Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
Ein Geistlicher stiehlt eine Dose Holzschutzmittel. Eine Boulevardzeitung berichtet über den Fall. Die Überschrift lautet: »Pastor klaute im Baumarkt«. Im Text heißt es: »Am Sonntag predigte er in der... Schlosskirche, auch über das 7. Gebot »Du sollst nicht stehlen«. Am Mittwoch ging Pastor ... einkaufen. Aber er zahlte nicht.« Der Kirchenkreis des Betroffenen sieht die beklagenswerte Handlung seines Geistlichen in einer Weise dargestellt, die in keinem Verhältnis zu dem angerichteten Schaden stehe. Der Pastor werde der öffentlichen Verachtung preisgegeben. Der Bericht erwecke den Eindruck, als ob der Pastor am Sonntag vor dem Diebstahl über das siebte Gebot gepredigt habe. Tatsächlich aber habe er ein Jahr zuvor seine letzte Predigt gehalten. In ihrer Beschwerde beim Deutschen Presserat beklagt die Kirchenleitung ferner, zwei Mitarbeiter der Zeitung hätten das Foto des Pastors erschlichen. Sie hätten angegeben, das Foto für ein geplantes Interview mit dem Geistlichen zu verwenden. Der wahre Zusammenhang sei verschwiegen worden. (1991)
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Mit der Schlagzeile «Ein Arzt kam durch die Tür - ein Messer im Rücken« leitete eine Boulevardzeitung ihre detaillierte Schilderung eines Verbrechens ein. Dabei berichtet sie auch über das bizarre Doppelleben« des Opfers. Ein Oberstaatsanwalt wird mit der Aussage zitiert, der getötet Arzt habe eine homosexuelle Beziehung zu einem Studenten gehabt. Streit sei entstanden, weil der Spanier den Arzt habe verlassen wollen. Ein Leser des Blattes stößt sich daran, dass die Identität des Opfers unnötig breit dargelegt werde. Auch die steckbriefartige Beschreibung des Studenten sei zu beanstanden. Er werde bereits als Täter dargestellt. Schließlich sei die Intimsphäre des Opfers stark verletzt. Aus seinem Sexualleben würden delikate Einzelheiten berichtet.
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Eine Lokalzeitung berichtet, dass sich die Stadt, in der das Blatt erscheint, von ihrem Umweltkoordinator trennen wird. »Mit dem Job überfordert: »Spitzname Schlaftabletten« lautet die Überschrift. Im Text heißt es, der Mann sei mit seiner Tätigkeit »überfordert gewesen«. Vor allem die Verwaltungsarbeiten seien ihm nur sehr langsam von der Hand gegangen. Die Kollegen hätten ihn heimlich »Schlaftablette« genannt. In dem Bericht wird ferner behauptet, der Berufsanfänger habe sich über Haupt- und Realschule zum Abitur »durchgekämpft«. Der Betroffene sieht In dieser Veröffentlichung Diffamierung und Rufschädigung. Er habe den Vertrag mit der Stadt kurz vor Ablauf der Probezeit gekündigt, da hier Im Umwelt- und Naturschutz nichts geschehe und er für seine Person sowie für seine Tätigkeit keine Zukunft sehe. Der Chefredakteur der Zeitung räumt ein, in dem kritisierten Beitrag habe es tatsächlich nicht haltbare Feststellungen gegeben. Deshalb habe man drei Wochen später eine Richtigstellung veröffentlicht. Um neue Komplikationen zu vermeiden, sei der Text mit dem Beschwerdeführer abgestimmt worden.
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Unter der Überschrift »Aus dem Geschäftsleben« berichtet ein Lokalblatt über die Eröffnung einer neuen Abteilung in einem ortsansässigen Kaufhaus. Ein dreispaltiges Foto zeigt den neuen »Shop«, der den Namen des Kaufhauses in Verbindung mit dem Namen eines bekannten Textilherstellers trägt. In der Unterzeile zu dem Foto heißt es u. a., durch die offene, praktische Präsentation der qualitativen Ware, die Gestaltung des Verkaufsraumes sowie durch das vielfältige Angebot dürfte es den Kunden leicht fallen, in diesem namentlich genannten Shop das passende Outfit zu finden. Ein Leser sieht in der Veröffentlichung eine unzulässige Vermischung von Information und Werbung und beschwert sich beim Deutschen Presserat.
