Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Unter der Rubrik “Namen und Nachrichten” berichtet eine Lokalzeitung über den ehemaligen Leiter des städtischen Verkehrsamtes und dessen Erfahrungen als Tourist in Aufbruchstimmung. Einen Tag vor der Reise in den Urlaub drang ein Einbrecher in das Wohnhaus des Tourismus-Experten ein und stahl u.a. dessen Reisekasse. Im Beitrag heißt es: “Und jetzt macht ... (Name wird genannt) auch eine typische Erfahrung für einen Touristen, allerdings paradoxerweise zu Hause.” Der Betroffene wehrt sich gegen die Veröffentlichung mit einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Die Darstellung des Diebstahls stelle einen bewussten Angriff auf seine Person dar und verletze sein Privatleben. Die Chefredaktion ist anderer Ansicht. Der Beschwerdeführer sei zumindest eine Person der lokalen Zeitgeschichte. Der Vorgang sei glossierend, der stadtbekannten Persönlichkeit gegenüber mit sympathisierender Diktion geschildert. (1995)
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Unter der Rubrik “Was uns in dieser Woche bewegt” berichtet eine Zeitschrift, dass sich auf Volksfesten ein grausames Spiel breit mache. Unter Hinweis auf eine Kirmes “mitten in Deutschland” wird beschrieben, wie Besucher mit verbundenen Augen versuchen, mit einer Machete einen Hahn zu köpfen. Tiere würden zum Vergnügen getötet. Das Spektakel sei eine “neue, perverse Attraktion”. “Verroht unser Land?” fragt die Schlagzeile. Ein Vertreter der Stadt weist in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat darauf hin, dass es sich bei der kritisierten Veranstaltung um das jahrhundertealte, traditionelle “Hahneköppen” handle. Dabei werde ein bereits toter Hahn enthauptet. Mag sein, dass das “Hahneköppen” nicht nur Freunde hat, schreibt er. Jedoch sei der Vorwurf nicht gerechtfertigt, die Besucher des Volksfestes ergötzten sich an irgendeiner perversen Tierfolter. Zudem seien die martialischen Szenen erfunden. Der Verfasser des Artikels führt an, dass bei dem geschilderten Brauch bis zum Jahre 1986 lebende Tiere getötet worden seien. Es sei eine Tatsache, dass die Hähne sterben müssten, wo bei es unerheblich sei, ob dies vorher durch einen Züchter veranlasst werde. Die von ihm beschriebenen Szenen habe er so beobachtet. Die Bewertung des Spektakels als “perverse Attraktion” halte er für zulässig. Die Chefredaktion des Blattes erklärt sich bereit, Maßnahmen für eine Wiedergutmachung zu treffen, sofern der Satz “Hähne werden ausschließlich für das Volksfest getötet” einen Verstoß gegen den Pressekodex darstelle. (1995)
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In zwei Berichten über Sex-Spiele und sexuelle Rekorde bezeichnet eine Zeitschrift die handelnden Personen als »Neger« bzw. »US-Neger«. Ein Leser kritisiert die Verwendung des Begriffs »Neger«, der Schwarze eindeutig diskriminiere und abwerte. Die Zeitschrift weist den Vorwurf der Diskriminierung zurück: Neger sei kein Schimpfwort, sondern die Bezeichnung einer Rasse. Es könne letztlich auch kein entscheidender Unterschied zwischen der Benennung einer Volksgruppe als »Schwarze« und der in der deutschen Sprache hierfür seit Jahrhunderten heimischen Bezeichnung »Neger« gesehen werden. Darüber hinaus bestehe ein entscheidender Unterschied zwischen der Verwendung von Sprache und der Geisteshaltung, die mit den verwendeten Begriffen einhergehe. Die Beschwerde erwecke den Anschein, als wolle der Beschwerdeführer durch das Ausmerzen von Worten aus der deutschen Sprache eine Änderung von Haltung oder Denkart herbeiführen. Dies sei der falsche Weg. (1995)
