Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Privatanschrift des Herausgebers einer Zeitung

Eine Regionalzeitung berichtet in zwei Beiträgen über Vorwürfe, die ein Politiker von Bündnis 90/Die Grünen dem Vorsitzenden der CDU-Stadtratsfraktion macht. In entsprechenden Zitaten wird behauptet, der Kommunalpolitiker habe einem alternativen Stadtblatt, das dem “rechtslastigen Spektrum (NPD oder NPD nahestehend)” zuzurechnen sei, ein Interview gegeben. In zwei weiteren Beiträgen teilt die Zeitung ihren Lesern mit, dass sieben Mitglieder der CDU den Ausschluss ihres Stadtverbandsvorsitzenden fordern. In diesem Zusammenhang wird erwähnt, der Herausgeber des Stadtblattes sei wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Die Zeitung nennt den Namen des Mannes und gibt dessen Privatadresse bekannt. Der Betroffene schaltet den Deutschen Presserat ein. Er erklärt, dass seine Zeitung nicht der NPD nahe steht und dass er nicht wegen Volksverhetzung, sondern wegen “Formsachen” sowie “Verunglimpfung” verurteilt worden sei. Schließlich moniert er die Bekanntgabe seiner Privatanschrift. Die Chefredaktion der Zeitung beruft sich auf entsprechende Presseerklärungen der Betroffenen. Wenn der Grünen-Politiker das Stadtblatt dem rechtslastigen Spektrum zurechne, so sei dies eine Meinungsäußerung und nicht eine Tatsachenbehauptung. Mit der Bekanntgabe der Privatanschrift habe man die Beziehungen beider Politiker zueinander dokumentieren wollen. Tatsächlich sei es jedoch unnötig gewesen, die Adresse zu nennen, da der enge Zusammenhang zwischen den beiden auch auf andere Weise hätte belegt werden können. (1997)

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Verdachtsmomente

Eine Lokalzeitung berichtet über den Verlauf einer Gerichtsverhandlung, in der dem Chef einer Recyclingfirma Mietschulden in Höhe von 207.000 D-Mark vorgeworfen werden, und schildert die Hintergründe der Räumungsklage. Sie nennt den Beklagten beim Namen und erwähnt, dass ihn das Landratsamt ein Jahr zuvor wegen “umweltgefährdender Abfallbeseitigung” angezeigt habe. Die Firma solle illegal Altreifen entsorgt haben, heiße es. In einem Kommentar zum Bericht schreibt der Autor, offensichtlich sei, dass es im bewussten Recyclingcenter nicht mit rechten Dingen zugehe. Sollte das Versäumnisurteil rechtskräftig werden und das Gelände geräumt werden, müsse zum Großteil der Steuerzahler dafür bluten. Der Betroffene wehrt sich mit einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Die Nennung seines Namens habe geschäftsschädigende Wirkung. Die Zeitung habe falsch recherchiert. Er sei seinerzeit nur wegen nicht genehmigten Betreibens einer Abfallentsorgungsanlage angezeigt worden. Die Redaktion der Zeitung verweist auf ein großes öffentliches Interesse an ihrer Berichterstattung über die Vorgänge auf dem ehemaligen Kasernengelände. Der Name des Firmenchefs sei der Bevölkerung ohnehin bekannt, da er vor seiner Unternehmertätigkeit in der Stadt Amtsleiter für Umweltschutz gewesen sei. (1997)

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Begriff “Frechheit”

“Frechheit! Taxifahrer schreiben jetzt Strafzettel” verkündet eine Boulevardzeitung. Sie berichtet, dass die Taxifahrer der Stadt seit einiger Zeit Falschparkern “Strafzettel” ausstellen. Dieses Verhalten nennt sie eine “neue Taxi-Frechheit”. In dem Beitrag wird mehrfach eine Frau zitiert, die falsch geparkt hat. Ein Leser des Blattes, offensichtlich selbst Taxifahrer, schickt eine Beschwerde an den Deutschen Presserat. Der Begriff “neue Taxi-Frechheit” sei polemisch, da es keine “alten Frechheiten” gebe. Auch sei die Behauptung, dass 3.000 Taxifahrer Autofahrer jagen, falsch. Es handele sich nur um zehn Kollegen, die für diese Aufgabe eingesetzt werden. Die Redaktionsleitung hält den Begriff “neue Taxi-Frechheit” für eine Meinungsäußerung. Sie basiere im übrigen darauf, dass in ihrer Zeitung schon mehrfach verschmutzte Taxis, Fahrer ohne ausreichende Ortskenntnisse sowie die Verweigerung von nicht lukrativen Kurzfahrten kritisiert worden seien. Derartige Vorkommnisse seien als “Frechheit” zu werten. Als “unsinnig” bezeichnet die Redaktionsleitung die Behauptung, in dem Artikel sei ganz bewusst die Unwahrheit geschrieben worden, um einen gesamten Berufsstand zu diskriminieren. Eine solche Behauptung könne nur ein besonders empfindlicher Mensch aufstellen. (1997)