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Unter der Überschrift »Einer im Niemandsland« berichtet ein Nachrichtenmagazin über den »Fall Stolpe«: »Wie IM »Sekretär« zwischen Kirche und Staatssicherheit lavierte«. Der Bericht stützt sich auf Stasi Akten. Nach Aktenlage, so das Magazin, könne der hochrangige Inoffizielle Mitarbeiter »Sekretär« nur Manfred Stolpe gewesen sein. Weiter wird ausgeführt, die Stasi-Akten legten nahe, dass Stolpe das DDR-Ministerium für Staatssicherheit viele Jahre ausführlich über kirchliche Interna informiert habe. Das Magazin wählt in seinem Bericht u. a. folgende Formulierungen: »So trug IM »Sekretär« 1976 der Stasi zu, dass ...« - »Haarklein und »streng geheim« berichtete IM »Sekretär« der Stasi über ... «. Manfred Stolpe, jetzt Ministerpräsident von Brandenburg, kommt in dem Bericht mehrmals zu Wort. Er beteuert, in den Stasi Akten als IM geführt worden zu sein, ohne davon gewusst zu haben. Ein ehemaliger Landtagsabgeordneter aus Brandenburg führt Beschwerde beim Deutschen Presserat. Entgegen Ziffer 2 des Pressekodex seien unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen nicht als solche erkennbar gemacht worden. Entgegen Ziffer 4 des Pressekodex könnten bei der Beschaffung des Informationsmaterials nur unlautere Methoden angewandt worden sein. Es werde nicht erkennbar, woher die verwendeten Unterlagen kommen. Entgegen Ziffer 9 des Pressekodex würden unbegründete Beschuldigungen ehrverletzender Natur veröffentlicht. So werde der Eindruck erweckt, als habe Stolpe selbst berichtet, wohingegen die Fakten bewiesen, dass es sich um die Wiedergabe von Gesprächen handele, die Stolpe im Auftrag und Interesse der Kirche mit den genannten Stellen geführt hat. Stasi- Protokolle wurden veröffentlicht, ohne sich davon zu distanzieren oder die darin behaupteten Tatsachen zu relativieren, was den Anschein erwecke, sie hätten den Charakter von Beweismitteln. Das Nachrichtenmagazin stellt zu diesen Vorwürfen fest, es habe nicht über unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen berichtet, sondern über MfS-Akten, die als Quelle bzw. handelnde Personen den IM »Sekretär« benennen. Dessen Identität stehe Inzwischen zweifelsfrei fest und werde auch von Manfred Stolpe nicht bestritten. Aus Gründen des Quellenschutzes könnten keine Angaben über die Herkunft der Dokumente gemacht werden. Den Vorwurf der unlauteren Informationsbeschaffung weise man aber als unbegründet zurück. Das Magazin mache immer deutlich, wenn angebliche Stolpe Äußerungen durch Dritte wiedergegeben werden. Nirgendwo werde behauptet, dass Stolpe selbst berichtet habe. Stattdessen mache der Text an mehreren Stellen immer wieder darauf aufmerksam, dass die Berichte nicht von Stolpe selbst, sondern von Dritten verfasst wurden. Dem Vorwurf der mangelnden Distanzierung hält das Magazin zwei Textpassagen aus dem eigenen Blatt entgegen, aus denen hervorgeht, dass die Stasi-Akten geschönt wurden. Stolpe habe das Angebot abgelehnt, die der Redaktion vorliegenden Unterlagen einzusehen und zu kommentieren. In der Berichterstattung sei er mit seiner Position zu Wort gekommen.
