Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Rätsel um den Namen eines Fußballers

Eine Boulevardzeitung berichtet online unter der Überschrift „Spielt HSV-Profi Jatta mit falscher Identität?“ über einen Fußballer aus Gambia, der 2015 unter den Namen Bakery Jatta nach Deutschland eingereist war und dabei den 6. Juni 1998 als sein Geburtsdatum angegeben hatte. Laut Recherchen der Redaktion heiße der Spieler Bakary Daffeh und sei bereits am 6. November 1995 geboren worden. Die Angabe seines richtigen Namen und seines Geburtsdatums hätte das Verfahren um eine Aufenthaltsgenehmigung erschwert. Der HSV kommt im Bericht zu Wort. Ein Club-Vertreter erläutert, dass ihm der gültige Reisepass Jattas inklusive Aufenthaltsgenehmigung vorliege und man ihn als Spieler und als Menschen schätze. Zwei Leser der Zeitung sehen eine Verdachtsberichterstattung, die nur auf Indizien beruhe bzw. falsch sei. Der Spieler werde in Misskredit gebracht. Er werde in seiner Menschenwürde verletzt. Es werde Hass gegen Flüchtlinge geschürt. Die Redaktion teilt mit, man habe sich zu einer Berichterstattung entschieden, weil die Zweifel an der Identität des Spielers offensichtlich gewesen seien. In Anbetracht eines Fußball-Profis, der jede Woche live im Fernsehen zu sehen sei, gebe es ein besonders öffentliches Interesse. Sollte „Jatta“ nicht „Daffeh“ sein, wäre es einfach gewesen, dies im Gespräch mit der Redaktion zu belegen. Daran habe aber offenbar kein Interesse bestanden. Nur ein Reisepass, der im Flüchtlingschaos 2015 wie auch immer beschafft sein könnte, reiche definitiv nicht als Beweis.

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Eltern ernähren Tochter „streng vegan“

„Gericht verurteilt Eltern wegen veganer Ernährung der Tochter“ titelt ein Nachrichtenmagazin online. Im Beitrag heißt es, in Australien seien die Eltern eines Kleinkindes verurteilt worden, da sie ihre kleine Tochter „streng vegan“ ernährt hätten. Die Kleine habe mit 19 Monaten noch keine Zähne gehabt und nicht einmal fünf Kilogramm gewogen. Das Mädchen habe nur Obst, Haferflocken, Kartoffeln, Reis, Tofu, Brot, Erdnussbutter und Reismilch bekommen. Acht Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer berufen sich im Wesentlichen darauf, dass Überschrift bzw. Text irreführend und schlichtweg falsch seien. Durch den Artikel würden diffuse Ängste gegen vegane Ernährung geschürt. Der Artikel sei nicht bzw. schlecht recherchiert. Das Kind habe an Unterernährung gelitten. Dies sei kein Problem einer veganen Ernährung, sondern könne bei jeder Ernährungsform vorkommen. So gebe es zahlreiche Fälle von unterernährten omnivoren Kindern, bei denen Jugendämter und Gerichte einschreiten müssten. (Omnivor: Lateinisch Omnis für „alles“ und vorare für „fressen“ – vulgo also „Allesfresser“). Die Beschwerden beziehen sich auf vermeintliche Verstöße gegen acht Ziffern des Pressekodex. In der Vorprüfung wurden die Beschwerden auf Ziffer 2 des Kodex beschränkt (Journalistische Sorgfaltspflicht). Die Rechtsvertretung des Nachrichtenmagazins stellt fest, im Bericht über das Gerichtsurteil gehe es nicht um Nahrungsmangel, unter dem das Kind gelitten habe. Vielmehr habe es an den Folgen einer falschen, in diesem Fall streng veganen Ernährung mit einem Mangel an bestimmten Nährstoffen gelitten. Es sei allgemein anerkannt, dass eine rein vegane Ernährung gerade für Kinder im Prozess der körperlichen Entwicklung infolge der beschränkten Auswahl bestimmter Nährstoffquellen mit erheblichen Risiken behaftet sei. Das sei vor allem dann der Fall, wenn nicht sorgsam darauf geachtet werde, dass die Defizite einer unkontrollierten veganen Ernährung anderweitig kompensiert würden. Ohne dass dies durch Erwägungen zu presseethischer Sorgfalt veranlasst gewesen sei, habe die Redaktion die Überschrift geändert in „Gericht verurteilt Eltern wegen veganer Mangelernährung der Tochter“. Dies habe nur der Verdeutlichung des ohnehin schon Klaren gedient und dem Anliegen einer Reihe von Zuschriften von Lesern aus der Gemeinde der Veganer Rechnung getragen. Im Übrigen teilt die Rechtsvertretung mit, dass die Berichterstattung auf Agenturmeldungen zurückgehe. Damit gelte das Agenturprivileg. Das heißt, dass die Redaktionen sich auf die Korrektheit der Nachrichten aus diesen privilegierten Quellen verlassen können müssen.

