Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
In einer Satire unter der Überschrift „Bleib da, Schatz!“ knüpft eine Zeitschrift an zahlreiche Beispiele die Feststellung, die deutsche Frau habe im Vergleich zu Frauen in anderen Ländern keinen Grund zum Jammern. Dennoch jammere sie, immer sei sie diejenige, die sich um die Verhütung kümmern müsse. Dabei habe sie es so gut. Sie könne froh sein, dass sie verhüten dürfe. In China sei die Pille verpönt, da sie eine Gefahr für die Moral sei. Sie jammere, ihr Wunsch, unbefleckt in die Ehe zu gehen, werde nicht respektiert. Dabei habe sie es so gut. Auf der kleinen Pazifikinsel Guam wäre ihr Wunsch illegal. Den Inselfrauen sei es nicht erlaubt zu heiraten, wenn sie noch Jungfrauen seien. Sie jammere über ihren dicken Hintern. Dabei habe sie es so gut, denn bei den Tuaregs würden die Frauen gemästet. Sie jammere, der Partner finde beim Vorspiel die Klitoris nicht. Dabei habe sie es so gut. Wenn sie in Ägypten leben würde, wäre es unmöglich, ihre Klitoris zu finden. Viele der 32 Millionen Ägypterinnen hätten gar keine mehr. Sie jammere, ihr Partner sei nicht romantisch genug. Dabei habe sie es so gut. In afrikanischen Ländern seien die Kennenlern-Rituale um einiges unromantischer. Wolle ein äthiopischer Mann eine bestimmte Frau haben, kidnappe er sie zusammen mit seinen Freunden, bringe sie zu einer entfernt gelegenen Hütte und vergewaltige sie dort, um sie nach Möglichkeit zu schwängern. Eine Leserin der Zeitschrift beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Darstellung und die kommentarlose Aufzählung von Beispielen für gebräuchliche, teilweise traditionelle Misshandlung, Unterdrückung und Folter von Frauen und Mädchen sei nicht dazu geeignet, um in ironischer Weise kleine Beziehungsproblemchen zu diskutieren. Der Artikel sei ehrverletzend und demütigend. Zudem würden die beschriebenen Beispiele lächerlich gemacht. Der Chefredakteur der Zeitschrift hält die Darstellung für zulässig. Erschreckende Beispiele für die prekäre Situation von Frauen in verschiedenen Ländern würden mit vielen und üblichen Klischees, die Männer gegenüber Frauen haben, in Zusammenhang gebracht. Es entspreche dem Charakter seiner Zeitschrift, dass dieser Zusammenhang in drastisch überzogener Weise hergestellt werde. Das Thema werde bewusst in einer Provokation umgesetzt, um sowohl Leser als auch Leserinnen nicht nur mit der Situation der Frauen in anderen Ländern zu konfrontieren, sondern ihnen zugleich deutlich zu machen, welche Nichtigkeiten den Beziehungsalltag hier zu Lande oft prägten. (2003)
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Eine Boulevardzeitung berichtet über das Attentat auf die schwedische Außenministerin Anna Lindh. Ein Foto auf der Titelseite des Blattes zeigt, wie Frau Lindh kurz nach dem Anschlag medizinisch versorgt wird: Sie liegt mit geschlossenen Augen auf der Bahre eines Krankenwagens, wird künstlich beatmet und mit Messgeräten überwacht. Unter der Dachzeile „Der Mord an der schwedischen Außenministerin“ ist in das Foto der Vierzeiler „Hier stirbt Anna Lindh“ eingeklinkt. Im Text werden der Vorfall und sein tragischer Ausgang beschrieben. Dieselbe Darstellung findet sich auch im Online-Angebot der Zeitung. Die Aufmachung des Beitrags löst drei Beschwerden beim Deutschen Presserat aus. Der Referent für Philosophie und Ethik einer katholischen Akademie beklagt einen signifikanten Bruch der Publizistischen Grundsätze. Größe, Prominenz und Explizitheit der Schlagzeile forderten zusammengenommen Leser und