Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.
6642 Entscheidungen
Der Mitherausgeber und Feuilletonchef einer Tageszeitung veröffentlicht am 29. Mai 2002 einen offenen Brief an einen Schriftsteller, in dem er dessen noch unveröffentlichten neuen Roman kritisiert und darlegt, warum entgegen bisheriger Übung das neue Werk des Schriftstellers in seiner Zeitung nicht vorab gedruckt wird. Unter Verweis auf verschiedene Textpassagen und auf eine scharfe Kritik an der Person eines prominenten Literaturrezensenten wird dem Autor ein antisemitischer Unterton vorgeworfen. Der Anwalt des Schriftstellers beschwert sich beim Deutschen Presserat mit der Feststellung, sein Mandant werde durch diese Veröffentlichung einer beispiellosen Vorverurteilung ausgesetzt. Durch die Ablehnung des Vorabdrucks sei die Zeitung aus Rechtsgründen gehindert, den neuen Roman auch nur in Zitaten vor seiner Veröffentlichung darzustellen. Gleichwohl habe der Feuilletonchef unter massivem Bruch des der Zeitung entgegengebrachten Vertrauens anhand selektiver Zitate aus der Arbeitsfassung des Romans und in manipulativ anmutender Weise dem uninformierten Leser das Bild eines antisemitischen Werkes vermittelt. Ein noch nicht veröffentlichtes und noch nicht einmal fertiggestelltes Werk könne nicht Gegenstand einer zulässigen öffentlichen Kritik sein. Die Öffentlichkeit habe das Buch erst am 26. Juni 2002 zur Kenntnis nehmen können. Die Geschäftsführung der Zeitung hingegen erklärt, das Manuskript wie auch die später umstrittenen Zitate daraus seien bereits lange vor der Veröffentlichung der Kritik kursiert. Die in dem offenen Brief in Bezug genommenen Textstellen hätten mit nur unmaßgeblichen kleinen Abweichungen exakt den Passagen entsprochen, wie sie später dann auch in Buchform veröffentlicht worden seien. Der Schriftsteller selbst habe sich an die Redaktion mit dem Ziel gewandt, eine Vorabveröffentlichung seines Manuskripts zu erhalten. Dass die Publizierung des neuen Werkes anders als erwartet ausgefallen sein möge, impliziere für sich genommen keinen Verstoß gegen die Berufsethik. Die Vorwürfe, dass das neue Buch antisemitische Passagen enthalte, seien dezidiert begründet worden. (2002)
Weiterlesen
Eine Boulevardzeitung berichtet über die Korruptionsvorwürfe gegen einen Entsorgungsunternehmer. Der Schmiergeldgangster und sein Kumpan hätten in dem Bemühen, den Zuschlag für die Teilprivatisierung einer städtischen Müllverwertungsanlage zu bekommen, auch nicht massive Drohungen gegenüber der Oberbürgermeisterin gescheut. Die Rechtsvertretung des betroffenen Unternehmers bittet den Deutschen Presserat um Einleitung eines Beschwerdeverfahrens. An der Darstellung der Auseinandersetzung sei nichts zu beanstanden. Die Bezeichnung „Schmiergeldgangster“ sei jedoch eine Verunglimpfung, die über den Informationsauftrag der Presse weit hinausgehe. Sie sei eine nur auf die Person zielende Diffamierung. Ein Gangster sei ein Krimineller und nach dem Verständnis des Durchschnittslesers ein überführter Verbrecher. Ein Verdächtiger dürfe aber vor einem Urteil nicht als Schuldiger hingestellt werden. Genau dies geschehe aber mit dem verunglimpfenden Wort. In dem zur Zeit laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, in dem es um die Zahlung von Schmiergeld gehe, werde seinem Mandanten voraussichtlich Beihilfe zur Vorteilsgewährung vorgeworfen. Derzeit sei aber noch nicht einmal Anklage erhoben. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, dass der Beschwerdeführer nicht wahllos als „Schmiergeldgangster“ bezeichnet worden sei. Der Beschwerdeführer sei nach eigenen Angaben an dem Zu Stande kommen eines Schmiergeldkartells beteiligt. Er habe u.a. eingeräumt, dass 7,3 Millionen Euro Schmiergelder über eine Schweizer Briefkastenfirma geflossen seien. Weiterhin habe der Unternehmer im März 2000 noch vor seiner Verhaftung die Verwirklichung von Steuerdelikten zugegeben. Wenn vor diesem Hintergrund der Autor des Artikels den Unternehmer als „Schmiergeldgangster“ bezeichne, so bewerte er damit die eingeräumten massiven Verstrickungen des Betroffenen in das Schmiergeldkartell aus moralischer Sicht. Für den Leser der Zeitung sei erkennbar, dass der Autor nicht im strafrechtlichen Sinn ein Urteil über den Beschwerdeführer fälle. Eine Schmähkritik liege auch nicht vor, ebenso wenig eine Vorverurteilung, denn die Bewertung des Autors basiere auf dem von dem Beschwerdeführer selbst zugestandenen Sachverhalt. (2003)
Weiterlesen
Eine Regionalzeitung veröffentlicht eine Kolumne mit dem Titel „Dumme Hühner“. Der Autor äußert darin Kritik an einer Aktion des Arbeitskreises gegen die Massentierhaltung von Hühnern. Die von den Tierschützern gewählte Formulierung „Stoppt die EU-Gelder für Tier-KZ´s!“ veranlasst ihn dazu, sie als „dumme Hühner“ zu bezeichnen. Der angesprochene Arbeitskreis sieht in der Formulierung eine ehrverletzende Behauptung und schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Grenze zur Schmähkritik sei überschritten. Mit der Formulierung würden die Tierschützer beleidigt. (2003)
Weiterlesen
Eine Fachgruppe Journalismus der Gewerkschaft ver.di legt dem Presserat mehrere Sonderseiten einer Regionalzeitung vor, die dem Thema „Zeitung in der Schule“ gewidmet sind. Die Aktion wird erklärt. Es wird über die Auftaktveranstaltung berichtet. Die „lila Kuh“ wird interviewt und die Herstellung von Schokolade beschrieben. Die Beschwerdeführer sind der Ansicht, dass auf den Seiten deutlich für die Produkte des Sponsors der Aktion geworben wird. Dieser Verstoß gegen Ziffer 7 des Pressekodex sei um so bedenklicher, als ausgerechnet Schüler davon betroffen seien, die besonders empfänglich für Schleichwerbung sein dürften und deshalb besonders davor geschützt werden müssten. Der Lebensmittelhersteller unterstütze die Aktion nicht uneigennützig und die Zeitung lasse sich dafür missbrauchen. Diesen Vorwürfen begegnet der Vorstand des Zeitungshauses mit der Feststellung, die Beiträge seien im Rahmen des Projekts „Zeitung in der Schule“ erschienen und als solche durch Leisten und Logos gekennzeichnet worden. Der Verlag arbeite bei diesem Projekt mit dem Aachener IZOP-Institut zusammen, das in diesem Bereich über eine jahrzehntelange und allseits anerkannte Erfahrung verfüge. In allen Hinweisen zu dieser Aktion sei die Zusammenarbeit mit dem Sponsor, einem Lebensmittelkonzern, herausgestellt worden. Bei den Zisch-Projekten sei es seit vielen Jahren guter und wohl auch nicht beanstandeter Brauch, dass einige der schulischen Recherchethemen rund um den Sponsor angesiedelt seien. Den Vorwurf der Schleichwerbung weise man in diesem Zusammenhang mit Nachdruck zurück. Bei der Darstellung der lila Kuh handele es sich um eine von Schülern aus Zeitungspapier gebastelte Kuh, die zur Auftaktveranstaltung die Zusammenarbeit der beteiligten Häuser veranschaulichen sollte. Auf der ebenfalls beanstandeten Seite über Kakaoproduktion und Schokolade seien Produkte des Herstellers bei der Illustration des Textes erwähnt worden. Dabei hätten die Schüler einen äußerst kritischen Ansatz verfolgt. Der