Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
Eine Tageszeitung berichtet unter der Überschrift „Es geht nicht mehr so weiter“ über die Situation eines privaten Rundfunkunternehmens. Nach Aussage der Zeitung soll das weniger erfolgreiche zweite Programm des Senders in einer gemeinsamen Senderfamilie aufgehen. Sie verweist auf eine Zusammenkunft der beteiligte Gesellschafter, die erneut die Zukunft des angeschlagenen Senders berate. Der Sprecher des Senders richtet eine Beschwerde an den Deutschen Presserat. Die Schilderung des Verlaufs der vertraulichen Gesellschafterversammlung sei eine Fälschung und beruhe auf Mutmaßungen und Erfindungen des Autors. Noch während der Sitzung, die infolge von Verspätungen im Flugverkehr entsprechend später begonnen habe, sei die Zeitung bereits im Handel gewesen. Entgegen der Behauptungen der Zeitung seien in der besagten Gesellschafterversammlung tatsächlich erhebliche Programm-Investitionen positiv diskutiert und beschlossen worden. Die Redaktion hält die Beschwerde für unbegründet. Die genannten Punkte seien in der Sitzung ausführlich diskutiert und kontrovers besprochen worden. Auch in einer Presseerklärung habe das Unternehmen nicht dementiert, dass die in dem strittigen Bericht angesprochenen Themen in der Gesellschafterversammlung besprochen worden seien. (1997)
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„Fabel-haft! Alle Knackis wollen in den Super-Knast“ betitelt eine Boulevardzeitung einen Beitrag über eine neue Haftanstalt. Darin wird berichtet, dass viele Häftlinge in dieses Gefängnis wollen, weil es so gut ausgestattet sei. In fünf Gefängnissen des Landes würden sich die Anträge von Häftlingen auf Verlegung in das neue Haus stapeln. Die Pressesprecherin des Landesjustizministeriums wird wie folgt zitiert: „Die 221 Plätze sind restlos belegt. Wer rein will, muss warten.“ Der Justizminister des Landes kritisiert, dass die Haftanstalt in dem Beitrag auf unangemessene Art und Weise als Luxushotel dargestellt werde. In seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat führt er aus, seine Pressesprecherin habe dem recherchierenden Redakteur mitgeteilt, dass keine Warteliste und keine Anträge auf Verlegung existieren. Demzufolge sei auch das Zitat der Pressesprecherin, wonach es eine lange Warteliste gebe, falsch wiedergegeben. Die Redaktion des Blattes erklärt, jedem Durchschnittsleser sei klar, dass hier nicht ein Hotel, sondern eine Strafanstalt beschrieben werde. Die Sprecherin des Justizministeriums habe sich so geäußert wie berichtet worden sei. (1997)
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Ein Fan eines Bundesligaclubs ärgert sich seit Wochen schon über die Zustände im Verein. Sein Versuch, in der Halbzeitpause als „bayrischer Krampus“ (Knecht Ruprecht) mit einem umfangreichen Gabensack und einem markigen Gedicht die noch etwas „lasche Truppe“ auf dem Spielfeld auf Vordermann zu bringen, scheitert an den Sicherheitsvorkehrungen im Stadion und an dem Unverständnis der Verantwortlichen. Als er schließlich noch einen Sitzstreik veranstaltet, wird er in ein psychiatrisches Krankenhaus gebracht. Eine Boulevardzeitung am Ort macht daraus eine große Geschichte in Wort und Bild. Dabei zitiert sie immer wieder aus einem Tagebuch, das der missverstandene Fußballfan während seines sechswöchigen Klinikaufenthaltes geschrieben hat. Das Krankenhaus bezeichnet sie insgesamt fünfmal als „Irrenhaus“. Ein Arzt beschwert sich darüber beim Deutschen Presserat. Der Beitrag verstoße gegen die Menschenwürde. Er enthalte zudem eine abwertende Bezeichnung für eine psychiatrische