Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Eine Tageszeitung berichtet über einen Arzt, der wegen des Verdachts auf Abrechnungsbetrug und unnötige Operationen verhaftet worden ist. Der Betroffene wird mit vollem Namen genannt und im Bild gezeigt. In einem zweiten Beitrag unter der Überschrift „Operierte er aus Raffgier?“ wird behauptet, dass sich bei der Ärztekammer Beschwerden über den Mann wegen zu hoher Abrechnungen und fehlerhafter oder unnötiger Augenoperationen häuften. Ein Berufskollege schaltet den Deutschen Presserat ein. Der Arzt werde durch einen Medienpranger vorverurteilt. Der Beschwerdeführer hat zudem Zweifel, ob bei der Ärztekammer tatsächlich Beschwerden vorliegen. Die Chefredaktion der Zeitung sieht in ihrer Veröffentlichung eine zulässige Verdachtsberichterstattung. Es sei deutlich darauf hingewiesen, dass der Arzt unter dringendem Verdacht stehe. Die Namensnennung des Betroffenen sei gerechtfertigt. Es gehöre zu den Pflichten der Presse, die Öffentlichkeit vor fehlbehandelnden Ärzten zu warnen und zu schützen. Der Betroffene selbst habe wiederholt die Öffentlichkeit gesucht. So habe er bereits nach bekannt werden der ersten Vorwürfe im Jahre 1995 in einer von ihm einberufenen Pressekonferenz öffentlich die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen zurückgewiesen. Von diesem Zeitpunkt an habe es keine Veranlassung gegeben, von einer Nennung des vollen Namens abzusehen. Das strittige Foto sei im Beisein mehrerer Pressefotografen im Einverständnis des Arztes während seiner Pressekonferenz entstanden. (1997)
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Der Gasbrenner eines Heißluft-Ballons explodiert. In Sekundenschnelle verwandelt sich die Gondel in ein Flammenmeer. Starr vor Entsetzen hört der 17 jährige Oliver die Todesschreie seiner drei Freunde. Eine Zeitschrift schildert das Drama am Pfingstsonntag in Wort und Bild. Unter der Überschrift „Ich sah, wie meine Clique lebendig verbrannte!“ finden sich Fotos vom Ballon und seiner brennenden Gondel sowie Bilder der Unglücksopfer und des Überlebenden, der nicht hatte mitfahren dürfen, weil in der Gondel nur Platz für drei Passagiere war. Der Freiballonsport-Verband trägt den Fall dem Deutschen Presserat vor. Nach seiner Ansicht ist die Geschichte frei erfunden. Der Verlag der Zeitschrift äußert sich nicht. Das Luftfahrt-Bundesamt teilt dem Presserat mit, dass seiner Flugunfalluntersuchungsstelle keine Meldung über ein so folgenschweres Unfallereignis vorliegt. Am Pfingstsonntag 1997 gab es keinen Unfall mit einem Freiballon in Deutschland. Lediglich am Pfingstmontag ereignete sich ein Flugunfall mit einem Heißluftballon. Bei diesem Unfall wurde jedoch niemand tödlich verletzt. Auch trifft die Schilderung des Unfalls in der Zeitschrift nicht auf dieses Ereignis zu. Eine Überprüfung aller Unfallanzeigen der letzten drei Jahre ergab, dass sich in diesem Zeitraum kein auch nur annähernd den geschilderten Umständen entsprechender Unfallvorgang in Deutschland ereignet hat. (1997)
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Eine Wochenzeitung erhält einen Leserbrief. Der Redakteur, der vertretungsweise die Leserpost bearbeitet, liest den Brief nur flüchtig und beschließt, lediglich den ersten Absatz des Schreibens zu veröffentlichen, in dem der Autor sich sehr ironisch zu einem Beitrag über Mütter-Töchter-Beziehungen äußert. Der Leser beschwert sich erst beim Chefredakteur, dann beim Deutschen Presserat, dass durch die starke Kürzung der Sinn seines Briefes verloren gegangen sei. Vier Monate nach der Veröffentlichung bittet die Chefredaktion den Leser um Nachsicht. Ihr Redakteur hätte bei weiterer Lektüre des Briefes erkennen müssen, dass erst die folgenden Passagen den Protest des Lesers ohne jede Ironie deutlich werden lassen. Die Zeitung gelobt Besserung, wenn in der nächsten Urlaubszeit wieder eine Vertretung die Leserbriefe zu redigieren habe. In ihrer Stellungnahme gegenüber dem Presserat bezweifelt die Chefredaktion jedoch, dass der Beschwerdeführer durch die Kürzung des Leserbriefes “kompromittiert” worden sei. Es wäre zwar sinnvoll gewesen, aus dem Schlussteil des Schreibens noch ein oder zwei Sätze zu zitieren, doch ändere dies nichts daran, dass die Kritik des Lesers an dem Beitrag klar werde. (1996)
