Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.
6642 Entscheidungen
Unter der Überschrift „Grausige Gewissheit: Joseph wurde ermordet“ berichtet eine Tageszeitung über den Tod des 6-jährigen Joseph im Schwimmbad von Sebnitz. Dabei bezieht sich das Blatt auf eine als streng vertraulich eingestufte Fallanalyse des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, das den Verdacht einer vorsätzlichen rechtswidrigen Straftat bestätigt habe. Nach den derzeitigen Ermittlungen sei das Kind mit einem Elektroschocker gequält, dann an den Rand eines Schwimmbeckens gezerrt und schließlich ins Wasser geworfen worden, heißt es im Text weiter. Annahmen, die sich alle später als haltlos erweisen sollten und einen Leser veranlassen, sich beim Deutschen Presserat zu beschweren. Er hält die Schlussfolgerungen der Zeitung für voreilig und im Nachhinein für unrichtig. Die Chefredaktion der Zeitung beruft sich auf das Gutachten des Kriminologischen Instituts Niedersachen. Als sich herausgestellt habe, dass sich dieses Gutachten auf nicht beweiskräftiges Material stützte, habe die Zeitung den Sachverhalt selbstverständlich entsprechend neu aufbereitet und insofern auch richtig gestellt. Darüber hinaus habe es in der Redaktion eine kritische Diskussion über den Umgang mit solchen Quellen wie auch über die eigene Berichterstattung im „Fall Sebnitz“ gegeben. (2000)
Weiterlesen
„Badeunfall erweist sich als rassistischer Mord“ verkündet eine Tageszeitung in der Überschrift ihres Beitrages über die „brutale Tötung“ des 6-jährigen Joseph. Junge Neonazis sollen – so die Zeitung – vor drei Jahren im sächsischen Sebnitz den sechsjährigen Jungen gequält und anschließend ertränkt haben. Jetzt habe die Staatsanwaltschaft drei Haftbefehle erlassen. Der Herausgeber eines Unabhängigen Pressedienstes legt die Veröffentlichung dem Deutschen Presserat vor. Er sieht Verstöße gegen das Wahrheitsgebot und die journalistische Sorgfaltspflicht. Des weiteren kritisiert er eine Vorverurteilung, eine unangemessene sensationelle Darstellung sowie eine nicht erfolgte Richtigstellung. Ein zweiter Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass die Zeitung dem Ermittlungsergebnis unzulässig vorgreift. Die Chefredaktion der Zeitung räumt ein, dass die kritisierte Schlagzeile nicht zu entschuldigen ist. Unter keinen journalistischen Bedingungen hätte sie erscheinen dürfen. Man habe deswegen in der Redaktion entsprechende Konsequenzen gezogen. Obwohl nichts zu beschönigen sei, wolle man doch auf den Artikel unter der Überschrift „Die Tugend des Zweifels“ verweisen, der zwei Tage später auf der Meinungsseite des Blattes erschienen sei. Mit diesem Beitrag habe man der Ziffer 3 des Pressekodex Genüge getan. (2000)
Weiterlesen
Dem „stillen Tod eines Kindes“ widmet eine Tageszeitung einen fünfspaltigen Beitrag. Unter der Überschrift „Erstickt in den Wellen des Schweigens“ schildert sie die Bemühungen um Aufklärung der Vorgänge, die sich drei Jahre zuvor im Freibad von Sebnitz ereignet haben. Dem Text ist ein Bild des Kindes beigestellt. In der Unterzeile heißt es: „... geboren am 21. Juli 1990, ermordet am 13. Juni 1997.“ Einem Leser der Blattes missfällt der Vorgriff auf das Ermittlungsergebnis. Er leitet eine Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Die Chefredaktion gesteht ein, dass die Zeitung im Gleichklang mit der übrigen Medienwelt zu früh der Darstellung der Mutter des kleinen Joseph vertraut habe. Erstaunlich sei in diesem Zusammenhang, dass auch die Staatsanwaltschaft durch öffentliche Aussagen und vorläufige Festnahmen den Eindruck erweckt habe, der kleine Joseph sei gewaltsam zu Tode gekommen. Den Brief des Beschwerdeführers habe man zum Anlass genommen, dem Thema Sebnitz nochmals die gesamte Seite 2 zu widmen. Damit, glaubt die Chefredaktion, habe sie den Verstoß gegen den Pressekodex wiedergutgemacht. (2000)
