Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Unter der Überschrift „Optimale Betreuung“ schildert eine Lokalzeitung die Krankengeschichte eines 17-jährigen Mädchens, das auf ein Spenderherz wartet und dem für 48 Tage ein Kunstherz eingesetzt wurde, um den entzündeten Herzmuskel zu entlasten. Die Zeitung zitiert den Bezirksgeschäftsführer einer Ersatzkrankenkasse mit der Feststellung, an diesem Beispiel werde deutlich, dass im Falle eines Falles nur die optimale Betreuung durch eine leistungsstarke Krankenkasse zähle. Dem Artikel beigestellt ist eine Anzeige der erwähnten Krankenkasse mit der Schlagzeile „Wer hilft, wenn wirklich etwas passiert ?“. Eine Woche später bescheinigt die Zeitung unter der Überschrift „Kompetente Krankenkasse“ demselben Unternehmen eine hohe Kompetenz und einen guten Service. Anlass dieser Berichterstattung ist ein Leistungsvergleich unter verschiedenen Krankenkassen durch ein ARD-Magazin. Auch diesem Artikel ist eine Anzeige der Krankenkasse mit der Überschrift „Leisten alle Krankenkassen gleich viel?“ beigestellt. Ein Leser des Blattes schreibt an den Deutschen Presserat: „Diese Zeitung versteht es, Anzeigen und redaktionellen Teil zu verbinden. Habe auch nichts dagegen, wenn es um die örtliche Feuerwehr geht. Finde es aber äußerst verdächtig, wenn diese Verknüpfung zu Gunsten größerer Firmen, die auch noch Wettbewerber haben, geschieht. Hier fällt bei mir sofort das Stichwort ‚gekauft, und der Wortbeitrag vom Anzeigenkunden geschrieben‘. Wenn das so ist, brauche ich keine Zeitung zu abonnieren, sondern das kostenlose Anzeigenblatt vom Sonntag lesen.“ Der Verlag erklärt zu der Beschwerde, er habe den Fall in der Redaktion und in der Anzeigenabteilung eingehend besprochen und sichergestellt, dass sich derartige Vorgänge nicht wiederholen werden. (2002)
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In einer deutschen Kleinstadt wird – wie anderswo auch – gerne gefeiert. Eigentlich auch in einer Musikkneipe, die in einem Wohngebiet liegt und deren Eigentümer auf die Konzession durch die Stadt warten. Aber die lässt auf sich warten, was den freien Mitarbeiter der örtlichen Zeitung veranlasst, eine publizistische Lanze für die wartenden Kneipenbetreiber zu brechen, mit denen der Autor eine freundschaftliche Beziehung pflegt. Mit dem Artikel sind die Anwohner, die nächtlichen Lärm befürchten, gar nicht einverstanden, und so wendet sich einer von ihnen mit einer Beschwerde an den Deutschen Presserat. Vieles in dem fraglichen Artikel wird beanstandet, so dass in der Beschwerde mehrere Ziffern des Pressekodex angesprochen werden: Ziffer 1 (wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit), Ziffer 2 (Bildbeschriftungen dürfen weder entstellt noch verfälscht werden), Ziffer 4 (Beschaffung von Informationen mit unlauteren Methoden), Ziffer 7 (Beeinflussung durch private und geschäftliche Interessen Dritter) und Ziffer 13 (Vorurteile bezüglich eines förmlichen Verfahrens). Der Beschwerdeführer hält diese Verstöße für erwiesen. Der Autor des Artikels räumt ein freundschaftliches Verhältnis zu den potentiellen Kneipenbetreibern ein, verwahrt sich jedoch gegen den Vorwurf, er habe den Artikel zur eigenen Vorteilsnahme geschrieben. Er behalte sich vor, dagegen bei Wiederholung juristisch vorzugehen. Er legt in seiner Stellungnahme ausführlich dar, welche Recherchen der Berichterstattung vorangegangen seien. (2002)