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Eine Tageszeitung berichtet an zwei aufeinanderfolgenden Tagen, auf dem Gelände einer Firma der chemischen Industrie werde »illegal« Giftmüll gelagert. Die giftigen Substanzen seien »völlig ungeschützt und jedermann zugänglich«. Die betroffene Firma beschwert sich beim Deutschen Presserat: Die Aussage in der Überschrift, dass die Firma auf Ihrem Gelände illegal Giftmüll lagere, sei im Text nicht belegt. Die Behauptung, dass Sonderabfälle in teilweise unverschlossenen Fässern lagern, sei das Ergebnis einer arglistigen Täuschung des Reporters. Dieser habe den Deckel eines Fasses anheben und diesen Vorgang fotografieren lassen. Das Foto sei dann als Beleg für unverschlossene Fässer veröffentlicht worden. Auch die Aussage, dass die Polizei gegen die Firma ermittele, die Firma jedoch in dieser Sache abwiegele, sei unwahr.
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Eine Zeitschrift berichtet über psychisch Kranke, die Gewalttaten begingen und eine Gefahr für die Bevölkerung darstellen. Die Überschrift des Beitrags lautet: »Gefahr für alle! Deutsche Nervenheilanstalten sind oft nicht ausbruchsicher. Achtung: Geisteskranke laufen einfach frei herum! Psychisch Kranke brechen aus und ermorden kleine Kinder.« Der Text berichtet unter Verwendung fiktiver Namen über Beispiele einzelner Gewalttaten von »Geisteskranken«. Dazu werden Fotos von »gefährlichen Irren« und »gemeingefährlichen Geisteskranken« gezeigt und ein Interview mit einem »Anstaltsleiter« veröffentlicht, dessen Name ebenfalls abgeändert wurde. Ein Journalist sieht in dem Beitrag reine Stimmungsmache gegen psychisch Kranke und Behinderte. Er beschwert sich beim Deutschen Presserat. (1990)
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Der Mieterverein der Stadt habe zwei Fälle von mutmaßlichem Mietwucher bei der Staatsanwaltschaft angezeigt, berichtet eine Regionalzeitung. Nachdem ein Bauunternehmer eine Zeile von zehn bis zwölf Häusern mit rund 60 bis 70 Wohnungen aufgekauft habe, sei die Miete u. a. in zwei Fällen so weit angehoben worden, dass sie bei 76 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liege. Der Mieterverein befürchte, dass dies »einreiße«. Der Bauunternehmer wird im selben Beitrag mit seiner Begründung zitiert, warum er die Miete erhöht hat. Name und Wohnort des Mannes sind genannt. Der Betroffene beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er hält die Namensnennung für unzulässig und sieht sich vorverurteilt. (1990)
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Eine Boulevardzeitung nennt den vollen Namen eines Mannes, der Tiere auf grausame Art und Weise gequält haben soll: »Er folterte Schafe, Kaninchen, Gänse. Er ist Deutschlands größter Tierquäler. Und der Schlüssel zu seinen Grausamkeiten ist sein Familienname: Ratte heißt er, tatsächlich Ratte - wie diese missliebige Tierart.« Der Beitrag versucht einen Zusammenhang herzustellen zwischen dem Nachnamen des Betroffenen und seinen Taten. Seine Schwester wird mit den Worten zitiert, er habe besonders unter seinem Namen gelitten. Auch ein Sexualwissenschaftler und eine Psychologin kommen mit Kurzinterpretationen zu Wort. Ein Leser des Blattes sieht in der Veröffentlichung eine Vorverurteilung und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Namensnennung und Angabe von Alter, Beruf, Größe und Vorname der Schwester machten den Mann zudem voll identifizierbar. Die Namensnennung sei notwendig gewesen, erklärt die Redaktion, um dem Leser den Hintergrund der Taten, die Motivation des Täters und die Tragik des Falles zu verdeutlichen. Herr Ratte sei mit der Namensnennung einverstanden gewesen. Die Mitbewohner seines Dorfes hätten schon aus der Lokalpresse erfahren, dass er die Taten begangen haben soll. Mit diesem Beitrag habe die Zeitung verständlich machen wollen, dass der Tierquäler für seine Taten nicht verantwortlich zu machen sei. (1991)
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