Leserinnen auf, sich dem Bild und damit auch dem Sterben von Frau Lindh in einer Weise zuzuwenden, die trotz eines erkennbaren öffentlichen Interesses mit deren Würde nicht vereinbar sei: Wir sollen ihr beim Sterben zusehen. Ein weiterer Leser des Blattes moniert gleichfalls, dass Überschrift und Foto in menschenverachtender Weise suggerieren, Hinsehen sei legitim. Entsetzt über den hier dargebotenen Umgang mit einer Sterbenden beschwert sich auch ein Ehepaar. Pietät scheine für die Zeitung ein Fremdwort zu sein. Der Anwalt der Zeitung bekundet, zu keinem Zeitpunkt sei es das primäre Anliegen der Redaktion gewesen, das Sterben von Frau Lindh zu zeigen. Dies werde auch nicht durch die Überschrift suggeriert. Bekanntermaßen sei die Ministerin erst am nächsten Morgen gestorben. Die Zeitung informiere darüber, dass auf tragische Weise die Hoffnung, Frau Lindh könne das grausame Attentat doch noch überleben, am Morgen nach der Tat erloschen sei, und dass das Foto, das Frau Lindh zu einem Zeitpunkt zeigt, als alle Welt davon ausging, dass sie noch gerettet werden konnte, leider einen falschen Eindruck vermittele. Das Bild selbst zeige also keine sterbende Frau. Erst in der Nachschau sei klar geworden, das der Angriff zum Tod von Frau Lindh geführt habe. Die Überschrift stelle klar, Frau Lindh sei bereits zum Zeitpunkt des Abtransports in das Krankenhaus – wie sich erst im Nachhinein herausgestellt habe – so schwer verletzt gewesen, dass sie am nächsten Morgen ihren Verletzungen erlegen sei. Die Fotoveröffentlichung habe historische Bedeutung. (2003)
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Eine Internet-Zeitung stellte im Jahr 2002 eine Webcam in der Wohnung eines Mitarbeiters auf, die auf eine Kreuzung gerichtet war. Die kontinuierlich wechselnden Bilder dieser Webcam wurden in Briefmarkengröße auf der Hauptseite des Portals der Internet-Zeitung abgebildet. Die Wohnung der Beschwerdeführerin befindet sich an der Kreuzung, die von der Webcam aufgenommen wird. Sie beanstandet, dass durch die Veröffentlichung der Bilder jeder sehen könne, wann sie ihre Wohnung verlasse und wann sie wiederkomme. Wenn die Fenster beleuchtet seien, könne jeder sehen, wer sich im Fensterbereich aufhalte. Zwar könne man anhand der Bilder fremde Personen nur schwer erkennen, vertraute Personen seien jedoch unschwer auszumachen. Daher könne jeder, der wisse, dass die Beschwerdeführerin dort wohne, sie jederzeit kontrollieren. Außerdem sei nicht auszuschließen, dass jemand mit dieser Kamera die Fenster optisch heranhole und weiter in die Wohnung schauen könne. Die Beschwerdeführerin fühlt sich beobachtet und dadurch in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt. Als lokaler Herausgeber der Internet-Zeitung, so der Beschwerdegegner, versorge die Internet-Zeitung seine Leser nicht nur mit aktuellen Berichten, sondern ebenfalls mit multimedialen Objekten wie Bildern, Bildsequenzen, Live-Streams und auch den wechselnden Bildern der betreffenden Webcam. Diese Webcam-Aufnahmen seien nach Ansicht des Beschwerdegegners von allgemeinem Interesse. Außerdem merkt die Redaktion an, dass bei diesen Bildern selbst mit Mitteln der Bildbearbeitung keine Personen identifizierbar seien und dieses Bild auch nicht zur Überwachung eingesetzt werden könne. Zudem widerspreche die Nutzung ihres Erachtens nicht den datenschutzrechtlichen Bestimmungen, da die Kamera weder steuerbar sei, noch eine Aufzeichnung der Daten stattfinde. Die Redaktion habe keinen Verstoß gegen den Pressekodex ausmachen können. Dennoch habe sie schon vor Monaten auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin reagiert und die Webcam von dem dortigen Platz entfernt. (2003)