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Zwei Bullterrier-Mischlinge versetzen die Menschen in ihrer Umgebung in Angst. Einer der Hunde beißt einen Fußgänger in die Wade, und einer Frau, die ihren Pudel spazieren führt, wird der Ärmel zerfetzt. Ein Anwohner fühlt sich so sehr bedroht, dass er das Ordnungsamt informiert. Die Zeitung am Ort berichtet über dessen Einsatz, der mit einer Ermahnung der Hundehalter endet. Dabei erwähnt sie, dass es sich bei den Betroffenen um eine Roma-Familie handelt. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma hält diesen Hinweis für überflüssig, spricht von der Stigmatisierung einer Minderheit und fordert den Deutschen Presserat auf, diesen Missbrauch der Pressefreiheit zu rügen. Die Chefredaktion der Zeitung führt zwei Gründe an, welche die Identifizierung der Hundehalter als Roma-Familie ihrer Meinung nach notwendig machten. Zum einen hätte geklärt werden müssen, wem die Hunde überhaupt gehören. Den Behörden seien immer wieder die unterschiedlichsten Ansprechpartner als Besitzer genannt worden, bis sich herausstellte, dass die Tiere Gemeinschaftsbesitz einer Großfamilie sind. Dieser Umstand werde erst verständlich, wenn man wisse, dass es sich um eine Roma-Familie handele. Zum anderen liege im Bereich des „Tatortes“ eine große Obdachlosenunterkunft, in der immer wieder verschiedene Probleme aufgetreten seien. Um bei dem vorliegenden Tatbestand Verwechslungen mit anderen Vorgängen und Bewohnern zu vermeiden, habe die Hundehalter-Familie näher beschrieben werden müssen. (1997)
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Unter der Überschrift „Enormer Durchlauf“ berichtet eine Zeitschrift, dass polnische Frauen und Männer als Teilzeitprostituierte nach Deutschland drängen. In diesem Zusammenhang wird eine Sozialarbeiterin befragt, die in einer Beratungsstelle über sexuell übertragbare Krankheiten aufklärt. Im Text heißt es, sie vermittle Säuglinge polnischer Prostituierter und deutscher Freier an Adoptiveltern. Bebildert ist der Beitrag u.a. mit einem Porträt der Sozialarbeiterin. In der Unterzeile dazu wird ihre „neue Aufgabe“ erwähnt: Sie „sucht Adoptiveltern für die Babys der polnischen Prostituierten“. Die Betroffene beschwert sich beim Deutschen Presserat. Aufgrund der Bildunterzeile melden sich kinderlose Paare bei der Beratungsstelle, um ihr Interesse an einer Adoption zu bekunden. Ihr Büro gebe zwar erste Informationen über Möglichkeiten der Adoption, verweise aber daran interessierte Frauen an andere amtliche Stellen, die allein berechtigt seien, Adoptiveltern zu suchen und Adoptionen zu vermitteln. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift verweist auf eine Angabe der Interviewten, ihre Beratungsstelle habe in bisher drei Fällen Kinder polnischer Mütter lediglich an die genannten Stellen weitervermittelt. Diese Angabe der Beschwerdeführerin erkläre auch den Inhalt der angegriffenen Bildunterzeile. Diese sei demnach nicht unrichtig gewesen. Alle Bemühungen der Zeitschrift, den Fall in einem Leserbrief zu bereinigen, bleiben ohne Erfolg: Die Beteiligten können sich nicht auf eine entsprechende Formulierung einigen. (1995)
