Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
Ein Geschäftsmann wird von dem Fahrer einer Nobelkarosse rechts überholt, in den Graben gedrängt und von dem Verkehrsrowdy auch noch beschimpft. Als er Anzeige erstattet, erhält er Drohanrufe und daraufhin polizeilichen Personenschutz. Zu der Gerichtsverhandlung darf er sich sogar tarnen – mit Damenperücke und Sonnenbrille. Ein Boulevardblatt schildert den Fall und beschreibt den Angeklagten, der zu einer bekannten Sinti-Sippe gehöre: “Immer im Konvoi unterwegs, wohlgenährte Männer mit Handys, Seidenanzügen und nicht gerade zimperlich, wenn’s um ihre Interessen geht.” Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein: Wegen vorurteilschürender ethnischer Kennzeichnung Beschuldigter. Die Chefredaktion der Zeitung sieht das anders. Der berichtete Vorfall mache es geradezu unumgänglich, die ethnische Zugehörigkeit des rücksichtslosen Fahrers zu erwähnen. (1996)
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Eine Zeitung teilt ihren Lesern mit, dass zwei Brüder wegen gefährlicher Körperverletzung zu Haftstrafen verurteilt worden sind. Im Schlusssatz der kurzen Meldung wird erwähnt, dass die beiden 27 und 29 Jahre alten Sinti wegen versuchten Mordes an ihrem Neffen angeklagt waren. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Hinweis auf die ethnische Zugehörigkeit der beiden Täter eine schlimme journalistische Praxis, die gerügt werden müsse. Er schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, die kritisierte Meldung könne nicht für sich allein betrachtet werden. In ihr werde lediglich über den Urteilsspruch in einem Prozess informiert, der Thema einer ausführlichen Berichterstattung gewesen sei. Die Anklage habe den beiden Männern versuchten Mord vorgeworfen, der sich im Rahmen eines Sippenstreits zwischen verfeindeten Familien zugetragen habe. Beide Parteien hätten sich gegenseitig die Schuld an der Dauerfehde zugeschoben. Zum Verständnis des gesamten Geschehens sei es deshalb notwendig gewesen, auf die Zugehörigkeit sämtlicher Beteiligter zur Gruppe der Sinti zu verweisen, da offensichtlich in der kulturellen Verwurzelung der Sinti das Motiv für die Tat zu suchen sei. In der kritisierten Meldung sei der Begriff “Sinti” lediglich dazu verwendet worden, dem Leser den Zusammenhang zwischen der Vorberichterstattung und der jetzt veröffentlichten Meldung über die Urteilsverkündung deutlich zu machen. (1996)
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Eine Hausfrau überrascht in ihrer Wohnung einen 12-jährigen Jungen und ein 9-jähriges Mädchen, als diese gerade ihre Schränke durchwühlen. Unter Mitnahme von Schmuck im Werte von rund 50.000 Mark verschwinden die Kinder über die Terrasse. Eine Boulevardzeitung berichtet über den Fall und beschreibt die Kleidung der Täter. Bei den Dieben handele es sich offenbar um Zigeunerkinder. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in diesem Hinweis eine Diskriminierung. Die Chefredaktion der Zeitung gesteht ein, dass man auf die Formulierung “Zigeunerkinder” hätte verzichten können. Andererseits handele es sich um einen Missbrauch von Kindern zu rechtswidrigen Zwecken und eine entsprechende Mitteilung der Polizei. (1996)
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Eine Zeitschrift greift erneut das Mordverfahren “Monika Weimar” auf, nachdem sie seit 1988 verschiedentlich darüber berichtet hat. Anlass ist das Wiederaufnahmeverfahren vor dem zuständigen Landgericht. Der Verteidiger der Angeklagten kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat anhand diverser Beispiele die Tendenz der neuerlichen Berichterstattung. So sei der Versuch der beiden Gerichtsberichterstatter der Zeitschrift, schon in der Frühphase des Wiederaufnahmeverfahrens meinungsbildend auf das Gericht einzuwirken, gescheitert. Eine der Veröffentlichungen lese sich stellenweise wie eine Kampfansage an die Verteidigung. So unterstelle die Zeitschrift offensichtlich ohne Recherche und ohne vorherige Nachfrage bei dem psychiatrischen Sachverständigen, die Inhalte der Telefonüberwachung seien in dem ersten Prozess unbekannt gewesen. Nachdem die Zeitschrift in den folgenden Monaten über den weiteren Verlauf des Wiederaufnahmeverfahrens nichts berichtet habe, versteige sich die Autorin in ihrem jüngsten Beitrag darauf, selbst Fakten zu erfinden. Im einzelnen wehrt sich der Beschwerdeführer gegen die Passagen, in denen über ein Fernsehinterview mit dem Liebhaber der Angeklagten berichtet wird. Die Autorin des Beitrags referiere und bekräftige Bekundungen dieses Zeugen, die offenkundig falsch seien. Der Beschwerdeführer schließt mit den Worten: ”Dass eine Autorin ihre früheren Veröffentlichungen verteidigt, ist verständlich. Sie darf