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Namensnennung

Den Gründen, warum eine Gemeinde in ihrem Verbreitungsgebiet einen neuen Bürgermeister wählen muss, widmet eine Regionalzeitung eine fast ganzseitigen Beitrag. Sie berichtet, dass der bisherige Bürgermeister wegen psychischer Überbelastung dienstunfähig ist und in den Ruhestand versetzt wurde. Er habe jede Nacht Alpträume, in denen stets die selben Personen vorkommen. Diese werden in dem Artikel mit Namen genannt. Einer der Genannten sieht sich durch die Veröffentlichung der Namensliste angegriffen. In seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat stellt er die Frage, wer von den “Alpträumen” anderer Menschen “berichte”. Die Chefredaktion der Zeitung erläutert, dass der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat maßgeblich an den Auseinandersetzungen mit dem Bürgermeister beteiligt gewesen sei. Über diese Zwistigkeiten habe die Zeitung wiederholt berichtet. Dabei sei auch der Name des Beschwerdeführers mehrmals erwähnt worden, so dass man bei der abschließenden Geschichte über den Bürgermeister keinen Anlass gesehen habe, den Namen zu verschweigen. Inzwischen sei ein Leserbrief des Beschwerdeführers zu dem strittigen Artikel in voller Länge veröffentlicht worden. (1997)

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Todesursache: Mord

Eine hochschwangere Frau sei mit durchschnittener Kehle tot in ihrem Auto aufgefunden worden, berichtet ein Boulevardblatt. Der Ehemann der Toten beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Zeitung stelle eine reine Spekulation über die Todesursache als Tatsache dar. Er beklagt zudem die reißerische Aufmachung des Beitrages und beanstandet, dass er und seine Tochter durch die detaillierte Schilderung des Vorganges identifizierbar werden. Eine andere Zeitung berichtet einen Tag später, dass weder Polizei noch Staatsanwaltschaft sich erklären können, wie die Nachricht, die Frau sei mit durchschnittener Kehle aufgefunden worden, entstanden ist. Der zuständige Oberstaatsanwalt erklärt in diesem Beitrag: “Was wir ausschließen können, ist äußere Gewalt”. Die Redaktion behauptet, sie sei bei ihren Recherchen mehrfach auf die Erklärung gestoßen, dass die Frau offenbar mit durchschnittener Kehle aufgefunden worden sei. Gestützt werde diese Annahme durch den Text der Todesanzeige, in der es heißt, dass die Getötete “... gewaltsam aus unserer Mitte gerissen wurde”. Auch der Beschwerdeführer sei damals offenbar davon ausgegangen, dass seine Ehefrau keines natürlichen Todes gestorben sei. In einer weiteren Veröffentlichung zwei Tage später habe man den leitenden Oberstaatsanwalt zitiert, dass keine äußere Gewalteinwirkung vorliege, die Todesursache aber noch nicht eindeutig festgestellt worden sei. Der Presserat recherchiert, um den Sachverhalt zu klären. Der Ehemann erklärt, bei der Formulierung der Todesanzeige sei – bei aller Skepsis gegenüber der Boulevardpresse – deren Bild von dem Vorfall prägend gewesen. Hinzu sei das Gefühl gekommen, dass der unfassbare Verlust nur auf einem gewaltsamen Ereignis beruhen könne. Man habe den Begriff “gewaltsam” gewählt, um die angenommene oder zumindest nicht auszuschließende Todesursache anzudeuten. Dass ein Gewaltverbrechen ausgeschlossen werden könne, habe man von der Polizei erst später erfahren. Die Staatsanwaltschaft teilt dem Presserat auf Anfrage mit, dass die rechtsmedizinischen Untersuchungen keine sichere Todesursache erbracht hätten. Unter Einbeziehung aller bekannten Umstände sei jedoch von einem natürlichen Tod in Folge einer schwangerschaftsspezifischen Erkrankung, verbunden mit einem hierdurch bedingten Krampfanfall, auszugehen. Die Kehle der Verstorbenen sei nicht durchschnitten worden. Festgestellt wurde lediglich eine oberflächliche Verletzung der Halshaut, vermutlich entstanden durch den scharfrandigen Anhänger einer Halskette, in welche die sterbende Frau hineingegriffen haben muss. Auch die zuständige Polizeidirektion bekundet, der Hinweis auf eine durchschnittene Kehle sei nicht Inhalt von polizeilichen Mitteilungen an die Medien gewesen. Ein Polizeibeamter stellt fest, Medienvertreter hätten die Informationen über die angebliche Todesursache von einem Bekannten bekommen, der den Polizeifunk abgehört habe. Eine Überprüfung des Funkverkehrs in der Einsatzleitstelle der Polizeidirektion ergibt, dass über den Polizeifunk folgende Meldung ging: “Verletzungen äußere....” und “Kehle geschnitten ...”. (1997)