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Eine Zeitschrift für Uhren und Schmuck berichtet über den Geschäftsbetrieb eines Juweliers, in dessen Räumen vor Weihnachten ein Totalausverkauf stattgefunden hatte. Unter Bezug auf der Redaktion vorliegende schriftliche Aussagen und Anmerkungen des Beschwerdeführers, eines Kreditoren-Vereins, wird zudem darüber berichtet, dass die Situation des Juweliers finanziell schier ausweglos gewesen sei und dazu die Detailinformation gegeben, dass zehn Verfahren bei dem Kreditoren-Verein sowie weitere - mit exakten Zahlen aufgeführte - Verbindlichkeiten existierten. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Veröffentlichung der detaillierten Angaben zu den Verbindlichkeiten des Juweliergeschäfts. Diese seien aus internen Mandantenrundschreiben kopiert worden, die nicht zur Veröffentlichung gedacht gewesen seien. Die Empfänger des Briefes seien nicht zur Weitergabe an Dritte ermächtigt gewesen.
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Eine Tageszeitung berichtet in einem Artikel sowie durch die Veröffentlichung von Leserbriefen über den Verkauf einer Gedenkstätte an den Beschwerdeführer, den Mitarbeiter eines Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr. Es wird berichtet, dass der Beschwerdeführer, nachdem er die Immobilie weit unter dem bereits bestehenden Kaufangebot erhalten hatte, den öffentlichen Zugang hierzu nicht mehr gestattet. In einem der Leserbriefe wird neben der Adresse des Ministerpräsidenten und des Landrats auch die Privatadresse des Beschwerdeführers angegeben, verbunden mit der Aufforderung: „An folgende Adressen könnt Ihr Eure Protestschreiben gegen die Schließung der [...]-Gedenkstätte [..] richten.“ Der Beschwerdeführer sieht sich durch die Nennung seines Namens und seiner Funktion als Landesbeamter in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Da der Erwerb der Immobilie in keinem Zusammenhang mit seinem amtlichen Handeln stehe, sei die Erwähnung seines Namens und seiner Funktion für die journalistische Darstellung des Konflikts nicht notwendig. Im Gegenteil entstehe durch die Namensnennung und die Darstellung, er sei im Ministerium für Denkmalpflege zuständig, ein negativer Eindruck, der geeignet sei, sein persönliches Ansehen und das seiner Behörde in der Öffentlichkeit zu schädigen. Die Veröffentlichung des Aufrufs unter Nennung seiner Privatanschrift sei ein schwerwiegender Eingriff in seine Persönlichkeitsrechte. Den verleumderischen Angriffen auf seine Privatsphäre sei er auch weiterhin tagtäglich ausgesetzt, da der Artikel und die Leserbriefe weiterhin im Archiv der Zeitung über Internet für jeden abrufbar seien. Die Geschäftsführung des Verlags hingegen sieht in der Nennung des Namens und der Funktion des Beschwerdeführers ein öffentliches Interesse, da es sich bei dem Verkauf der Immobilie insgesamt um einen öffentlichen Vorgang gehandelt habe. Ob der Beschwerdeführer seine dienstliche Stellung für private Zwecke missbraucht habe, könne und wolle die Redaktion nicht beurteilen, dies werde auch in keinem der Texte getan. Als einzig nennenswerten Punkt erkannte die Redaktion die Nennung der Adresse des Beschwerdeführers an. Gerade aber weil dieser nicht als Beamter, sondern als Privatperson gehandelt habe, könne er als Hauptverantwortlicher in einer Liste mit Adressen für Protestbriefe in dieser Angelegenheit nicht fehlen. Der Beschwerdeführer befinde sich in einer öffentlichen Auseinandersetzung, in der der Verfasser des Leserbriefes dazu beitragen wolle, dass ihn Proteste und Argumente erreichen, um ihn dazu zu bewegen, verantwortlich mit seinem Eigentum (aber auch mit der Geschichte) umzugehen. Darin sehe die Redaktion ein demokratisches Grundrecht. Nach Abwägung aller Umstände habe sie sich daher entschlossen, die Adressen zu veröffentlichen. (2003)