Hinweis auf das Problem der Kinderarbeit habe den Sponsoren Bauchschmerzen bereitet und dürfte wohl kaum als Werbung gewertet werden. Im Übrigen erscheine es angemessen, einem für die Region wichtigen und weltweit führenden Lebensmittelproduzenten im Rahmen dieses Projekts Beachtung zu schenken. Ohne Sponsoren sei die Werbung um junge Leser kaum möglich. Dass die Sponsoren getreu dem Motto „Tue Gutes und rede darüber“ für ihre Unterstützung auch gewürdigt werden wollten, sei nur zu verständlich. Sämtliche Artikel seien unter redaktioneller Hoheit veröffentlicht worden. Man habe aus diesem Grund eine eigene Zisch-Redakteurin, die ausgebildete Lehrerin sei, mit der Betreuung des Projekts betraut. Diese besuche die Schulklassen, halte Kontakt zu den Lehrern und bearbeite alle Texte nach strengen journalistischen Kriterien. Darüber hinaus sei das Projekt unmittelbar an die Chefredaktion angebunden. (2003)
Weiterlesen
„OLG Karlsruhe: Kritiker darf Abtreibung als ´Mord´ anprangern“. Unter dieser Überschrift veröffentlicht eine Agentur einen Bericht über die Entscheidung des Oberlandesgerichts zur Zulässigkeit von Meinungsäußerungen eines Abtreibungsgegners. In der Meldung heißt es: „Frauenärzte, die Abtreibungen vornehmen, müssen Beschimpfungen ihrer Arbeit als Mord und neuer Holocaust hinnehmen“. Der Beschwerdeführer, ein Abtreibungsgegner, wird in dem Beitrag als „radikaler Abtreibungsgegner“ und „selbsternannter Lebensschützer“ bezeichnet. Dieser ist der Ansicht, dass er durch diese Bezeichnungen beschimpft wird. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Das Oberlandesgericht habe ausdrücklich festgestellt, so der Beschwerdeführer weiter, dass er selbst niemand im Zuge seines Protestes gegen Abtreibungen beschimpft hat. Die in der Agenturmeldung veröffentlichte Behauptung sei daher falsch. (2003)
Weiterlesen
Eine Boulevardzeitung berichtet über einen 20jährigen Jugendlichen, der mit einem Intelligenz-Quotienten von 56 als schwachsinnig gelte, mit 1,81 m Größe und 85 Kilo Gewicht aber ein Kampfsportler sei. Seit seinem 10. Lebensjahr habe er schon 81 Strafanzeigen u.a. wegen Körperverletzung, Raub und versuchtem Totschlag bekommen. Trotzdem habe er immer eine verständnisvolle Richterin gefunden. Statt für harte Strafen habe sich die Juristin für Haftverschonung, Bewährung und Anti-Gewalt-Seminare entschieden. „Warum hat ihn diese Richterin nie weggesperrt?“ fragt die Zeitung in ihrer Schlagzeile. In dem Artikel werden der Vorname, das Initial des Familiennamens sowie das Alter der Richterin genannt. Zudem wird ein Foto von ihr mit Augenbalken veröffentlicht. Die zuständige Justizsenatorin schaltet den Deutschen Presserat ein. Sie ist entsetzt, wie die Zeitung mit der Jugendrichterin umgegangen sei. Durch ein großes und kaum anonymisiertes Foto und die Darstellung im Text sei sie quasi „zum Abschuss“ freigegeben worden. Die genaue Angabe der Abteilung des Amtsgerichts in Kombination mit Hinweisen zur Person machten sie für jeden halbwegs engagierten Nachfrager persönlich erkennbar. Damit sei ihr Persönlichkeitsrecht eindeutig verletzt worden. Weiterhin sei sie in ihrem privaten Umfeld von Mitarbeitern der Zeitung überraschend aufgesucht und fotografiert worden. Auch dies sei ein unzumutbarer Eingriff in ihr Privatleben. In dem Artikel werde zudem der sachlich falsche Eindruck erweckt, der Täter befinde sich auf freiem Fuß, obwohl er zur Zeit eine durch die angegriffene Jugendrichterin verhängte Jugendstrafe von vier Jahren verbüße. In einem anderen Verfahren