diesen Vorgang aus. (1995)
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Unter der Überschrift »Das Leiden der An gehörigen - Eltern krebskranker Kinder im Teufelskreis« veröffentlicht der Pressedienst eines ärztlichen Berufsverbandes zentrale Ergebnisse einer Pilotstudie einer deutschen Universität. Die Studie basiert auf einer Befragung von Eltern krebskranker Kinder, wie sie auf die Krankheit ihrer Kinder reagierten. Der Berufsverband fasst in seiner Pressemitteilung als ein Ergebnis der Studie zusammen, dass viele Eltern schwerkranker Kinder durch deren Krankheit seelisch selbst so belastet seien, dass sie den Heilungsprozess sogar behinderten. An anderer Stelle heißt es, dass die Eltern, die lange Zeit die Diagnose »Krebs« verleugnet hatten, u. a. den Beginn einer möglicherweise erfolgversprechenden Therapie hinausgezögert hätten. Einer der Wissenschaftler, die die Studie durchgeführt hatten, kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat eine an zentralen Punkten falsche Darstellungsweise. U. a. weist er darauf hin, dass nur 20 Eltern befragt worden und von daher keine Verallgemeinerungen möglich seien: Insbesondere wehrt er sich gegen den Eindruck, die Studie hätte den betroffenen Eltern Schuld zugewiesen. Die Redaktion des Pressedienstes ist der Auffassung, die Sachverhalte und Folgerungen der Studie in verständlichen Formulierungen richtig wiedergegeben zu haben: Die Bezeichnung »Teufelskreis« habe man gewählt, um gerade damit besonders deutlich zu machen; dass die Eltern nichtwillentlich »schuldhaft« agierten. (1994)
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In einer Kolumne glossiert eine Tageszeitung die Werbekampagne eines Bäckereiunternehmens in einer norddeutschen Gemeinde, die ein Kaff sei wie kein zweites. »Selbst die Tiefflieger umfliegen es in weitem Bogen«, heißt es in der Ortsbeschreibung. »Vögel nisten nicht in seinen Mauern, und wenn doch, so verfault die Brut im Nest. Kriegsveteranen treffen sich einmal im Jahr, um zu beweinen, dass die Briten ihre Bomben immer neben dem Ort abwarfen. «Von den Einwohnern behauptet der Autor: »33 Prozent aller... über 14 gehen in eine Psychotherapie, 17 Prozent leiden unter Hörsturz.« Ein Gemeinderatsmitglied moniert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, seine Heimatgemeinde werde durch diese unwahre Darstellung diffamiert. Der Autor erklärt, auch der Beschwerdeführer wisse, dass der Text satirisch gemeint und nicht als Tatsachenbehauptung lesbar sei. Seine Zeitung habe inzwischen eine ganzseitige Kritik an der Kolumne abgedruckt, die zuvor in einer anderen Zeitung unter der Überschrift »Schmierfink der ... beleidigt Gemeinde ...« erschienen sei: (1995)
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In zwei Beiträgen berichtet eine Zeitung über die Ergebnisse einer Podiumsdiskussion, die sich mit der Jugendkriminalität in der Stadt befasste. Sie zitiert eine Jugendrichterin, die gefordert habe, jugendliche Autoknacker nicht schon beim ersten Mal vor Gericht zu zerren. Ihre Begründung; Viele Jugendliche würden dadurch unnötig kriminalisiert und gerieten erst recht auf die' schiefe Bahn. Außerdem würden die Justizbehörden durch den Wegfall' derartiger Bagatelldelikte enorm entlastet: Die Forderung der Richterin veranlasste die Redaktion zu der Überschrift »Keine Strafe mehr für Autoknacker« und war der Aufhänger für eine Straßenumfrage; deren Ergebnis sich in der Überschrift widerspiegelt »Autoknackers straffrei? Das darf doch nicht wahr sein!« Das Staatsministerium der Justiz legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Die Richterin stelle die behaupteten Äußerungen in Abrede. Sie habe vielmehr zur Ahndung von Bagatelldelikten bei Jugendlichen Stellung genommen. Dabei sei es hauptsächlich um Delikte wie z. B. Fahren ohne Fahrerlaubnis und Ladendiebstahl gegangen: Hinsichtlich der Ahndungsmöglichkeiten von Einbruchsdiebstählen in Kraftfahrzeuge habe sie auf das Jugendstrafrecht hingewiesen. Die Zeitung benennt drei Zeugen, die die korrekte Wiedergabe der Zitate bestätigen könnten. (1994)
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Unter der Überschrift »Günstige Gespließte« stellt eine Zeitschrift für Sportfischer in Wort und Bild unter Nennung des Herstellers eine praxisbewährte Angelrute vor. Der Autor nennt die Adresse der Rutenbauwerkstätte und stellt fest, »alle Ruten seien sauber und gewissenhaft verarbeitet, so dass eigentlich kein Wunsch offen bleibe.