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Die Auseinandersetzung um die Aufstellung einer Madonnenfigur in einer Bistumsstadt ist Anlass eines satirischen Beitrags in einer Zeitung. Der Autor glossiert den bisherigen Stellenwert der Marienverehrung in der Stadt vor dem Hintergrund der geänderten politischen Verhältnisse seit den Kommunalwahlen. Der Text gipfelt in der Forderung an die Himmelskönigin, dem Streit ein schnelles Ende zu bereiten »Durch ein Wunder zum Beispiel: Wie wär's mit einer unbefleckten Empfängnis - oder mal wieder mit einer Erscheinung?«. Der Pressesprecher des Bischofs wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Artikel verletze das religiöse Empfinden der katholischen Gläubigen, indem er wesentliche Glaubensfundamente der Lächerlichkeit preisgebe. Der Beschwerdeführer moniert u.a. die rhetorische Frage nach einem »Wunder« sowie die Bezeichnung von Jesus als »Sohnemann«, der »rein anbetungsmäßig«als »leader of the gang« verunglimpft werde. Der Chefredakteur des Blattes betont, dass es sich hier um eine satirische Glosse handele, wie aus Diktion und Sprachauswahl eindeutig hervorgehe. Für die Satire sei es nach allgemeiner Rechtsauffassung typisch, dass sie übertreibe und ein Zerrbild der Wirklichkeit geben dürfe. Dies zeige sich vor allem in der ironisierenden Wortwahl. Von »Lady Madonna« und »leader of the gang« in einem normalen Artikel zu sprechen, käme wohl keinem Journalisten in den Sinn. Diesen - auch von der Rechtsprechung gelassenen Spielraum - habe der Autorin seiner Satire genutzt. Der Beitrag sei auf der letzten Seite der Zeitung veröffentlicht worden. Diese letzte Seite sei ganz eindeutig als Glossen-Seite kenntlich gemacht. (1995)
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Der Brief einer Leserin, die sich in einer Kirchenzeitung zu den Haftbedingungen in einem Abschiebegefängnis äußert, veranlasst den Vizepräsident des Landtages zu einer Stellungnahme gleichfalls in Form eines Leserbriefes. Dabei ordnet er die Kritikerin als Mitglied von »Pax Christi« ein. Die Redaktion streicht diese Passage. Daraufhin wendet sich der Politiker an den Deutschen Presserat und kritisiert die Verfälschung seines Briefes. Die Redaktion räumt in einem Schreiben an den Beschwerdeführer ein, dass die Einordnung der Frau als Mitglied von «Pax Christi« nicht gedruckt wurde, da sie sich nicht als Mitglied von »Pax Christi«, sondern als Mitglied des »Freundeskreises Asyl« geäußert habe. Dem Presserat gegenüber bedauert die Redaktion, dass der Leserbrief in einer korrigierten Form gedruckt worden sei. Das sei ein formaler Fehler der Redaktion. Dass der diskriminierende Satz gegen »Pax Christi« nicht gedruckt worden sei, habe die Redaktion als ihre Pflicht angesehen. Der korrekte Weg wäre gewesen, den Brief zur Korrektur dem Beschwerdeführer zurückzuschicken. Den Vorwurf einer verfälschten Darstellung weist die Redaktion zurück. Sie erklärt sich bereit, in ihrer Zeitung den Originaltext des Briefes abzudrucken mit der Erklärung, dass das Verfahren der Redaktion nicht korrekt war, zugleich aber auch mit der Erklärung warum die Redaktion die betreffende Aussage nicht veröffentlichen konnte. (1995)
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Unter der Überschrift »Lebenslänglich! Das grausame Schicksal der Zootiere« veröffentlicht eine Jugendzeitschrift eine Reportage über Zootierhaltung aus der Sicht deren Kritiker. Am Beispiel des Gorillas »Porgy« schildert die Autorin negative Folgen der Zootierhaltung. Über den Gorilla berichtet sie, das Tier lebe seit zwanzig Jahren in permanenter Einzelhaft, alleingelassen und täglich schutzlos den gaffenden Blicken tausender Menschen ausgesetzt. Die Zeitschrift fordert ihre Leserinnen und Leser auf, Zoos zu boykottieren, den Tierschutzbund mit Unterschriften zu stärken und beim Direktor von Porgys Tierpark zu protestieren. Der betroffene Zoodirektor beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der Artikel sei unwahr, reißerisch und tendenziös. Insgesamt vermittele der Beitrag den Eindruck, Tiere würden in modernen, wissenschaftlich geleiteten Zoos in zu engen Gitterkäfigen