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Ordnungsamtsleiter mit Alkoholproblem

Eine Boulevardzeitung veröffentlicht online einen Artikel, in dem berichtet wird, dass der namentlich genannte Leiter des Ordnungsamtes einer Stadt seinen Posten räumen müsse, weil er – so die Zeitung – ein Alkoholproblem habe. In der Überschrift ist die Formulierung „Suffskandal im Rathaus“ enthalten. Ein Vorfall habe das Fass zum Überlaufen gebracht: Der Ordnungsamtsleiter sei betrunken bei einer Sicherheitsbegehung anlässlich des Altstadtfestes gewesen. Tags darauf erscheint der Artikel auch in der Print-Ausgabe. Darin enthalten ist ein großformatiges Foto des Betroffenen. Eine Leserin der Zeitung sieht in der Veröffentlichung Verstöße gegen mehrere Ziffern des Pressekodex. Der Name des Ordnungsamtsleiters werde vollständig genannt. Die Nummernschilder mehrerer Autos seien zu erkennen. Dies sei eventuell ein Verstoß gegen die Datenschutzverordnung. Ein weiterer Beschwerdeführer sieht die Persönlichkeitsrechte und die Ehre des Behördenleiters verletzt. Er kritisiert vor allem, dass in der Printausgabe ein Foto des Betroffenen abgedruckt worden sei, das von der Homepage der Stadt stamme. An dieser Art der Berichterstattung bestehe kein überwiegendes öffentliches Interesse. In der Vorprüfung beschränkt der Presserat die Beschwerde auf die Ziffer 8 des Kodex, weil die Zeitung die Alkoholprobleme genannt habe. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt zu den Beschwerden Stellung. Der presseethische Schutzgedanke der Ziffer 8, Richtlinie 8.6, möge zwar durch den Bericht berührt sein. Er sei aufgrund der zutreffenden Abwägungsentscheidung der Redaktion aber gerade nicht verletzt worden. Denn bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen überwiege in diesem Fall das Interesse der Öffentlichkeit, über einen Fall sicherheitsrelevanten Fehlverhaltens im städtischen Ordnungsamt informiert zu werden. Die Zeitung – so der Chefredakteur weiter – habe keinen einmaligen „Ausrutscher“ thematisiert. Vielmehr sei der Ordnungsamtsleiter schon mehrmals auch bei öffentlichen Ratssitzungen alkoholisiert auffällig geworden.

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Wie heißt der Fußballer nun wirklich?

„Kein Fußball-Witz“ so überschreibt eine Boulevardzeitung online einen Kommentar, der sich auf die Berichterstattung der Zeitung über eine mögliche falsche Identitätsangabe des gambischen Fußballers Bakery Jatta bei seiner Einreise nach Deutschland bezieht. Der Autor stellt es als wahrscheinlich dar, dass die Vorwürfe zutreffen. Er kritisiert die Ahnungslosigkeit und Sorglosigkeit der Behörden in diesem Fall. Ein Leser der Zeitung sieht in der Veröffentlichung eine Verletzung der Unschuldsvermutung nach Ziffer 13 des Pressekodex. Der Chefredakteur Sport der Zeitung stellt fest, dass der Presserat aus gutem Grund keine Meinungsäußerungen überprüfe, solange es sich nicht um Beleidigungen jenseits der zulässigen Schmähkritik handele. Eine solche liege jedenfalls dann nicht vor, wenn hinreichende Anknüpfungstatsachen für die jeweils in Rede stehende Meinungsäußerung vorlägen. Dies sei bei dem vorliegenden Kommentar zweifelsohne der Fall. Der Chefredakteur schildert ausführlich die umfangreichen Recherchen seiner Zeitung im Fall des gambischen Fußballspielers.