es aber nicht um den Preis der Wahrheit und eines menschlichen Schicksals tun.” Die Zeitschrift unterstellt in ihrer Stellungnahme dem Anwalt den Versuch, vermeintliche Protagonisten des “anderen Lagers” einzuschüchtern und möglichst zu diskreditieren. Die Verteidigung habe, schon bevor sie den Wiederaufnahmeantrag stellte, eine Pressepolitik betrieben, die so zu charakterisieren sei: Der Mandantin gewogene Medien seien mit exklusiven Informationen versorgt worden, während diejenigen Presseorgane, die eine skeptische Haltung zeigten, als Gegner angesehen und behandelt worden seien. Die Unterstellungen der Beschwerde, beide Autoren hätten “über Jahre” versucht, eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu verhindern, seien böswillig und verleumderisch. Nach Richtlinie 13.1 müsse die Berichterstattung über Ermittlungs- und Gerichtsverfahren der sorgfältigen Unterrichtung der Öffentlichkeit über Straftaten, deren Verfolgung und richterlichen Bewertung dienen. Dem entspreche die kritisierte Berichterstattung in jeder Phase. (1996/97)
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In zwei Beiträgen berichtet eine Boulevardzeitung über einen Mann, der wegen Mordes an einem 11-jährigen Mädchen zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde und sich jetzt in der geschlossenen Abteilung einer Nervenklinik befindet. Beide Artikel beschreiben die derzeitigen Lebensumstände des Patienten und enthalten zahlreiche Zitate, die während eines Telefoninterviews durch einen Reporter der Zeitung geäußert wurden. Im ersten Beitrag wird der Betroffene als Kannibale beschrieben, der nach der Tat ein Stück Fleisch des Mädchens gegessen habe und jetzt nur noch Gemüse essen dürfe. Im zweiten Text wird berichtet, dass er jetzt per Kontaktanzeige eine Frau suche. Der Mann wird beim vollen Namen genannt und in beiden Beiträgen im Foto gezeigt. Das für den Therapieverlauf im Maßregelvollzug zuständige Ministerium legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Die Zitate seien teilweise falsch. Die Behauptung, der Mann habe Menschenfleisch gegessen, stimme nicht. Schließlich könnte durch die zweimalige Veröffentlichung eines Fotos des Betroffenen gegen dessen Persönlichkeitsrecht verstoßen worden sein. Die Rechtsabteilung des Verlags teilt mit, der Betroffene habe selbst ein Interesse an der Berichterstattung signalisiert, da er offenbar hoffe, so wieder eine Frau zu finden, die zu ihm Kontakt aufnehme. Dass er die Zeitung bereitwillig über seine privaten Gedanken und Überlegungen informierte, lasse den Schluss zu, dass er auch mit der Veröffentlichung der Fotos einverstanden gewesen sei. Die Aussage, dass er seinerzeit Menschenfleisch gegessen habe, stütze sich auf die Anklageschrift und die Aussage des Angeklagten während des Prozesses. In der Anklageschrift sei u.a. festgestellt worden: “Mit einem Messer zerschnitt er die Bekleidung des Mädels und begann mit dem Abtrennen von Fleischstücken aus dessen linkem Unterarm.” Bei der späteren Obduktion habe man das Fehlen von umfangreichem Weichgewebe im unteren Teil des linken Arms entdeckt. Zudem habe der Angeklagte in der mündlichen Verhandlung den ihm zu Last gelegten Sachverhalt bestätigt und ergänzend hinzugefügt, dass er Fleisch aus dem Unterarm geschnitten und in das Fleisch gebissen habe. (1996)
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Ein 28-jähriger Mann springt vor eine U-Bahn, gerät zwischen die Gleise, wird überrollt, bleibt unverletzt, wird aber mit einem Schock in die psychiatrische Abteilung eines Krankenhauses gebracht. Einen Tag später stellt sich ihm in einem Aufenthaltsraum der Vertreter einer Organisation für Menschen vor, die gerade einen Selbstmordversuch hinter sich haben. Der Patient entspricht der Bitte um ein Gespräch. “Da ich zu diesem Zeitpunkt keinen anderen Menschen hatte, mit dem ich reden wollte, nahm ich das Angebot an.” Den Inhalt des folgenden Gesprächs entdeckt er anderntags in einem Boulevardblatt unter der Schlagzeile “Klaus, nochmal drückt der Tod kein Auge zu!” Mit zwei Fotos. Der Betroffene beklagt sich beim Deutschen Presserat, der daraufhin beim genannten Krankenhaus nachfragt, welche Möglichkeiten des Besuchs von Kranken bestehen. Patienten, die in der psychiatrischen Akutstation behandelt werden, dürfen demnach Besucher empfangen. Diese werden von einer Schwester eingelassen und darüber informiert, wo sich der Patient gerade befindet. Beide Aufenthaltsräume der Station werden für Krankenbesuche benutzt, sind aber nicht öffentlich zugänglich. Der Autor des Berichts weist die Behauptung, er habe sich als Mitglied einer Organisation für Menschen ausgewiesen, die gerade einen Selbstmordversuch hinter sich haben, zurück. Er habe den Beschwerdeführer ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er Journalist der Boulevardzeitung sei, und seine Absicht bekundet, einen Artikel zu schreiben. Daraufhin sei der Patient zu einem Gespräch bereit gewesen und habe sich in voller Kenntnis dessen, worum es ging, fotografieren lassen. (1996)
