Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
In vier Artikeln berichtet eine Regionalzeitung über einen Immobilienhändler, der mehrere hundert Anleger um rund 4,5 Millionen Mark betrogen haben soll. Die Ermittlungen in diesem Fall laufen bereits seit drei Jahren. In drei der vier Artikel wird der volle Name des Mannes genannt. Die Ehefrau des Verdächtigten beschwert sich beim Deutschen Presserat. Sie ist der Ansicht, dass durch die Namensnennung ihre Intimsphäre sowie die ihrer Kinder verletzt wird. Die Chefredaktion der Zeitung weist darauf hin, dass der Fall mit voller Namensnennung erstmals von einem privaten Fernsehsender aufgegriffen worden sei. Die Zeitung habe sich verpflichtet gefühlt, ausnahmsweise gleichfalls mit Namensnennung zu berichten, weil es sich bei der Firma des Verdächtigten um ein in der Region bekanntes Unternehmen handele. Die Namensnennung habe dem vorsorglichen Schutz von Anlegern und Kommunen dienen sollen, die von den Ermittlungen bis dahin nichts gewusst haben. Nach der Veröffentlichung im Fernsehen seien bei der zuständigen Staatsanwaltschaft tatsächlich täglich neue Anzeigen eingegangen. Dies habe die Auffassung der Zeitung, dass im vorliegenden Fall eine Namensnennung gerechtfertigt sei, bestätigt. Abschließend teilt die Chefredaktion mit, dass der Betroffene mittlerweile wegen Anlagebetrugs verurteilt worden sei und daher vorerst kein Anlass bestehe, über den Fall erneut mit Namensnennung zu berichten. (1996/97)
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht unter der Überschrift “Scientology: USA stärken Position Bonns” eine Agenturmeldung. Darin wird berichtet, der Sprecher des US-Außenministeriums, Nicholas Burns, habe Deutschland in der Diskussion um die Scientology-Organisation den Rücken gestärkt. Der Vergleich Deutschlands mit dem Nazi-Regime wegen der angeblichen Verfolgung von Scientology sei “völlig unangemessen” und “unangebracht”. Nach Ansicht eines Lesers wird die Presseerklärung von Burns verzerrt und einseitig wiedergegeben. Seine Beschwerde beim Deutschen Presserat richtet sich sowohl gegen die Agentur als auch die Zeitung. Als Beleg für seinen Vorwurf legt er ein Wortlautprotokoll aus dem US-Außenministerium vor, das er sich bei der US-Botschaft in Bonn besorgt hat. Die Chefredaktion der Zeitung trägt vor, aus diesem Protokoll gehe eindeutig hervor, dass die von ihr veröffentlichte Agenturmeldung den tatsächlichen Äußerungen des Pressesprechers entspreche. Der Beschwerdeführer “bombardiere” die Redaktion schon seit Jahren mit “Traktaten der Scientology-Bewegung”. Die Nachrichtenagentur äußert sich nicht zu dem Fall. (1997)
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Eine Mädchenzeitschrift berichtet unter der Überschrift “Die Qual der Kälber” über die Kälbermast. Der Text ist illustriert mit einer Vielzahl von Fotos, die das Leiden der Tiere dokumentieren sollen. Drei der Fotos sind offenbar auf dem Wege zum Schlachthof bzw. im Schlachthof aufgenommen worden. Die Mutter einer 12jährigen Tochter ist entsetzt. In ihrer Beschwerde beim Deutschen Presserat äußert sie die Befürchtung, dass solche Fotos die Verrohung und Abstumpfung von Kindern fördern. Die Chefredaktion der Zeitschrift erklärt, sie habe mit dieser Reportage ihre Leser aufrütteln und dazu animieren wollen, Missstände zu erkennen und aktiv dagegen vorzugehen. Der Beitrag solle daher nicht die Sensationslust der Leser befriedigen, sondern sie vielmehr zu einer Protestaktion gegen die brutalen Mastmethoden anregen. Mit dieser Intention seien in einer anderen Jugendzeitschrift des Verlags mehrere Reportagen veröffentlicht worden mit dem Ergebnis, dass eine Protestaktion zustande gekommen und eine Tierfabrik im ukrainischen Kiew geschlossen worden sei. Bei der Vorprüfung der Beschwerde stellt der Presserat fest, dass drei der Fotos sich nicht auf das Thema Kälbermast beziehen und damit der Zusammenhang mit dem Inhalt des Beitrags fehlt. (1996)