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Opfer und Täter identifizierbar dargestellt

„Er erstach ein Ehepaar - Sohn klagt an: ´Von der Beute kaufte der Killer Weihnachtsgeschenke´“- unter dieser Schlagzeile berichtet eine Boulevardzeitung online über einen Mordprozess in Thüringen. Der mutmaßliche Täter war nach einer öffentlichen Fahndung festgenommen worden. Ein Foto zeigt den Angeklagten Uwe W. ungepixelt. Zwei weitere Fotos zeigen die namentlich genannten Opfer. Einen Tag später schreibt die Zeitung erneut über den Prozess. Sie berichtet, dass die Verhandlung aufgrund einer Panikattacke des Angeklagten zu platzen gedroht habe. Die Bebilderung ist die gleiche wie am Vortag. Eine Leserin der Zeitung hält die Veröffentlichung der Fotos und der abgekürzten Namen der Opfer für einen Verstoß gegen Ziffer 8, Richtlinie 8.2, des Pressekodex. Das gleiche gelte für den mutmaßlichen Täter. Aus Sicht der Beschwerdeführerin verstößt der Beitrag auch gegen Richtlinie 13.1, da noch kein Urteil ergangen sei. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. Er sieht die Berichterstattung auch in dieser Form durch ein großes öffentliches Interesse gerechtfertigt. Das Ausmaß des öffentlichen Interesses an dem grausamen Doppelmord sei auch an der anhaltenden und ausführlichen Berichterstattung in vielen Medien zu erkennen. Insbesondere bei spektakulären Geschehnissen und schweren Kapitaldelikten habe die Öffentlichkeit ein besonderes Interesse daran, von den Medien umfassend unter Einbeziehung von Einzelschicksalen und dann auch gegebenenfalls personalisierend informiert zu werden. Eine Veröffentlichung, in der Beteiligte identifizierbar werden könnten, begegne zumindest dann keinen presseethischen Bedenken, wenn im Einzelfall das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen überwiege. Der Beitrag sei auch nicht vorverurteilend nach Ziffer 13 des Kodex. Wegen des Geständnisses des Angeklagten sei zum Zeitpunkt der Berichterstattung völlig unstrittig gewesen, dass der Angeklagte seine Opfer in deren Wohnung grausam erstochen habe.

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Vielfacher Missbrauch in einer „Salzgrotte“?

Eine Boulevardzeitung berichtet über die Anklage gegen einen Mann wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen in 20 Fällen. Tatort war der Berichterstattung zufolge die „Salzgrotte“, eine Sole-Kabine an einem Schützenplatz. Über den Angeklagten Dirk P. heißt es, er sei ein zwielichtiger Unternehmer und betreibe ein „Deutsches Institut für alternative Therapie“. Der Beitrag ist mit einem Foto des Angeklagten illustriert, dessen Augen mit einem schwarzen Balken versehen sind. Die Online-Ausgabe der Zeitung berichtet textidentisch über den Fall. Beschwerdeführer ist der Angeklagte selbst. Durch den Artikel werde er vorverurteilt. Vor dem Erscheinen des Artikels seien bereits Vergewaltigungsvorwürfe der Jugendlichen aufgrund von nachweislichen Lügen von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden. Er selbst sei durch den Artikel zweifelsfrei zu identifizieren. Eine Verurteilung wegen Brandstiftung, wie im Text zu lesen, sei nie erfolgt. Er habe die Zeitung zu einer Stellungnahme aufgefordert. Ohne Erfolg. Die Anklageschrift sei ihm – dem Beschwerdeführer – erst nach Erscheinen des Artikels zugestellt worden. Ob diese zugelassen werde, sei noch nicht entschieden. Sein Ruf werde durch die Berichte geschädigt. Seine Persönlichkeitsrechte würden verletzt. Der Chefredakteur der Zeitung hält die Vorwürfe des Beschwerdeführers für unbegründet. Mehrere Kriterien der Ziffer 8, Richtlinie 8.1, seien erfüllt. Schwere des Vorwurfs, Bekanntheitsgrad des Verdächtigen, sein früheres Verhalten und die Intensivität, mit der er die Öffentlichkeit suche. Der Beschwerdeführer habe mit der Redaktion über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe gesprochen. Es gehe um Kindesmissbrauch und es habe vorherige Verurteilungen gegeben. Allein diese drei Abwägungskriterien machten die Angelegenheit ohne Zweifel zu einem Fall von besonderem öffentlichem Interesse. In derartigen Fällen gehören nach Meinung des Chefredakteurs Name und Foto zur Nachricht dazu. Die Berichterstattung sei auch nicht vorverurteilend. Es werde mit keinem Wort frühzeitig strafrechtliche Schuld zugewiesen. Auch werde nicht durch präjudizierende Formulierungen der Eindruck erweckt, der Beschwerdeführer sei bereits verurteilt. Vielmehr nenne die Redaktion ausdrücklich den Verfahrensstand und mache deutlich, dass es sich nur um Vorwürfe der Strafverfolger handele. Der Beschwerdeführer müsse es hinnehmen, dass die Presse über ihn mit Bild und dem Vornamen berichte, ohne dabei die Ziffer 13 des Kodex (Vorverurteilung) zu verletzen.