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Unter der Überschrift „Apotheker hetzt seinen Anwalt auf Tausende Kollegen“ berichtet eine Apothekerfachzeitung über eine Massenabmahnung, durch die Tausende Apotheker dazu aufgefordert wurden, ihre Teilnahme an einem Bestellsystem im Online-Dienst der Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände zu unterlassen und gleichzeitig die Kosten der Abmahnung zu begleichen. In dem Artikel wird unter Angabe von Namen und Wohnort ein Apotheker erwähnt, der dem im Internet betriebenen „Apothekenforum“ des abmahnenden Kollegen zuzurechnen sei. Es wird mitgeteilt, dass der Betroffene sich vor der Abmahnaktion aus dem im Internet betriebenen Bestellsystem verabschiedet habe. Der Apotheker fühlt sich durch die Nennung seines Namens und seines Wohnortes in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt und schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Beweggründe für diese Namensnennung seien für ihn nicht ersichtlich, da er mit der geschilderten Aktion überhaupt nichts zu tun habe. Die Nennung seines Namens diene auch nicht zur Erklärung oder Aufhellung irgendwelcher Umstände der beschriebenen Aktion. Seine Abmeldung bei der Lieferfirma im Internet sei zudem nur ihm und dem Vertragspartner bekannt gewesen. Der Chefredakteur der Fachzeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Der Beschwerdeführer nehme als Initiator des „Apothekenforums“ eine exponierte Stellung ein, die mit der anderer Teilnehmer nicht zu vergleichen sei. Die enge Verbindung zwischen ihm und dem abmahnenden Kollegen sowie der Umstand, dass er wenige Tage vor der Abmahnaktion seine Mitgliedschaft im Bestellsystem gekündigt habe, hätten es aus der Sicht der Redaktion unvermeidlich gemacht, ihn in dem betreffenden Artikel zu erwähnen. Der Beschwerdeführer sei namentlich genannt worden, weil er ein exponiertes und in der Berufsöffentlichkeit bekanntes Mitglied des „Apothekenforums“ sei. Die Erwähnung des Wohnortes ohne Nennung von Straße, Telefonnummer oder Apotheke sei in diesem Zusammenhang eine redaktionelle Selbstverständlichkeit gewesen. Im übrigen sei die Redaktion erstaunt, dass der Beschwerdeführer die Nennung seines Namens als eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte darstelle. Auf seinen Wunsch seien im Jahr 2003 vier seiner Leserbriefe mit vollständiger Adresse abgedruckt worden. Dies zeige ein offensichtliches Mitteilungsbedürfnis. Innerhalb der Apothekerschaft sei der Beschwerdeführer auf Grund seiner zahlreichen Aktivitäten fraglos eine relative Person der Zeitgeschichte. (2003)