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Eine Boulevardzeitung berichtet über eine Demonstration für die Pressefreiheit, bei der es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kam. Für den dabei entstandenen Schaden, insbesondere den Umsatzverlust der Kaufleute in der Innenstadt, macht die Zeitung den Veranstalter, eine politische Partei, verantwortlich. In Anspielung auf deren Geschäftsführer lautet die Überschrift „Dieser Mann kostet ..... 37 Mio Mark“. Die Zeitung berichtet ferner, dass ein Polizeihauptkommissar an der Demonstration teilgenommen habe. Der Mann, der auch Abgeordneter der Bürgerschaft ist, wird namentlich genannt. Beide Männer werden auch im Foto gezeigt. Über den Polizeibeamten wird unter der Überschrift „Dieser Polizist marschierte mit den Chaoten...“ geschrieben, er sei Seite an Seite mit bewaffneten Vermummten, Eierwerfern und Leuten, die Leuchtkugeln auf seine Kollegen feuerten, marschiert. Vor „so einem“ hätten kritische Bürger „nur eins: Angst“. Der Landesbezirk der IG Medien beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der Geschäftsführer des Veranstalters der Demonstration werde diffamiert, indem man ihn mit einem angeblich entstandenen Schaden in Verbindung bringe. Ebenso werde der Polizeibeamte in seiner Ehre verletzt. Der zweite Teil der Beschwerde befasst sich mit einem weiteren Artikel, in dem über den Verkauf einer Straße an eine Genossenschaft berichtet wird. Der Zeitung zufolge handele es sich bei der Kaufsumme um einen „Spottpreis“, denn der Wert der Grundstücke werde von Experten auf das Dreifache geschätzt. In diesem Zusammenhang spricht die Zeitung von „Abzocken“, einem Begriff, den die Beschwerdeführerin als ehrverletzend bezeichnet. Die Rechtsabteilung des Verlages empfindet die Beschwerde als einen Fall übelster Polemik und will eine Stellungnahme nicht abgeben. Die Behörde für Inneres teilt dem Presserat mit, dass der Polizeibeamte als Privatmann in Zivilkleidung an der Demonstration teilgenommen habe und für die Behörde kein Anlass bestand, die Prüfung disziplinarischer Maßnahmen zu erwägen. Der Betroffene selbst erklärt dem Presserat, er habe mit seiner Teilnahme an der Demonstration zur Deeskalation beitragen wollen. Am Markt sei der Zug durch die Polizei angehalten worden, weil ihm der Weg durch die Innenstadt verboten worden sei. In dieser Situation habe er bemerkt, dass ein Fotoreporter der Zeitung seine Kamera auf ihn gerichtet und vermutlich mehrere Aufnahmen von ihm gemacht habe. (1995)
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Der Tod eines deutschen Tierschützers ist Thema eines Illustriertenberichts. Der Beitrag schildert die Tätigkeit des Mannes als Aufseher in einem Nationalpark in Uganda. Dort habe er, zugleich als Projektleiter des Deutschen Tierschutzbundes, Waldelefanten und Berggorillas vor dem Aussterben gerettet. Im Sommer 1994 wurde der „Schutzengel der Tiere“ tot aufgefunden, mit einem Hanfseil um den Hals an einem Fensterkreuz festgezurrt. Eiskalt – so die Zeitschrift – hätten Verbrecher die Ermordung des verhassten Tierschützers geplant. Die ugandische Polizei habe lapidar von Selbstmord durch Erhängen gesprochen, doch bei einer gerichtsmedizinische Untersuchung in Deutschland seien am Leichnam eindeutig Spuren von Gewaltanwendung festgestellt worden. Der Deutsche sei ermordet worden. Er sei geldgierigen Elfenbeinjägern zum Opfer gefallen. Der Vorsitzende der Berggorilla & Regenwald Direkthilfe wendet sich mit einer Beschwerde an den Deutschen Presserat. Bis heute fehle eine eindeutige Erklärung für den Tod des Tierschützers. Die Zeitschrift beruft sich auf Informationen aus der Familie des Verstorbenen. An deren Zuverlässigkeit bestehe kein Zweifel. (1995)
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Ein 23jähriger steht vor Gericht, weil er auf seinen zwei Wochen alten Sohn eingeschlagen haben soll. Der Säugling starb fünf Tage nach der Tat. Die örtliche Zeitung berichtet in insgesamt 15 Artikeln über den Verlauf des Ermittlungs- und Gerichtsverfahrens. In Überschrift und Text des ersten Beitrags wird der Name des Betroffenen vollständig genannt. Auch wird erwähnt, dass er der Sohn eines Bankdirektors ist. In den folgenden Berichten ist nur noch der Vorname genannt und der Anfangsbuchstabe des Familiennamens angegeben. Der Angeklagte wird aber im Bild gezeigt. Er wird wegen Totschlags zu zehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Sein Vater beklagt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat eine einseitige, tendenziöse Berichterstattung der Zeitung. Auch seien die Persönlichkeitsrechte der Familienangehörigen verletzt worden. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, sie habe in ihren Berichten nur erwähnt, was vor Gericht vorgetragen worden sei. Das Verhältnis des Täters zu seinen Eltern habe erwähnt werden müssen, da es mit ursächlich für die Tat gewesen sei. (1994/95)