Weiterlesen
Unter der Überschrift „Die Tragödie – Das Leben geht weiter“ zeigt eine Zeitschrift die Stelle in Paris, an der am 25. Juli 2000 eine Concorde-Maschine der Air France abgestürzt ist. Das Farbfoto veranschaulicht das Grauen auf dem Trümmerfeld und die Bergungsarbeiten nach der Katastrophe. So sind auf dem doppelseitigen Bild verkohlte Leichen zu sehen. Am rechten Rand der Seite sind die Fotos zweier Ehepaare und eines Mannes eingeblockt, die sich an Bord der Unglücksmaschine befanden. Ein weiteres Foto zeigt trauernde Angehörige der Opfer beim Verlassen eines Gedenkgottesdienstes. Eine Leserin der Zeitschrift wendet sich an den Deutschen Presserat. Auf dem Foto, schreibt sie, seien deutlich zwei verkohlte Leichen zu sehen. Der Beitrag verletze die Menschenwürde und werde richtig makaber durch die eingeblockten Fotos von Absturzopfern. Die Beschwerdeführerin findet auch bedenklich, dass trauernde Angehörige im Bild gezeigt werden. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, dass die beanstandete Berichterstattung über den Concorde-Absturz auch innerhalb der Redaktion zu kontroversen Diskussionen geführt habe. Die Redaktion sei sich ihrer problematischen Gratwanderung durchaus bewusst und habe daher in der Wahl der Darstellung und der Darstellungsmittel sowie der redaktionellen Berichterstattung versucht, einen Mittelweg zu gehen. Auf Grund der sehr starken Reaktion von Lesern und Leserinnen auf die Berichterstattung in der Zeitschrift habe sich die Redaktion veranlasst gesehen, in der nachfolgenden Ausgabe von der beanstandeten Berichterstattung abzurücken mit dem Hinweis: „Anmerkung der Redaktion: Unsere Leser haben Recht. Wir bedauern, mit der Veröffentlichung dieser Seite die Gefühle insbesondere von Angehörigen verletzt zu haben.“ Die Zeitschrift hofft, dass mit dieser Art der Stellungnahme auch diejenigen Leser und Leserinnen erreicht werden, welche die eigentliche Berichterstattung über den Absturz der Concorde als unangemessen empfunden haben. (2000)
Weiterlesen
Einen 42-jährigen Busfahrer stört der Lärm, der alltäglich aus einer nahegelegenen Kneipe dringt. Die Boulevardzeitung am Ort schildert seinen privaten Kleinkrieg. Über 20 Mal habe er schon die Polizei alarmiert, aber er sei nach deren Auskunft weit und breit der einzige, der sich beschwere. Auch eine Messung des Schallpegels durch das Ordnungsamtes habe ihm nicht weiter geholfen: Die Grenzwerte seien nicht überschritten worden. Eine Konsequenz habe er jedoch erreicht: Zum Ärger der Kneipengäste sei die Konzession von drei auf ein Uhr nachts verkürzt worden. Das gehe sogar dem Pfarrer der Stadtviertels zu weit. Dieser habe den Reportern gegenüber sein Bedauern ausgedrückt, wenn durch allzu strenge Maßnahmen das Bestehen der Gaststätte gefährdet würde. Und so lautet die Schlagzeile der Zeitung: „Pfarrer bittet: Rettet unsere Kneipe!“ Dem betroffenen Busfahrer, dem wegen ständiger Übermüdung angeblich schon eine Abmahnung angedroht worden sein soll, beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er beklagt die Nennung seines Namens, verweist darauf, dass er sich nicht allein über den Lärm beschwere und bezweifelt, dass der Artikel der Zeitung auf einer Initiative des Pfarrers beruhe. In einem Schreiben bestätigt das zuständige Erzbistum, dass der Pfarrer nicht tätig geworden, sondern von der Zeitung in diese öffentliche Position gebracht worden sei. Auch wisse man nicht, wie das Foto des Pfarrers entstanden und wie es in die Zeitung gelangt sei. Wie der Beschwerdeführer schließlich mitteilt, habe auch keine Schallmessung stattgefunden. Als Beweis dafür legt er eine Stellungnahme des Ordnungsamtes vor. Die Rechtsabteilung des Verlages hält die Namensnennung für gerechtfertigt. Der Mann habe sich seinerzeit aus eigenem Antrieb und unter Nennung seines Namens mit seinem Anliegen an die Redaktion gewandt. Somit habe er selbst Anlass zu seiner namentlichen Einbeziehung in den Artikel gegeben. Es stimme auch, dass sich der genannte Pfarrer in der im Artikel geschilderten Art und Weise an die Redaktion gewandt und – wie geschildert – geäußert habe. Warum er sich nun im Nachhinein über das Erzbistum davon distanziere, könne von der Rechtsabteilung nicht beurteilt werden. (2000)