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Mord, der kein Mord war

Unter der Überschrift “Schwangerer die Kehle durchgeschnitten wg. 500 Mark” berichtet eine Tageszeitung über einen “ mysteriösen Mordfall”. Eine im achten Monat schwangere Frau sei mit durchschnittener Kehle unweit einer Ortschaft gefunden worden. Angeblich sei sie ausgeraubt worden. 500 Mark sollten fehlen. Die Polizei hülle sich in Schweigen. Der Ehemann der Frau legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Die Zeitung habe unbestätigte Gerüchte als Tatsache dargestellt. Die Chefredaktion des Blattes beruft sich auf eine telefonische Nachrecherche bei der Polizei. Sie sei nämlich erst nach Redaktionsschluss durch Radiomeldungen auf den Vorfall aufmerksam geworden. Der Presserat recherchiert seinerseits, um den Sachverhalt zu klären. Die Staatsanwaltschaft erklärt, dass die rechtsmedizinischen Untersuchungen keine sichere Todesursache erbracht hätten. Unter Einbeziehung aller bekannten Umstände sei jedoch von einem natürlichen Tod in Folge einer schwangerschaftsspezifischen Erkrankung, verbunden mit einem hierdurch bedingten Krampfanfall, auszugehen. Die Kehle der Verstorbenen sei nicht durchschnitten worden. Festgestellt wurde lediglich eine oberflächliche Verletzung der Halshaut, vermutlich entstanden durch den scharfkantigen Anhänger einer Halskette, in welche die sterbende Frau hineingegriffen haben muss. Auch die zuständige Polizeidirektion bekundet, der Hinweis auf eine durchschnittene Kehle sei nicht Inhalt von polizeilichen Mitteilungen an die Medien gewesen. Der Pressesprecher erklärt, er habe gegenüber den Medien von einem Ereignis gesprochen, das in Zusammenhang mit einer etwa 35jährigen Vermissten zu sehen sei. Dabei habe er betont, dass die Todesursache noch unbekannt sei. Ein anderer Polizeibeamter verweist auf die Aussagen von Medienvertretern, dass sie ihre Informationen über die Todesursache von einem Bekannten bekommen hätten, der den Polizeifunk abgehört habe. Bei der Überprüfung des Funkverkehrs in der Einsatzleitstelle der Polizeidirektion sei festgestellt worden, dass in der Meldung die Rede von “Verletzungen äußere...” und “Kehle geschnitten...” gewesen sei. Vom Presserat angesprochen auf den Widerspruch zwischen der Aussage im Artikel (“Polizei hüllt sich in Schweigen”) und der Stellungnahme zur Beschwerde ( “Nachrecherche bei der Polizei!”) teilt die Chefredaktion der Zeitung mit, dass der grundlegende Sachverhalt telefonisch recherchiert worden sei. Wenn in dem Bericht vom Schweigen der Polizei die Rede gewesen sei, so beziehe sich diese Feststellung auf die weiteren, für den Leser interessanten Einzelheiten des Falles. Hierzu gehörten z.B. die Fragen nach Fremd- oder Eigenverschulden und nach Fahndungsmaßnahmen. Außerdem seien von der Polizei keine Angaben zu Alter und genauer Wohnanschrift des Opfers gemacht worden. Rückfragen des Presserats bei der örtlichen Polizeidienststelle ergeben, dass diese lediglich mit Vertretern zweier Lokalsender und einer Boulevardzeitung über den Vorfall gesprochen hat. Auch auf diesen Widerspruch angesprochen, erklärt die Chefredaktion, die Autorin der Meldung habe den Sachverhalt bei der Polizei im Wohnort des Opfers erfragt. Gleichzeitig erkennt sie in dem Auskunftsersuchen des Presserats eine Aufforderung zum Verstoß gegen die Ziffern 5 und 6 des Pressekodex, der die Beachtung der Vertraulichkeit vorgibt. (1997)