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Das Titelbild einer Satirezeitschrift löst elf Beschwerden beim Deutschen Presserat aus. Leserinnen und Leser, Politiker, Künstler und das P.E.N-Zentrum der Bundesrepublik beklagen einen Verstoß gegen gute Sitten, eine Verletzung der Intimsphäre sowie eine Diffamierung von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Augenscheinlich wurden auf zwei nackte Körper in einer Pose sexuellen Inhalts die Porträts von Bundeskanzler Helmut Kohl und von Bärbel Bohley, einer herausragenden Vertreterin der Bürgerrechtsbewegung in der ehemaligen DDR, montiert. Die Fotomontage trägt die Überschrift „Kohls Neue: Ist es mehr als Freundschaft?“. Einer der Beschwerdeführer ist der Meinung, die der Montage zugrunde liegende politische Frage hätte auch ohne die Mittel des Sexismus, der Obszönität und der Pornographie satirisch dargestellt werden können. Die Zeitschrift erklärt, Thema der Titelcollage seien die Treffen einer kleinen Gruppe von Bürgerrechtlern, deren Symbolfigur Bärbel Bohley sei, mit Bundeskanzler Helmut Kohl. Diese politische Nähe zur CDU sei von einzelnen Parteien und den meisten Bürgerrechtlern heftig attackiert worden. Die Abbildung sei als Fotomontage bzw. Collage deutlich gekennzeichnet. Verstanden worden sei sie als Allegorie, als satirisch überspitztes Zeichen einer politischen Verbindung der Abgebildeten. Der Bildgehalt knüpfte also nicht am Intimleben der Betroffenen an, so dass es absurd sei zu behaupten, er verletze deren Intimsphäre. Dass eine politische Verbindung satirisch mit sexuellen Inhalten ausgedrückt werde, habe eine lange historische Tradition. Den Vorwurf der pornographischen Darstellung weist die Chefredaktion gleichfalls zurück. Der Autor habe augenfällig alle pornographischen Details vermieden. (1996)
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Eine Lokalzeitung berichtet über zwei Karnevalsveranstaltungen am Ort und würdigt dabei die Büttenreden der beteiligten Karnevalisten. Über den Auftritt eines „russischen Asylanten“ schreibt sie, dieser habe voll die Stimmung im Saal und in Deutschland getroffen. Passagen seiner Büttenrede werden wiedergegeben, wie z.B. die Feststellung „Dummes Deutsche immer schaffe, Asylant kann immer raffe.“ Der Berichterstatter kommentiert schließlich: „Ein Super-Vortrag, der sehr viel Applaus erhielt und bestens vorgetragen wurde. Ein großes Lob an ...“. Eine Gewerkschaft im Kreisgebiet beanstandet in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, der Autor des Berichts zitiere persönlich begeistert rassistische Klischees der schlimmsten Sorte. Zudem habe er sich den Inhalt der Rede durch die Formulierungen „Super-Vortrag“ und „großes Lob“ zu eigen gemacht. Die Redaktion beruft sich auf die Meinungsfreiheit. Zudem stehe ihre Berichterstattung im Zusammenhang mit einer ganz und gar nicht ernst zu nehmenden Veranstaltung. Sie verweist darauf, dass sie im nachhinein einen kritischen Leserbrief und eine Antwort des Verfassers veröffentlicht hat, der zugleich der Herausgeber der Zeitung ist. Dieser ist der Auffassung, dass es in der Fastnacht möglich sein müsse, das Thema „Asyl“ oder andere politische Reizthemen anzusprechen. Dem beanstandeten Vortrag könne man mit bestem Willen keinen ausländerfeindlichen Hintergrund nachsagen. In einer Stellungnahme auf derselben Seite wehrt sich auch der Sitzungspräsident des betroffenen Karnevalsclubs gegen den „falschen Eindruck“, seine Veranstaltung habe Ausländerfeindlichkeit verbreitet. Und auch die Redaktion distanziert sich in einer „Klarstellung“ zum Fremdenhass. (1996)
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