gegen ihn habe die Richterin auch noch eine bislang nicht rechtskräftige Jugendstrafe von vier Jahren und sechs Monaten ausgesprochen. Die Beschwerdeführerin fügt ihrer Eingabe zwei Gegendarstellungen bei. Die erste stammt von der betroffenen Richterin, die zweite von dem erwähnten Straftäter. In beiden Fällen fügt die Redaktion an, dass der Inhalt der Gegendarstellungen korrekt sei. Die Redaktionsleitung der Zeitung entgegnet, dass das Persönlichkeitsrecht der Richterin durch die Berichterstattung nicht verletzt worden sei. In ihrer Funktion bekleide sie ein öffentliches Amt. Bei einer Berichterstattung über ihr Berufsleben müsse sie deshalb auch mit der Möglichkeit einer Identifikation leben. Keinesfalls sei sie, wie die Beschwerdeführerin anführe, in unzumutbarer Weise belästigt worden. Die zuständige Redakteurin habe von ihrer Geschäftsstelle die Anweisung erhalten, die Richterin zu Hause aufzusuchen, und habe zu diesem Zweck auch die genaue Anschrift genannt bekommen.. Sie habe die Richterin angetroffen, sich ordnungsgemäß vorgestellt und sich für die private Störung entschuldigt. Die Richterin habe daraufhin den Namen der Redakteurin wissen wollen und ihre Wut über den Besuch zum Ausdruck gebracht. In der Sache habe man sich nicht unterhalten. Durch die Überschrift solle keineswegs der Eindruck vermittelt werden, dass sich der jugendliche Straftäter noch auf freiem Fuß befinde. Vielmehr solle dem Leser verdeutlicht werden, dass es einem 20jährigen gelungen sei, in hundert Fällen strafrechtlich in Erscheinung zu treten, ohne dass ernsthafte Gegenmaßnahmen getroffen worden seien. (2003)
Weiterlesen
Unter der Überschrift „Immer wieder überschatten menschliche Dramen das Weihnachtsfest“ schildert eine Boulevardzeitung Fälle von Selbsttötung und schwere Verkehrsunfälle an den „stillen Tagen“. U.a. berichtet sie über den freiwilligen Tod eines 50jährigen, der sich im Wald wegen privater Probleme die Pulsadern aufgeschnitten hat und verblutet ist. Sie zeigt ein Foto des Mannes, nennt Vornamen, Initial des Familiennamens, Alter und Wohnort. Der Bruder des Betroffenen legt seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat die Kopie eines Schreibens an die Redaktionsleitung bei. Darin äußert er Kritik an der Berichterstattung, welche die gebotene Zurückhaltung vermissen lasse. Sein Bruder hinterlasse zwei minderjährige Kinder im Alter von acht und neun Jahren, die durch die Berichterstattung belastet würden. Die Rechtsabteilung des Verlages weist darauf hin, dass der Berichterstattung eine große öffentliche Fahndung nach dem vermissten Mann vorausgegangen sei. Im Rahmen dieser Aktion habe die Polizei den Medien das Foto des gesuchten Mannes zur Verfügung gestellt. Die Medien hätten dann auch über sein Verschwinden berichtet. Auf Grund dieser Vorgeschichte habe man die Öffentlichkeit dann auch über den tragischen Ausgang der Fahndung informieren müssen. Die Redaktion habe es nicht dabei bewenden lassen können, schlicht darauf hinzuweisen, dass man den Mann tot im Wald gefunden habe. Hier wäre beim Leser die Frage nach dem Warum offen geblieben. Reißerisch und bluttriefend sei die Berichterstattung nicht. Die Zurückhaltung sei gewahrt worden. Der Verfasser des Artikels habe dem Bruder des Toten sein Bedauern über die Folgen der Berichterstattung ausgedrückt. Diese Entschuldigung habe der Beschwerdeführer angenommen. (2002)
Weiterlesen