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Leserbriefe

Eine Tageszeitung veröffentlicht unter der Überschrift “Sichere Beseitigung nuklearen Abfalls ist Pflicht” einen Leserbrief, der sich mit einem Beitrag des Blattes über den Bau einer Pilotkonditionierungsanlage in Gorleben beschäftigt. In der Meinungsäußerung des Lesers findet sich folgende Passage: “Mir als Steuerzahler ist es wichtiger, dass diese Kosten von den Energieproduzenten – und n i c h t von den Nutzern, den Stromkunden – getragen werden...”. Dass die Redaktion in dem Leserbrief das Wort “damit” durch das Wort “nicht” ersetzt und seine ursprüngliche Aussage ins Gegenteil verkehrt hat, veranlasst den Leser zu einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Er moniert darin, dass eine von ihm aufgebaute Argumentationskette durch die redaktionelle Bearbeitung geschwächt worden sei. Die Chefredaktion der Zeitung räumt ein, dass der Leser zu Recht den redaktionellen Umgang mit seinem Leserbrief kritisiert. Der Inhalt des Briefes sei bedauerlicherweise beim Kürzen verändert worden. Die Redaktion entschuldigt sich dafür und bittet den Beschwerdeführer um einen Vorschlag, wie der Fehler wieder in Ordnung gebracht werden könnte. (1997)

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Rentenreform

Eine Zeitschrift veröffentlicht auf ihrer Titelseite den Text: “Die Rentenreform – oder – Wie die Alten die Jungen ausplündern”. Ein Rentner hält diese Aussage für falsch, denn Plünderung setze immer eine Absicht voraus, die jedoch keinem Rentner bei aller Böswilligkeit unterstellt werden könne. Der Leser beschwert sich beim Deutschen Presserat. In ihrer Stellungnahme weist die Chefredaktion der Zeitschrift darauf hin, dass die Texte der Titelseite wegen des verbindenden “oder” als Einheit verstanden werden müssten. Die vom Beschwerdeführer monierte Zeile “Wie die Alten die Jungen ausplündern” sei daher als hypothetische Aussage im Hinblick auf die Auswirkungen der Reform aufzufassen. Es handele sich um einen pointierten und ironischen Hinweis auf die gravierenden Probleme der Reform. Eine Ehrverletzung der Gruppe der Alten sei nicht beabsichtigt gewesen. Als Antwort auf negative Leserreaktionen habe man übrigens auch in der folgenden Ausgabe eingeräumt, dass die Titelzeile zu spitz gewesen sein möge. (1997)

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Aufruf zur Gewalt

Eine Boulevardzeitung berichtet, dass ein Paar von dem Vorwurf, im Internet Kinder zur Sexfolter angeboten zu haben, freigesprochen worden ist. Die beiden Angeklagten werden im Bild gezeigt, ihre vollen Namen werden genannt. Die Schlagzeile lautet “Hängt die Sau!”. Ein Leser des Blattes sieht in der Überschrift einen “Aufruf zur Lynchjustiz” und ruft den Deutschen Presserat an. Die Redaktion habe sich durch Verzicht auf eine Kennzeichnung als Zitat die Schlagzeile zu eigen gemacht. Die Redaktionsleitung der Zeitung teilt mit, dass in der Überschrift das wiedergegeben worden sei, was aufgebrachte Zuschauer im Anschluss an den Freispruch vor dem Gerichtsgebäude gerufen hätten. Auch in der Unterzeile werde hervorgehoben, dass das Szenario im Anschluss an die Gerichtsverhandlung beschrieben werde. An der Aussage in der Überschrift ändere sich auch dadurch nichts, dass die “Aussage der Menge” nicht in Anführungszeichen gesetzt werde. (1997)

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