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Unter der Überschrift “Frau wegen geplanter Abtreibung umgebracht?” berichtet eine Tageszeitung über den Mord an einer 23jährigen Frau, die schwanger war und das Kind abtreiben lassen wollte. Nach Erkenntnissen der Polizei kommt als Täter der Freund der Toten in Betracht. In dem Beitrag wird zweimal darauf hingewiesen, dass der Verdächtigte türkischer Staatsbürger ist. Ein Leser sieht in der Erwähnung der Nationalität des Verdächtigten eine Diskriminierung ausländischer Mitbürger und trägt seine Bedenken dem Deutschen Presserat vor. Die Erwähnung der Nationalität des mutmaßlichen Täters sei sachbezogen, erklärt die Zeitung. Zwar sei in der Türkei eine Abtreibung unter gewissen Kriterien rechtlich zulässig, jedoch stoße ein Schwangerschaftsabbruch häufig auf Unverständnis, da er dem moralischen Empfinden der sehr traditionsbewussten Türken widerspreche. Dies gelte insbesondere für die Väter, die mit der Abtreibung ihres Kindes nicht einverstanden seien. Aus dem Polizeibericht ergebe sich, dass im vorliegenden Fall der werdende Vater mit der geplanten Abtreibung nicht einverstanden gewesen sein soll. Möglicherweise habe er seine Freundin aus diesem Grund getötet. Angesichts dieser möglichen Sachlage sei die Nennung der Staatsangehörigkeit des Betroffenen notwendig gewesen. Sie trage wesentlich zum Verständnis der ungewöhnlichen Reaktion bei. (1997)
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Unter der Überschrift “Der Überflieger” veröffentlicht eine Wochenzeitung das Porträt eines bekannten Managers. Im Rahmen des Artikels werden in einem umrandeten Einschub auch Freunde und Gegner des Vorstandsvorsitzenden aufgelistet. Unter den Gegnern findet sich auch der Manager einer Konkurrenzfirma, dem der Porträtierte bescheinigt, inkompetent und jähzornig zu sein. Der so Charakterisierte beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er hält die Berichterstattung nachweislich für unrichtig. Der zitierte Kollege habe ihm in einem Schreiben versichert, dass er “mit dem betreuenden Redakteur nicht über unsere Beziehungen gesprochen habe.” Es entspreche nicht seinem Stil, den Dialog mit Wettbewerbern unter einem vorgegebenen redaktionellen Schema “Freunde – Gegner” zu führen. Der Beschwerdeführer sieht durch die in der Berichterstattung dem Managerkollegen zugeschriebene Beurteilung sein Ansehen beeinträchtigt. So stelle die bislang unterbliebene Richtigstellung einen Verstoß nach Ziffer 3 des Pressekodex dar. Die Chefredaktion der Zeitung bestätigt, dass die Behauptung, der eine halte den anderen für inkompetent und jähzornig, nicht auf einem Zitat des Porträtierten beruht, sondern auf einer Einschätzung des Konkurrenz-Verhältnisses der beiden Manager, wie es sich auch während und nach einer Auseinandersetzung zwischen beiden in der Talkrunde eines privaten Fernsehsenders der Öffentlichkeit und Mitarbeiten dargeboten habe. Bei dieser Diskussionsrunde sei es zu einer für Führungskräfte der Wirtschaft ungewöhnlich heftigen Auseinandersetzung zwischen den beiden Managern gekommen. Da es sich aber nicht um ein wörtliches Zitat handele, sieht die Zeitung keine Veranlassung zu einer Richtigstellung. (1996)
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Eine PR-Zeitschrift kündigt auf ihrer Titelseite einen Artikel zum Thema Bierwerbung an. Der Slogan “Ein Bier für alle Fälle” ist illustriert mit dem Foto eines Gemäldes, das Jesus und seine Jünger beim Abendmahl zeigt. Das Bild wurde dahingehend verändert, dass sowohl vor Jesus als auch vor seinen Jüngern jeweils ein Glas Bier auf dem Tisch steht. Ein Leser der Zeitschrift hält die Darstellung für blasphemisch und geschmacklos. Er legt sie dem Deutschen Presserat vor. Die Chefredaktion des Magazins erklärt, es sei ihr unmöglich, zu der Beschwerde Stellung zu nehmen oder gar den Sachverhalt zu kommentieren. Das würde die Angelegenheit ins Lächerliche ziehen und das läge ihr fern. (1997)