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Im Februar 1991, zur Zeit des ersten Golfkrieges, gaben Unbekannte mehrere Schüsse auf die US-Botschaft in Bonn ab, ohne größere Schäden anzurichten. Am Tatort wurde ein Bekennerbrief der RAF (Rote Armee Fraktion) gefunden, der sich gegen den „US-NATO-Völkermord“ wandte. Elf Jahre später wurde ein damals im Fluchtauto gefundenes Haar einem DNA-Test unterzogen. Unter der Überschrift „Terroristin überführt“ berichtet eine Tageszeitung , dass dieses Haar laut Bundeskriminalamt (BKA) zweifelsfrei der mutmaßlichen Terroristin Daniela Klette zugeordnet worden sei. Ein Leser des Blattes bemängelt, dass die Zeitung die Erkenntnisse des BKA als Tatsachen mitgeteilt habe, ohne distanzierende Stilmittel (Konjunktiv, Fragezeichen etc.) eingesetzt zu haben. Er ruft den Deutschen Presserat an. Die Chefredaktion der Zeitung stellt fest, dass sie keine unbegründeten Behauptungen und Beschuldigungen gemäß Ziffer 13 des Pressekodex, sondern ausschließlich objektive Tatsachen mitgeteilt habe. Der Artikel habe die mutmaßliche Terroristin nicht vor einem gerichtlichen Urteil als Schuldige hingestellt, sondern vielmehr die dabei geltende Unschuldsvermutung beachtet. (2002)
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Ein Wirtschaftsmagazin bietet Firmen kostenlose Unternehmensreportagen an, berechnet jedoch Fotos mit 4,95 Euro (schwarzweiß) oder 8,95 Euro (Farbe) je Millimeter Höhe und Spalte. Diese Praxis hält ein Wirtschaftsjournalist für einen Verstoß gegen Ziffer 7 des Pressekodex und schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Chefetage des Magazins nimmt die Beschwerde „mit Erstaunen zur Kenntnis“ und verweist auf sechs Mitbewerber, die nach gleichen oder ähnlichen Prinzipien arbeiten und offensichtlich bislang keine juristischen Probleme hatten. Das Wirtschaftsmagazin bezeichnet sich als Anzeigenblatt und verweist auf das Standardwerk „Presserecht“ (Löffler). Danach muss Werbung nur dann kenntlich gemacht werden, wenn ein Anzeigenblatt auch redaktionelle Beiträge enthält. Das Blatt bestehe jedoch ausschließlich aus Werbung. Deshalb sei auch eine Trennung von Werbung und redaktionellem Teil gar nicht möglich. (2002)
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Unter der Überschrift „Ein Pfund Hand und drei Liter Blut, bitte!“ berichtet eine Zeitschrift über den Handel mit Leichenteilen in Nigeria. Sie schreibt, dass hier Friedhofsangestellte Leichen zerstückeln und die Einzelteile verhökern. Die Körperteile würden wie Gemüse ins Regal gelegt. Käufer seien Medizinmänner, die frisches Material für ihre Zaubermittel brauchten. Jetzt sei die Polizei dabei, Märkte mit Menschenteilen zu schließen. Problem dabei sei, dass es an Lagerplätzen für die Beweisstücke fehle. Dem Beitrag beigestellt ist ein Foto von drei Leichen. Die Bildunterzeile lautet: „Ballermann 6: Sangria, bis der Arzt kommt“. Ein Journalist sieht in dem Foto eine Verletzung der Menschenwürde und spricht den Deutschen Presserat an. Bei den Toten handele es sich offenbar um Opfer eines Verbrechens. Wer ein solch ernstes Foto mit einer in ihrem Sinn derart untertriebenen und falschen Bildunterschrift versehe, handele offenkundig allein zum Zweck der Belustigung. Der Mensch werde dadurch zum bloßen Objekt herabgewürdigt. Der Beschwerdeführer sieht auch Ziffer 11 des Pressekodex verletzt, da die dargestellte Brutalität nicht im Verhältnis zur Information im Text stehe. Die Chefredaktion der Zeitschrift bestätigt in ihrer Stellungnahme, dass die Bildunterschrift nicht den durch das Foto gegebenen Informationen entspreche. Dies gelte allerdings für jede Bildunterschrift in der Zeitschrift. Denn diese Art der Bildunterschriften sei Teil des Heftkonzepts. Sie seien ein wesentliches Stilmittel, ja gerade das Markenzeichen der Publikation. Dabei bewege man sich inhaltlich oft in satirischen und absurd überzogenen Bereichen. Die Sektion „Reporter“, die in das Heft hineinführe, berichte über Ereignisse und Vorkommnisse weltweit. Das Spektrum reiche dabei von seltsam über komisch bis grausam, absurd und skurril, so wie die Welt nun mal sei. Zum konkreten Fall stellt die Chefredaktion fest, dass man sich in der Tat in einem Grenzbereich bewege. Ihrer Auffassung nach ist die Schere zwischen Darstellung im Foto und der Bildunterschrift derart groß, dass durch diese so offensichtliche Absurdität keine direkte Beziehung zum Bildinhalt, der nicht zwingend vermutliche Opfer eines Verbrechens zeige, hergestellt werde. Allerdings seien auch andere Interpretationen möglich. Redaktionsintern haben man die Angelegenheit kontrovers diskutiert und beschlossen, künftig auf derartige Extreme zu verzichten. (2002)
