Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Eine Tageszeitung berichtet in mehreren Artikeln über die Machenschaften einer Jugendsekte. Den Sektenmitgliedern wird eine rechtsradikale Gesinnung unterstellt. Die Eltern eines Mitglieds der Sekte werden in der Überschrift mit den Worten zitiert: »Unser Sohn ist eine Marionette«. Die Bezeichnung »rechtsradikal« verletze das sittliche und religiöse Empfinden der Sektenmitglieder, erklärt die Sekte in einer Beschwerde an den Deutschen Presserat. Außerdem sei eines ihrer Mitglieder auf Grund der Daten in einem der Berichte zweifelsfrei identifizierbar. (1990)
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In einer Stadt der früheren DDR wird ein Unternehmensberater aus dem Westen erschlagen aufgefunden. Unter der Schlagzeile »Angeber-Wessi mit Bierflasche erschlagen« verkündet eine Boulevardzeitung, der ganze Ort sei glücklich, dass der Mann tot sei. Ein Leser des Blattes stört sich an der reißerischen Aufmachung, der auf Hass und Neid zwischen Ost und West setze. Er legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. (1991)
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In zwei Kommentaren setzt sich eine Zeitschrift mit dem Asylrecht von Zigeunern auseinander. Unter der Überschrift »Asyl für rumänische Zigeuner?« wird von einer »Flut« von rumänischen Zigeunern gesprochen, die in ein westdeutsches Städtchen schwappte. Bürger werden mit der Aussage zitiert: »Die Zigeuner klauen dir die Klobrille unterm Hintern weg!«. Von einer »Zigeunerinvasion« und von einem »ständig wachsenden Zustrom von Scheinasylanten« ist die Rede. Der Autor fragt: »Wer von denen ist schon echt politisch verfolgt?« und schließt mit der Bemerkung »Die Deutschen kommen vor den Zigeunern!«. - Unter der Überschrift »Schickt die Zigeuner dorthin zurück, von wo sie gekommen sind - sofort!« wirft derselbe Autorin einem weiteren Kommentar den Politikern vor, sie würden nur reden. »Aber vom Reden kriegt man die Zigeuner und die anderen Scheinasylanten nicht weg!« Die Rumänen würden sich von ihren ungeliebten Zigeunern »entsorgen«, die Zigeuner gehörten dorthin wieder zurück, von wo sie ungebeten und ohne zu fragen gekommen seien - »SO-FORT!«. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in beiden Artikeln eine Volksverhetzung: Die Leser werden unterschwellig zu gewalttätigen Aktionen angestachelt (1990)
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In einer Tageszeitung äußert sich ein bekannter Dramatiker über Raucher und Nichtraucher. Im Rahmen eines Vergleichs mit den Juden in der NS-Zeit stellt er die Aggressionen zwischen Rauchern und Nichtrauchern dar. Sein Essay trägt den Titel »Man wird Raucher nie ermorden«. Der Bund gegen das Zwangsmitrauchen beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der Artikel greife diejenigen Politiker und Nichtraucher an, die Schutzmaßnahmen für Nichtraucher fordern. Diese Menschen würden als unmenschlich und verachtenswert dargestellt. Der Artikel sei geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören. Unsere Gesellschaft beginne in ganz aggressiver Form, Raucher nicht zu verteufeln, sondern ganz auszugrenzen - so der Standpunkt der Zeitung. Darauf habe der Autor hinweisen wollen. Ihm gehe es darum, das Bewusstsein für ein »Miteinander« zu stärken. (1991)
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Eine Zeitschrift befasst sich mit dem Leiden von Asthmakranken. Die Therapie sei in den letzten Jahren zwar aufwendiger und teurer geworden, schreibt das Blatt, Hilfe scheine sie jedoch nicht zu bringen. Die Schlussfolgerung lautet: »Immer mehr Asthmatiker werden auch heute noch nur durch drei Lagen Friedhofskies von ihrer Krankheit geheilt«. Ein Leser des Blattes empfindet diese Formulierung als brutal. Der Artikel sei durchaus geeignet, asthmakranken Menschen den Selbstmord nahe zulegen. Die Redaktion hält einer entsprechenden Beschwerde beim Deutschen Presserat entgegen, der beanstandete Satz sei keine Erfindung der Autoren, sondern ein unter Ärzten und Asthmatikern geflügeltes Wort, das auf einem Ausspruch des berühmten amerikanischen Arztes Oliver Wendel-Holmes basiere. (1991)