Ein Gymnasium startet ein neues Projekt zur Suchtprävention. Dazu zählt eine „Drogennacht“, in der ein Ex-Junkie Schülern der 9. Klasse von seinem Leben mit Drogen und von den Schwierigkeiten des Ausstiegs erzählt. Die Zeitung am Ort berichtet darüber, nennt dabei den Vornamen und das Alter des ehemals Abhängigen, erwähnt, dass er in einer Wohngemeinschaft lebt. Dem Artikel ist ein Foto der Gesprächsrunde beigestellt, auf dem der Vortragende von hinten zu sehen ist. Der Betroffene beklagt in seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass durch die Darstellung der Zeitung seine Anonymisierung aufgehoben worden sei. Er sei bereits mehrfach von Arbeitskollegen, die nichts von seiner Vergangenheit gewusst haben, erkannt und darauf angesprochen worden. In dem Gespräch mit der Autorin sei er nicht darauf hingewiesen worden, dass sie ihn in dem Artikel erwähnen wolle. Während einer Pause habe ihn der Fotograf gefragt, ob er Bilder machen könne. Er habe ihm gesagt, dass ihm das nicht recht sei. Daraufhin habe ihm der Fotograf in seiner Digitalkamera ein Bild gezeigt, das veröffentlicht werden sollte, welches aber dem erschienenen nicht entsprach. Auch die Therapeutische Wohngemeinschaft, in welcher der Betroffene lebt, richtet eine Beschwerde an den Presserat. Als deren Sprecher sieht ein Sozialpädagoge das Persönlichkeitsrecht des Aussteigers nicht ausreichend gewahrt. Ein zunächst zugesicherter Ausbildungsplatz sei inzwischen von Seiten des Ausbilders in Frage gestellt worden. Als dritter beschwert sich der Leiter des Gymnasiums, in dem die Diskussion stattgefunden hat. Ihm sei von den Redakteuren zugesagt worden, dass der Name des Gesprächsteilnehmers nicht erwähnt werde und keine Fotos gemacht würden. Stattdessen sei dessen Identifizierung leicht gemacht worden. Die Justiziarin der Zeitung erklärt, dass in einem Vorgespräch zu der Berichterstattung die betreuende Lehrerin darauf hingewiesen worden sei, dass das Leben des ehemaligen Drogenabhängigen beschrieben werde. Die Frage, ob er einem Artikel zustimme, habe die Lehrerin ausdrücklich bejaht. Auch gegen ein Foto habe er, so die Lehrerin, nichts einzuwenden, solange nicht sein vollständiger Name genannt werde und er auf dem Bild nicht eindeutig zu erkennen sei. Diese Maßgaben hätten die Autorin und der Fotograf beachtet. Die Redaktion habe auch mit dem Mann selbst gesprochen. In diesem Zusammenhang habe er nicht darauf hingewiesen, dass er eine Nennung seines Vornamens sowie die Beschreibung seiner Lebensgeschichte verweigere. Das Foto sei extra nicht während der Veranstaltung, sondern auf Grund der Vorgaben des Betroffenen in einer Pause nachgestellt worden. Danach habe er es nach einer Überprüfung mittels des Displays in der Digitalkamera noch direkt vor Ort zur Veröffentlichung freigegeben. Aus den genannten Gründen hätte die Redaktion davon ausgehen können, dass die Veröffentlichung von Text und Bild von einer Zustimmung des ehemaligen Drogenabhängigen gedeckt war. Als er sich nach Erscheinen des Artikels in der Redaktion über eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte beschwert habe, habe der Redaktionsleiter in einem Schreiben an den Betroffenen, an das Gymnasium und an die Wohngemeinschaft sein Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, dass sich die Berichterstattung für ihn offenbar negativ ausgewirkt habe. (2003)
Weiterlesen