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In einer Zeitschrift beschreibt ein Journalist unter der Überschrift „Die Beichte“ das „Experiment“ einer „Reise durch die Welt der Todsünden und ihrer Vergebung“. Der Autor hatte in den Beichtstühlen fünf verschiedener katholischer Kirchen fingierte Sünden wie Ehebruch, Nötigung zur Abtreibung, Völlerei und Betrug gestanden. In seinem Artikel vergleicht er die Reaktion der jeweiligen Beichtväter, die weder dogmatisch noch uninteressiert oder unprofessionell gewesen seien. Was irdisches Leben zerbrechen lassen könne, sei aber für die mit dem direkten Draht nach oben schnell abgehakt. Spätestens nach 15 Minuten sei – aus kirchlicher Sicht – sein Leben wieder in Butter gewesen, fasst der Rechercheur die Eindrücke seiner Rundreise durch fünf Beichtstühle zusammen. In seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat bezeichnet der Pressesprecher eines Erzbistums die Preisgabe absolut vertraulicher Gespräche als schamlos. Besonders bedenklich sei die Berichterstattung auch deshalb, weil keiner der Beichtväter sich gegen diese Berichterstattung wehren könne, da er selbst absolut an das Beichtgeheimnis gebunden sei. Die Vorspiegelung einer Beichtsituation allein deshalb, um sie in den Medien zu verbreiten, stelle eine unlautere Methode dar. Eine für viele Menschen wertvolle Einrichtung des Umgangs mit individueller Schuld werde hier im Kern entwertet und öffentlich zur Disposition gestellt. Der sakramentale Charakter der Beichte als Wesensbereich des katholischen Glaubens werde herabgewürdigt und ins Lächerliche gezogen. Die Rechtsabteilung des Zeitschriftenverlags weist alle Vorwürfe kodexwidrigen Verhaltens zurück. In der Beschwerde fehle die schlüssige Begründung dafür, weshalb es dem Beichtenden verwehrt sein solle, über Wahrnehmungen anlässlich seiner Beichte zu berichten. Eine Vertraulichkeit sei schließlich nicht vereinbart worden. Der Beschwerdeführer lasse auch nicht erkennen, welche personenbezogenen Daten, Nachrichten, Informationen oder Bilder mit unlauteren Mitteln beschafft worden seien. Hier handele es sich eindeutig um eine Meinungsäußerung in satirischem Gewand, das weder das sittliche noch das religiöse Empfinden verletze. (2003)
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Das frühere Führungstrio eines Sofware-Unternehmens steht wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe vor Gericht. Die Zeitung am Ort berichtet über den Auftakt des Prozesses und erwähnt u.a., dass die Angeklagten die Erfinder der Telefonbuch-CD-Rom „D-Info“ gewesen seien. Ihr Unternehmen habe in den 90er Jahren die Telefonbücher der Telekom ohne deren Einwilligung kopiert und mit Millionengewinnen als CD-Rom verkauft, sei aber dann wegen Verletzung des Urheberrechts verurteilt worden. In dem Bericht über das neuerliche Verfahren zitiert die Zeitung einen der Angeklagten, der die Trickserien des Trios als „steuerlichen Humbug“ bezeichnet habe, die angeblich der frühere Steuerberater des Unternehmens ausbaldowert haben soll. Dieser Steuerberater wird in dem Beitrag namentlich genannt. Auch in dem Bericht über den Ausgang des Verfahrens wird erneut an den Steuerberater erinnert, mit dem die drei Ex-Manager schlecht beraten gewesen seien. Er habe das Know-how für die verschiedenen Tatvarianten geliefert und die Vorstände hätten bereitwillig mitgemacht, zum Beispiel bei Scheinzahlungen an Briefkastenfirmen, zitiert das Blatt die Vorsitzende Richterin. Der Steuerberater, der in dem Beitrag namentlich genannt wird, sieht in der Namensnennung eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts und beschwert sich darüber beim Deutschen Presserat. Zudem entspreche die Darstellung der Vorgänge nicht der Wahrheit bzw. werde durch eine unvollständige Berichterstattung über die Gerichtsverhandlungen insgesamt ein unzutreffender Eindruck vermittelt. Der Chefredakteur der Zeitung bittet den Presserat per E-Mail, die Beschwerde abzuweisen. Im vorliegenden Fall sei das Informationsinteresse