Weiterlesen
Eine Regionalzeitung berichtet auf ihrer Seite Kreisrundschau über eine Anordnung der Stadtverwaltung, nach einer Drogenrazzia der Polizei eine Diskothek zu schließen. Dem Beitrag beigestellt ist ein Foto, das den Besitzer der Diskothek und einen seiner Mitarbeiter namens Toni zeigt. Auf Betreiben des angeblichen Mitarbeiters teilt die Zeitung drei Tage später ihren Lesern in einer Notiz mit, dass Toni nicht, wie berichtet, Mitarbeiter der Diskothek, sondern dort lediglich mit der Produktion von Videoclips beschäftigt sei. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat kritisiert der Gast der Diskothek, dass er nicht über die Verwendung des Fotos im Rahmen einer Berichterstattung über die Schließung der Diskothek unterrichtet worden sei. Die von der Zeitung veröffentliche Notiz mit der Richtigstellung sei nicht ausreichend. Der durch den Artikel erweckte Eindruck, er habe etwas mit der Drogenrazzia zu tun, sei falsch. Der mit der Berichterstattung befasste Redakteur der Zeitung erklärt, er sei einen Tag nach der Schließung der Diskothek dorthin gefahren. Der Disco-Chef habe sich nach einem Interview bereitwillig fotografieren lassen. Er habe den Beschwerdeführer als Mitarbeiter vorgestellt und gefragt, ob er nicht mit auf das Zeitungsfoto wolle. Da die Diskothek für den normalen Publikumsverkehr geschlossen war und es an diesem Tag nur ein Thema, nämlich die Drogenrazzia, gegeben habe, sei er davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer gewusst habe, in welchem Zusammenhang das Foto in der Zeitung erscheinen werde. Am Erscheinungstag sei der Beschwerdeführer in der Redaktion erschienen und habe sich über die Bildunterschrift beklagt. Darin werde er als Mitarbeiter der Diskothek bezeichnet, was jedoch falsch sei. Er wünsche eine Richtigstellung, da er beim Arbeitsamt als arbeitslos gemeldet sei. Diese Richtigstellung habe die Zeitung am nächsten Tag veröffentlicht. Daraufhin sei der Mann wiederum in die Redaktion gekommen mit dem Ansinnen, dass ein Foto von ihm veröffentlicht werde, aus dem hervorgehe, dass er mit der Drogenrazzia nichts zu tun habe. Sein Argument sei gewesen, dass er sich in der Stadt nicht mehr blicken lassen könne. Sein Gesicht werde jetzt mit Drogen in Verbindung gebracht. Die Zeitung habe angeboten, das Bild auf einer Lokalseite in der Stadt zu bringen, in der er lebe und in der man ihn kenne. Auf dieses Angebot sei er jedoch nicht eingegangen. Er wollte, dass das Foto auf der Seite Kreisrundschau erscheine. Dieses Ansinnen habe die Redaktion jedoch abgelehnt, woraufhin der Beschwerdeführer eine schriftliche Gegendarstellung eingereicht habe. Nach Absprache mit der Chefredaktion sei diese Gegendarstellung dann abgelehnt worden. (1999)
Weiterlesen
Unter der Überschrift „Ein tödliches Abenteuer“ berichtet eine Zeitschrift über den Mord an einer Arztfrau. Diese war von ihrem Liebhaber getötet worden, weil sie sich von diesem trennen wollte. Dem Beitrag beigestellt ist ein Porträtfoto der Frau sowie ein Foto ihrer Leiche. Ein Leser der Zeitschrift sieht durch den Abdruck der Bilder das Persönlichkeitsrecht der Toten verletzt und beurteilt die Veröffentlichung des Leichenfotos zudem als unangemessen sensationell. Dies bringt er in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat zum Ausdruck. Die Rechtsabteilung des Verlages weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass es sich bei dem Mordfall und dem anschließenden Gerichtsverfahren um Vorgänge von starkem öffentlichen Interesse gehandelt habe. In zahlreichen regionalen und überregionalen Zeitungen und Zeitschriften sei unter Abbildung des Mordopfers berichtet worden. Aufgrund des starken öffentlichen Interesses und aus Gründen der Authentizität habe es die Redaktion für richtig gehalten, das beanstandete Foto zu zeigen. Dabei sei darauf geachtet worden, dass keine Einzelheiten zu erkennen seien. So sei das Gesicht des Opfers mit „Pixeln“ elektronisch verfremdet worden. (2000)
Weiterlesen
Eine Lokalzeitung berichtet über die Streitigkeiten zwischen der Eigentümerin eines Wochenendhauses und der zuständigen Gemeinde in Fragen eines Bebauungsplans. Geht es nach dem Landkreis, schreibt die Zeitung, dann muss die Frau ihr Wochenendhaus zumindest teilweise wieder abreißen, weil es den rechtlichen Vorschriften nicht entspricht. Lediglich eine Änderung des Bebauungsplanes könnte die Häuslebauerin noch retten, habe die Bezirksregierung ihr im Widerspruchsbescheid mitgeteilt. Aber da wollten die Lokalpolitiker nicht mitspielen. Das Votum im Ortsrat sei einstimmig: Der Bebauungsplan solle nicht geändert werden. In dem Beitrag werden der volle Name der Frau und die Straße genannt, in der das Wochenendhaus steht. Zudem wird in dem Artikel aus einem Brief der Betroffenen an den Bürgermeister zitiert. Die Frau kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass ihr Name und ihre Adresse genannt wurden. Nach ihrer Ansicht war auch der Abdruck eines Auszuges aus ihrem Brief an den Bürgermeister nicht gerechtfertigt. Die Rechtsabteilung des betroffenen Verlages entgegnet, dass nicht die Anschrift der Beschwerdeführerin, sondern lediglich der Standort ihres Wochenendhauses erwähnt worden sei. Sie wohne nämlich nicht in dem Wochenendhaus, sondern in einem anderen Ort. In der Sitzung des Ortsrates sei der gesamte Schriftwechsel zwischen der Frau und der Gemeinde bzw. dem Landkreis unter Nennung des vollständigen Namens an alle in der Sitzung anwesenden Bürger verteilt worden. Zudem habe sich die Beschwerdeführerin in der Sitzung selbst zu Wort gemeldet und eine Stellungnahme abgegeben. Die Namensnennung und die Bekanntgabe des Standorts des Hauses seien nach Auffassung der Regionalredaktion auch deshalb zulässig gewesen, weil die Frau und ihr Wochenendhaus durch diverse Gerichtsverfahren seit Jahren stadtbekannt seien. Zudem sei der Antrag der Beschwerdeführerin auf Änderung des Bebauungsplans von öffentlichem Interesse, da sich – bei entsprechender Genehmigung – die Bebauungsmöglichkeiten erheblich erweitern würden und dies Auswirkungen auf das gesamte Wochenendhausgebiet hätte. (1999)
Weiterlesen
In einer Lokalzeitung wird über eine angebliche Geistheilerin berichtet, die von einem selbst ernannten Hellseher besessen sei. Die geplagte ältere Dame sei felsenfest u.a. davon überzeugt, dass der ehemalige Gärtnergehilfe, Pudelzüchter, Nachtwächter und Zeitungsausträger sich vom Menschen zum Geist transformiere – und dergestalt rumore, dass er nicht nur „den Schließmuskel der Harnröhre kaputt mache“. Der Mann vibriere in ihr. Der Hellseher und die von ihm angeblich besessene Frau werden von der Zeitung namentlich genannt. Der Mann beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er ist der Auffassung, dass der Artikel ehrverletzende Aussagen enthält. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, die Zitate seien so wie veröffentlicht gefallen. Der Beschwerdeführer habe den Verfasser des Berichts bedroht und beleidigt, dem Verleger der Zeitung gar ein Päckchen mit einem Haufen Kot übersandt. Man halte den Mann für eine relative Person der Zeitgeschichte, weil er im Fernsehen auftrete und Haushalte mit Angeboten der Wundheilung überschwemme. (1999)
Weiterlesen