Unter der Überschrift „Zwei Terroristen verhaftet“ teilt eine Boulevardzeitung ihren Leserinnen und Lesern mit, dass zwei junge Männer wegen des dringenden Verdachts der Zugehörigkeit zu der Terrorgruppe „Kommando Freilassung aller politischen Gefangenen“ festgenommen worden seien. Die Organisation habe laut einer Selbstdarstellung das Ziel, „militante Politik in den Köpfen der Bevölkerung zu verankern“. Bei der Haussuchung seien u.a. Zutaten zum Bau von Bomben und Brandsätzen gefunden worden. Die Zeitung nennt die Vornamen, den Anfangsbuchstaben der Familiennamen, Alter und Wohnort der Betroffenen. Ein Leser des Blattes, der die beiden Männer nach eigenen Angaben kennt, teilt dem Deutschen Presserat mit, dass er die Überschrift für vorverurteilend hält. Durch sie werde der Eindruck erweckt, als sei es bereits festgestellt, dass die beiden Männer Terroristen sind. Die Rechtsabteilung des Verlages räumt ein, dass die Redaktion bei der Formulierung der Überschrift aus Gründen des Zwangs zur Kürzung die Unschuldsvermutung außer Acht gelassen habe. Dies bedauere man, insbesondere da die nachfolgende Berichterstattung zweifellos korrekt sei und von einem dringenden Tatverdacht spreche. (2002)
Weiterlesen
Unter der Überschrift „Er rettete Mädchen vor Killer-Hund“ berichtet eine Boulevardzeitung über die Rettungstat eines 43-jährigen Mannes, den sie mit vollem Namen nennt und im Foto zeigt. Auf der Straße sei ein etwa zehnjähriges türkisches Mädchen mit den Worten „Hilfe, der Hund“ auf ihn zugelaufen. Der Vater von drei Kindern habe sich schützend vor das Mädchen gestellt und sei daraufhin von einem Pitbull immer wieder in die Arme gebissen worden. Der Hund habe auch nach seiner Kehle geschnappt, sei dann aber plötzlich weggerannt. Ein Polizeibeamter habe schließlich das unkontrollierbare Tier erschossen. In einer Klinik seien dem Retter später acht schwere Bißwunden genäht worden. Der 1.Vorsitzende eines Vereins gegen die Diskriminierung von Hund und Halter fügt seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat einen Artikel über den selben Vorgang aus einer Konkurrenzzeitung bei, in dem der Sachverhalt nicht nur aus der Sicht des Mannes, sondern auch von der Mutter des Kindes dargestellt wird. Nach der Schilderung der Mutter habe das Mädchen, laut der Konkurrenzzeitung 12 Jahre alt, den Hund auf der Straße getroffen und ihn gestreichelt. Es sei dann mit dem Tier die Straße entlang gelaufen, um den Besitzer ausfindig zu machen. Der Mann habe den Hund angegriffen und ihn am Hals gepackt, worauf das Tier zugebissen habe. Auch eine Anwohnerin, die den Vorfall vom gegenüberliegenden Haus aus beobachtet habe, habe erzählt, dass der Mann das Tier am Hals gegriffen habe. Dieses habe daraufhin zugebissen und sei dann davongelaufen. Vor den Augen des Mädchens hätten Polizeibeamte dem Hund in den Kopf geschossen. Die Mutter wörtlich: „Meine Tochter kam weinend nach Hause und versteht nicht, warum das Tier getötet wurde. Die Polizei hätte das Tier erst mal einfangen und prüfen sollen, ob es bösartig ist.“ Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass durch die einseitige Darstellung der erstgenannten Zeitung die Leser bewusst falsch informiert und in die Irre geführt werden. Die Zeitung habe wesentliche Fakten nicht berichtet. Im Rahmen der Vorprüfung durch den Presserat wird die Eingabe als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer äußert sein Unverständnis und erhebt telefonisch Einspruch gegen diese Entscheidung. Die Zeitung habe sich einseitig auf die Informationen des betroffenen Mannes verlassen und die Aussagen von weiteren am Geschehen unmittelbar und mittelbar beteiligten Zeugen unterschlagen. Durch dieses Vorenthalten von Informationen werde der Sachverhalt tendenziös und unangemessen sensationell aufgebauscht. (2003)
Weiterlesen