Klinik. Das sei eine Kränkung der Patienten und des Personals. Das Wort „Irrenhaus“ erinnere ihn an einen Propagandafilm der Nazis über Euthanasie. Die Chefredaktion des Blattes weist den Vorwurf, die Menschenwürde des Betroffenen werde hier verletzt, zurück. Der Fußballfan selbst habe die Veröffentlichung gewünscht und initiiert. Zudem sei er in der Stadt bekannt und gewissermaßen eine Person der Zeitgeschichte. In seinem Tagebuch habe er selbst die Bezeichnung „Irrenhaus“ gebraucht. Der Bericht mache dem Bezirkskrankenhaus keinerlei Vorwürfe. Der ganze Vorgang sei eine „verrückte Geschichte“, zu welcher der Begriff „Irrenhaus“ auch von der Diktion her passe. (1997)
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Eine Zeitschrift berichtet unter der Überschrift „Freibrief zum Kassieren“ über neue Regelungen der Kostenerstattung im Gesundheitswesen. Der Beitrag enthält die Aussage, dass einige Mediziner – um zu erreichen, dass Kassenpatienten ihre Rechnung wie Privatpatienten bezahlen – sanften Druck auf ihre Patienten ausüben. Als Beispiel dafür wird ein Arzt genannt, der in seinem Wartezimmer ein Flugblatt aufgehängt hat, in dem der die Patienten auf die neuen Regelungen hinweist. Der betroffene Arzt erklärt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass er vor Erscheinen des Artikels interviewt worden sei und ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass eine Kostenerstattung für ihn nicht von Interesse sei, da sie sich nach seiner Ansicht niemals durchsetzen werde. Auch habe er keinen einzigen seiner Patienten jemals auf eine Kostenerstattung angesprochen. Daher sei es falsch, lediglich auf Grund des ausgehängten Flugblatts einen „sanften Druck“ seinerseits festzustellen. Die Chefredaktion der Zeitschrift teilt in ihrer Stellungnahme mit, dass die Äußerungen des Arztes gegenüber dem Autor des Beitrags, sein Praxisaushang und sein allgemein verbreitetes Telefaxrundschreiben gleichen Inhalts die kritische Wertung, einige Mediziner verlegten sich auf „sanften Druck“, rechtfertigten. Der Mediziner beklagte die niedrigen Praxisbudgets, die einem Allgemeinarzt pro Quartal für jedes Kassenmitglied zur Verfügung stehen. Gleichzeitig ziehe er die Schlussfolgerung, vernünftige Medizin sei damit nicht machbar. In dem Aushang in seiner Praxis richte er an seine Patienten die Frage: „Glauben Sie, dass Sie bei diesem System immer so behandelt werden (können), wie es am besten für Sie wäre?“ Dadurch müssten sich die Patienten unweigerlich die Frage stellen, ob ihre gesundheitlichen Probleme durch speziell diesen – wehklagenden – Arzt hinreichend bewältigt werden können, oder ob eventuell zusätzliche Maßnahmen getroffen werden müssen. Nach Ansicht der Zeitschrift stehen in dieser Situation die Patienten des Beschwerdeführers unter „sanftem Druck“. Dabei spiele es keine Rolle mehr, wie sich der Beschwerdeführer zu der weiteren Diskussion um Zuzahlung oder Nichtzahlung stelle. (1997)
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Unter der Überschrift „Keine Immunität für ehemalige Diplomaten“ berichtet eine Lokalzeitung über ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das besagt, dass in der ehemaligen DDR akkreditierte Diplomaten in der Bundesrepublik keine Immunität genießen. Eine Rechtsanwältin legt die Meldung dem Deutschen Presserat vor. Sie ist der Meinung, dass der Text, der auf einer Agenturmeldung beruht, sinnentstellend gekürzt wurde. Durch die Überschrift werde der Eindruck erzeugt, dass generell alle Diplomaten nach Ablauf ihrer Dienstzeit ihre Immunität verlieren. Dies sei jedoch falsch, da Diplomaten auch nach Ende ihrer beruflichen Tätigkeit insoweit von der Gerichtsbarkeit des Landes, in dem sie akkreditiert waren, befreit bleiben, als es um dienstliche Tätigkeiten geht, die sie in ihrer diplomatischen Funktion ausgeübt haben. Die Chefredaktion der Zeitung weist den Vorwurf zurück, sie habe die Agenturmeldung sinnentstellend gekürzt. (1997)