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Eine Regionalzeitung berichtet über den Rechtsstreit zwischen der Industrie- und Handelskammer und einem öffentlich bestellten und vereidigten Versteigerer. Sie informiert ihre Leser, die Stadt wolle mit dem Auktionator nicht mehr zusammenarbeiten. Sie erwähnt, dass der Mann auch Konkursmasse versteigere, dass ihm die Versteigerung von Orientteppichen untersagt worden sei, dass es schon häufig Auseinandersetzungen zwischen IHK und Stadt einerseits und dem Versteigerer andererseits gegeben habe. Der Betroffene reicht Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Die in dem Artikel getroffenen Aussagen seien falsch und geschäftsschädigend. Eine gerichtlich durchgesetzte Gegendarstellung sei bisher nicht veröffentlicht worden. Die Chefredaktion der Zeitung gesteht ein, dass das Blatt vom Amtsgericht verurteilt worden sei, die geforderte Gegendarstellung abzudrucken. Dieses Urteil sei jedoch durch das Landgericht aufgehoben worden, weil es der Kläger versäumt habe, das Urteil innerhalb eines Monats nach Verkündigung durchzusetzen. Durch diese Entwicklung sei die Beschwerde bereits überholt. Man sehe sich auch nicht in der Lage, die Gegendarstellung im Kulanzwege abzudrucken. (1996)
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Der Weiße Ring beschwert sich beim Deutschen Presserat über eine Boulevardzeitung und deren Bericht über eine Gerichtsverhandlung. Angeklagt ist ein 39-jähriger Hausmeister, der seine 12-jährige Nichte viermal sexuell missbraucht haben soll. “Zwölfjährige vom eigenen Onkel missbraucht – sie wurde schwanger” lautet die Schlagzeile des Textes, dem ein Foto des Angeklagten mit einem Balken über den Augen beigestellt ist. Der Weiße Ring beklagt in Vertretung der Eltern des Opfers, durch die Veröffentlichung des Fotos seien sowohl Täter als auch Opfer identifizierbar geworden. Dadurch werde das Persönlichkeitsrecht des Kindes verletzt. Die Chefredaktion des Blattes sieht in der Abbildung des Angeklagten einen zulässigen Bestandteil der Gerichtsberichterstattung, der in keiner Weise geeignet sei, die Identität des bedauernswerten Opfers offenzulegen. (1996)
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Ein katholischer Pfarrer soll eine 15-jährige Sternsingerin beim Griff in eine Spendenbüchse erwischt und dem Mädchen daraufhin ein unmoralisches Angebot gemacht haben: Sex gegen Schweigen. Das Verhältnis hatte Folgen: Die Minderjährige wurde schwanger und vertraute sich einer Sozialpädagogin an. Diese teilte den Fall schriftlich (ohne Nennung der Namen der Beteiligten) dem Bischof mit. Dieser reagierte erst drei Wochen nach dem Schreiben auf die darin angekündigte Abtreibung, die zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits vorgenommen war. Im Detail nachzulesen ist der Vorgang in einer Wochenzeitung, die dem Bischof vorwirft, er hätte, wenn er früher reagiert hätte, etwas gegen die Abtreibung unternehmen können. Der Generalvikar des Bischofs kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass die Zeitung den Sachverhalt nicht richtiggestellt hat, obwohl eine einstweilige Verfügung gegen den Inhalt des Artikels existiere und eine Pressemitteilung des Bistums mit entsprechenden Richtigstellungen verschickt worden sei. Der Beschwerdeführer moniert, dass in dem Bericht nichts darüber gesagt wird, dass er um Übermittlung des Namens des Pfarrers gebeten habe bzw. die Betroffene ermutigt habe, Anzeige zu erstatten. Diese Fakten habe der Autor verschwiegen, um die Kirche in Misskredit zu bringen. Der Autor wolle den Eindruck erwecken, dass die Katholische Kirche, wenn ein Priester betroffen sei, ihre moralischen Grundeinstellungen zur Disposition stelle. Der zuständige Ressortleiter der Zeitung teilt dem Presserat in seiner Stellungnahme mit, dass seine Redaktion den geschilderten Sachverhalt nach wie vor für richtig halte. Belege seien entsprechende Erklärungen der in dem Artikel zitierten Sozialpädagogin. Der Umstand, dass diese seriöse Informantin sich durch eine dem Mädchen gegenüber eingegangene Schweigeverpflichtung außerstande sehe, dessen Namen zu offenbaren, sei keineswegs gleichbedeutend mit der Annahme des Generalvikariats, die Erklärung der Sozialpädagogin treffe nicht zu. Diese habe vor Erscheinen des Beitrags der Redaktion schriftlich versichert, dass ihre Angaben (1996)
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