der Öffentlichkeit eindeutig zu bejahen. Die Vorgänge um die betroffene Firma und das Ergebnis der verschiedenen Gerichtsverhandlungen hätten erhebliches Aufsehen erregt und im Blickpunkt der Öffentlichkeit gestanden. Bei dem Beschwerdeführer handele es sich um einen über die Ortsgrenzen hinaus bekannten Geschäftsmann, der seinerseits selbst oftmals den Weg in die Öffentlichkeit gesucht habe. Dies würden u.a. seine selbst verfassten Pressemitteilungen belegen. Der Chefredakteur merkt noch an, dass der Steuerberater in der Zeit vor seiner Eingabe beim Presserat eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte gegenüber der Zeitung nie geltend gemacht habe. Auch habe er nichts dagegen gehabt, sich durch den Fotografen der Redaktion ablichten zu lassen. (2003)
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Drei einstige Chefs eines Software-Unternehmens stehen wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe vor Gericht. Eine Regionalzeitung berichtet in mehreren Folgen über den Ablauf und den Ausgang des Prozesses. Sie erwähnt, dass die Tricksereien der Manager aufgeflogen seien, nachdem das Vorstandstrio seinen einstigen Steuerberater bei der Staatsanwaltschaft wegen Untreue angezeigt hatte. Jener habe, so einer der Verteidiger, aus dem Gefängnis mit einer Selbstanzeige „zurückgeschossen“. Das Unternehmen hatte in den 90er Jahren die Telefonbücher der Telekom ohne deren Einwilligung kopiert und mit zweistelligen Millionengewinnen als CD-Rom verkauft. In dem Zeitungsbericht heißt es, die drei Vorstandsmitglieder sähen sich von ihrem Berater aufs Kreuz gelegt. Juristisch habe man mit dem elektronischen Telefonnummern-Verzeichnis eine Niederlage nach der anderen kassiert. Die Telekom habe den Vorstand unerbittlich von einem Gericht zum nächsten gezerrt, denn das Unternehmen habe den Inhalt der Telefonbücher abgekupfert, ohne Lizenzgebühren zu berappen. Mit der Gründung eines Österreich-Ablegers hätten die Angeklagten gehofft, vor der Telekom sicher zu sein. Nach Ansicht der Anwälte sei der Steuerberater der „geistige Vater“ des Steuerhinterziehungs-Konzeptes. Die Zeitung zitiert einen der Angeklagten, der Steuerberater habe diesen Dreh missbraucht, um „die Firma an sich zu reißen“. Entgegen den Absprachen habe er die Anteile an der Österreich-Firma nicht an das Manager-Trio übertragen. Als „Fan von hochkomplizierten Firmen-Konstruktionen“ habe der Berater das Ziel verfolgt, „seine Mandantschaft in eine Situation zu bringen, wo man abkassieren kann.“ Nach Mitteilung einer Verteidigerin habe der Steuerberater in Österreich 5 Millionen Euro „abgeräumt“. Der Berater sei wegen Untreue bereits im Jahre 2000 zu fast fünf Jahren Haft verurteilt worden. Die Österreich-Millionen, berichtet die Zeitung, seien nach Ansicht der Verteidigung nicht weg, sondern gehörten nur jemand anderem. In dem Beitrag über den Ausgang des Verfahrens zitiert das Blatt aus der Urteilsbegründung der Vorsitzenden Richterin, die den Angeklagten Geldzahlungen und gemeinnützige Arbeit zur Auflage macht. Mit einem „ausgeklügelten System“ von „abenteuerlichen Firmenkonstruktionen“ hätten die Angeklagten erhebliche Einkünfte am Fiskus vorbei ins Ausland geschafft. Sie seien auf diesem Weg ihrem Steuerberater gefolgt. Wer sich mit einem „solchen bedenkenlosen Charakter“ einlasse, liefere sich ihm aus und mache sich erpressbar. Der Steuerberater, der in den Beiträgen mehrere Male namentlich genannt wird, sieht in der Namensnennung eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts und beschwert sich darüber beim Deutschen Presserat. Zudem entspreche die Darstellung des Falles nicht der Wahrheit bzw. werde durch eine unvollständige Berichterstattung über die Gerichtsverhandlungen insgesamt ein unzutreffender Eindruck vermittelt. Der Chefredakteur der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. In keiner der Veröffentlichungen werde die Ehre des Beschwerdeführers verletzt. Die Artikel enthielten wahre Informationen im Zusammenhang mit einem Strafverfahren gegen die ehemaligen Chefs des Sofware-Unternehmens, das ein erhebliches öffentliches Interesse gefunden habe. Seine Redaktion vertrete den Standpunkt, dass der Beschwerdeführer als relative Person der Zeitgeschichte anzusehen sei. Die Zeitung habe nicht über den Privatmann, sondern über dessen berufliche Rolle als Berater der Angeklagten berichtet, die auf der Grundlage dieser Beratung strafbare Handlungen begangen hätten und deshalb verurteilt worden seien. Der Chefredakteur sieht die Beschwerde auch deshalb als unbegründet an, weil der Betroffene durch die Herausgabe verschiedener eigener Veröffentlichungen zu den von ihm gerügten Komplexen in die Nennung seines Namens in diesen Zusammenhängen eingewilligt habe. Der Steuerberater habe zum Zeitpunkt des Prozesses gegen die ehemaligen Chefs des Unternehmens in starkem Maße von sich aus die Öffentlichkeit gesucht. In einer Presseerklärung anlässlich des bevorstehenden Strafverfahrens gegen die ehemaligen Manager habe er unter Angabe seines vollen Namens seine Sicht der Dinge mitgeteilt. (2003)
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Unter der Überschrift „Widerstand gegen Polizei wird teuer“ berichtet eine Regionalzeitung über eine Gerichtsverhandlung. Dabei geht es um die Beteiligung eines jungen Mannes an einer Sitzblockade, die sich gegen einen Umzug der NPD richtete. In diesem Umfeld kommt es zu Schlägereien mit Polizeibeamten. Der Angeklagte wird wegen versuchter Körperverletzung und Widerstand gegen Vollzugsbeamte zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen verurteilt. Die Zeitung berichtet mit Nennung des Namens „Student Mark Freiherr von F. (25)“ und der Angabe der Straße, in der er wohnt. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Nennung seines Namens und die Angaben zu seiner Adresse. Er ist der Ansicht, trotz der Abkürzung seines Familiennamens sei er schon durch die Bezeichnung „Freiherr“ leicht zu identifizieren. Durch die Angabe seiner Adresse werde der besondere Schutz, den der private Wohnsitz genieße, nicht beachtet. Der Beschwerdeführer, der den Deutschen Presserat anruft, weist darauf hin, dass er bei früheren Kontakten mit dem Autor des Artikels anonym aufgetreten sei. Er begründet dies damit, dass er schon früher von organisierten Neonazis identifiziert und mit Gewalttaten bedroht worden sei. Dem Autor des Artikels sei dies bekannt gewesen. Der Chefredakteur der Zeitung weist darauf hin, dass die Redaktion nach gängiger Praxis immer Familienamen von Tätern und Opfern abkürze. Damit habe die Redaktion formal richtig gehandelt. Er räumt ein, dass die Streichung des Zusatzes „Freiherr“ eine weiterreichende Anonymisierung ermöglicht hätte. Ähnlich verhalte es sich mit der Angabe der Wohnstraße. Zwar sei dies eine sehr lange und dicht bebaute Straße, doch gelte hier, dass die Angabe für das Verständnis des Beitrages ohne Belang gewesen sei. Mit dem Autor werde man ein ausführliches Gespräch über die Anwendung des Pressekodex führen. (2003)
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