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Unter der Überschrift „Gianni Versace – Der Todesengel kam aus dem dunklen Teil seines Reiches“ berichtet eine Zeitschrift über den Modemacher Gianni Versace und dessen Sexualleben. In dem Beitrag werden die Homosexualität des Italieners herausgestellt und seine angeblichen Vorlieben als „dunkle Seiten“ seines Lebens beschrieben. Im Text finden sich Formulierungen wie „dunkle Triebe“, „Zwielicht der Halbwelt“, „dunkle Seite seines Reiches“ und „Exzess“. Unter der Überschrift „Leben Homosexuelle anders?“ wird im Anschluss ein Interview mit einem deutschen Sexualforscher veröffentlicht. In diesem Interview wird der Eindruck erweckt, dass Homosexuelle durchschnittlich häufig in die Drogenszene abrutschen. Weiterhin heißt es darin, dass in der arabischen Welt Homosexualität weit verbreitet ist. Schließlich stellt der Interviewte fest, es gebe immer noch den § 175 StGB, der besage, dass ein Mann über 18, der sexuelle Handlungen an einem Mann unter 18 vornimmt, mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren belegt wird. Ein Leser und eine Leserin, die für viele andere spricht, wenden sich an den Deutschen Presserat. Die Beiträge – so die übereinstimmende Meinung – diskriminieren Homosexuelle und diffamieren den italienischen Modemacher. Die Beschwerdeführer sehen in der Veröffentlichung eine tendenziöse Berichterstattung, die Homosexuelle ungerechtfertigterweise mit Drogen in Verbindung bringt und eine Falschaussage enthält: Der § 175 StGB sei mittlerweile abgeschafft. Der Bundesverband lesbischer und schwuler Journalist/inn/en beschwert sich gleichfalls, und zwar ausschließlich über das Interview. Er sieht darin eine Förderung von Vorurteilen gegenüber Homosexuellen und erkennt Aussagen, die entweder falsch sind (§ 175) oder denen grobe Fehlinterpretationen (Drogen und Gewalt) zugrunde liegen. Für die aufgestellten Behauptungen blieben sowohl die Zeitschrift als auch der Befragte selbst jeden Beweis schuldig. An keiner Stelle des Interviews gebe es einen Verweis auf wissenschaftliche Daten, welche die eine oder andere Behauptung belegen. Die Chefredaktion der Zeitschrift hat keinen Zweifel an der wissenschaftlichen Reputation des interviewten Sexualforschers. Ein diskriminierendes Bild sei in dem Interview nicht gezeichnet worden. Es müsse erlaubt sein, einen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen untermauerten Erklärungsversuch für die Interdependenz der homosexuellen Szene, der kriminellen Szene und der Drogenszene insbesondere in Miami zu veröffentlichen. Bei ihrer subjektiven Wertung des Mordes an Versace habe sich die Redaktion auf das objektivierbare Umfeld berufen. Es sei pressenotorisch, in welchem Umfeld sich Gianni Versace in South Beach bewegt habe. Hinsichtlich des § 175 räumt die Chefredaktion ein, dass es beim Telefoninterview zu einem Übertragungsfehler gekommen sei. Diesen Fehler habe man mit der Veröffentlichung von Leserbriefen öffentlich bedauert und korrigiert. (1997)