langsam zu Tode gequält. Die Zeitschrift hätte zumindest die großen Freigehege des Tierparks und seine Zuchterfolge nennen und würdigen müssen. Der Gesundheitszustand des Gorillas Porgy sei einwandfrei. Das Tier bewege sich in einer 443 qm. :großen Freianlage in Südlage mit natürlichem Grasbewuchs, Bademöglichkeit und Kletterbäumen, die es täglich nutzen könne. Von Isolationsfolter im Fliesenkäfig könne keine Rede sein. Mit ihrer Darstellung von Missständen wolle die Zeitschrift Jugendliche aufrütteln, erklären die Anwälte des Chefredakteurs. In der Reportage gehe es um die Haltung des Gorillas in einem gefliesten Glaskäfig. Eine Verpflichtung, auch auf das Freigehege hinzuweisen, sei nicht ersichtlich. Ebenso wenig bestehe eine Pflicht, bei jedweder Berichterstattung auf Erfolge des Tierparks hinzuweisen. (1995)
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Eine Tageszeitung schildert Ablauf und Hintergründe einer Auseinandersetzung zwischen sogen. rechten und linken Jugendlichen, die zum Tod eines der Beteiligten führt. In der Reportage werden vier unterschiedliche Versionen zum Tatablauf dargestellt. Zu Anfang des Berichts schreibt die Autorin über den mutmaßlichen Täter: »Nino ist 17 und links. Jetzt ist er ein Totschläger oder Schlimmeres.« Am Ende des Artikels heißt es, gegen ihn werde jetzt wegen Körperverletzung mit' Todesfolge ermittelt. Ein Leser des Blattes beanstandet in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat eine Vorverurteilung. Schriftliche und mündliche Versuche, die Zeitung zu einer Klarstellung zu bewegen, seien nicht erfolgreich gewesen. Dem Presserat gegenüber gibt die Zeitung keine Erklärung ab. (1995)
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Ein Wirtschaftsmagazin berichtet am 5. August 1994 über die Veruntreuung von Geldern innerhalb von Unternehmen einer bestimmten Pharmagruppe. In diesem Zusammenhang wird erwähnt, dass der namentlich genannte ehemalige Geschäftsführer einer Arbeitsgruppe von der Polizei verhaftet worden sei. Der Betroffene beklagt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat eine Verunglimpfung und beteuert, dass er nicht verhaftet worden sei. Mit einer solchen Behauptung habe die Zeitschrift seinen Ruf geschädigt. Die Zeitschrift räumt ein, dass die Nachricht über die Verhaftung des Beschwerdeführers unzutreffend gewesen sei. In einem erneuten Artikel wolle sie eine Korrektur veröffentlichen. (1994)
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In einem Aufmacher unter der Überschrift “Oberstleutnant als Ladendieb: Verdienstkreuz ist jetzt passé” berichtet eine Lokalzeitung, dass einem namentlich genannten Offizier der Bundeswehr das für ihn vorgesehene Bundesverdienstkreuz am Bande doch nicht verliehen wird. Als Grund führt die Zeitung an, der Mann sei als Ladendieb ertappt worden. Er habe in einem Einkaufsmarkt Schrauben im Wert von 15 Mark in die Tasche gesteckt und an der Kasse nicht bezahlt. Die Redaktion zitiert den Vorgesetzten des Offiziers, der von Schusseligkeit spricht, und schildert die Verdienste des Betroffenen vor allem beim Somalia-Einsatz der Bundeswehr. Ferner erwähnt sie, dass in der Sache ein anonymer Brief an den Bundesverteidigungsminister und an den Wehrbeauftragten adressiert worden sei. Die Zeitung veröffentlicht in ihren folgenden Ausgaben einige Leserbriefe, deren Autoren von Denunzierung, Rufmord und miesem Journalismus sprechen. In einer späteren Anmerkung erklärt die Redaktion, warum sie über den Fall berichtet hat. Der Betroffene schaltet den Deutschen Presserat ein. Er beklagt die Nennung seines Namens und die Wiedergabe seines Fotos. Zum Vorfall selbst merkt er an: “Kurzzeitig problembelastet, ist mir beim Einkauf ein Versehen unterlaufen, das heutzutage mitunter vorschnell als Ladendiebstahl gemeldet werden kann.” (1995)
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