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„Artikel bedient Sensationsgier des Lesers“

Ein regionales Nachrichtenportal berichtet unter der Überschrift „Dringender Tatverdacht, Festnahme: (…) Promi-Arzt tötete seine Ehefrau!“ über die Verhaftung eines ehemaligen Promi-Mediziners, der seine Frau getötet haben soll. Wenn prominente Sportler gesundheitliche Probleme gehabt hätten, sei Mediziner Sieghard F. eine der ersten Adressen gewesen. Vor etwa drei Jahrzehnten – so die Redaktion – sei er Leiter eines Instituts für Sportmedizin gewesen. Vor gut 20 Jahren habe er seine eigene Praxis eröffnet. Über den Arzt wird weiter berichtet, er habe Geld in einem Tennis-Club gestohlen. Nachbarn hätten ihn immer öfter stark betrunken gesehen. Er habe eine Bewährungsstrafe bekommen, weil er mit 3,45 Promille einen Autounfall verursacht habe. Zum Bericht gestellt ist das Foto eines Wohnhauses. Die Bildunterschrift lautet: „Katrin F. (53) soll in der gemeinsamen (…) Wohnung ums Leben gekommen sein.“ Ein anderes Foto zeigt den Mediziner mit Augenbalken gemeinsam mit dem Skispringer Jens Weißflog, der seinerzeit einer der Patienten des Arztes gewesen sei. Bildunterschrift: „Der bekannte Sportmediziner (l.) behandelte auf dem Höhepunkt seiner Karriere auch prominente Sportler wie Jens Weißflog.“ Ein Nutzer des Internetportals kritisiert, die Überschrift lasse den Leser darauf schließen, dass ein Tötungsverbrechen erwiesen sei. Dies sei jedoch nicht der Fall. Real handele es sich um einen Tatverdacht. Zudem ziele der Artikel nur darauf ab, den Tatverdächtigen öffentlich bloß zu stellen. Der Tatverdächtige sei zwar früher ein sogenannter „Promi-Arzt“ gewesen, stehe aber längst nicht mehr in der Öffentlichkeit. Der ganze Artikel diene nur dazu, die Sensationsgier der Leserschaft zu befriedigen. Die von dem Internetportal beauftragte Rechtsanwältin hält die Vorwürfe des Beschwerdeführers für unbegründet. Der beanstandete Bericht beschränke sich auf eine neutrale Wiedergabe des Sachverhalts. Aus Überschrift und Text gehe klar hervor, dass von einem Tatverdacht auszugehen sei. Durch das Foto sei der Mediziner nicht identifizierbar. Sein voller Name werde nicht genannt.

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Ziel erreicht: Unrühmliche Bekanntheit

Eine Boulevardzeitung veröffentlicht online Berichte und ein Video über den Anschlag von Halle und zeigt dabei Bilder aus dem Täter-Video. Darunter ist ein Foto zu sehen, dass der Attentäter während der Tat von sich gemacht hat. Er wird in Überschrift und Text mit seinem vollen Namen genannt. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass der mutmaßliche Täter namentlich benannt wird und mit Foto zu erkennen ist. Spätestens jetzt habe er sein Ziel erreicht: Unrühmliche Bekanntheit. Der Chefredakteur der Zeitung vermag nicht nachzuvollziehen, warum diese Beschwerde für das Verfahren überhaupt zugelassen wurde. Es handele sich bei dem Video ganz offensichtlich um eine nachrichtlich aufbereitete, chronologische Schilderung des Attentats von Halle, an der ein überragendes öffentliches Interesse bestehe. Der Chefredakteur verteidigt die Berichterstattung über das Attentat und sieht nicht einen presseethischen Grundsatz verletzt.