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Unter der Rubrik „Das Who’s who peinlicher Personen“ setzt sich ein Zeitungsbeitrag äußerst kritisch mit der Gesellschaft für bedrohte Völker auseinander. Der Beitrag enthält eine Vielzahl abwertender Äußerungen. So wird behauptet, dass die Organisation ein „kommerzielles Werbeunternehmen mit mafiaähnlichen Strukturen“ sei. Der Vorsitzende mache aus dem Elend in der Welt ein „florierendes Geschäft“. Schließlich wird erwähnt, dass der Vorsitzende den Deutschen ein „Versagen in Genozid-Dingen“ zugeschrieben habe. Die Redaktion beurteilt diese Aussage wie folgt: „Aber wie die Genozid-Dinge so liegen, ist es da nicht übermotiviert, ‘deutsches Versagen’ anzuprangern, bloß weil ein paar Juden davongekommen sind?“ Die Gesellschaft für bedrohte Völker sieht ihren Vorsitzenden persönlich verunglimpft und die Organisation herabgewürdigt. Sie beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der letzte Satz des Beitrags sei eine Ungeheuerlichkeit. Der Autor suggeriere, dass der Vorsitzende einer Menschenrechtsorganisation es bedauere, dass die Nationalsozialisten nicht alle Juden vernichtet hätten. Die Chefredaktion des Blattes sieht keinen Anlass, sich von dem Beitrag zu distanzieren. Ihr Autor stütze seine polemischen Wertungen auf Äußerungen des Vorsitzenden der Gesellschaft, auf welche die Beschwerdeführer gar nicht eingingen. (1997)
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Eine Boulevardzeitung berichtet über Querelen in einer Vereinigung, die sich den Kampf gegen den Missbrauch von Tieren zum Ziele gesetzt hat. Die Schlagzeile lautet: „9 Millionen Spenden – doch keiner denkt mehr an die Tiere“. In dem Beitrag wird behauptet, dass die Vorsitzende des Vereins Mitglieder bestochen und eine Regionalleiterin abgesetzt haben soll. Der stellvertretende Vorsitzende, der Masttierhaltung betreibe, wird als „Hühnerbaron“ bezeichnet. Die Skandale hinter den Kulissen aufgedeckt habe der Schatzmeister des Vereins, der jetzt den Verlust der Gemeinnützigkeit befürchte. Der Sprecher eines Politischen Arbeitskreises für Tierrechte in Europa schreibt an den Deutschen Presserat und beschwert sich über Fehler in der Berichterstattung. Das als Schatzmeister bezeichnete Vereinsmitglied sei inzwischen abgewählt worden. Der stellvertretende Vorsitzende, im Bericht „Hühnerbaron“ genannt, sei ein in Tierschutzfragen vorbildlicher Landwirt. Bei der Bestechung, die man der Vorsitzenden vorwerfe, handele es sich um Reisekostenzuschüsse an einige Teilnehmer der Jahreshauptversammlung. Die Rechtsabteilung des Verlags stellt zu den Vorwürfen fest, dass die Abwahl des Schatzmeisters noch nicht wirksam sei, da sein Nachfolger bislang noch nicht ins Vereinsregister eingetragen worden sei. Der Bestechungsvorwurf sei mit einer eidesstattlichen Versicherung belegt. Die Redaktion habe über diese Angelegenheit im Konjunktiv berichtet und der Vereinsvorsitzenden die Möglichkeit geboten, hierzu Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme sei in dem Beitrag veröffentlicht worden. Die Hühnerhaltung des stellvertretenden Vorsitzenden habe schon mehrfach Anlass zur Kritik gegeben. Ihm sei häufig vorgeworfen worden, dass seine Form der Hühnerhaltung alles andere als eine moderne Bodenhaltung sei. So seien die Tiere in allen Ecken des Hofes untergebracht. Staub liege in dicken Schichten auf den Balken und hänge in Fahnen von den Wänden. Zudem tropfe Wasser in die Ställe. Kenner wüssten, was eine feuchte Einstreu für mögliche Krankheitserreger bedeute. Aus diesen Gründen sei der Hühnerhalter von Vereinsmitgliedern auch im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit des Vereins aufgefordert worden, seine Ställe auf den Stand einer vorbildlichen Hühnerhaltung zu bringen. (1997)
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