« In einer anderen Ausgabe der Fachzeitschrift schildert ein prominenter Bonefischer in amüsanter Form seine Bemühungen, auf einem Karibik-Trip einen Grand-Slam zu landen. Im selben Heft wirbt der Autor auf kompletten Seiten für eine Angel-Lodge in der Karibik und für eine Flugschnur, deren Generalvertrieb und Postversand er besorgt. Ein Leser des Blattes beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er sieht in der Zeitschrift ein geschickt getarntes Werbemagazin für in sich verwobene Interessengruppen. Sie verschaffe sich so durch Vermischung von redaktionellem Text und Werbung einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil. Zu der Beschwerde nimmt der Rechtsvertreter des Chefredakteurs Stellung. Für den engen Themenbereich des Blattes gebe es nur eine beschränkte Anzahl von Autoren, die häufig dem Fliegenfischen auch beruflich verbunden und insbesondere als Gerätehersteller und -händler oder als Veranstalter von Kursen oder Reisen tätig seien: Der Beitrag »Günstige Gespließte« sei eine gerade für eine Fachzeitschrift typische Produktbeschreibung. Zu einem derartigen 'Beitrag gehörten auch Name und Anschrift des Herstellers, damit sich der Leser u. a. über Bezugsmöglichkeiten informieren könne. Der Bericht über das Angeln auf Bonefische enthalte keinerlei werbende Hinweise: Dass im selben Heft an anderer Stelle für eine Angel-Lodge geworben werde, die in dem vorherigen Beitrag beschrieben sei, empfinde sein Mandant als unglücklich. 1994)
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Der Gerichtsbericht einer Lokalzeitung löst eine Beschwerde aus: Eine 37jährige Frau wird wegen gemeinschaftlichen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, Mit der Bitte um ein Glas Wasser hat sie sich Eintritt in eine fremde Wohnung verschafft und auf diese Weise eine zweite Person eingeschleust, die eine Geldbörse mit 1000 Mark Inhalt entwendete: Die Zeitung nennt die ethnische Herkunft der Frau, weist auf ihr umfangreiches Vorstrafenregister hin und nennt sie eine »ehemalige Trickdiebin«. Sie zitiert den Richter, der in'' der Urteilsbegründung feststellte, die Angeklagte habe die Tat in der für Zigeunere typischen Vorgehensweise begangen. Der Gemeinnützige Verein für die Verständigung von Rom und Nicht-Rom beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er sieht in der Wiedergabe des Richterzitats eine Verunglimpfung einer ganzen Volksgruppe. Die Chefredaktion des Blattes weist darauf hin, dass der Verfasser des Artikels aus der öffentlichen Verhandlung eines Schöffengerichts zitiert habe. Der sachliche Bericht einschließlich des Zitats stelle in keiner Weise eine Verunglimpfung einer Personengruppe dar. (1995)
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Eine Zeitschrift veröffentlicht ein von der Redaktion geführtes Interview mit dem Anführer der kurdischen Guerilla-Organisatian PKK. Dieser äußert sich über die Offensive der Türkei gegen die PKK, über die Militanz der PKK-Anhänger, über Anschläge in der Bundesrepublik sowie die Rolle der deutschen Regierung in dem Konflikt. Die Redaktion fragt auch nach einer möglichen Bedrohung der deutschen Urlauber in der Türkei. Der PKK-Chef empfiehlt, die Türkei zu meiden. Der Presserat der türkischen Botschaft ist der Meinung, dass die Zeitschrift gegen § 129a Abs. 3 StGB verstößt. In diesem ist die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung mit Strafe bedroht. Durch die Veröffentlichung des Interviews werde die in Deutschland verbotene PKK unterstützt, da deren Anführer ein Forum für seine Ausführungen erhält. Außerdem mache sich die Redaktion durch die Veröffentlichung zum Werkzeug der PKK und somit zum Werkzeug von Verbrechern. Unverhohlene Drohungen gegen die Bundesrepublik sowie gegen Touristen würden ohne kritische Rückfragen wiedergegeben. Zudem moniert der Beschwerdeführer ein Verstoß gegen das Wahrheitsgebot durch die Einseitigkeit des Interviews. Es fänden sich keine Fragen, die auf eine kritische Auseinandersetzung mit der PKK und ihren Aktivitäten hinausliefen. Die Chefredaktion der Zeitschrift verweist auf ihre Korrespondenz mit der türkischen Botschaft, deren Erklärung zu dem Interview sie inzwischen als Leserbrief veröffentlicht habe. (1995)
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Eine Boulevardzeitung berichtet über eine Gerichtsverhandlung gegen einen Mann, der wegen sexuellen Missbrauchs seiner Stieftochter angeklagt ist. Unter der Überschrift »Mit der Stieftochter (13)! - Stasi-Hauptmann filmte sich beim Sex« schildert der Artikel Details der Sexspiele, die der Mann mit einer Videokamera aufgezeichnet hat. Der Angeklagte wird mit vollständigem Namen genannt, das Opfer mit dem Vornamen, die Mutter ebenfalls mit Vornamen und Alter. Außerdem nennt die Zeitung den Arbeitsplatz der Mutter. IG Medien und der Journalistinnenbund schalten den Deutschen Presserat ein. Sie sehen in der Veröffentlichung eine eklatante Verletzung der Privatsphäre. Nach Darstellung der Chefredaktion hatte die Redaktion geglaubt, die Stieftochter trage nicht den Namen des Täters und die Eltern lebten getrennt. Diese Information sei falsch gewesen. Die Redaktionsleitung habe sich, als im Anschluss an die Veröffentlichung der Fehler bekannt geworden sei, bei der Rechtsanwältin der Betroffenen entschuldigt und als Ausgleich einen erheblichen Geldbetrag gezahlt. (1995)
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