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Eine Boulevardzeitung verkündet ein “Selbstmord-Drama in einem Kinderheim”. Danach soll ein 8jähriges Mädchen auf das Gerücht hin, die Mutter wolle es umbringen, ohne Zustimmung der Mutter in das Kinderheim eingewiesen worden sein. Dort, so die Zeitung, sei es wegen der Trennung von seiner Mutter aus dem ersten Stockwerk gesprungen und dabei lebensgefährlich verletzt worden. Die verzweifelte Mutter wird zitiert. Das Gerücht sei eine Lüge. Sie könne ihr Kind nicht besuchen, wisse noch nicht einmal, in welchem Krankenhaus es liege. Jetzt müsse sie ihr Recht einklagen. Der Autor des Beitrags erwähnt abschließend, dass Jugendamt, Heim und Vormundschaftsgericht zu dem Fall schweigen. Illustriert ist der Bericht mit einem Foto der Eltern, des Kinderheims und des angeblich eingesperrten Mädchens. Letzterem sind die Augen abgedeckt. Ein Verein als Träger des Kinderheims beschwert sich beim Deutschen Presserat. In dem Kinderheim habe kein Selbstmordversuch stattgefunden. Auch die Behauptung, die Mutter habe ihr Kind nicht besuchen dürfen, entspreche nicht den Tatsachen. Die Angaben beruhten auch nicht auf einer möglicherweise falschen Aussage der Mutter. Diese habe in einem Fernsehinterview ausgesagt, dass sie dem Autor des Artikels zu keinem Zeitpunkt ein Interview gegeben habe und dass alle Angaben in dem Zeitungsartikel jedenfalls nicht von ihr stammten. Die Bemühungen des Journalisten hätten sich auf einen einzigen Telefonanruf beim Kinderheim beschränkt. Das Foto vom angeblichen Kinderheim zeige vielmehr das in der Nachbarschaft gelegene Gebäude des Städtischen Gymnasiums. In einer Stellungnahme des zuständigen Jugendamtes zu der Veröffentlichung heißt es, die Mutter sei über den jeweiligen Aufenthaltsort ihrer Tochter informiert gewesen, habe aber zu keiner Zeit mit dem Kind Kontakt aufgenommen. Der Wahrheitsgehalt des Beitrags beschränke sich darauf, dass das Mädchen von einer Sozialarbeiterin des Jugendamtes wegen einer akuten Gefährdung seines Wohls in der Schule abgeholt und in dem Heim untergebracht worden sei, dass es jetzt stationär behandelt werden müsse. Der Verein hatte bislang ergebnislos versucht, einen Gegendarstellungsanspruch gerichtlich durchzusetzen. Die Rechtsabteilung der Zeitung erklärt, die Eltern des Mädchens hätten die Redaktion um Hilfe gebeten und darauf hingewiesen, dass sich das Mädchen umbringen wolle. Der Autor des Beitrags habe daraufhin das Jugendamt, das Vormundschaftsgericht, die Kinderklinik und das Kinderheim um Informationen gebeten, von keiner Stelle aber Auskünfte erhalten. Da der von der Zeitung vorgetragene Sachverhalt von den zuständigen Stellen nicht dementiert worden sei und die Zeitung keinen Grund gehabt habe, den Eltern zu misstrauen oder an ihren Behauptungen zu zweifeln, sei der Bericht veröffentlicht worden. Der Redaktion sei unerklärlich, warum die Eltern nunmehr behaupten, sie hätten nie mit einem Mitglied der Redaktion gesprochen. Die Veröffentlichung des angeblich falschen Fotos sei ein Irrtum. (1996)
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Leben und Selbstmord des Nachlass-Verwalters eines bekannten Schauspielers sind Thema eines umfangreichen Beitrags in einer Boulevardzeitung. Die Zeitung nennt den Toten einen “widerlichen Erbschleicher”, “hinterhältigen Geizhals” und “ertappten Lumpen”, verwendet Begriffe wie “Lumpenstück” und “vergast”. Ein Freund des Rechtsanwalts beschwert sich beim Deutschen Presserat. Durch die insgesamt sehr negative Darstellung werde die Würde des Toten verletzt. Die Leitung der Redaktion betont, man habe mit dem Begriff “vergasen” keinen Bezug zum Holocaust herstellen, sondern informieren wollen, dass der Mann mit den Abgasen seines Autos Selbstmord verübt habe. Das Vorgehen des Nachlass-Verwalters sei in der Tat ein “Lumpenstück” gewesen. Ein Rechtsanwalt, der den amtlichen Auftrag hatte, ein Vermögen zu verwalten, und es der Erbin mit Hilfe eines selbstverfassten Erbvertrages dann wegnehme, sei nicht nur ein widerlicher Erbschleicher, sondern auch ein Lump. Jeder ehrliche Bayer, der nicht wie der Beschwerdeführer diesem Advokaten persönlich verbunden sei, würde das so sehen. Die Zeitung habe die Menschenwürde des Toten nicht verletzt, da es keinen Anspruch gebe, dass mit dem Tod Schandtaten zugedeckt werden. Die Redaktion verweist darauf, dass die Öffentlichkeit durchaus Anspruch darauf habe, über die Hintergründe des Selbstmordes informiert zu werden. Eine Lebensgeschichte mit einem solchen Hintergrund für einen Selbstmord dürfe bei einer stadtbekannten Person nicht verheimlicht werden. (1997)
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