Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Ein Boulevardzeitung berichtet über die präzisen Prognosen eines Wetterforschers: »Das wird der schlimmste Winter«. Den Professor überfällt ungläubiges Erstaunen, ja Entsetzen, als er die Zeitung zu Gesicht bekommt. Von dem, was ihm die Redaktion in den Mund legt, hat er kein Wort gesagt. Telefonisch habe ihn ein Mitarbeiter der Zeitung befragt. Er habe einige Bauernregeln zitiert. Außerdem habe man über die Wetterstatistik gesprochen. So habe er dem Journalisten erklärt, dass es in diesem Jahrhundert alle 7,7 Jahre einen strengen Winter gegeben habe. Nach 1962/63, 1969/70, 1978/79 und zuletzt 1986/87 könnte bei dem Abstand von sieben bis neun Jahren einer der drei nächsten, wahrscheinlich der Winter 1994/95 an der Reihe sein. Von Schnee und Schneesturm, von Verwehungen, schulfrei, gesperrten Straßen, eingeschneiten Zügen und Dörfern, wie in der Zeitung zu lesen, sei nie die Rede gewesen. Die Wendung »Klirre Nächte« gehöre gar nicht zu seinem Sprachschatz, bekundet der Meteorologe. Der Bericht, der den »schlimmsten Winter« vorhersagt, sei »zusammengezaubert«. Man habe sich vom örtlichen Wetterdienst den Ablauf der bisherigen strengen Winter schildern lassen, daraus eine eigene Wetterprognose gemacht und dann dieses Elaborat mit seinem Namen wissenschaftlich verbrämt. Die Redaktion der Zeitung räumt ein, Auskünfte des Instituts ohne weitere Nachfrage als Prognose veröffentlicht zu haben. (1993)
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Ein Boulevardblatt schildert einen spektakulären Entführungsfall, der mit dem Verdacht endet, dass die Eltern ihren 18 Monate alten Sohn selbst getötet haben. Die Zeitung zitiert angebliche Geständnisse der Eltern. Tags zuvor hatten Staatsanwaltschaft und Polizei eine Pressekonferenz veranstaltet und Einzelheiten zu dem Fall mitgeteilt. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat stellt das zuständige Polizeipräsidium fest, dass den in Haft befindlichen Beschuldigten Zitate unterstellt worden seien, die sie tatsächlich gar nicht geäußert hätten. Die »Geständnisse« seien in Vernehmungsprotokollen enthalten, aber in völlig anderer Textfolge und Wortwahl. Die Ermittlungsakten seien zu keiner Zeit aus dem Bereich Polizei/Staatsanwaltschaft an Dritte weitergeleitet worden. Eine Leserin, die sich gleichfalls an den Presserat wendet; nennt den Artikel »grausig«. Die Rechtsabteilung des Verlags betont, es sei wahrheitsgemäß und zutreffend über die Tötung des Jungen berichtet worden. (1993)
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Unter der Überschrift »War kein Verkauf mehr« veröffentlicht eine Lokalzeitung einen Leserbrief. Die Verfasserin bezweifelt, dass zwei streng katholische Brüder ein Unternehmen im Jahre 1938 von einem jüdischen Eigentümer gekauft haben. Abschließend stellt sie fest: »Wer 1938 ein jüdisches Eigentum - gleich welcher Art - kaufen konnte, war ganz bestimmt kein Gegner des Nationalsozialismus«. Der Sohn und Neffe der damaligen Käufer erklärt dazu in einer Beschwerde an den Deutschen Presserat, dass es sich sehr wohl um einen Kauf gehandelt habe. Die beiden Geschäftsleute seien ständigen Repressalien seitens der NSDAP unterworfen worden. Der Vater des Beschwerdeführers sei nach dem Krieg als politisch Verfolgter anerkannt worden. Es hätte gar kein Anlass bestanden, diesen Leserbrief unbedingt zu veröffentlichen. Die Zeitung stellt fest, der Beschwerdeführer habe seine Beschwerde über eine angeblich abgelehnte Gegendarstellung an den Presserat geschickt, bevor er sich mit dieser überhaupt an die Redaktion gewandt hatte. Auch weigere man sich nicht mit allen Mitteln gegen einen Abdruck, sondern verlange lediglich, dass die Gegendarstellung den presserechtlichen Voraussetzungen entspreche. Schriftlich und telefonisch habe man versucht, mit dem Betroffenen Kontakt aufzunehmen, um eine Veröffentlichung wenigstens in Form einer Entgegnung zu ermöglichen. Man stehe nach wie vor zu dem Angebot, dass sich der Beschwerdeführer in der Zeitung zu dem Thema äußern könne. (1994)