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Neunzehn Beschwerden zu einem Kommentar

Eine überregionale Tageszeitung veröffentlicht gedruckt und online einen Kommentar zum Anschlag auf die Synagoge in Halle. Unter der Überschrift „Nie wieder ´nie wieder´!“ schreibt der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer SE, Mathias Döpfner, bei dem Terror von Halle habe man es mit einem „Systemversagen der offenen Gesellschaft“ zu tun. Halle stehe „für das Versagen des Staates in seinem zentralen Auftrag, dem Schutz des öffentlichen Raumes“. Immer weniger werde noch benannt, „wie es ist“ „Es werde „verschwiegen oder beschwichtigend verharmlost“. Und wenn „einige wenige Medien“ die Fakten noch nennen oder grausame Bilder trotzdem zeigten, dann würden vielfach nicht die Tatsachen beklagt, sondern derjenige beschimpft oder gar der Aufwiegelung bezichtigt, der die Realität beschreibe. Im Kommentar heißt es weiter, „Deutschlands Politik- und Medieneliten schlafen den Schlaf der Selbstgerechten und träumen den Wunschtraum der Political Correctness“. Der Autor begründet seine Meinung mit einer Reihe von Beispielen. So beklagt er eine rechtsstaatlich sehr zweifelhafte Flüchtlingspolitik, die kaum unterscheide zwischen Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen. Er untermauert seine These unter anderem mit dem „Fall Jatta“. Dabei geht es um den HSV-Fußballspieler Bakery Jatta, der eigentlich Bakary Daffeh heiße und zwei Jahre älter sei als er angebe. Die Ermittlungen zögen sich über Jahre hinweg, und die Journalisten schauten „systematisch weg“. Der Kommentar zieht 19 Beschwerden nach sich. Hauptvorwurf: Döpfner verschiebe in seinem Kommentar die Aufmerksamkeit vom Rechtsterrorismus zur Flüchtlingspolitik. Das Attentat von Halle sei von einem Rechtsextremen begangen worden. Hier die Flüchtlingspolitik oder eine offene Gesellschaft verantwortlich zu machen, sei nicht nur falsch und unerträglich, sondern entspreche auch der Aussage rechtsextremer Parteien. Einige Beschwerdeführer kritisieren auch Döpfners Medienkritik und hier vor allem seine Ansicht, viele Medien würden nicht die Realität beschreiben, sondern verharmlosen. Der Chefredakteur der Zeitung weist die Vorwürfe der Beschwerdeführer entschieden zurück. Der Kommentar entspreche in jeder Hinsicht den standesethischen Vorgaben des Pressekodex. Dass der Kommentar seine Ziele nicht verfehlt habe, möge man in den positiven Reaktionen von Leserinnen und Lesern erkennen, aber auch an der intensiven medialen Auseinandersetzung mit dem Beitrag.

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Zeitung nennt Namen einer jungen Rednerin

„Alt und Jung gemeinsam für Klimaschutz“ titelt eine Regionalzeitung. Im Bericht geht es um eine Demonstration, die eine örtliche Klimaschutz-Initiative veranstaltet hat. Der Beschwerdeführer in diesem Fall sieht in der Veröffentlichung Verstöße gegen presseethische Grundsätze. Neben falschen Zitaten mit teils sinnfreien Sätzen sei seine minderjährige Tochter als einzige Schülerin mit ihrem kompletten Namen genannt worden. Dies sei in der Online-Ausgabe nach einer Intervention seiner Frau noch am gleichen Tag korrigiert worden. Dabei habe die Redaktion der Frau zugesichert, dass die Korrekturen auch an die Printredaktion weitergegeben würden. Die Printausgabe sei jedoch ohne Korrekturen erschienen. Den Verstoß gegen die Ziffer 8 des Pressekodex (Schutz der Persönlichkeit) sieht der Beschwerdeführer darin, dass die identifizierende Berichterstattung für das eigentliche Thema nicht von Bedeutung sei. Folglich seien das Persönlichkeitsrecht und die Privatsphäre strikt zu wahren. Dabei stünden Minderjährige unter einem besonderen Schutz. Für die Zeitung nimmt deren Chefredakteur Stellung. Die namentlich genannte Tochter des Beschwerdeführers habe bei der von „Fridays for Future“ veranstalteten Demonstration vor rund 1.500 Zuhörern von der Bühne aus eine Rede gehalten. Den Namen habe der Berichterstatter einer Rednerliste entnommen, die ihm vom Veranstalter auf Anfrage zur Verfügung gestellt worden sei. Die Organisatoren hätten dem Redakteur mitgeteilt, die Redner seien alle aus der elften bzw. zwölften Klasse. Wenn eine Schülerin bei einer Demonstration öffentlich auftrete, müsse die Redaktion sagen, wer sie sei. Nachdem der Bericht gedruckt und online erschienen sei, habe der Vater der Schülerin die Redaktion kontaktiert. Nach seinem Hinweis habe die Redaktion in der Online-Version den Bericht entsprechend geändert. Von einer Korrektur in der gedruckten Zeitung sei nicht die Rede gewesen.

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