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Bundesgesundheitsamt und Bundesärztekammer beschweren sich über einen Beitrag in einer Frauenzeitschrift, die Über eine »Iss-dich-schlank-Kapsel« berichtet, die ein belgischer Arzt entwickelt habe und die seit einem Jahr erfolgreich sei. Zum Schlankwerden brauche man nur ein Rezept, eine Diät sei nicht erforderlich, und man werde nicht mehr rückfällig. Die Kapselkur sei eine medizinische Sensation. Ohne ärztliche Betreuung sei sie jedoch nicht zu machen. Die Kapsel biete »nur Vorteile«. Es sei möglich, dass einzelne Ärzte dazu unterschiedliche Ansichten hätten. »Sie sollten sich einen Arzt suchen, der ungewöhnliche Behandlungsmethoden von vornherein nicht ablehnt - einen Arzt also, mit dem sie reden können. « Sollte ein Arzt nichts davon halten, »müssen Sie entscheiden, ob Sie ihm vertrauen oder sich lieber einen anderen Arzt suchen «. In einem Kasten wird die Zusammensetzung der Kapsel beschrieben, dazu die Empfehlung gegeben, mit diesem Text in die Apotheke zu gehen, um sich die Kapsel zusammenstellen zulassen. Der Beitrag gibt auch die Stimmen einiger Personen wieder, die über Erfolge beim Abnehmen mit der Kapsel berichten (»Schlankschlucken ohne Verzicht«). Die Beschwerdeführer sind der Ansicht, der Beitrag wecke unbegründete Hoffnungen auf leicht zu erreichende Schlankheit und den unbegründeten Eindruck der Harmlosigkeit der Präparate und vermittele unbegründet den Eindruck, die Präparate seien harmlos. Die Redaktion widerspricht dem Vorwurf, leichtfertig gehandelt zu haben. Ihre Berichterstattung sei sauber und abgewogen. (1991)
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Unter dem Serientitel »Die Bestie vom süßen See« berichtet eine Boulevardzeitung in mehreren Folgen über die Tötungsdelikte eines Mannes, der das »grausigste Verbrechen in der DDR« begangen hat. Die Schlagzeile lautet: »Frauenmörder aß seine Opfer auf«. Im ersten Teil wird unter der Überschrift »Da schnitt er ihr die Brust ab« der Mord an einer 79-jährigen Frau beschrieben, die weitgehend erkennbar wird: Der Vorname des Opfers wird genannt, der erste Buchstabe des Familiennamens, der Wohnort mit Straße und Hausnummer. Man habe die Frau unbekleidet, blutüberströmt, mit entstelltem Gesicht gefunden. Die rechte Brust der Frau habe gefehlt, ebenso ihr Geschlechtsteil. Geschildert wird, wie anhand der Obduktionsergebnisse die Tat im einzelnen rekonstruiert wird. Zu dem Beitrag erscheint ein Foto vom Tatort mit der auf dem Bauch liegenden unbekleideten Toten. Die Kinder des Mordopfers beschweren sich beim Deutschen Presserat. Sie sehen Andenken und Würde der Toten beeinträchtigt, ihre Identität preisgegeben. Die Zeitung schlage aus dem tragischen Tod der Mutter Kapital. Die Redaktion kann die Betroffenheit der Angehörigen nachempfinden. Sie begründet die identifizierende Berichterstattung damit, dass auch im Bereich der Kriminalität Unterlassungen aus der Vergangenheit aufzuarbeiten seien. Berichterstattung über Kapitalverbrechen sei in der ehemaligen DDR aus ideologischen Gründen nicht möglich gewesen. (1991)
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Im Kommentar einer Lokalzeitung unter der Überschrift »Das Fass läuft über« heißt es wörtlich: »Spätestens seit weit über 1000 Zigeuner aus Rumänien (und Jugoslawien) die Stadt bevölkern und ihrem schlechten Ruf durch miserable Hygiene und provozierende Missachtung jeglicher Eigentumsverhältnisse gerecht werden, ist das Fas am Überlaufen. « Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in der Veröffentlichung eine rassistische Pauschalkriminalisierung: Zigeuner werden als »unzivilisierte Menschen« herabgesetzt. Die Redaktion der Zeitung weigert sich, eine Stellungnahme abzugeben. (1990)
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Unter der Überschrift »Zwei Hellseherinnen sitzen hinter Gittern« berichtet eine Tageszeitung über die Festnahme zweier Hellseherinnen, die eine Frau gegen Zahlung eines Betrages von 10000 Mark und einer »Vorauszahlung« in Schmuck von einem »Fluch« befreien wollten. In dem Text erscheint zweimal der Hinweis, die beiden Frauen seien »Landfahrerinnen«. Nach Ansicht der Redaktion ist in der Verwendung der Begriffe »Landfahrerin und Landfahrer« keine Diskriminierung zu sehen. Dennoch ist die Redaktion bereit, auf die völlig verständliche Empfindlichkeit des Beschwerdeführers Rücksicht zu nehmen. Sie will sich darum bemühen, dass diese Bezeichnungen nicht mehr verwendet werden. (1990)
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Eine Lokalzeitung berichtet unter der Überschrift »Bei Zigeunern heißt Stehlen >nur< teilen« über eine Diskussionsveranstaltung, in der es um die Frage ging; Betreuung von Asylbewerbern in Lagern oder verteilte Unterbringung in einzelnen Dörfern zur besseren Integration. Ein bei der Betreuung von Sinti und Roma engagierter Bürger wird mit der Aussage zitiert, es komme darauf an, den Ausländern bei der Gestaltung ihres Lebens zu helfen. Dazu gehöre das »Deutlichmachen unserer Denkweisen«, denn die völlig andere Mentalität der Sinti und Roma sei die Hauptursache für die Missverständnisse zwischen den Nomaden und den sesshaften Bürgern. So habe das Wort »stehlen« im Rumänischen die Bedeutung »teilen«. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma weist den Vorwurf »mentalitätsbedingter« Eigentumskriminalität zurück. Die Redaktion dagegen will mit ihrem Bericht deutlich gemacht haben, dass auch Privatbürger auf Sinti und Roma zugehen, ihnen helfen und sie zu verstehen suchen. (1991)
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