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In einer süddeutschen Stadt gingen Bürger auf die Straße. Sie waren dem Aufruf von Tierschützern gefolgt, gemeinsam mit einem Fackelzug gegen die Schlachtmethode des Schächtens zu protestieren. Beim Schächten nach jüdischer und muslimischer Tradition sind Rinder, Schafe oder Ziegen nicht betäubt, wenn ihnen mit einem Messer Halsarterien, Luft- und Speiseröhre durchtrennt werden. Die örtliche Zeitung äußerte sich zum Thema in zwei Meinungsartikeln. In beiden wurde ein Zusammenhang mit Vorgängen in der Nazi-Zeit hergestellt. Zwei Leser und der örtliche Tierschutzverein sind der Ansicht, dass dadurch die Ehre von Normalbürgern verletzt worden sei, die sich im Tierschutz engagieren, und beschwerten sich beim Deutschen Presserat. Die Chefredaktion des Blattes erklärt, dass es dem Autor nicht darum gegangen sei, die Tierschützer in eine rechte Ecke zu stellen. Er habe es jedoch als seine Aufgabe angesehen, an die Geschichte der Fackelzüge zu erinnern. Es komme ja nicht jeden Tag vor, dass in der Stadt Fackelzüge stattfänden. Der Autor selbst sagt, nachdem das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Schächten bekannt geworden sei, hätten Briefe mit zweifelsfrei antisemitischem Inhalt die Redaktion erreicht. Daraufhin habe er in einer Glosse darauf hingewiesen, dass es bis 1933 selbstverständlich deutsche Metzger jüdischen Glaubens gegeben habe, die in Deutschland geschächtet hätten. Er – der Autor – sei kein Anhänger des Schächtens, weise aber darauf hin, dass auf dem Land Schafe auch von Protestanten und Katholiken geschächtet würden. Die Chefredaktion teilt schließlich mit, dass der Meinungsbeitrag über den Fackelzug erhebliche Aufregung in Tierschützerkreisen ausgelöst habe. Für die Zeitung sei es selbstverständlich gewesen, eine Reihe von Leserbriefen zum Thema zu veröffentlichen, darunter auch solchen, die durchaus nicht der Meinung des Verfassers gewesen seien. (2002)
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Eine Regionalzeitung kennzeichnet die Führungsseite ihres Sportteils mit dem Logo einer Bierbrauerei und dem Hinweis, dass der „Sport am Montag“ von dieser präsentiert werde. Ein Landesverband des Deutschen Journalisten-Verbandes bittet den Deutschen Presserat um Prüfung, ob diese Art der Präsentation von Sportseiten möglicherweise gegen die in Ziffer 7 des Pressekodex geforderte Trennung von redaktionellem Text und Werbung verstößt. Die Rechtsabteilung der Zeitung stellt fest, dass der Beschwerdeführer ein Beitragssponsoring beanstande. Im TV-Bereich sei ein so genanntes Sendesponsoring schon lange bekannt. Die Übertragung dieser Praxis auf den Printbereich sei wirtschaftlich sinnvoll. Bei dem Sendesponsoring sei ein entsprechender Hinweis nicht nur rechtlich zulässig, sondern sogar geboten. Wegen des in § 8 Abs. 1 des Rundfunkstaatsvertrages enthaltenen allgemeinen Rechtsgrundsatzes habe sich die Zeitung verpflichtet gesehen, den beanstandeten Hinweis aufzunehmen. Der Leser werde dadurch über den Umstand der Förderung hinreichend aufgeklärt. Ein Verstoß gegen das Trennungsgebot liege nicht vor. Der Hinweis sei schon durch seine Anordnung und Gestaltung als Werbung zu erkennen. Man stehe mit der Veröffentlichung eines solchen Hinweises auch keineswegs alleine da. Als Beispiele dafür sind der Stellungnahme entsprechende Belege aus zwei Boulevardblättern und zwei Regionalzeitungen beigefügt. (2001)
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