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Auf ihrer Titelseite zeigt eine Boulevardzeitung das Foto eines toten Säuglings, der aus dem 9. Stock eines Hauses geworfen worden ist. Das Bild ist in eine Schlagzeile eingeklinkt: »Märchen, im Himmel hast du's besser«. In dem Text werden die Lebensumstände der Eltern des getöteten Babys geschildert. Ein Ehepaar sieht die Menschenwürde des Kindes zutiefst verletzt und beantragt beim Deutschen Presserat eine Rüge des Blattes, das das tragische Schicksal des Kindes kommerziell ausnutze. Die Zeitung wollte die erschütternde Grausamkeit eines Vaters dokumentieren, der sein Kind nach einem Ehestreit aus dem Fenster im 9. Stock geworfen hat. Als sich herausgestellt habe, dass das Kind in seinem kurzen Leben einem einzigen Martyrium ausgesetzt war, habe sich die Redaktion entschlossen, in einem weiteren Bericht das Kind noch einmal darzustellen und damit in Erinnerung zu rufen, welches schreckliche Schicksal Max dann endgültig ereilte. Als bekannt geworden sei, dass die Eitern mit der Beerdigung des Kindes nichts zu tun haben wollen und die Zeitung darüber berichtete, hätten sich viele Leser gemeldet, um die Beerdigungskosten zu übernehmen. (1994)
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Eine Zeitschrift berichtet über grausame Tierquälerei in deutschen Zoohandlungen. Hundewelpen werden mit Rohrstangen geschlagen, Katzen in dunkle Minikäfige gesperrt. Der Text wird ergänzt durch zahlreiche Fotos von gequälten Tieren und durch ein Interview eines Zoohändlers, der sich zur Tierquälerei bekennt. Ein Fachmagazin des Zoohandels beschwert sich beim Deutschen Presserat. Diese Veröffentlichung, »getürkt« und gefälscht, diskriminiere einen ganzen Berufsstand. (1993)
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Eine Boulevardzeitung berichtet über die Explosion einer serbischen Granate auf dem Marktplatz von Sarajevo. Dabei wurden mindestens 68 Menschen getötet. In dem Bericht kommen verschiedene Politiker mit ihren Meinungen zu dem tragischen Vorfall zu Wort. Als Überschrift wählen die Autoren folgende Formulierung: »Empörung über Sarajevo-Blutbad: Bombt die Mörder nieder!«. Ein Leser des Blattes wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Schlagzeile appelliere an niedere Instinkte. Wer mit Waffengewalt einschreiten wolle, um das fürchterliche Geschehen zu stoppen, dürfe den vermeintlichen Gegner bekämpfen, besiegen, entwaffnen, vor ein ordentliches Gericht bringen, aber er selbst dürfe nicht bestrafen oder rächen. Die Zeitung entgegnet, sie habe in griffiger Form die Meinung hochgestellter Politiker wiedergegeben. Damit spiegele die Forderung nicht die Meinung der Zeitung, sondern die der Weltöffentlichkeit wider. (1994)
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Mit der Schlagzeile »Kinder sterben durch verseuchte Babynahrung« erhebt eine Zeitschrift massive Vorwürfe gegen die Hersteller von Säuglings- und Kleinkindernahrung. Ein nicht näher identifizierter, aber namentlich genannter Gesundheitsexperte legt Reportern der Zeitschrift Untersuchungsergebnisse vor; die bisher noch nicht veröffentlicht wurden. Ein Zitat aus seinem Protokoll: »... bei der Herstellung von Babynahrung werden Obst und Gemüse beigemischt, die mit Gift- und Schadstoffen verseucht sind. Durch die zunehmende Umweltverschmutzung und das Sprühen von giftigen Unkrautvernichtungsmitteln sind die Lebensmittel aus der Natur im höchsten Maß verseucht. Das Immunsystem eines Erwachsenen kann diese Giftmengen verarbeiten, aber das eines Kindes nicht ...!« Weiter wird berichtet, wichtige Kontrollverfahren seien einfach abgeschafft worden, um Geld einzusparen. Die Folge davon sei: »Immer mehr Säuglinge und Kleinkinder werden schwerkrank.« Ein Diätverband beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er legt Stellungnahmen zweier Experten vor, aus denen hervorgeht, dass Vergiftungen und Todesfälle durch verseuchte Babynahrung nicht bekannt sind. Auch der Vorwurf, dass Hersteller wichtige Kontrollverfahren einfach abgeschafft haben, sei nicht zutreffend. Qualitätssicherungssysteme zur Gewährleistung von Produktsicherheit seien vielmehr ausgebaut worden. Der Chefredakteur des Blattes betont, seine Veröffentlichung betreffe nicht die Erzeugnisse von Mitgliedern des Diätverbandes, sondern diejenige von Außenseitern. (1993)
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Unter der Überschrift »Stadt sucht Sozialpädagogen: Stelle als ABM besetzen« berichtet eine Lokalzeitung über das Ende der Probezeit einer Sozialpädagogin, die von der Stadtverwaltung nicht übernommen wird. Neben der Meldung, als deren Quelle der stellvertretende Verwaltungschef angegeben wird, befindet sich ein Foto der Frau, darunter ihr Vor- und Nachname. Die 'Betroffene beschwert sich beim Deutschen Presserat. Es gehe nicht an, dass die Veröffentlichung über ihre Einstellung auf eine Stufe mit der öffentlichen Bekanntgabe ihrer Kündigung gestellt werde. Die Zeitung hält die Formulierung »Die Verwaltung übernahm die bisherige Stelleninhaberin ... nach dem Ende der Probezeit nicht ...« für ausgesprochen wertneutral. (1993)
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